2014
In Einigkeit andere retten
November 2014


In Einigkeit andere retten

Um dem Erlöser eine Hilfe sein zu können, müssen wir in Einigkeit und Gleichklang zusammenarbeiten. Jeder ist wichtig, und jedes Amt und jede Berufung sind wichtig.

Präsident Thomas S. Monson hat uns schon oft gesagt, dass wir auf andere zugehen müssen, um sie zu retten.1 Mir fällt dazu eine Begebenheit aus dem Neuen Testament ein. Sie zeigt hervorragend auf, wie Mitglieder und Missionare im Gemeinderat in Einigkeit zusammenarbeiten können, um sich anderer anzunehmen und ihnen zu Hilfe zu kommen. Die Geschichte steht in Markus 2:1-5. Am lehrreichsten sind meiner Meinung nach immer die Begebenheiten, die Jesus erzählt hat, um bestimmte Lehren oder Grundsätze zu verdeutlichen.

Es geht in dieser Geschichte um einen Mann, der gelähmt ist, der sich also nicht aus eigener Kraft fortbewegen kann. Er war ans Haus gefesselt und musste auf Hilfe warten.

Heutzutage könnte sich die Geschichte in etwa so abspielen: Vier Leute sollen einem Auftrag des Bischofs nachkommen und einen Gelähmten besuchen. Ich kann mir vorstellen, dass eine Schwester aus der Frauenhilfsvereinigung dabei ist, ein Bruder aus dem Ältestenkollegium, ein Träger des Aaronischen Priestertums und zu guter Letzt auch ein Vollzeitmissionar. In der letzten Gemeinderatssitzung war über die Bedürfnisse der Gemeinde gesprochen worden, und daraufhin hatte der Bischof Aufträge zur „Rettung“ erteilt. Diese vier waren beauftragt worden, dem Gelähmten beizustehen. Sie konnten nicht davon ausgehen, dass er ganz alleine zur Kirche kommen könne. Sie mussten ihn in seinen eigenen vier Wänden besuchen. Sie mussten ihn aufsuchen, und so zogen sie los. Der Mann wurde zu Jesus gebracht.

„Da brachte man einen Gelähmten zu ihm; er wurde von vier Männern getragen.“ (Markus 2:3.)

Der Raum war jedoch überfüllt. Durch die Türe gelangten sie nicht hinein. Mit Sicherheit ließen sie nichts unversucht, aber es gab einfach kein Durchkommen. Es lief nicht so glatt, wie sie es geplant hatten. Auf ihrem „Rettungsweg“ tauchten Hindernisse auf. Aber sie gaben nicht auf. Sie ließen den Gelähmten nicht an der Tür zurück. Sie berieten sich darüber, was nun zu tun sei – wie sie den Gelähmten zu Jesus Christus bringen könnten, damit er geheilt werde. Die Mühen, die sie auf sich nahmen, um Jesus dabei zu helfen, Seelen zu retten, waren ihnen nicht zu strapaziös. Sie dachten sich einen Plan aus. Es war zwar kein einfacher Plan, aber sie setzten ihn um.

„Weil sie ihn aber wegen der vielen Leute nicht bis zu Jesus bringen konnten, deckten sie dort, wo Jesus war, das Dach ab, schlugen (die Decke) durch und ließen den Gelähmten auf seiner Tragbahre durch die Öffnung hinab.“ (Markus 2:4.)

Sie schafften ihn also hinauf auf das Dach. Wenn wir davon ausgehen, dass es außen am Haus womöglich keine Treppe gab, muss es wohl eine ganze Weile gedauert haben, bis alle oben waren. Ich glaube, so könnte sich das abgespielt haben: Der junge Mann aus der Gemeinde kletterte zuerst hinauf. Er war jung und kraftvoll, und es forderte ihm keine besonders große Anstrengung ab. Sein Heimlehrpartner aus dem Ältestenkollegium und der große, starke Vollzeitmissionar leisteten ihm von unten Hilfestellung. Die FHV-Schwester ermahnte sie, vorsichtig zu sein, und spornte sie an. Die Männer deckten daraufhin das Dach ab, und die Schwester sprach dem Gelähmten unterdessen Mut zu. Er wollte ja geheilt werden, sich wieder aus eigener Kraft bewegen können und frei sein.

