Erforsche mich, Gott, und erkenne mein Herz
Durch die Verordnungen und die Bündnisse führt der Herr uns zum ewigen Leben.
Meine liebe Brüder und Schwestern und Freunde, ich stehe voller Demut an diesem Pult, das im Laufe von über hundert Jahren durch das Wort Gottes geheiligt wurde, das in zahllosen Botschaften gesprochen wurde und die Seele der Zuhörer geistig genährt hat. Im Einklang mit diesem Vermächtnis bete ich, daß unser Herz für all das, was auf dieser Konferenz gesagt wird, offen ist.
Heute möchte ich über die Segnungen sprechen, die den Bündnissen mit dem Herrn entspringen. Mein Ausgangspunkt ist der Bund, den der Herr mit dem Haus Israel geschlossen hat: „Denn das wird der Bund sein, den ich nach diesen Tagen mit dem Haus Israel schließe Spruch des Herrn: Ich lege mein Gesetz in sie hinein und schreibe es auf ihr Herz. Ich werde ihr Gott sein, und sie werden mein Volk sein.“
Dieser Bund erstreckt sich auf jeden Menschen aus jeder Rasse, der „auf Christus getauft“ ist. Wie Paulus sagt: „Wenn ihr aber zu Christus gehört, dann seid ihr Abrahams Nachkommen, Erben kraft seiner Verheißung.“
Ein Bund ist nicht bloß ein äußerliches Ritual. Er ist ein wirkliches und wirksames Mittel des Wandels. „Daß man von neuem geboren wird, geschieht durch Verordnungen mittels des Geistes Gottes.“ Wir müssen die errettenden Bündnisse, die wir mit dem Herrn schließen, immer ehren und heilig halten. Für den Fall, daß wir das tun, hat der Herr uns verheißen: „Du [wirst] Offenbarung um Offenbarung, Erkenntnis um Erkenntnis empfangen, damit du die Geheimnisse und das Friedfertige erkennen mögest das, was Freude bringt, was ewiges Leben bringt.“
Viele Bündnisse sind für das Glücklichsein hier und im Jenseits unerläßlich. Zu den wichtigsten davon gehört der Ehebund zwischen Mann und Frau. Diesem Bund entspringen die größten Freuden im Leben.
Der Taufbund mit der dazugehörenden heiligen Handlung der Konfirmierung öffnet das Tor zum ewigen Leben.
Zum Eid und Bund des Priestertums gehört die Verheißung, daß den würdigen ältesten alles gegeben wird, was der Vater hat.
Die Tempelbündnisse sind die Grundlage für die größten Segnungen, die der Herr für uns bereithält.
Wir haben den großen Vorzug, am Abendmahl, dem Mahl des Herrn, teilzunehmen. Wenn wir den Taufbund erneuern, indem wir am Abendmahl teilnehmen, wird uns Schutz gegen allerart Böses zuteil. Wenn wir zum Gedächtnis an das Opfer des Erretters würdig vom geheiligten Brot und Wasser nehmen, bezeugen wir Gott, dem Vater, daß wir willens sind, den Namen seines Sohnes auf uns zu nehmen und immer an ihn zu denken und seine Gebote, die er uns gegeben hat, zu halten. Wenn wir das tun, wird sein Geist immer mit uns sein. Wenn wir regelmäßig am Abendmahl teilnehmen und diesen Bündnissen treu sind, wird das Gesetz in uns hineingelegt und auf unser Herz geschrieben sein. Ich möchte das anhand eines Artikels aus der Zeitung Church News illustrieren.
„Eine Gruppe von Religionslehrern nahm an einen Sommerkurs über das Leben des Erretters teil und konzentrierte sich vor allem auf die Gleichnisse.
Als die Zeit der Abschlußprüfung da war … kamen die Kursteilnehmer zum Klassenzimmer und fanden dort eine Notiz vor, daß die Prüfung in einem anderen Gebäude auf der anderen Seite des Universitätsgeländes stattfinden sollte. Darüber hinaus hieß es in der Notiz, daß die Prüfung innerhalb von zwei Stunden ab eben dem Zeitpunkt abgeschlossen sein mußte.
