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9. Schritt: Wiedergutmachung Und Aussöhnung


9. Schritt

Wiedergutmachung Und Aussöhnung

Grundsatz: Machen Sie bei den Menschen, denen Sie geschadet haben – wo immer es möglich ist – alles wieder gut.

Als wir zum 9. Schritt übergingen, waren wir bereit, um Vergebung zu bitten. Wie die umkehrwilligen Söhne Mosias, die umherzogen und „sich eifrig [bemühten], all das Unrecht gutzumachen, das sie [anderen] angetan hatten“ (Mosia 27:35), so war es auch unser Wunsch, Wiedergutmachung zu leisten. Wir wussten aber schon in den Anfängen dieses Schrittes, dass wir unseren Wunsch erst dann in die Tat umsetzen könnten, wenn Gott uns mit seinem Geist segnete. Wir benötigten Mut, ein gesundes Urteilsvermögen, Sensibilität, Besonnenheit und ein Gefühl für den richtigen Zeitpunkt. Diese Eigenschaften besaßen die meisten von uns damals noch nicht. Wir erkannten, dass der 9. Schritt einmal mehr zeigen würde, inwieweit wir bereit waren, demütig zu sein und um die Hilfe und Gnade des Herrn zu bitten.

Da wir mit diesem schwierigen Prozess bereits Erfahrung haben, möchten wir Ihnen einige Anregungen dafür geben. Es ist äußerst wichtig, dass Sie in Ihren Bemühungen, Wiedergutmachung zu leisten, nicht spontan oder unbesonnen vorgehen. Es ist gleichermaßen wichtig, dass Sie nicht zu lange damit warten, etwas wiedergutzumachen. Viele, die sich auf dem Weg der Heilung befanden, erlitten einen Rückschlag, als sie es zuließen, dass die Angst sie davon abhielt, den 9. Schritt zu gehen. Beten Sie um Führung durch den Herrn und beraten Sie sich mit einer Vertrauensperson, um nicht in eine dieser Fallen zu geraten.

Sie mögen versucht sein, die Begegnung mit manchen Menschen auf Ihrer Liste zu vermeiden. Wir raten Ihnen jedoch, dieser Versuchung nicht nachzugeben, es sei denn, das Treffen kann aufgrund rechtlicher Auflagen nicht stattfinden. Demut und Aufrichtigkeit können zerbrochene Beziehungen wieder kitten, wenn Sie sich im vernünftigen Rahmen um ein persönliches Treffen bemühen. Teilen Sie dem Betreffenden mit, dass Sie Wiedergutmachung leisten wollen. Wenn der Betreffende erklärt, dass er die Angelegenheit lieber nicht besprechen will, respektieren Sie diesen Wunsch. Erhalten Sie jedoch die Gelegenheit, sich zu entschuldigen, fassen Sie sich kurz und sprechen Sie über die konkrete Situation, an die Sie sich erinnern. Einzelheiten sind nicht wichtig. Der Zweck einer Wiedergutmachung besteht nicht darin, Ihre Sicht der Dinge darzulegen oder zu erklären. Der Zweck besteht darin, Ihre Fehler zuzugeben, sich dafür zu entschuldigen und, wenn möglich, diese wiedergutzumachen. Diskutieren Sie nicht und kritisieren Sie die betreffende Person nicht, auch wenn sie nicht positiv auf Ihre Entschuldigung reagiert oder diese nicht annimmt. Gehen Sie voller Demut auf den Betreffenden zu und bekunden Sie Ihren Willen zur Aussöhnung, niemals den Wunsch nach Rechtfertigung.

Für manch eine Tat kann es besonders schwierig sein, sich zu entschuldigen. Unehrlichkeit oder schwerwiegende sexuelle Sünden beispielsweise können juristische Konsequenzen nach sich ziehen. Sie könnten versucht sein, zu heftig zu reagieren oder nach Ausflüchten zu suchen und eine Wiedergutmachung zu umgehen. Holen Sie in einem derart schweren Fall gebeterfüllt geistlichen oder professionellen Rat ein, bevor Sie etwas unternehmen.

Es kann vorkommen, dass Sie überhaupt keine Gelegenheit haben, persönliche Wiedergutmachung zu leisten. Der Betreffende kann verstorben sein oder Sie können nicht herauszufinden, wo er lebt. In so einem Fall können Sie aber immer noch indirekt Wiedergutmachung leisten. Sie können dem Betreffenden einen Brief schreiben, in dem Sie Ihr Bedauern und Ihren Wunsch nach Aussöhnung zum Ausdruck bringen. Sie können dies tun, auch wenn der Brief nicht zugestellt werden kann. Sie können einer sozialen Einrichtung, die von dieser Person unterstützt wurde, eine Spende zukommen lassen. Sie können jemanden ausfindig machen, der Sie an die betreffende Person erinnert, und demjenigen auf irgendeine Weise helfen. Oder Sie können einem Angehörigen dieser Person anonym Hilfe zukommen lassen.

