Auf Würdigkeit gründendes Vertrauen
Aus einer Ansprache, die am 31. Dezember 2006 bei einer Fireside für Jugendliche gehalten wurde
Ich möchte klar und deutlich darüber sprechen, wie man eine ganz besondere Art von Vertrauen erlangt.
Mit meinen Worten möchte ich euch Hoffnung und Mut machen – jetzt und für den Rest eures Lebens. Es gibt vieles in der Welt, was uns beunruhigt, aber es hat schon immer und in jedem Zeitalter Beunruhigendes gegeben. Lasst euch von den Problemen nicht völlig in Anspruch nehmen, und verliert nicht den Mut. In den kommenden Jahren erwarten euch großartige Möglichkeiten und wunderbare Segnungen. In Wissenschaft und Technik, Medizin und Kommunikation – auf all diesen Gebieten, die unser Leben sehr bereichern – wird es weitere Verbesserungen geben. Ihr lebt im herrlichsten Zeitalter der Weltgeschichte, da mehr Menschen in aller Welt in den Genuss der Errungenschaften der heutigen Zeit kommen als jemals zuvor. Bedenkt, dass eure Großmutter in eurem Alter nicht die geringste Vorstellung von einem Tablet-PC hatte und euer Großvater vermutlich immer noch nicht weiß, wie man eine SMS sendet. Also freut euch, seid optimistisch und bleibt gesund.
Das sage ich unter anderem deshalb, weil ich kürzlich in einem Artikel gelesen habe, dass die häufigste Krankheit bei jungen Menschen heutzutage nicht etwa Diabetes oder eine Herzkrankheit oder Krebs ist. (Solche Probleme sind eher Leuten in meinem Alter vorbehalten.) Nein, in dem Artikel wurde berichtet, dass Jugendliche und junge Erwachsene häufig an Selbstzweifeln, Zukunftsangst, geringer Selbstachtung und ganz allgemein an einem Mangel an Vertrauen in sich selbst und in ihre Umwelt leiden.
Auch wenn ich sehr viel älter bin als ihr, verstehe ich solche Sorgen. Auch ich habe in jungen Jahren viele Situationen erlebt, in denen ich nicht gerade großes Selbstvertrauen hatte. Ich weiß noch genau, wie ich mich in der Schule um gute Noten bemühte, auf ein Stipendium hoffte und mich fragte, warum andere in diesem Bereich begabter zu sein schienen als ich. Ich weiß noch, dass ich mich Jahr um Jahr bei Sportwettkämpfen an der Schule und an der Universität anstrengte, mit so viel Selbstvertrauen zu spielen, dass ich erfolgreich sein konnte. Wie sehr wünschte ich mir, das entscheidende Spiel zu gewinnen oder einen begehrten Pokal zu holen! Vor allem weiß ich noch, dass es mir im Umgang mit Mädchen an Selbstvertrauen mangelte – ein Bereich, der jungen Männern oft Angst einjagt. Ich bin sehr dankbar, dass meine Frau es mit mir gewagt hat. Ja, ich erinnere ich mich an all das, woran ihr euch erinnert – unsicher zu sein, wie man aussieht, ob man akzeptiert wird oder was die Zukunft für einen bereithält.
Ich will hier aber nicht auf all das eingehen, was bei einem jungen Menschen Selbstzweifel und mangelndes Selbstvertrauen auslöst. Vielmehr möchte ich klar und deutlich darüber sprechen, wie man eine ganz bestimmte Art von Vertrauen erlangt: ein Vertrauen, das – wenn man es sich zu Recht verdient hat – in jedem anderen Bereich unseres Lebens Wunder wirkt, vor allem, wenn es um unsere Selbstachtung geht und darum, wie wir in die Zukunft blicken. Um das zu verdeutlichen, muss ich eine Geschichte erzählen.
Der Wert der eigenen Würdigkeit
Vor vielen Jahren, lange bevor ich als Generalautorität berufen wurde, nahm ich als Sprecher an einer Konferenz für junge Erwachsene teil. Die Konferenz endete mit einer Zeugnisversammlung. Ein gutaussehender, junger zurückgekehrter Missionar stand auf, um Zeugnis zu geben. Er sah gut, rein und selbstsicher aus – so wie ein zurückgekehrter Missionar aussehen soll.
Als er zu sprechen begann, traten ihm Tränen in die Augen. Er sagte, dass er dankbar sei, inmitten einer solch beeindruckenden Gruppe junger Heiliger der Letzten Tage zu stehen und zufrieden sein zu können über sein Bemühen, ein gutes Leben zu führen. Dieses gute Gefühl habe er einem Erlebnis zu verdanken, das einige Jahre zurückliege, ein Erlebnis, das sein weiteres Leben geprägt habe.
Dann erzählte er, wie er einmal nicht lange nach seiner Ordinierung zum Ältesten im Alter von 18 Jahren von einer Verabredung mit einem Mädchen nach Hause gekommen war. Bei dieser Verabredung war etwas geschehen, worauf er nicht stolz war. Er nannte keine Einzelheiten, was in diesem öffentlichen Rahmen auch nicht angebracht gewesen wäre. Bis heute weiß ich nicht, was damals vorgefallen ist, aber es war offenbar so ernst, dass er geistig litt und seine Selbstachtung beeinträchtigt war.
