Einfach schön – und schön einfach
Mögen wir das Evangelium einfach halten, wenn wir unsere von Gott festgelegten Aufgaben erfüllen
Einleitung
Ich heiße einen jeden von Ihnen, der an dieser Konferenz teilnimmt, herzlich willkommen.
Ich möchte heute auf zwei Elemente des wiederhergestellten Evangeliums Jesu Christi eingehen, gefolgt von vier bewegenden Berichten von Heiligen der Letzten Tage aus der ganzen Welt, die die Anwendung der jeweils genannten Grundsätze veranschaulichen. Beim ersten Element des wiederhergestellten Evangeliums – nämlich Gottes Werk der Errettung und Erhöhung – geht es vor allem um von Gott festgelegte Aufgaben. Das zweite Element ruft uns ins Gedächtnis, dass das Evangelium klar, edel und einfach ist.
Von Gott festgelegte Aufgaben
Um ewiges Leben zu empfangen, müssen wir zu Christus kommen und in ihm vollkommen werden.1 Wenn wir zu Christus kommen und auch anderen dabei helfen, beteiligen wir uns an Gottes Werk der Errettung und Erhöhung, das auf von Gott festgelegten Schwerpunkten aufbaut.2 Diese Schwerpunkte oder Aufgabenbereiche sind ausgerichtet auf die Priestertumsschlüssel, die – gemäß Abschnitt 110 im Buch Lehre und Bündnisse3 – durch Mose, Elias und Elija wiederhergestellt wurden, sowie auf das zweite wichtige Gebot, das Jesus Christus uns gegeben hat, nämlich unseren Nächsten zu lieben wie uns selbst.4 Auf den ersten beiden Seiten des aktualisierten Allgemeinen Handbuchs, das allen Mitgliedern zur Verfügung steht, werden diese Teilbereiche aufgeführt.
Ich hoffe, die Erwähnung des Allgemeinen Handbuchs oder der Ausdruck „von Gott festgelegte Aufgaben“ lassen Sie nicht aus Sorge vor übermäßiger Komplexität erzittern, denn das müssen Sie nicht. Diese Aufgaben sind einfach, inspirierend, motivierend und machbar. Sie lauten:
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das Evangelium Jesu Christi leben
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für die Bedürftigen sorgen
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alle Menschen einladen, das Evangelium anzunehmen
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Familien für die Ewigkeit vereinen
Möglicherweise verstehen Sie diese Aufgaben wie ich: als Fahrplan, um zu unserem liebevollen himmlischen Vater zurückzukehren.
Das Evangelium ist klar, edel und einfach
Es heißt, das Evangelium Jesu Christi sei einfach schön und schön einfach.5 Auf die Welt trifft dies nicht zu, Sie ist kompliziert, verworren und voller Aufruhr und Konflikte. Wir werden gesegnet, wenn wir dafür Sorge tragen, dass die Verworrenheit, die uns überall in der Welt begegnet, keinen Einfluss darauf nimmt, auf welche Weise wir das Evangelium annehmen und praktizieren.
Präsident Dallin H. Oaks stellte fest: „Das Evangelium Jesu Christi lehrt uns vieles, was klein und einfach ist. Wir müssen daran erinnert werden, dass das scheinbar Kleine über einen langen Zeitraum hinweg insgesamt Großes zustande bringt.“6 Jesus Christus selbst drückt es so aus, dass sein Joch sanft und seine Last leicht ist.7 Wir alle müssen uns bemühen, das Evangelium einfach zu halten – in unserem Leben, in unserer Familie, in unseren Klassen und Kollegien und in unserer Gemeinde und unserem Pfahl.
Die Geschichten, die ich Ihnen nun erzählen werde, wurden sorgfältig ausgewählt. Sie sollen einerseits inspirierend und andererseits informativ sein. Was all diese Heiligen der Letzten Tage tun, dient uns als Muster dafür, wie wir das Evangelium auf klare, edle und einfache Weise umsetzen können und dabei jeweils eine der von Gott festgelegten Aufgaben erfüllen, die ich eben angeführt habe.
Das Evangelium Jesu Christi leben
Erstens, das Evangelium Jesu Christi leben. Jens aus Dänemark betet täglich dafür, das Evangelium leben und die Eingebungen des Heiligen Geistes erkennen zu können. Er hat gelernt, schnell zu handeln, wenn er sich vom Geist geleitet fühlt.
Jens berichtete:
„Wir wohnen in einem idyllischen Fachwerkhäuschen mit Reetdach, mitten in einem heimeligen Dorf, nahe dem Dorfteich.
An einem Abend mit dem schönstem dänischen Sommerwetter, das man sich nur vorstellen kann, waren Türen und Fenster weit geöffnet, und alles strahlte Frieden und Ruhe aus. Wegen unserer herrlich hellen und langen Sommernächte hatte ich es nicht eilig gehabt, eine durchgebrannte Glühbirne in unserem Hauswirtschaftsraum zu ersetzen.
Auf einmal überkam mich das starke Gefühl, dass ich dies augenblicklich nachholen sollte! Zur gleichen Zeit hörte ich, wie meine Frau Mariann die Kinder und mich zum Händewaschen beorderte, weil das Abendessen fertig war.