Es gibt Fälle, in denen eine Annäherung an die betreffende Person oder der Versuch einer Wiedergutmachung sehr schmerzlich oder sogar schädlich sein kann. Wenn Sie meinen, dies sei der Fall, besprechen Sie die Situation mit einer Vertrauensperson, ehe Sie etwas unternehmen. Dieser Teil der Heilung darf niemals dazu führen, dass andere Personen noch mehr Schaden nehmen. Es kann auch sein, dass Sie mehr Schaden angerichtet haben, als Sie überhaupt wiedergutmachen können. Elder Neal A. Maxwell sagte darüber: „Manchmal allerdings ist eine tatsächliche Wiedergutmachung nicht möglich, so zum Beispiel, wenn jemand dazu beigetragen hat, dass ein anderer den Glauben oder seine Tugend verloren hat. Dann ist das rechtschaffene Beispiel, das er hernach gibt, eine Art Ersatz für die Wiedergutmachung.“ (Der Stern, Januar 1992, Seite 29.) In dem Augenblick, in dem Sie sich entschließen, diese wahren Grundsätze als Ihren neuen Lebensstil anzunehmen, fangen Sie mit der Wiedergutmachung an.

Nachdem Sie für die meisten Ihrer früheren Taten Wiedergutmachung geleistet haben, gibt es vielleicht noch ein, zwei Personen, bei denen Sie meinen, Sie könnten ihnen nicht gegenübertreten. Verzweifeln Sie nicht. Viele von uns waren in so einer Situation. Wir empfehlen Ihnen, in aufrichtigem Gebet mit dem Herrn über Ihre Gefühle zu sprechen. Wenn Sie vor jemandem noch immer große Angst haben oder sehr zornig auf ihn sind, so sollten Sie sich vorläufig nicht mit ihm treffen. Um negative Gefühle zu überwinden, könnten Sie darum beten, Nächstenliebe zu erlangen und denjenigen so zu sehen, wie der Herr ihn sieht. Sie könnten sich überlegen, was dafür spricht, dass Wiedergutmachung und Aussöhnung Sie voranbringen werden. Wenn Sie dies tun und geduldig sind, dann kann und wird der Herr Sie auf seine Weise befähigen und es zu der Zeit, die er für richtig hält, so einrichten, dass Sie sich mit jedem auf Ihrer Liste versöhnen können.

Wenn Sie den 9. Schritt nach besten Kräften gegangen sind, dann haben Sie endlich auch alles Ihnen Mögliche getan, um mit den Geboten des Herrn in Einklang zu leben. Sie haben ein neues Leben voller Hoffnung begonnen – und zwar Hoffnung auf die Liebe Gottes und nicht auf Sie selbst. Sie haben sich in die Tiefen der Demut hinab begeben und haben festgestellt, dass dort der Herr auf Sie gewartet und Sie in die Arme geschlossen hat. Sie haben alles getan, was in Ihrer Macht steht, um Beziehungen wieder in Ordnung zu bringen und sich mit anderen auszusöhnen. Sie sind wenigstens zum Teil in seine Ruhe eingegangen; es wurde Ihr größter Wunsch, dort auch zu verbleiben. Sie lernen, persönliche Offenbarung besser zu erkennen und daraufhin zu handeln. Dies führt dazu, dass Sie mit den Lehren früherer und neuzeitlicher Propheten in Einklang leben. Selbst in Ihren schwersten Augenblicken verspüren Sie eine neue Art von Frieden. Sie haben erfahren, was es heißt, die Segnung zu erhalten, die Paulus mit den folgenden Worten beschrieb: „Und der Friede Gottes, der alles Verstehen übersteigt, wird eure Herzen und eure Gedanken in der Gemeinschaft mit Christus Jesus bewahren.“ (Philipper 4:7.)

Umsetzung

Haben Sie andere lieb; urteilen Sie nicht über andere; seien Sie gewillt, eine Berufung in der Kirche anzunehmen und den Zehnten und die übrigen Spenden zu zahlen

Sofern Sie in der Vergangenheit in der Kirche aktiv waren, war Ihr Antrieb dazu damals vielleicht Angst vor der Strafe Gottes oder davor, was Ihre Mitmenschen denken könnten. Vielleicht wurden Sie auch von Ihrem Pflichtgefühl dazu getrieben. Jetzt erkennen Sie, dass Dienen eine Möglichkeit darstellt, Christus näherzukommen. Auf diese Weise können wir zeigen, dass wir Gott lieben, dass wir beständig auf seine Macht angewiesen und dankbar für seine Hilfe sind. Überlegen Sie, ob Sie noch immer aus Angst oder Pflichtgefühl in der Kirche aktiv sind oder aber als eine natürliche Folge Ihres wiedergefundenen Glaubens an Christus.