Er saß noch eine ganze Weile in der Einfahrt vor dem Haus im Auto, ging in sich und empfand tiefe Reue für das, was geschehen war. Plötzlich kam seine Mutter, die nicht der Kirche angehörte, völlig aufgelöst aus dem Haus gerannt, direkt auf sein Auto zu. In wenigen Worten berichtete sie, dass sein jüngerer Bruder eben gestürzt und hart mit dem Kopf aufgeschlagen sei und nun eine Art Krampfanfall habe. Sein Vater, der ebenfalls nicht der Kirche angehörte, habe bereits den Krankenwagen gerufen, aber es werde wohl noch eine Weile dauern, bis Hilfe käme.
„Komm und tu was!“, rief sie aus. „Gibt es nicht etwas, was ihr in eurer Kirche in einem solchen Fall macht? Du hast doch dieses Priestertum. Komm und tu was!“
Seine Mutter wusste damals nicht viel über die Kirche, aber sie hatte schon einmal von einem Priestertumssegen gehört. Doch an diesem Abend, als jemand, den der junge Mann von Herzen liebte, seinen Glauben und seine Kraft brauchte, konnte er nicht helfen. Angesichts der Gefühle, die ihm gerade zu schaffen machten, und seinem Fehlverhalten – was immer es war – konnte er sich nicht dazu durchringen, vor den Herrn zu treten und ihn um den benötigten Segen zu bitten.
Er sprang aus dem Auto und rannte die Straße entlang ein paar Häuser weiter, wo ein älterer Mann lebte, ein würdiger Priestertumsträger aus seiner Gemeinde, der den Jungen seit seiner Bekehrung zwei, drei Jahre zuvor freundschaftlich begleitet hatte. Er erklärte rasch die Situation und die beiden eilten zurück zu seinem Elternhaus, wo sie noch vor den Rettungskräften eintrafen. Das glückliche Ende der Geschichte, die wir in der Zeugnisversammlung hörten, bestand darin, dass der ältere Mann dem verletzten Kind sofort einen innigen, machtvollen Priestertumssegen gab, woraufhin sich sein Zustand stabilisierte und es ruhig blieb, bis medizinische Hilfe eintraf. Nach einer raschen Fahrt ins Krankenhaus und einer gründlichen Untersuchung stellte sich heraus, dass kein bleibender Schaden entstanden war. Die große Angst, die die Familie durchlebt hatte, wich der Erleichterung.
Schließlich sagte der zurückgekehrte Missionar, von dem ich hier erzähle: „Nur jemand, der erlebt hat, was ich an diesem Abend erlebt habe, wird erfassen können, wie sehr ich mich schämte und wie sehr ich litt, weil ich mich des Priestertums, das ich trug, nicht würdig fühlte. Die Erinnerung ist noch schmerzlicher, weil es ja mein eigener kleiner Bruder war, der mich brauchte, und meine lieben Eltern, die nicht der Kirche angehörten und die in großer Sorge waren und zu Recht mehr von mir erwarteten. Eines kann ich euch aber heute und hier versichern: Ich bin nicht vollkommen, aber von diesem Abend an habe ich nie wieder etwas getan, was mich davon abgehalten hätte, voll Vertrauen vor den Herrn zu treten und ihn um Hilfe zu bitten, wenn seine Hilfe gebraucht wird. Die eigene Würdigkeit zu wahren ist in der Welt, in der wir leben, ein Kampf, aber es ist ein Kampf, den ich gewinne. Ich habe einmal erlebt, was für ein Gefühl es ist, unter Schuldspruch zu stehen, und ich habe nicht vor, dieses Gefühl noch einmal zu erleben, wenn ich es irgendwie vermeiden kann. Und natürlich kann ich es vermeiden.“
Er beendete sein Zeugnis und setzte sich. Ich sehe ihn immer noch vor mir. Ich sehe immer noch die ganze Gruppe vor mir. Und ich weiß noch, welch tiefe, bewegende Stille seinen Worten folgte, als jeder im Raum Zeit hatte, seine eigene Seele noch tiefer zu ergründen und noch fester zu geloben, nach diesen machtvollen Worten des Herrn zu leben:
„Lass Tugend immerfort deine Gedanken zieren; dann wird dein Vertrauen in der Gegenwart Gottes stark werden, und die Lehre des Priestertums wird auf deine Seele fallen wie der Tau vom Himmel.
Der Heilige Geist wird dein ständiger Begleiter sein und dein Zepter ein unwandelbares Zepter der Rechtschaffenheit und Wahrheit.“ (LuB 121:45,46; Hervorhebung hinzugefügt.)
Freude am Geist Gottes
Meine lieben jungen Freunde, mögt ihr ein wunderbares Leben haben. Denkt das Beste und hofft das Beste und habt Vertrauen in die Zukunft. Euch steht ein großartiges Leben bevor. Der Vater im Himmel liebt euch. Solltet ihr einen Fehler gemacht haben, könnt ihr davon umkehren und Vergebung erlangen so wie der junge Mann, von dem ich erzählt habe. Ihr habt allen Grund zu leben, zu planen und Glauben zu haben. Wer ein ruhiges Gewissen hat, wenn er alleine ist mit seinen Erinnerungen, verspürt den Geist Gottes auf ganz persönliche Weise. Ich wünsche mir für euch, dass ihr diesen Geist bei euch habt, euch daran erfreut und in der Gegenwart des Herrn immer dieses Vertrauen verspürt. Mögen tugendhafte Gedanken dazu führen, dass eure Taten rein bleiben – heute und morgen und für immer.