Die Kursteilnehmer eilten über das Universitätsgelände. Unterwegs liefen sie an einem kleinen Mädchen vorbei, das wegen eines platten Reifens an ihrem neuen Fahrrad weinte. Ein alter Mann humpelte am Stock mit Schmerzen auf die Bibliothek zu und ließ Bücher von dem Stapel fallen, den er mit der freien Hand zusammenzuhalten suchte. Auf einer Bank saß ein schäbig gekleideter bärtiger Mann, der offensichlich in Not war.
Als die Kursteilnehmer in den Prüfungsraum eilten, wurden sie vom Dozenten empfangen, der ihnen mitteilte, daß sie alle bei der Abschlußprüfung durchgefallen seien.
Die einzig wahre Prüfung, ob sie das Leben und die Lehren des Erretters verstanden hätten, sagte er, bestehe darin, wie sie Menschen in Not begegneten.
Die Wochen zu Füßen ihres fähigen Professors hatten sie viel von dem gelehrt, was Christus gesagt und getan hatte.“ In ihrer Eile, die Formalitäten des Kurses hinter sich zu bringen, hatten sie jedoch die Anwendung nicht erkannt, die diese bewußt inszenierten Situationen darstellten. Sie lernten den Buchstaben, aber nicht den Geist. Daß sie das kleine Mädchen und die beiden Männer übersahen, zeigte, daß ihnen die tiefsinnige Botschaft des Kurses nicht ins Herz gedrungen war.
Wir müssen gelegentlich unsere Seele erforschen und entdecken, wer wir wirklich sind. So sehr wir es uns auch wünschen, unser wahrer Charakter kann nicht verborgen bleiben. Er zeigt sich, so als ob wir durchsichtig wären. Wenn wir versuchen, andere zu täuschen, so täuschen wir uns nur selbst. Wir sind oft wie der Kaiser im Märchen, der meinte, er sei in die schönsten Gewänder gekleidet, obgleich er bloß nackt war.
Ich habe erlebt, wie die Glaubenstreue der Mitglieder zugenommen hat. Gemessen an festgelegten Kriterien kommt es zu größeren Kundgebungen der Glaubenstreue als je zuvor. An jedem x-beliebigen Sonntag nehmen prozentual mehr als doppelt so viele Menschen am Abendmahl teil wie in meiner Jugend.
Wir versuchen, mit Hilfe der Großzügigkeit der glaubenstreuen Mitglieder, die das Gesetz des Fastens befolgen und am inspirierten Wohlfahrtsprogram teilnehmen, uns der Armen und Bedürftigen anzunehmen. Humanitäre Hilfe jeglicher Art im Wert von Millionen von Dollar ist schon in viele Länder gegangen, um Hunger und Leid zu lindern. Dies geschieht den Bedürfnissen entsprechend und ohne daß auf Rasse, Hautfarbe oder Religion geachtet wird.
Immer mehr unserer Mitglieder erfreuen sich der Segnungen, die mit dem Befolgen des alten Gesetzes des Zehnten einhergehen. Sie geben dem Herrn freiwillig ein Zehntel dessen zurück, was er ihnen geschenkt hat. Hunderttausende mehr freuen sich daran, daß sie in den Tempel gehen können. Wir haben heute 58000 Missionare auf Mission. Ich freue mich darüber und bin sicher, daß der Herr Gefallen daran hat. Aber ich frage mich, ob wir proportional dazu christlicher geworden sind. Entspringt unser Dienen einem reinen Herzen?
Ich spreche davon, wie wichtig es ist, die Bündnisse einzuhalten, weil sie uns in einer Welt Schutz geben, die von zeiterprobten Werten abdriftet, die Freude und Glücklichsein bringen. In der Zukunft wird die Moral vielleicht sogar noch lockerer. Der grundlegende Anstand in der Gesellschaft nimmt ab. In der Zukunft können unsere Mitglieder, vor allem unsere Kinder und Enkelkinder, damit rechnen, immer heftiger mit den übeln von Sodom und Gomorra bombardiert zu werden.