Ich bin lange genug verheiratet, um zu wissen, dass ich dann eigentlich spurten und mir wirklich die Hände waschen muss, aber ich hörte mich Mariann zurufen, ich würde noch schnell in den Laden gehen, um eine neue Glühbirne zu kaufen. Ich fühlte mich zudem gedrängt, sofort loszugehen.
Der Laden befand sich gleich auf der anderen Seite des Teiches. Normalerweise gingen wir zu Fuß, aber an dem Tag schnappte ich mir mein Fahrrad. Als ich am Teich vorbeifuhr, sah ich aus dem Augenwinkel einen kleinen Jungen von vielleicht zwei Jahren, der ganz allein am Rand des Teichs entlanglief, sehr nahe am Wasser – und plötzlich fiel er hinein! In der einen Minute war er noch da und in der nächsten weg!
Keiner außer mir hatte gesehen, was geschehen war. Ich warf mein Fahrrad zu Boden, rannte los und sprang in den hüfthohen Teich. Sofort legte sich Entengrütze wieder wie ein Teppich auf die Wasseroberfläche, sodass es unmöglich war, durch das Wasser zu sehen. Da spürte ich eine Bewegung auf einer Seite. Ich streckte den Arm ins Wasser, bekam ein T-Shirt zu fassen und zog den kleinen Jungen hoch. Er fing an, nach Luft zu schnappen, zu husten und zu weinen. Bald darauf konnten ihn seine Eltern wieder in die Arme schließen.“
Bruder Jens betet jeden Morgen um Hilfe, er möge die Eingebungen des Heiligen Geistes erkennen, selbst wenn das etwas so Seltsames ist, wie sofort eine Glühbirne auszuwechseln. Gleichzeitig bittet er darum, als ein Werkzeug zum Segen der Kinder Gottes dienen zu können. Jens lebt nach dem Evangelium, indem er sich jeden Tag um göttliche Weisung bemüht, bestrebt ist, würdig zu sein, und dann sein Bestes gibt, um der Weisung zu folgen, sobald sie kommt.
Für die Bedürftigen sorgen
Nun ein Beispiel dafür, wie man für die Bedürftigen sorgen kann. Eines Tages begleitete ein Pfahlpräsident im Pfahl Cúcuta in Kolumbien die Pfahl-JD-Präsidentin bei einem Besuch. Die Besuchten – zwei Junge Damen sowie ihr älterer Bruder im Teenageralter – machten gerade eine äußerst schwierige Zeit durch. Ihr Vater war vor kurzem verstorben, und nur ein Jahr zuvor hatten sie bereits ihre Mutter verloren. Die drei Geschwister lebten nun ganz allein in ihrer kleinen, notdürftigen Behausung. Die Wände waren aus unbearbeitetem Holz und mit Plastiktüten ausgekleidet, und das Wellblechdach überdeckte lediglich ihren Schlafplatz.
Nach dem Besuch war den Pfahlbeamten klar, dass dringend Hilfe gebraucht wurde. Im Gemeinderat wurde ein Plan entwickelt, wie man diese Hilfe leisten konnte. Die Führungsverantwortlichen auf Gemeinde- und Pfahlebene – die Frauenhilfsvereinigung, das Ältestenkollegium, die Jungen Männer, die Jungen Damen – sowie viele Familien machten es sich zur Aufgabe, sich um die drei Geschwister zu kümmern.
Die Organisationen der Gemeinde wandten sich an mehrere Mitglieder der Gemeinde, die im Baugewerbe tätig sind. Einige halfen bei der Planung, andere gaben von ihrer Zeit und stellten ihre Arbeitskraft zur Verfügung, weitere bereiteten Mahlzeiten zu und wieder andere sorgten für das notwendige Baumaterial.
Der Tag, an dem das Häuschen fertiggestellt war, war ein freudiger Tag, sowohl für die Helfer als auch für die drei jungen Mitglieder der Gemeinde. Diese Waisenkinder fühlten sich in ihrer Gemeindefamilie liebevoll umsorgt und gut aufgehoben. Sie wussten, sie sind nicht allein und Gott ist immer für sie da. Diejenigen, die zu Hilfe geeilt waren, spürten die Liebe des Erretters zu dieser Familie. Sie waren bei ihrem Dienst die Hände des Herrn.
Alle Menschen einladen, das Evangelium anzunehmen
Bestimmt wird Ihnen das Beispiel dazu gefallen, wie man alle Menschen einladen kann, das Evangelium anzunehmen. Der 17-jährige Cleiton aus Kap Verde hatte keine Ahnung, welche Folgen sein Besuch der Seminarklasse in der Gemeinde haben sollte. Aber sein Leben und das Leben anderer wurde entscheidend verändert, weil er ebendiese Klasse eines Tages besuchte.
Cleiton hatte sich mit seiner Mutter und seinem älteren Bruder schon einige Zeit zuvor taufen lassen, doch sie alle gingen nicht mehr zur Kirche. Dass er dann einfach mal das Seminar besuchte, sollte sich als Wendepunkt für die Familie erweisen.
