2014
Töchter Gottes, Töchter des Bundes
November 2014


Töchter Gottes, Töchter des Bundes

Wenn wir Töchter Gottes den Tempel und unsere heiligen Bündnisse in den Mittelpunkt rücken, kann Gott uns auf persönliche und machtvolle Weise segnen.

Liebe Schwestern, ich grüße Sie von ganzem Herzen. Möge eine jede von Ihnen, wo Sie auch gerade sein mögen, spüren, wie sehr der Herr Sie liebt, und möge der Geist Ihnen innerlich von der Botschaft, die dieser wundervolle Chor gerade besungen hat, Zeugnis geben. Ich bekräftige das Zeugnis, das wir vernommen haben: Ich weiß, dass mein Erlöser lebt und dass er uns alle liebt.

Heute Abend haben wir uns als Töchter Gottes versammelt, die mit ihm einen Bund geschlossen haben. Unterschiede in unserem Alter, unseren Lebensumständen und unserer Persönlichkeit stellen kein Hindernis dar, denn in erster Linie sind wir seine Töchter. Wir haben in einem Bund gelobt, seines Sohnes immer zu gedenken.

Die Macht dieses Bundes, den wir individuell geschlossen haben, wurde mir vor drei Wochen bewusst, als ich an einer Taufversammlung teilnahm. Vor mir saßen acht wunderhübsche Kinder in andächtiger Vorfreude darauf, dass der große Tag für sie nun endlich gekommen war. Als ich in ihre strahlenden Gesichter blickte, sah ich nicht einfach nur eine Gruppe Kinder. Ich sah sie so, wie der Herr sie vielleicht sehen würde – jeden für sich. Ich sah Emma, Sophia, Ian, Logan, Aden, William, Sophie und Micah. Einer nach dem anderen schließen wir den Taufbund. Jedes Kind trug weiße Kleidung und war mit seinen acht Jahren von ganzem Herzen bereit und willens, seinen ersten Bund mit Gott zu schließen.

Rufen Sie sich einmal Ihre eigene Taufe in Erinnerung. Ob Sie sich nun an viele oder nur wenige Einzelheiten erinnern können, versuchen Sie einmal, die Bedeutung des Bundes, den Sie individuell eingegangen sind, zu erspüren. Nachdem man Sie beim Namen genannt hatte, wurden Sie im Wasser untergetaucht und kamen als Tochter Gottes wieder hervor – als Tochter des Bundes, willens, den Namen seines Sohnes auf sich zu nehmen, ihm nachzufolgen und seine Gebote zu halten.

Unsere Bündnisse mit Gott helfen uns zu erkennen, wer wir wirklich sind. Wir werden dadurch persönlich mit ihm verbunden und können auf diese Weise spüren, welchen Wert er uns beimisst und welche Rolle uns in seinem Reich zukommt. Auf eine Weise, die wir nicht völlig begreifen können, kennt und liebt er jede Einzelne von uns. Denken Sie nur: Jede von uns hat einen besonderen Platz in seinem Herzen. Er wünscht sich, dass wir den Weg einschlagen, der uns wieder zu ihm zurückführt.

So entscheidend und wichtig der Bund der Taufe auch ist, stellt er doch nur den Anfang dar – das Tor, durch das wir auf den Weg zum ewigen Leben gelangen. Auf unserem Lebensweg warten auch Tempelbündnisse und Verordnungen des Priestertums auf uns. Elder David A. Bednar hat uns ins Gedächtnis gerufen: „Wenn wir im Wasser der Taufe stehen, richten wir unseren Blick auf den Tempel.“1

Es geht nicht nur darum, Bündnisse zu schließen, sondern unsere Bündnisse auch treu zu halten. Auf diese Weise machen wir uns für das ewige Leben bereit. Darin bestehen unsere Hoffnung, unser Ziel und unsere Freude.

Ich habe die Macht, die mit Bündnissen einhergeht, selbst erlebt, und zwar am Beispiel meiner rechtschaffenen Eltern, die das Evangelium liebten und lebten. Am Vorbild meiner lieben Mutter habe ich genau sehen dürfen, welche Entscheidungen eine Tochter Gottes, eine Tochter des Bundes jeden Tag trifft. Schon aus ihren Entscheidungen als junges Mädchen war ersichtlich, welche Prioritäten sie hatte und dass sie eine wahre Jüngerin Jesu Christi war. Ich konnte sehen, welchen Frieden, welche Kraft und welchen Schutz sie im Leben erhielt, indem sie auf ihrem Weg heilige Bündnisse schloss und diese hielt. Ihre Lebensweise auf Erden zeugte von ihrer Liebe zum Erlöser und ihrem Wunsch, ihm nachzufolgen. Ihrem Beispiel möchte ich von ganzem Herzen nacheifern.

