Lektion 33
Nächstenliebe und Dienst am Nächsten
Die Lektion soll jedem zeigen, daß Nächstenliebe und Dienst am Nächsten für die Priestertumsberufung wichtig ist.
Einleitung
Zeigen Sie Bild 33-a, „Christus ist das größte Beispiel an Nächstenliebe“.
Jesus Christus liebt jeden. Seine Fähigkeit zu lieben ist vollkommen. Seine Liebe ist so vollkommen, daß es in den heiligen Schriften heißt: „Er ist die Liebe.“ (1 Johannes 4:7–12.) Die Liebe Christi kommt am besten in dem Dienst zum Ausdruck, den er den Menschen erwiesen hat.
Als Priestertumsträger haben wir die Pflicht, so zu werden wie Christus. Dazu ist es notwendig, daß wir lernen zu lieben, wie er liebt, und zu dienen, wie er dient. Bischof H. Burke Peterson hat gesagt: „In einer Welt und Gesellschaft, in der der Satan seine heftigsten Angriffe auf die Menschenkinder richtet, haben wir keine größere Waffe als die reine, selbstlose, christusähnliche Liebe.“ (“The Daily Portion of Love”, Ensign, Mai 1977, Seite 69.)
Das Gebot zu lieben
Eines Tages, als Christus lehrte, fragte ihn einer der Schriftgelehrten: „Welches Gebot ist das erste von allen?“ Jesus antwortete: „Das erste ist: Höre, Israel, der Herr, unser Gott, ist der einzige Herr. Darum sollst du den Herrn, deinen Gott, lieben mit ganzem Herzen und ganzer Seele, mit all deinen Gedanken und all deiner Kraft.
Als zweites kommt hinzu: Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst. Kein anderes Gebot ist größer als diese beiden.“ (Markus 12:28–31.)
Weshalb sind diese zwei Gebote größer als die anderen? (Wenn wir Gott und unsere Nächsten lieben, werden wir alles in unserer Macht Stehende tun, um sie glücklich zu machen und daher auch alle anderen Gebote halten.)
Der Erretter verbrachte einen großen Teil seines Lebens damit, die Menschen über Liebe zu belehren. Manchmal wird sein Evangelium als „Evangelium der Liebe“ bezeichnet. Jesus hat gesagt, daß wir nur dann seine Jünger sind, wenn wir andere lieben (siehe Johannes 13:35). Er hat erklärt, daß wir auch unsere Feinde lieben sollen (siehe Matthäus 5:43,44). Einige Stunden vor seiner Kreuzigung hat Jesus gesagt: „Ein neues Gebot gebe ich euch: Liebt einander! Wie ich euch geliebt habe, so sollt auch ihr einander lieben.“ (Johannes 13:34.)
Präsident N. Eldon Tanner hat die Wichtigkeit dieses Gebots betont: „Der einzige Leitspruch, den wir brauchen, um glücklich zu sein, … lautet: Liebt einander – zwei einfache Worte.“ (“The Great Commandment”, Improvement Era, Juni 1967, Seite 29.)
Nächstenliebe – die reine Christusliebe
Lassen Sie die Klasse Moroni 7:45–47 lesen. Was ist Nächstenliebe?
Elder Mark E. Petersen hat gesagt: „Nächstenliebe ist die reine Christusliebe, die uns hilft, sowohl Gott als auch unsere Nächsten zu lieben.“ (“Do Unto Others”, Ensign, Mai 1977, Seite 75.) Die folgende Geschichte – erzählt von Elder Marion D. Hanks – zeigt, wie ein Vater seiner Tochter geholfen hat, Nächstenliebe zu entwickeln und zu zeigen.
„Ich denke an eine wunderbare Frau, die mit einem schwerbehinderten Körper geboren wurde. … Sie erzählte von einem Vorfall in ihrer Kindheit. Spielkameraden hatten sie verspottet, und das hatte sie so gekränkt, daß sie weinen mußte. Zu Hause angekommen, hielt ihr Vater sie in seinen großen starken Armen und weinte mit ihr, als er ihr erklärte, daß … [dieses Erlebnis] ihr Leben reich und glücklich machen konnte. ,Liebes‘, sagte er, ,du hast einen Buckel auf dem Rücken und einige andere ernsthafte Probleme. Das ist aber nicht deine Schuld. Es ist auch nicht die Schuld deiner Eltern oder die des himmlischen Vaters. … Was die Jungen und Mädchen gesagt haben, stimmt, aber es war nicht fair und auch nicht nett von ihnen. Wenn du dein ganzes Leben lang versuchst, ein bißchen fairer und freundlicher zu anderen zu sein, als sie dich manchmal behandeln, wirst du glücklich sein, und dein Leben wird reich und nützlich sein.‘“ (“More Joy and Rejoicing”, Ensign, November, 1976, Seite 32.)