Suchen Sie überall nach Gelegenheiten, Gutes zu tun. Machen Sie sich würdig, und stehen Sie für Berufungen in der Kirche zur Verfügung oder auch dafür, anderweitig zu dienen. Wenn Sie Ihren Brüdern und Schwestern dienen und sie durch Ihr Wort und Beispiel unterweisen, zeigen Sie ihnen dadurch, dass der Herr in Ihrem Leben tatsächlich etwas bewirkt (siehe Matthäus 25:40; Johannes 13:34,35; Johannes 15:15; Mosia 2:17).

Seien Sie bereit, alles Nötige zu tun, um Wiedergutmachung zu leisten

Wenn Sie sich durch den 9. Schritt arbeiten, lassen Sie sich nicht entmutigen, wenn andere Ihre Entschuldigung nicht annehmen oder nicht glauben, dass Sie sich tatsächlich geändert haben. Wiedergutmachung erfordert Zeit und Geduld. Lassen Sie den anderen Zeit, um zu erkennen, dass es diesmal anders ist. Diesmal machen Sie keine leeren Versprechungen, sondern Sie geben alles dafür, dass Ihnen Ihr Suchtverhalten und Ihre Charakterschwächen vollständig vergeben werden. Letztlich wird es für sich sprechen, dass Sie nun enthaltsam sind und sich anders verhalten als früher.

Studieren und Verstehen

Die folgenden Schriftstellen und Aussagen von Führern der Kirche können Ihnen beim 9. Schritt helfen. Denken Sie über diese Schriftstellen und Fragen nach, befassen Sie sich damit und halten Sie Ihre Gedanken dazu schriftlich fest. Seien Sie beim Schreiben ehrlich und konkret.

Guten Einfluss auf andere ausüben

„Und nun spricht der Geist des Herrn zu mir: Gebiete deinen Kindern, Gutes zu tun, damit sie nicht das Herz vieler Menschen ins Verderben verleiten; darum, in der Furcht vor Gott, gebiete ich dir, mein Sohn, von deinen Übeltaten abzulassen, dich mit deinem ganzen Sinn, aller Macht und aller Kraft zum Herrn zu wenden, niemandem mehr das Herz zu verleiten, sodass er Schlechtes tut, sondern vielmehr zu ihnen zurückzukehren und deine Fehler und das Unrecht, das du getan hast, zuzugeben.“ (Alma 39:12,13.)

  • Besonders schlimmen Schaden haben wir denjenigen zugefügt, die durch unseren Einfluss ebenfalls süchtig geworden sind. Schreiben Sie über die Menschen in Ihrem Leben, die Sie derart schädlich beeinflusst haben.

  • Wo können Sie laut Almas Worten in diesen Versen den nötigen Mut finden, um diesen Menschen ins Gesicht sehen zu können?

Überzeugung oder Zwang

„Jeder, der kommen will, [kann] kommen und uneingeschränkt von den Wassern des Lebens nehmen; und jeder, der nicht kommen will, der ist nicht gezwungen zu kommen; aber am letzten Tag wird ihm gemäß seinen Taten wiederhergestellt werden.“ (Alma 42:27.)

  • Sie haben viele triftige Gründe, den 9. Schritt zu gehen, deshalb dürfen Sie sich niemals einreden, Sie hätten keine andere Wahl. Das Genesungsprogramm für Suchtkranke absolviert man, weil man davon überzeugt ist und nicht, weil man gezwungen wäre. Schreiben Sie auf, ob Sie den 9. Schritt aus eigener Überzeugung durcharbeiten oder ob Sie sich dazu gezwungen fühlen. Welche Argumente in diesem Vers sprechen dafür, sich überzeugen zu lassen?

Sich darauf vorbereiten, Gott zu begegnen

„Ich möchte, dass ihr vortretet und euer Herz nicht länger verhärtet; denn siehe, jetzt ist die Zeit und der Tag für eure Errettung, und darum, wenn ihr umkehrt und euer Herz nicht verhärtet, wird der große Plan der Erlösung sogleich für euch zuwege gebracht werden.

