Der Tempel war geschlossen!
Chinedu Enwereuzo, Lagos, Nigeria
Unsere Eheschließung im Tempel war für den 7. Juli 2009 anberaumt – ein Datum, dem wir freudig entgegensahen. Wir sind in der Nähe des Aba-Tempels in Nigeria aufgewachsen und freuten uns darauf, dass wir – obwohl wir von dort weggezogen waren – viele unserer Freunde und Angehörigen, die noch dort wohnten, im Tempel oder später beim Hochzeitsempfang treffen würden.
Nach über sechsstündiger Fahrt aus Lagos kamen wir in Aba an und trafen die letzten Vorbereitungen für unsere Siegelung und den Hochzeitsempfang. Aber drei Tage vor unserem geplanten Hochzeitsdatum erfuhren wir, dass der Tempel unerwartet bis auf Weiteres geschlossen wurde. Wir waren verzweifelt und durcheinander. Niemand konnte uns sagen, wann der Tempel, der wegen der Unruhen in diesem Gebiet geschlossen worden war, wieder öffnen würde. Enttäuscht teilten wir unseren Freunden und Angehörigen mit, dass die Siegelung verschoben war, und kehrten traurig nach Lagos zurück, ohne zu wissen, wann wir einen neuen Termin für die Siegelung im Tempel erhalten würden.
Als wir wieder in Lagos waren, beteten wir flehentlich darum, dass der Aba-Tempel wieder geöffnet werden möge. Eine Woche verging ohne jegliche Nachricht, wann der Tempel wieder geöffnet sein würde. Diese eine Woche kam uns vor wie ein Jahr. Wir freuten uns auf unsere Eheschließung im Tempel und wollten sie so bald wie möglich mit Freunden und der Familie feiern.
Als die Zeit verstrich, ohne dass etwas über die Wiedereröffnung bekannt wurde, hatten wir das Gefühl, wir sollten uns nach Alternativen umsehen. Der Tempel in Aba ist der einzige in Nigeria. Deswegen war uns klar, dass wir zum Accra-Tempel in Ghana fahren müssten, wenn wir möglichst bald gesiegelt werden wollten. Leider würde die Fahrt dorthin mehr kosten, als wir besaßen. Aber wir hatten schon immer geplant, im Tempel zu heiraten, und wussten, dass wir nicht aufgeben durften.
Wir borgten uns Geld von Angehörigen und Freunden, besorgten uns einen Reisepass, riefen im Accra-Tempel an, um einen Termin zu vereinbaren, und kauften die Flugtickets nach Ghana.
Am 14. August 2009 kamen wir in Ghana an und gingen am folgenden Tag in den Tempel. Im Siegelungsraum waren außer uns nur der Siegler und zwei Zeugen anwesend. Keine Freunde oder Angehörigen waren dabei, niemand, der uns kannte. Doch in diesem fremden Land, weit weg von zu Hause, wussten wir, dass wir dort waren, wo wir sein sollten, und das taten, was wir tun sollten. In diesem Augenblick spürten wir die Mächte der Ewigkeit und verstanden die Liebe, die der Vater im Himmel für uns und für alle seine Kinder hat, viel besser.
Tragischerweise starb meine Frau 2010 bei der Geburt unseres ersten Kindes. Ich vermisse sie zutiefst, aber es tröstet mich sehr, zu wissen, dass wir im Tempel aneinander gesiegelt wurden. Ich bin unendlich dankbar dafür, dass wir unsere Eheschließung im Tempel nicht aufgeschoben und auf einen günstigeren Zeitpunkt gewartet haben. Unsere Eheschließung werde ich immer in lieber Erinnerung behalten und die damit verbundenen Ereignisse wohl nie vergessen.