Was schlägt diese Geschichte jedem von uns vor, damit wir mehr Nächstenliebe entwickeln? Lassen Sie jemand 1 Korinther 13:1 vorlesen.
Elder Theodore M. Burton hat erklärt: „Nächstenliebe ist … Liebe, die so groß ist, daß wir bereit sind, einen Teil von uns selbst anderen zu geben. … Es ist leicht, zu sagen: ,Ich liebe dich.‘ Aber Liebe soll nicht nur mit Worten erklärt werden; sie soll sich durch Taten beweisen. Liebe, die nicht durch Taten gezeigt wird, ist nichts weiter als eine lärmende Zimbel oder Trommel, die die Ohren betäubt, die Seele aber nicht besänftigt.“ (“If I Have Not Love”, The Instructor, Juni 1970, Seite 201.)
Wenn wir Nächstenliebe haben, hilft uns das, glücklich zu sein und ein nützliches Leben zu führen. Entwickeln wir keine Nächstenliebe, „so sind wir wie der Abschaum, den die Schmelzer hinauswerfen (denn er ist nichts wert) und der von den Menschen zertreten wird“ (Alma 34:29).
Dienen, wie Christus gedient hat
Zeigen Sie Bild 33-a, „Christus ist das größte Beispiel an Nächstenliebe“.
Die Liebe für den himmlischen Vater und seine Kinder offenbart sich in unserem Dienst am Nächsten. Präsident Harold B. Lee hat über eine Art Vision berichtet, die er eines Nachts hatte und in der ihm gesagt worden war: „Wenn du Gott lieben willst, mußt du die Menschen lieben lernen und ihnen dienen. Auf diese Weise kannst du deine Liebe für Gott zeigen.“ (Stand Ye In Holy Places, Seite 189.)
Dienst am Nächsten nach dem Vorbild Christi ist Dienst, der aufrichtig und häufig unbeachtet jedem Bedürftigen erwiesen wird. Vielleicht werden wir um diesen Dienst nicht gebeten, vielleicht ist er unangenehm und erfordert große Anstrengung unsererseits. Dieser Dienst wird vielleicht gerade dann gebraucht, wenn es für uns schwer ist, ihn zu leisten. Wie man ihn auch leistet, es ist ein Dienst, der einfach aus Liebe zu den Kindern unseres himmlischen Vaters erbracht wird.
Warum und wem sollen wir dienen?
Wir sollen jedem dienen, der unsere Hilfe braucht und dem wir helfen können. Aber Elder Thomas S. Monson erinnert uns daran, daß einige unsere Hilfe mehr brauchen als andere: „Die Kranken, die Schwachen, die Hungrigen, die Frierenden, die Verletzten, die Einsamen, die Alten, der Wanderer – alle rufen uns um Hilfe.“ (“Your Jericho Road”, Ensign, Mai 1977, Seite 73.) Die folgende Geschichte zeigt, wie ein junger Mann die Bedeutung des Dienens erkannt hat.
Lassen Sie den zuvor Beauftragten die Geschichte vortragen.
