2022
Als Neubekehrte lernte ich, was Opferbereitschaft heißt
Juli 2022


Nur online: Junge Erwachsene

Als Neubekehrte lernte ich, was Opferbereitschaft heißt

Ich hatte das Gefühl, vieles aufgeben zu müssen, sofern ich mich der Kirche anschließen wollte. Aber ich wusste: Wenn jemand verstand, was Opferbereitschaft bedeutet, dann war es Jesus Christus.

Eine Frau blickt lächelnd auf ihr Smartphone

Als Kind musste ich an Wochentagen stets früh aufstehen. Sonntag war der einzige Tag, an dem meine Mutter mich länger schlafen ließ – allerdings weckte mich dann der Lärm, den die Mitglieder der christlichen Gemeinde im Nachbarhaus mit ihrem lauten Gesang und ihrem Predigen machten – manchmal schrien sie sogar. Es klingt blöd, aber weil ich mich so darüber ärgerte, jeden Sonntag aus dem Schlaf gerissen zu werden, fand ich Christen echt nervig.

Später erfuhr ich, dass so manche Mitglieder christlicher Gemeinden viel Zeit und sogar Geld für ihre Kirche aufbrachten. Warum sie das taten, war mir absolut schleierhaft.

Diese beiden Aspekte christlicher Kirchen in meiner Heimatstadt in Indien führten dazu, dass ich eigentlich kein Interesse daran hatte, mehr über das Christentum zu erfahren – zumal niemand in meiner Familie Christ war.

Jesus Christus kennenlernen

In meinem letzten Studienjahr lud mich ein Freund ein, mit ihm in die Kirche zu gehen. Ich stimmte schließlich zögerlich zu.

Als ich in der Versammlung saß, Kirchenlieder sang und Botschaften über Jesus Christus hörte, empfand ich etwas Ungewöhnliches – ich verspürte Frieden im Herzen. Ich ging noch ein paar Male mit in die Kirche. Jedes Mal hatte ich dieselbe Empfindung. Aber natürlich war ich einfach nur so dort, denn ich war ja nicht daran interessiert, mich wirklich der Kirche anzuschließen.

Irgendwann begleitete ich meinen Freund also nicht mehr. Doch da beschlich mich das Gefühl, in meinem Leben fehle etwas. Ich vermisste den Frieden, den ich beim Kirchenbesuch mit meinem Freund verspürt hatte. Ich hatte das Bedürfnis, mehr über Jesus Christus zu erfahren. Also kam ich mit den Missionaren der Kirche meines Freundes zusammen. Ich dachte nicht einmal darüber nach, was meine Familie wohl sagen würde.

Hindernisse

Als ich mich mit den Missionaren traf, änderte sich mein Leben. Ich erfuhr von der Wiederherstellung und vom Buch Mormon, und die Missionare halfen mir, auf meine zahlreichen Fragen Antwort zu bekommen.

Eines Tages stieß ich auf eine Schriftstelle, in der es hieß: „Was auch immer ihr voll Glauben … erbittet, das werdet ihr empfangen.“ (Enos 1:15.) Da wusste ich, dass ich nicht allein war. Ich hatte das Gefühl, dass Gott meine Situation verstand und mich trösten wollte. Als ich erkannte, wie sehr Gott mich liebte, wollte ich ein besserer Mensch werden. Ich wollte wie der Erretter werden und mich der Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage anschließen.

Mein Zeugnis wuchs, doch ich stieß auch auf Hindernisse. Als meine Mutter erfuhr, dass ich in Erwägung zog, mich taufen zu lassen, sagte sie mir, dass ich dann ausziehen und den Kontakt zu ihr abbrechen müsse. Und als ich in den sozialen Medien schrieb, was ich über den Erretter gelernt hatte, blockierten viele Freunde und Verwandte meine Nachrichten und sprachen nicht mehr mit mir.

Ich hatte das Gefühl, ich sei gefordert, zwischen meiner Familie und dem Evangelium zu wählen – eine Entscheidung, die mir unmöglich erschien. Ich opferte so vieles, woran mein Herz hing, um mich der Kirche anzuschließen. Aber ich wusste: Wenn jemand verstand, was Opferbereitschaft bedeutet, dann war es Jesus Christus (siehe Alma 34:8-16).

Und so war ich bestrebt, dem Erretter immer näherzukommen. Ich ging sogar mitten in der Nacht aus dem Haus, um zu beten und im Buch Mormon zu lesen, weil ich dadurch den missbilligenden Kommentaren meiner Familie ausweichen konnte. Nachdem ich voller Glauben gebetet hatte, beschloss ich, mich für das Evangelium zu entscheiden, ganz gleich, was kommen mochte. Ich fand im Evangelium Freude und Erfüllung – und das war für mich jedes Opfer wert.

Geben, nicht aufgeben

Mich der Kirche anzuschließen ging für mich mit großen Opfern einher. In Berufungen zu dienen, den Zehnten zu zahlen und frühere Beziehungen aufrecht zu erhalten, war manchmal schwierig. Aber wie die christlichen Gemeinden in meiner Heimatstadt, die bereitwillig viel für ihren Glauben gaben, weiß ich, dass es bei meinen Opfergaben um viel mehr geht als um das, was ich aufgeben musste.

Bischof L. Todd Budge, Zweiter Ratgeber in der Präsidierenden Bischofschaft, hat erklärt: „Wenn wir unsere Opfer zugunsten anderer so betrachten, dass wir etwas aufgeben, sehen wir sie vielleicht als eine Last und verlieren den Mut, wenn unsere Opfer nicht anerkannt oder belohnt werden. Wenn wir sie jedoch so betrachten, dass wir dem Herrn etwas geben, werden unsere Opfer zugunsten anderer zu Geschenken. Dann birgt die Freude, die man verspürt, wenn man ein großzügiges Geschenk macht, ihren Lohn in sich.“1

Der Vater im Himmel erkennt die Opfer an, die wir für ihn bringen, und segnet uns dafür. Dies ist mir selbst zuteilgeworden – als mir die Mitglieder meiner Gemeinde Liebe und Unterstützung geschenkt haben, als ich durch den Geist Frieden und Trost verspürt und auch Wunder erlebt habe. Eines dieser Wunder ist, dass sich das Herz meiner Eltern erweicht hat und wir jetzt eine gute Beziehung pflegen.

Ich weiß jetzt, wer der Vater im Himmel und Jesus Christus sind und wie sehr sie jeden Einzelnen von uns lieben. Wenn ich Opfer bringe, um meine Bündnisse zu halten, habe ich das Gefühl, mehr wie der Erretter – unser größtes Vorbild – zu werden. Ich weiß, dass wir geführt werden und die vielen wunderbaren Segnungen erleben dürfen, die Gott und Jesus Christus für uns bereithalten, wenn wir uns nur bemühen, ihnen nach bestem Können zu dienen.