Zu viele Familien zerbrechen. Das Gute wird böse und das Böse wird gut genannt. Weil der Weg heute so leicht ist, haben wir das Opfer und die Hingabe vergessen, die unsere Vorfahren, die Pioniere, uns so gut vorgelebt haben. Die Worte Wordsworths bringen dies gut zum Ausdruck:
Vielleicht ist es heute schwieriger, sich sittliche Kraft zu bewahren und den Winden des Bösen, die heftiger als je zuvor wehen, die Stirn zu bieten. Es wird ausgesiebt. Die modernen Gegenstücke zu Babel, Sodom und Gomorra werden heute verlockend und freizügig im Fernsehen, im Internet, im Kino, in Büchern und Zeitschriften sowie auf der Bühne gezeigt.
Auf der letzten Generalkonferenz hat Präsident Gordon B. Hinckley uns davor gewarnt, daß wir in bestimmten Bereichen wie der Sonntagsheiligung, dem Zerfall der Familie und anderen Angelegenheiten allzusehr der Allgemeinheit anpassen. Er hat gesagt:
„Wir haben uns in dieser Sache schon viel zu sehr der Allgemeinheit angepaßt. Natürlich gibt es überall gute Familien. Aber es gibt zu viele, die in Schwierigkeiten sind. Dies ist eine Krankheit, gegen die es ein Mittel gibt. Das Rezept ist einfach und wunderbar effektiv. Es ist Liebe.“
In unserer Gesellschaft sind viele heilige Werte im Namen der Meinungsfreiheit erodiert. Das Vulgäre und Obszöne wird im Namen der Redefreiheit beschützt. Das Gros der Gesellschaft ist dem Verhalten gegenüber, vor dem Jesus, Mose und der Prophet Joseph Smith seit dem Beginn der Menschheitsgeschichte gewarnt haben, toleranter geworden.
Wir dürfen nicht zulassen, daß unsere persönlichen Werte erodieren, auch wenn andere meinen, wir seien eigentümlich. Wir sind immer schon als Volk des Eigentums betrachtet worden. Jedoch ist es immer schon viel besser gewesen, geistig korrekt als politisch korrekt zu sein. Natürlich möchten wir als einzelne und als Kirche geliebt und geachtet sein. Aber wir können uns nicht der Allgemeinheit anpassen, wenn das bedeutet, daß wir die rechtschaffenen Grundsätze aufgeben, die wie der Donner vom Sinai herabkamen und später vom Erretter weiterentwickelt und später auch von den neuzeitlichen Propheten gelehrt wurden. Wir dürfen nur eines fürchten, nämlich: Gott und seinen Sohn, Jesus Christus, der diese Kirche führt, zu beleidigen.
Wie es auch immer aussieht, das Böse trägt eine Maske. Ich spreche von sexueller Unmoral. Ich spreche vom Glücksspiel, das vielerorts mit beschönigenden Namen belegt wird. Das ist typisch dafür, wie viele andere Formen des übels maskiert werden, damit sie gesellschaftsfähiger werden. Da wird ein Verhalten maskiert, das durch die ganze Menschheitsgeschichte hin verurteilt wurde, ein Verhalten, das die Familie, die Grundeinheit der Gesellschaft, zerstört. In der Proklamation an die Welt sagen die Erste Präsidentschaft und die Zwölf: „Wir … verkünden feierlich, daß die Ehe zwischen Mann und Frau von Gott verordnet ist und im Plan des Schöpfers für die ewige Bestimmung seiner Kinder die Familie im Mittelpunkt steht.“
Der Verlust der elterlichen Autorität untergräbt die wichtigste Institution der Gesellschaft die Familie.