Dieser Rettungsauftrag erforderte die Zusammenarbeit aller. Im entscheidenden Moment mussten sie sich genau aufeinander abstimmen, um den Gelähmten vom Dach hinunterzulassen. Diese vier Menschen mussten in Einigkeit und Gleichklang zusammenarbeiten. Misstöne durfte es da keine geben. Der Gelähmte musste von allen Seiten im selben Tempo hinuntergelassen werden. Sollte einer das Seil rascher hinabgleiten lassen als die anderen, würde der Mann von der Trage fallen. Er war ja schwach und konnte sich nicht selbst festhalten.

Um dem Erlöser eine Hilfe sein zu können, müssen wir in Einigkeit und Gleichklang zusammenarbeiten. Jeder ist wichtig, und jedes Amt und jede Berufung sind wichtig. Wir müssen im Herrn Jesus Christus vereint sein.

Schließlich wurde der kranke, gelähmte Mann vor Jesus gelegt. „Als Jesus ihren Glauben sah, sagte er zu dem Gelähmten: Mein Sohn, deine Sünden sind dir vergeben!“ (Markus 2:5.) Jesus war barmherzig und heilte ihn nicht nur körperlich, sondern auch geistig: „Mein Sohn, deine Sünden sind dir vergeben!“ Ist das nicht wunderschön? Wünschen wir uns nicht alle das Gleiche? Ich ganz bestimmt.

Kennen wir jemand, der unter geistiger Lähmung leidet? Der aus eigener Kraft einfach nicht zur Kirche zurückkommen kann? Vielleicht ist es eines unserer Kinder, der Vater, die Mutter, unser Ehepartner oder ein Freund oder eine Freundin.

Jetzt, da es in allen Gemeinden so viel mehr Vollzeitmissionare gibt, sollten Bischöfe und Zweigpräsidenten vermehrt auf den Gemeinde- oder Zweigrat zurückgreifen. Der Bischof kann jedes Mitglied des Gemeinderats darum bitten, eine Liste mit den Namen derer, die Hilfe brauchen könnten, mitzubringen. Die Mitglieder des Gemeinderats beraten eingehend, wie sie am besten helfen können. Der Bischof hört sich die Vorschläge aufmerksam an und verteilt Aufträge.

Die Vollzeitmissionare sind bei diesen Rettungsaktionen eine großartige Unterstützung für die Gemeinde. Sie sind jung und kraftvoll. Sie freuen sich, wenn sie eine konkrete Liste mit Namen bekommen. Die Zusammenarbeit mit den Mitgliedern der Gemeinde macht ihnen Freude. Sie wissen, dass sich bei solchen Aufgaben besonders gut Menschen finden lassen. Sie widmen sich ganz der Aufgabe, das Reich des Herrn zu errichten. Sie haben ein starkes Zeugnis davon, dass sie mehr wie Christus werden, wenn sie an solchen Rettungsaktionen mitwirken.

Zum Schluss möchte ich Ihnen noch einen weiteren verborgenen Schatz verraten, der in dieser Begebenheit zu finden ist. Er steht in Vers 5: „Als Jesus ihren Glauben sah …“ (Hervorhebung hinzugefügt). Das war mir vorher noch nie aufgefallen – ihren Glauben. Unser vereinter Glaube wirkt sich also auch auf das Wohlbefinden anderer aus.

Wer war es, von dem Jesus da sprach? Es könnten die vier gewesen sein, die den Gelähmten getragen hatten, vielleicht auch der Gelähmte selbst oder alle, die für ihn gebetet hatten, oder all jene, die sich Jesu Predigten damals angehört hatten und sich still im Herzen auf das Wunder freuten, das da kommen sollte. Es mögen ein Ehepartner, Vater, Mutter, Söhne, Töchter, Missionare, ein Kollegiumspräsident, eine FHV-Leiterin, ein Bischof oder ein Freund in der Ferne dabei gewesen sein. Wir alle können einander beistehen. Wir sollten stets eifrig bestrebt sein, diejenigen zu retten, die in Not sind.

Ich gebe Zeugnis, dass Jesus Christus ein Gott der Wundertaten ist. Jesus Christus liebt einen jeden von uns und hat die Macht, zu erretten und zu heilen – sowohl körperlich als auch geistig. Wenn wir ihm dabei helfen, Menschenseelen zu erretten, werden auch wir im Zuge dessen gerettet. Das bezeuge ich im heiligen Namen Jesu Christi. Amen.

Anmerkung

  1. Siehe zum Beispiel Thomas S. Monson, „Unsere Aufgabe, andere zu retten“, Liahona, Oktober 2013, Seite 5