Nach der Abendmahlsversammlung rief der Bischof Steve zu einer Unterredung in sein Büro. „Jetzt ist es soweit“, dachte Steve. „Ich werde bestimmt der neue Präsident des Lehrerkollegiums. Die Mitglieder werden mir bestimmt alle die Hand schütteln und mir gratulieren, und Mama wird stolz auf mich sein!“
„Steve, wir haben eine Berufung für dich“, sagte der Bischof. „Es ist ein besonderer Auftrag im Dienst am Nächsten. Wir machen uns Sorgen um Hasty McFarland. Er braucht jemanden, der sich seiner annimmt. Er ist zwar kein Mitglied der Kirche, aber Gott liebt alle Menschen, und wir haben das Vorrecht, diese Liebe zu zeigen.“
Steve war wie betäubt. Seine Gedanken eilten zwei Wochen zurück. Damals hatten er und seine Freunde sich über den alten Mann lustig gemacht, indem sie Witze über ihn rissen und selbstgedichtete Verse über ihn sangen. Enttäuscht und mit schlechtem Gewissen hörte er den Bischof sagen: „Ich möchte, daß du ihn zwei oder drei Mal die Woche besuchst. Wenn dir diese Aufgabe zuviel ist, dann scheue dich nicht, es zu sagen.“
Steve seufzte und sagte dem Bischof, daß er es tun würde. Der Bischof gab ihm noch weitere Anweisungen in bezug auf diese Aufgabe. „Du kannst für ihn Holz hacken und ihm Essen und vielleicht auch eine Decke bringen. Gib ihm das Gefühl, daß er gebraucht wird und daß man ihn gern hat. Sei ihm ein Freund. Dein Vater weiß von dem Auftrag, und er hat mir gesagt, daß er dir helfen wird. Auch der himmlische Vater wird dir helfen.“
Mit seinen 15 Jahren wußte Steve einiges, was ihm mehr Spaß gemacht hätte – Fußball spielen, Jagen, Fischen oder mit seinen Freunden spielen. Aber er wußte, daß er eingewilligt hatte, den Auftrag auszuführen.
Hasty lebte wie ein Einsiedler in einem kleinen Blockhaus am Stadtrand. Einmal im Jahr durfte er auf Kosten des Verwaltungsbezirks im Hotel ein Bad nehmen. Er trug eine schwarze Augenklappe und hatte an einer Seite des Kopfes ein Geschwür. Die meisten Kinder und sogar einige Erwachsene hatten die Angewohnheit, unfreundliche Bemerkungen über ihn zu machen.
Steve hatte große Angst, als er an Hastys Haus ankam. Er klopfte an die Tür, erhielt aber keine Antwort. Schließlich, nachdem er den alten Mann gerufen hatte, entschloß er sich, die Tür aufzumachen. Es war kalt und dunkel in Hastys Hütte. Hasty saß auf einer schmutzigen, modrigen Decke auf seinem Bett.
„Hasty, kann ich etwas für dich tun?“ platzte Steve heraus. Er nannte dem alten Mann seinen Namen und sagte ihm, daß der Bischof der Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage ihn geschickt hatte. Der alte Mann sagte nichts, er starrte nur auf den Boden. Steve ging aus der Hütte, um Holz zu hacken. Mit jedem Schlag der Axt fragte er sich, warum er überhaupt da war. „Hör auf zu murren“, sagte eine Stimme in ihm. „Der alte Mann friert und braucht Hilfe.“
Steve machte Feuer und versuchte, ein Gespräch in Gang zu bringen. Hasty gab aber keine Antwort. Steve nahm an, daß Hasty nicht zuhörte, also sagte er ihm, daß er am nächsten Tag mit einer warmen, sauberen Decke zurückkommen würde. Am nächsten Tag kam er wie versprochen mit einer neuen Decke. In den folgenden vier Wochen besuchte er Hasty jeden Tag. Schließlich sprach der alte Mann ihn an. Eines Tages fragte er ihn: „Junge, warum kommst du eigentlich her? Ich bin sicher, daß ein Junge in deinem Alter etwas Besseres tun kann, als einen kranken, alten Halunken wie mich zu besuchen.“ Dann lächelte er.
Zum Erntedankfest lud Steve ihn zum Essen ein. Er kam nicht, aber Steves Familie brachte einen Teil des Essens zu ihm. Hasty hatte Tränen in den Augen, als er versuchte, sich dafür zu bedanken.
Im Laufe der Zeit erfuhr Steve etwas über Hastys Leben als Schäfer. Er erfuhr, daß seine Frau und seine Kinder an einem schrecklichen Fieber gestorben waren und daß Hasty durch eine Krankheit sein Auge verloren hatte. Irgendwie schien der alte Einsiedler nicht länger häßlich zu sein, und Steve eilte immer nach der Schule hin, um ihm zu helfen und seine Geschichten anzuhören.