Paulus sprach von den Menschen seiner Zeit, die zeigten, „daß ihnen die Forderung des Gesetzes ins Herz geschrieben ist“. Damit die Mitglieder der Kirche sich der Segnungen des Bundesvolks erfreuen können, muß ihnen das Gesetz des Herrn ins Herz geschrieben sein. Wie kann dies geschehen, wenn so viele Stimmen unseren Kindern und Enkelkindern einreden, daß das Gute böse und das Böse gut ist? Wir hoffen, daß alle Väter und Mütter, alle Großväter und Großmütter im Halten der Gebote ein besseres Beispiel geben. Wir bitten jeden Ehemann und jede Ehefrau, sich etwas mehr Mühe zu geben und liebevoller und gütiger miteinander umzugehen. Wenn Vater und Mutter ihre Familie so weit wie möglich vor den vielen Einflüssen abschirmen, die uns zusetzen, dann bleiben ihre Kinder eher davor bewahrt. Das tägliche Schriftstudium, das tägliche Gebet, der regelmäßige Familienabend, der Gehorsam gegenüber der Priestertumsvollmacht zu Hause und in der Kirche sind eine großartige Versicherung gegen den geistigen Verfall.
Josua sprach unmißverständlich, als er sagte: „Ich aber und mein Haus, wir wollen dem Herrn dienen.
Und das Volk sagte zu Josua: Dem Herrn, unseren Gott, wollen wir dienen und auf seine Stimme hören.“
Es steht uns frei, den Rat des Herrn und seiner Propheten anzunehmen oder zu verwerfen. Oft kritisieren diejenigen, die den Propheten nicht folgen wollen, diejenigen, die ihnen folgen.
Einige unserer Kritiker nennen diejenigen, die ihren geistigen Führern folgen, „geistlose Schafe“. Jesus hat gesagt: „Wenn er alle seine Schafe hinausgetrieben hat, geht er ihnen voraus, und die Schafe folgen ihm; denn sie kennen seine Stimme.
Einem Fremden aber werden sie nicht folgen, sondern sie werden vor ihm fliehen, weil sie die Stimme des Fremden nicht kennen.“
All dies hat natürlich nicht in unserer Generation begonnen. Seit dem Anbeginn liegen die Einflüsse und die Kräfte des Satans mit Gott im Streit. Der Satan, der große Lügner, sagte: „Ich bin auch ein Sohn Gottes.“ Der Satan bedrängte die Kinder Adams, nicht an das zu glauben, was von Gott kam, „und sie liebten den Satan mehr als Gott. Und von der Zeit an fingen die Menschen an, fleischlich, sinnlich und teuflisch zu sein.“ Die Rechtfertigung ist offensichtlich, daß es jeder tut. Es ist einfach „in“.
Die Verordnungen und die Bündnisse helfen uns, uns daran zu erinnern, wer wir sind und welche Pflicht wir Gott gegenüber haben. Durch sie führt uns Gott zum ewigen Leben. Wenn wir sie achten, schenkt er uns vermehrte Kraft.
Elder James E. Talmage hat bestätigt, daß jemand, der wirklich Glauben hat, „mit der Gottesliebe in der Seele ein Leben des Dienens und der Rechtschaffenheit führt, ohne sich zu fragen, welche Regel oder welches Gesetzes eine Handlung vorschreibt oder verbietet.“
In unserer Welt, in der wir und unsere Familie von allen Seiten vom Bösen bedrängt werden, wollen wir doch an diesen Rat Präsident Hinckleys denken: „Wenn unsere Mitglieder nur lernen könnten, diesen Bündnissen entsprechend zu leben, würde alles andere von sich aus in Ordnung kommen.“
Einem glaubenstreuen Mitglied der Kirche, das seinen Bündnissen mit dem Herrn treu ist, braucht nicht jedes Jota und Pünktchen vorgegeben zu werden. Das christliche Verhalten entspringt dem Innersten seines Herzen und seiner Seele. So jemand wird vom Heiligen Geist geführt, der in den Evangeliumsverordnungen verheißen wird. Unsere größte Hoffnung sollte darin bestehen, die Heiligung zu erfahren, die sich aus dieser göttlichen Führung ergibt; am meisten sollten wir uns davor fürchten, diese Segnungen zu verwirken. Mögen wir so leben, daß wir wie der Psalmist sagen können: „Erforsche mich, Gott, und erkenne mein Herz.“ Darum bete ich im Namen Jesu Christi, amen.