Die anderen Jugendlichen in der Klasse waren herzlich und aufgeschlossen. Sie gaben Cleiton das Gefühl, zuhause zu sein, und ermunterten ihn, an einer weiteren Aktivität teilzunehmen. Das tat er und schon bald begann er, auch die anderen Versammlungen der Kirche zu besuchen. Ein kluger Bischof erkannte Cleitons geistiges Potenzial und bat ihn, sein Assistent zu sein. „Von diesem Augenblick an“, so Bischof Cruz, „wurde Cleiton anderen jungen Leuten ein Vorbild und hatte großen Einfluss auf sie.“
Als Erstes lud Cleiton seine Mutter ein, in der Kirche wieder aktiv zu werden, dann seinen älteren Bruder. Als Nächstes weitete er den Kreis auf seine Freunde aus. Einer dieser Freunde war ein junger Mann namens Wilson. Er war so alt wie Cleiton. Bei seinem allerersten Treffen mit den Missionaren äußerte Wilson den Wunsch, getauft zu werden. Die Missionare waren beeindruckt und erstaunt darüber, was Cleiton ihm schon alles erzählt hatte.
Doch damit nicht genug. Cleiton half anderen Mitgliedern, in der Kirche wieder ganz aktiv zu werden, und erzählte auch Freunden mit anderer Konfession vom Evangelium. Heute gibt es in der Gemeinde 35 aktive Jugendliche und ein florierendes Seminarprogramm. Dies ist größtenteils Cleitons Bemühungen zu verdanken, das Prinzip „Lieben, weitergeben, einladen“ umzusetzen. Cleiton und sein älterer Bruder Cléber bereiten sich nun darauf vor, eine Vollzeitmission zu erfüllen.
Familien für die Ewigkeit vereinen
Zum Schluss ein wunderbares Beispiel dafür, Familien für die Ewigkeit zu vereinen. Lydia aus Charkiw in der Ukraine erfuhr von den Missionaren zum ersten Mal etwas über den Tempel. Sofort verspürte sie den innigen Wunsch, in den Tempel zu gehen. Nach ihrer Taufe begann sie, sich auf den Erhalt eines Tempelscheins vorzubereiten.
Lydia besuchte den Freiberg-Tempel in Deutschland, um ihr Endowment zu empfangen. Sie verbrachte gleich mehrere Tage dort, um sich als Stellvertreterin für Verstorbene zu betätigen. Sobald der Kiew-Tempel in der Ukraine geweiht war, besuchte Lydia den Tempel häufiger. Dort wurden sie und ihr Mann Anatoli für die Ewigkeit aneinander gesiegelt und später als Tempelmissionare berufen. Gemeinsam haben sie über 15.000 Namen von Vorfahren ausfindig gemacht und arbeiten daran, ihnen die heiligen Handlungen des Tempels zugänglich zu machen.
Als Lydia nach ihren Gefühlen hinsichtlich der Tempelarbeit gefragt wurde, sagte sie: „Was hat mir der Tempel gebracht? Ich habe neue Bündnisse mit Gott geschlossen. Mein Zeugnis wurde gestärkt. Ich habe gelernt, persönliche Offenbarung zu empfangen. Ich bin in der Lage, die errettenden heiligen Handlungen für meine verstorbenen Vorfahren vorzunehmen. Und ich kann anderen Menschen Liebe zeigen und ihnen dienen.“ Sie schloss mit dieser zutreffenden Aussage: „Der Herr möchte uns oft im Tempel sehen.“
Zum Abschluss
Ich fühle mich von der Güte dieser Heiligen der Letzten Tage inspiriert. Wie diese vier Geschichten zeigen, haben sie alle einen ganz unterschiedlichen Hintergrund. Aus dem, was einem Wunder gleich durch die einfache Anwendung einfacher Evangeliumsgrundsätze erzielt worden ist, kann man unglaublich viel lernen. Alles, was diese Mitglieder gemacht haben, liegt auch in unserer Reichweite.
Mögen wir das Evangelium einfach halten, wenn wir unsere von Gott festgelegten Aufgaben erfüllen: das Evangelium Jesu Christi leben, damit wir so empfänglich für Eingebungen sind wie Jens in Dänemark; für die Bedürftigen sorgen wie die Mitglieder des Pfahles Cúcuta in Kolumbien, als sie Waisen aus einer Gemeinde zu einem neuen Zuhause verhalfen; alle Menschen einladen, das Evangelium anzunehmen, wie es Cleiton aus dem afrikanischen Inselstaat Kap Verde mit seinen Freunden und seiner Familie gemacht hat; und schließlich Familien für die Ewigkeit vereinen, wie Schwester Lydia aus der Ukraine es vorgelebt hat – durch den Empfang der heiligen Handlungen des Tempels für sich selbst, durch die Beschäftigung mit ihrer Familiengeschichte sowie ihren Dienst im Tempel.
Das alles zu beherzigen, verschafft uns Freude und Frieden. Dies verheiße und bezeuge ich und gebe auch Zeugnis für Jesus Christus als unseren Erretter und Erlöser. Im Namen Jesu Christi. Amen.