Denn siehe, dieses Leben ist die Zeit, da der Mensch sich vorbereiten soll, Gott zu begegnen; ja, siehe, der Tag dieses Lebens ist der Tag, da der Mensch seine Arbeiten verrichten soll.“ (Alma 34:31,32.)

  • Was können Sie außerdem erreichen, wenn Sie Ihr Herz erweichen und sich daranmachen, Wiedergutmachung zu leisten?

  • Inwiefern wächst Ihre Bereitschaft, Wiedergutmachung zu leisten, wenn Sie sich klarmachen, dass Sie sich dabei auch darauf vorbereiten, Gott zu begegnen?

In der Kirche aktiv sein

„[Die Söhne Mosias] zogen durch das ganze Land … und bemühten sich eifrig, all das Unrecht gutzumachen, das sie der Kirche angetan hatten; sie bekannten alle ihre Sünden und machten alles bekannt, was sie gesehen hatten, und erklärten allen, die es zu hören wünschten, die Prophezeiungen und die Schriften.“ (Mosia 27:35.)

  • Wegen ihres Suchtverhaltens kommen viele nicht mehr zur Kirche. Einige rechtfertigten ihre eingeschränkte Beteiligung mit dem Fehlverhalten anderer. Schreiben Sie, welche Erfahrungen Sie damit gemacht haben, wie es ist, in der Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage aktiv zu sein.

  • Inwiefern hat es Ihnen geholfen, sich mit der Kirche wieder verbunden zu fühlen, dass Sie während Ihrer Genesung Jesus Christus nähergekommen sind?

  • Inwiefern können Sie leichter Wiedergutmachung leisten und in der Heilung noch weiter voranschreiten, wenn Sie sich aktiv in der Kirche beteiligen?

Bereitschaft zur Wiedergutmachung

„Sie müssen so weit wie möglich alles ersetzen, was gestohlen, beschädigt oder beschmutzt wurde. Die bereitwillige Wiedergutmachung dient dem Herrn als Beweis dafür, dass Sie sich dazu verpflichtet haben, alles zu tun, was Sie können, um umzukehren.“ (Richard G. Scott, Der Stern, Juli 1995, Seite 69.)

  • Schreiben Sie darüber, inwiefern Sie nicht nur dem Herrn, sondern auch sich selbst und anderen beweisen, dass Sie entschlossen sind, ein demütiges und ehrliches Leben zu führen, wenn Sie den 9. Schritt durcharbeiten.

Die Absichten Ihres Herzens

„Wer umkehrt und die Gebote des Herrn tut, dem wird vergeben werden.“ (LuB 1:32.)

  • Wenn Sie Wiedergutmachung leisten, werden Sie vielleicht erleben, dass jemand Ihnen nicht vergibt. Vielleicht ist sein Herz Ihnen gegenüber noch verhärtet oder er traut Ihnen nicht. Wie hilft es Ihnen zu wissen, dass der Herr Ihre wahren Herzensabsichten kennt und dass er Ihre Bemühungen, Umkehr zu üben und Wiedergutmachung zu leisten, annimmt, selbst wenn andere dies nicht tun?

Was der Erretter für Sie tun kann

„Die Menschen können sich ihre Sünden nicht selbst vergeben; sie können sich nicht selbst von den Folgen ihrer Sünden reinigen. Die Menschen können aufhören zu sündigen und in Zukunft das Rechte tun, und insofern ist ihr Tun vor dem Herrn auch annehmbar und der Betrachtung wert. Aber wer macht das Unrecht, das sie sich selbst und anderen angetan haben, wieder gut, wenn sie es nicht selbst in Ordnung bringen können? Durch das Sühnopfer Jesu Christi werden die Sünden des Umkehrwilligen weggewaschen; wären sie auch rot wie Purpur, so sollen sie doch weiß werden wie Wolle. Das ist die Verheißung, die euch gilt.“ (Lehren der Präsidenten der Kirche: Joseph F. Smith, Seite 99f.)

  • Wenn Sie sich daranmachen, Wiedergutmachung zu leisten, lassen Sie sich nicht von dem Gedanken entmutigen, das sei völlig unmöglich oder Sie könnten noch nicht einmal annäherungsweise das wiedergutmachen, was Sie diesen Menschen angetan haben. Selbst wenn dies der Fall sein sollte, bedenken Sie, dass Jesus Christus die Macht hat, all das wieder in Ordnung zu bringen, was Sie allein nicht in Ordnung bringen können. Schreiben Sie auf, wie wichtig es für Sie ist, darauf zu vertrauen, dass Jesus Christus das tun wird, was Sie nicht tun können.

  • Auf welche Weise können Sie dem Herrn zeigen, dass Sie ihm vertrauen? Was können Sie tun, um ihm noch fester zu vertrauen?

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