„Nur Lillian“, Kleiner Liahona, März 2023, Seite 40f.
Nur Lillian
Lillian wollte nicht die einzige Junge Dame sein.
Heute war Lillians letzter Tag in der PV. Lillian würde die anderen PV-Kinder vermissen! Es gab nur drei weitere – zwei jüngere Mädchen und ihren kleinen Bruder Michael.
„In einer Woche kommst du zu den Jungen Damen!“, sagte ihre PV-Lehrerin. „Und, wie fühlst du dich?“
„Ich freu mich schon auf den JD-Unterricht mit den älteren Mädchen!“, meinte Lillian begeistert.
„Schön, dass du dich darauf freust“, sagte ihre Lehrerin. „Wer sind denn eigentlich die anderen Jungen Damen?“
Lillian dachte an die älteren Mädchen in der Gemeinde. Summer und Cova waren gerade mit der Schule fertig. Und Melvinas Familie war weggezogen. Moment! Das hieß ja … nur Lillian blieb übrig!
Was bedeutete das denn für den JD-Unterricht? War sie mit ihrer Lehrerin und den anderen Erwachsenen etwa alleine? Da würde sie sich komisch fühlen … und vor allem einsam! Der Gedanke machte Lillian nervös. Sie verzog das Gesicht. Sie wollte nicht die einzige Junge Dame sein.
Den ganzen Tag lang konnte Lillian an nichts anderes nachdenken. Beim Abendessen stocherte sie nur im Essen herum und aß kaum etwas. Als sie beim Schriftstudium mit der Familie etwas vorlesen sollte, murmelte sie nur vor sich hin.
Mama legte die heiligen Schriften beiseite. „Was ist denn los?“, fragte sie.
Lillian seufzte. „Ich werde die einzige Junge Dame sein!“
Mama setzte sich zu Lillian und nahm sie in den Arm. „Das wird bestimmt nicht leicht sein“, sagte sie. „Wie können wir dir helfen?“
Lillian überlegte kurz. „Vielleicht können wir dafür beten, dass ein anderes Mädchen ins Gemeindegebiet zieht. Und vielleicht könnte Papa mir einen Segen geben.“
Papa lächelte. „Das sind tolle Ideen.“
Die Familie kniete nieder und betete. „Lieber Vater im Himmel“, sagte Lillian. „Ich freue mich ja, dass ich jetzt zu den Jungen Damen gehöre. Ich möchte nicht die einzige sein – aber wenn das dein Wille ist, ist das in Ordnung. Bitte lass mich erkennen, was ich tun kann, damit es mir besser geht. Und wenn du eine Familie mit einer Tochter in meinem Alter inspirieren möchtest, ins Gemeindegebiet zu ziehen, würde ich mich natürlich sehr darüber freuen.“
Nach dem Gebet legte Papa Lillian die Hände auf. „Ich segne dich, dass du bei den Jungen Damen Frieden verspüren kannst“, sagte er. „Der Vater im Himmel wird dich segnen, wenn du ihn um Hilfe bittest.“
Und tatsächlich verspürte Lillian Frieden. Sie war sich noch nicht sicher, was sie selbst tun konnte, damit ihr der Übergang zu den Jungen Damen leichter fiel. Aber sie wusste, dass der Vater im Himmel ihr helfen würde.
Am Sonntag war Lillian immer noch ein wenig nervös. Doch dann musste sie daran denken, wie friedlich sie sich nach dem Segen von Papa gefühlt hatte. Sie wusste, dass alles gut werden würde.
In der Abendmahlsversammlung gab der Bischof bekannt, dass Schwester Barns als neue JD-Präsidentin berufen worden war. Schwester Barns erhob sich, als ihr Name aufgerufen wurde. Lillian kannte sie nicht besonders gut, aber sie sah sehr freundlich aus.
Mama hatte ihr einmal erzählt, dass sie damals in Lillians Alter eine JD-Leiterin hatte, die mit der Zeit zu ihren besten Freundinnen zählte. Vielleicht würde Lillian sich ja mit Schwester Barns anfreunden! Das war die Antwort auf ihr Gebet.
Nach der Abendmahlsversammlung ging Lillian zu ihrem neuen Klassenzimmer. Auf dem Flur sah sie ein älteres Mädchen stehen.
„Hallo“, sagte Lillian. „Bist du hier zu Besuch?“
Das Mädchen schüttelte den Kopf. „Nein. Meine Familie ist gerade erst hergezogen.“
Lillian lächelte. „Herzlich willkommen in unserer Gemeinde! Heute ist mein erster Tag bei den Jungen Damen.“ Sie und das Mädchen setzten sich in den Klassenraum. „Übrigens heiße ich Lillian.“
„Das gibtʼs doch nicht!“, rief das neue Mädchen aus. „Ich heiße auch Lillian!“
Lillian lachte. Der Vater im Himmel hatte ihr Gebet ein zweites Mal erhört! Vielleicht würde sie sich bei den Jungen Damen doch nicht so einsam fühlen.
Diese Geschichte spielt in Australien.
Illustrationen von Sue Teodoro