Der gemeinsame Lebensweg meiner Eltern begann auf ungewöhnliche Weise. Es war im Jahr 1936. Sie trafen einander oft und hatten schon ernsthafte Heiratsabsichten, da erhielt mein Vater einen Brief, in dem er als Vollzeitmissionar nach Südafrika berufen wurde. In dem Brief stand, dass er mit seinem Bischof sprechen solle, sofern er würdig und willens sei, auf Mission zu gehen. Wie Sie sehen, ging es damals noch ganz anders zu, wenn eine Missionsberufung ausgesprochen wurde! Vater zeigte seiner Freundin Helen den Brief, und beide hatten nicht den geringsten Zweifel: Er sollte auf Mission gehen.

In den letzten zwei Wochen vor seiner Abreise trafen meine Eltern sich jeden Mittag zu einem Picknick im Memory-Grove-Park, nahe der Innenstadt von Salt Lake City. Meine Mutter hatte um Führung gefastet und gebetet, und während eines dieser Treffen teilte sie Claron mit, dass sie bereit sei, ihn vor Antritt seiner Mission zu heiraten, wenn er dies noch wolle. In den Anfangstagen der Kirche wurden manchmal Männer auf Mission berufen, die dann Frau und Kinder zurücklassen mussten. So war es auch bei meinen Eltern. Mit der Genehmigung ihrer Priestertumsführer beschlossen sie zu heiraten, bevor mein Vater auf Mission ging.

Mutter erhielt ihr Endowment im Salt-Lake-Tempel, und anschließend wurden sie von Elder David O. McKay für Zeit und alle Ewigkeit aneinander gesiegelt. Sie fingen ganz bescheiden an. Es gab keine Fotos, kein hübsches Brautkleid, keine Blumen und keinen Empfang, an dem das Brautpaar gefeiert wurde. Im Mittelpunkt standen für sie ganz klar der Tempel und ihre Bündnisse. Die Bündnisse waren das Einzige, worauf es ihnen ankam. Nur sechs Tage nach der Hochzeit verabschiedeten sie sich unter Tränen voneinander und mein Vater brach nach Südafrika auf.

Doch die Ehe meiner Eltern war auf mehr als nur ihre tiefe gegenseitige Liebe gegründet. Sie liebten auch den Herrn und wollten ihm unbedingt dienen. Die heiligen Bündnisse, die sie im Tempel geschlossen hatten, gaben ihnen Kraft, die zwei Jahre Trennung durchzustehen. Sie sahen den Sinn des Lebens aus dem Blickwinkel der Ewigkeit und dachten an die Segnungen, die denen verheißen sind, die ihre Bündnisse treu halten. All diese Segnungen überstrahlten ihre kurzfristige Trennung und die damit verbundenen Opfer.

Es war mit Sicherheit nicht leicht, das Eheleben auf diese Weise zu beginnen, doch erwies es sich als idealer Weg, wie man die Grundlage für eine ewige Familie legt. Als wir Kinder auf die Welt kamen, wussten wir, was unseren Eltern am wichtigsten war: ihre Liebe zum Herrn und der unumstößliche Entschluss, ihre Bündnisse zu halten. Auch wenn meine Eltern verstorben sind, ist ihr rechtschaffenes Beispiel noch immer ein Segen für unsere Familie.

Ihre Lebensweise spiegelt sich in den Worten von Schwester Linda K. Burton wider: „Am besten stärken wir unsere gegenwärtige oder künftige Familie, indem wir unsere Bündnisse halten, also die Versprechen, die wir einander und Gott gegeben haben.“2

Doch die Bedrängnisse und Prüfungen waren noch nicht vorbei. Drei Jahre, nachdem mein Vater von seiner Mission zurückgekehrt war, tobte der Zweite Weltkrieg. Mein Vater meldete sich, wie so viele andere auch, zum Militärdienst. Diesmal war er vier Jahre lang fort, und zwar auf Schlachtschiffen der Marine im Pazifik.

Es war schwer für meine Eltern, wieder voneinander getrennt zu sein. Doch in dieser Zeit der Einsamkeit, Angst und Unsicherheit vernahm meine Mutter auch die Einflüsterungen des Geistes, der ihr ewige Verheißungen, Trost und Frieden inmitten des Sturms zusprach.

Trotz aller Herausforderungen war das Leben meiner Mutter von Glück, Freude, Liebe und Dienst am Nächsten gekennzeichnet. Ihre Liebe zum Erlöser spiegelte sich in ihrer Lebensweise wider. Sie besaß eine außergewöhnliche Verbindung zum Himmel sowie die Gabe und Fähigkeit, all ihren Mitmenschen liebevoll und hilfreich zu begegnen. Ihr Glaube an Gott und ihre Hoffnung auf seine Verheißungen kommen in einer Aussage von Präsident Thomas S. Monson über den Tempel zum Ausdruck: „Kein Opfer [ist] zu groß, kein Preis zu hoch und keine Anstrengung zu schwer …, um diese Segnungen empfangen zu können.“3

In jeder Lebenslage wurde meine Mutter durch ihre Liebe zum Herrn und durch die Bündnisse, die sie gläubig geschlossen hatte und hielt, gestärkt und gesegnet.

