2021
Julia Mavimbela
April 2021


Pioniere aus aller Welt

Julia Mavimbela

Engagement fürs Gemeinwohl in Südafrika

„Liebe entsteht erst, wenn man anderen vergibt.“

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woman standing in garden

Julia wischte sich den Schweiß von der Stirn. Dann hob sie den Spaten auf und grub weiter. Noch war der Boden, auf dem sie stand, bloß ein leeres Stück Land. Bald aber sollte daraus ein schöner Garten entstehen.

Es waren schwere Zeiten für die schwarze Bevölkerung Südafrikas. Die Gesetze trennten die Weißen von den Schwarzen. Viele Schwarze hatten ihr Zuhause zurücklassen müssen und wohnten nun abgeschottet von den Weißen. Auch hatten sie kein Wahlrecht. In der Siedlung, wo Julia wohnte, ging es gewalttätig zu. Man hatte deswegen sogar die Schulen geschlossen. Manchmal war es gefährlich, sein Zuhause zu verlassen.

Julia aber ließ sich nicht davon beirren. Sie wollte den Leuten in der Nachbarschaft etwas Gutes tun. Deshalb pflanzte sie einen Garten an.

Ein paar Kinder sahen Julia bei der Arbeit zu. „Können wir helfen?“, fragten sie.

„Aber klar!“, erwiderte Julia. Sie gab jedem einen Spaten. Dann zeigte sie ihnen, wie man die Erde auflockert und Unkraut jätet.

„Lasst uns den Boden der Bitterkeit umgraben, einen Samen der Liebe pflanzen und dann sehen, welche Frucht wir bekommen“, sagte sie. „Liebe entsteht erst, wenn man anderen vergibt.“

Die Wochen vergingen, und noch mehr Pflanzen sprossen. Auch andere Leute halfen im Garten mit. Sie jäteten hohes Unkraut. Sie pflanzten weitere Samen. Sie gossen die Pflanzen. Julia freute sich, dass so viele ihr halfen.

Eines Tages traf Julia zwei junge Männer. Sie war überrascht, denn normalerweise kamen Weiße sehr selten in ihre Siedlung. Sie stellten sich als Missionare vor. Julia wollte ihre Botschaft hören und lud sie nach Hause ein.

Als Julias Sohn davon hörte, war er entsetzt. „Du kannst sie doch nicht zu uns einladen!“, rief er. „Sie sind weiß! Es ist nicht sicher.“

Julia aber vertraute den Missionaren. „Diese Männer sind anders“, erklärte sie. „Sie verkünden Frieden.“

Die Missionare kamen zu Julia nach Hause, und sie bat sie herein. Einem Missionar fiel ein Foto auf dem Kamin auf. Es war Julias Hochzeitsfoto.

„Wer ist das?“, fragte der Missionar und zeigte auf das Foto.

„Das ist mein Mann John.“ Julias Blick senkte sich. „Er ist bei einem Autounfall ums Leben gekommen.“

Der Missionar nickte. „Wir glauben, dass die Familie für immer zusammen sein kann, auch nach dem Tod.“

Julia wurde von Frieden erfüllt. Sie freute sich, von Gottes Plan zu erfahren, und immer wieder traf sie sich mit den Missionaren. So wie die Pflanzen in ihrem Garten wuchs das Evangelium in Julia heran. Bald schon beschloss sie, sich taufen zu lassen.

In der Kirche lernte Julia viele neue Leute kennen. Manche waren schwarz. Andere weiß. Aber alle taten gemeinsam Gutes und lernten zusammen.

Julia zeigte den Kindern aus der Kirche, wie sie ihr im Garten helfen konnten. „Unser Herz muss genauso weich sein wie die Erde hier“, sagte sie. „Wir müssen in uns Platz fürs Evangelium schaffen. Wir müssen Platz für Liebe schaffen.“

Dreizehn Jahre nach Julias Taufe wurden die Gesetze, die die schwarze von der weißen Bevölkerung trennten, abgeschafft.

In Südafrika leben heute fast 70.000 Mitglieder der Kirche.

Südafrika hat elf offizielle Landessprachen.

Julia war Mitgründerin des Vereins „Women for Peace“ (Frauen kämpfen für Frieden), der sich für Einigkeit und Frieden in Südafrika engagiert.

Sie gehörte zu den ersten Tempelarbeitern im Johannesburg-Tempel in Südafrika.

Julias Beruf war Lehrerin. Während der Gartenarbeit brachte sie Kindern das Lesen bei.

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Friend Magazine, Global 2021/04 Apr

Illustrationen von Tracy Bishop

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