Zu Weihnachten lud Steves Familie Hasty wieder zum Essen ein. Diesmal kam er – er war sauber, trug einen Anzug und sah gut aus. Nach dem Essen brachte der alte Mann seine Dankbarkeit für Steve und dessen Familie zum Ausdruck. Er sagte, sein Leben wäre ein einziger Scherbenhaufen gewesen, aber die Liebe, die sie ihm entgegengebracht hatten, hätte aus ihm einen anderen Menschen gemacht.
Steve sah Hasty an und merkte, wie glücklich dieser war, und ihm wurde warm ums Herz. (Siehe “Hasty”, New Era, November 1974, Seite 48, 49.)
Hat Steve sich so verhalten, wie es Christus getan hätte? Auf welche Weise wurde der junge Mann durch seinen Dienst gesegnet? Wer erhielt den größten Segen?
Als wir getauft wurden, haben wir dem Herrn versprochen, „einer des anderen Last zu tragen, … mit den Trauernden zu trauern … und diejenigen zu trösten, die Trost brauchen“ (Mosia 18:8,9). Wir haben die Pflicht, diejenigen zu finden, die in Not sind. Dann ist es unsere Aufgabe, ihnen in Liebe und Güte zu helfen, und zwar, ohne dazu aufgefordert werden zu müssen (siehe LuB 58:26–29).
Schluß
Bischof H. Burke Peterson hat uns an folgendes erinnert: „Der Meister hat allen das Gebot gegeben – nicht einigen wenigen in dem einen Land und einer Handvoll Menschen in einem anderen, nicht nur einer Familie hier und da, sondern allen seinen Kindern, überall auf der Welt. Bringen Sie heute Nächstenliebe zum Ausdruck. Erweisen Sie anderen jetzt Ihre Liebe.“ (Ensign, Mai 1977, Seite 69.)
Von dieser Liebe profitieren nicht nur diejenigen, denen wir dienen, sondern auch wir selbst. Präsident Spencer W. Kimball hat geäußert: „Indem wir dienen, lernen wir, wie man dient. Wenn wir den Mitmenschen dienen, helfen wir nicht nur ihnen, durch das, was wir tun, wir sehen auch die eigenen Probleme aus einer neuen Perspektive … , und wir haben weniger Zeit, uns mit den eigenen Sorgen zu beschäftigen. … Wenn wir anderen dienen, entfaltet sich unsere Persönlichkeit.“ (“Small Acts of Service”, Ensign, Dezember 1974, Seite 2.)
„Wir sind mehr denn je dazu verpflichtet, dafür zu sorgen, daß unsere Familie gegenüber den Menschen in unserer Umgebung Harmonie, Liebe, Loyalität und Verantwortungsbewußtsein gegenüber dem Gemeinwesen ausstrahlen. Unsere Nachbarn sollen es sehen und hören. … Gott hilft uns als Mitglieder des Priestertums und als Mitglieder der Kirche, Nächstenliebe auszustrahlen!“ (David O. McKay, “Radiation of the Individual”, Instructor, Oktober 1964, Seite 374.)
Aufgaben
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Beten Sie demütig und aufrichtig um die Fähigkeit, so lieben zu können wie Christus.
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Zeigen Sie Liebe für Ihre Familie, indem Sie jedem eine kleine Aufmerksamkeit erweisen.
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Zeigen Sie Ihre Liebe für jemanden, der Ihre Hilfe braucht, indem Sie etwas Nettes für ihn tun.
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Helfen Sie Ihrem Priestertumskollegium, für jemanden ein Dienstprojekt zu planen.
Zusätzliche Schriftstellen
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Matthäus 25:31–46 (Wir dienen Gott, indem wir unseren Mitmenschen dienen.)
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1 Korinther 13 (Nächstenliebe ist das wichtigste Merkmal der Frömmigkeit oder Gottesfurcht.)
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Moroni 7:45–48 (Nächstenliebe ist die reine Christusliebe und eine Gabe Gottes.)
Vorbereitung für den Lehrer
Bevor Sie diese Lektion unterrichten:
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Lesen Sie Kapitel 28, „Dienen“ und Kapitel 30, „Nächstenliebe“ im Leitfaden Grundbegriffe des Evangeliums.
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Beauftragen Sie einige aus der Klasse, Geschichten und Schriftstellen im Unterricht vorzutragen.