Zweifellos ist Ihre Geschichte in vielerlei Hinsicht anders als die meiner Mutter. Doch die Grundsätze, nach denen sie lebte, gelten für uns alle. Wenn wir Töchter Gottes den Tempel und unsere heiligen Bündnisse in den Mittelpunkt rücken, kann Gott uns auf persönliche und machtvolle Weise segnen. So wie meine Mutter es bei mir tat, hinterlassen auch Sie denen, die Ihnen folgen, ein großes Vermächtnis des Glaubens, wenn Sie sich dafür entscheiden, Glauben zu haben und Ihre Bündnisse zu halten. Liebe Schwestern, wie können wir also Zugang zu der Macht und den Segnungen der Tempelbündnisse erhalten? Was können wir schon heute tun, um uns auf diese Segnungen vorzubereiten?

Auf meinen Reisen habe ich festgestellt, dass es Schwestern jeden Alters und in den verschiedensten Lebensumständen gibt, deren Leben die Antwort auf diese Fragen gibt.

Ich lernte Mary kurz nach ihrem achten Geburtstag kennen. Wie viele andere betreibt sie begeistert Familienforschung und hat schon über tausend Namen für die Tempelarbeit eingereicht. Mary bereitet sich derzeit darauf vor, selbst in den Tempel zu gehen, wenn sie zwölf ist.

Brianna ist dreizehn und widmet sich gerne ihrer Familiengeschichte und geht auch gern in den Tempel. Sie hat die Aufforderung Elder Neil L. Andersens angenommen.4 Sie hat hunderte von Namen für die Tempelarbeit vorbereitet und ihre Familie und Freunde dafür gewonnen, mit ihr die Taufe für diese Menschen zu verrichten. Durch diese heilige Arbeit wendet sich Briannas Herz nicht nur ihren irdischen Vorvätern zu, sondern auch ihrem Vater im Himmel.

Anfissa ist eine junge vielbeschäftigte Frau, die sowohl arbeitet als auch die Universität besucht. Trotzdem nimmt sie sich Zeit, jede Woche in den Tempel zu gehen. Sie bemüht sich um Offenbarung und findet Frieden, wenn sie im Haus des Herrn dient.

Katja, einer lieben Schwester aus der Ukraine, ist der Tempel sehr wichtig. Bevor der Kiew-Tempel gebaut wurde, nahmen sie und andere Mitglieder aus ihrem Zweig eine 36-stündige Busreise auf sich, um einmal im Jahr den Tempel in Deutschland besuchen zu können. Während der Fahrt beteten diese treuen Heiligen, studierten die heiligen Schriften, sangen Kirchenlieder und unterhielten sich übers Evangelium. Katja berichtete mir: „Als wir schließlich beim Tempel ankamen, waren wir bereit, alles anzunehmen, was der Herr uns geben wollte.“

Wenn wir all die Segnungen empfangen möchten, die Gott uns so großzügig anbietet, muss unser Weg hier auf der Erde zum Tempel führen. Der Tempel ist ein Ausdruck der Liebe Gottes. Er lädt uns alle ein, dort hinzugehen, ihn besser kennenzulernen, seine Liebe zu verspüren und die Verordnungen des Priestertums zu empfangen, die für das ewige Leben bei ihm erforderlich sind. Einer nach dem anderen schließen wir unsere Bündnisse. Dem Herrn ist jede mächtige Herzenswandlung wichtig. Auch für Sie wird dies von großer Bedeutung sein, denn wenn wir sein heiliges Haus betreten, werden wir mit seiner Macht ausgerüstet, sein Name ist auf uns, seine Herrlichkeit ist rings um uns und seine Engel haben Verantwortung über uns.5

Ich bezeuge mit Gewissheit, dass unser liebevoller Vater im Himmel lebt. Durch seinen geliebten Sohn, Jesus Christus, wird jede Hoffnung, jede Verheißung und jede Segnung des Tempels erfüllt. Mögen wir den Glauben haben, auf ihn und seine Bündnisse zu vertrauen, das ist mein Gebet. Im Namen Jesu Christi. Amen.

Anmerkungen

  1. David A. Bednar, „Sich einen achtbaren Namen und Stand bewahren“, Liahona, Mai 2009, Seite 98

  2. Linda K. Burton, „Gesucht: Hände und ein Herz, die das Werk beschleunigen“, Liahona, Mai 2014, Seite 123

  3. Thomas S. Monson, „Der heilige Tempel – ein Leuchtfeuer für die Welt“, Liahona, Mai 2011, Seite 92

  4. Siehe templechallenge.lds.org

  5. Siehe Lehre und Bündnisse 109:22