2000–2009
Die Gelegenheit, Zeugnis zu geben
Oktober 2004


Die Gelegenheit, Zeugnis zu geben

Mit tief empfundenen Gefühlen der Dankbarkeit für alle, die mein Leben in der Vergangenheit beeinflusst haben, widme ich mich der Zukunft.

Meine lieben Brüder und Schwestern hier in Salt Lake City und in aller Welt – es ist schön, bei Ihnen zu sein. Ich beglückwünsche Elder Bednar und Elder Robert Oaks zu ihrer neuen Berufung und wünsche Ihnen alles Gute. Wenn ich meine Gefühle beschreiben sollte, würde ich sagen: Ich bin so ruhig wie ein Wirbelsturm, oder anders ausgedrückt – ich bin glücklich und habe doch Angst. Kurz: Ich brauche Ihre Gebete, ich brauche den Herrn.

Nachdem ich diese Berufung bekommen habe und mir ein heiliges Gut anvertraut wurde, das mein Leben völlig bestimmen wird, hege ich tiefe Gefühle und bin oft den Tränen nahe.

Ich bin mir meiner Unzulänglichkeit sehr wohl bewusst und habe seit Freitagmorgen dieser Woche in den vielen Stunden, die Tag und Nacht seither vergangen sind, eine heilige Qual empfunden, dass meine Seele nun tief und oft auch schmerzlich geprüft wird.

Als Präsident Gordon B. Hinckley die Berufung ausgesprochen hatte, dass ich ein Apostel und Mitglied des Kollegiums der Zwölf Apostel sein solle, verließ ich mein Büro, in dem immer Geschäftigkeit herrscht, um die völlig unerwartete Neuigkeit meiner lieben Frau, Harriet, mitzuteilen. Zu diesem entscheidenden Zeitpunkt in unserem Leben war uns die heilige Ruhe unseres Heimes als Ort der Zuflucht und des Schutzes ein Segen. Wie dankbar bin ich doch für meine Frau und dass sie mich mein Leben lang so liebevoll begleitet und so sehr unterstützt hat. Neben dem Geschenk des Lebens selbst und dem wiederhergestellten Evangelium Jesu Christi ist Harriet das größte Glück meines Lebens. Ich grüße auch unsere Kinder und Enkelkinder von Herzen und danke ihnen für ihre Gebete und für ihre Liebe – vor allem aber danke ich ihnen für ihr Beispiel. Unsere Kinder und Enkelkinder leben in Deutschland und helfen dort, das Reich Gottes in unserem Heimatland aufzubauen. Die Freude am Evangelium Jesu Christi und den damit verbundenen Segnungen für die Ewigkeit überbrückt tausende Kilometer Entfernung und macht unser Leben glücklich und froh.

Ich danke auch allen unseren Familienangehörigen und grüße sie, außerdem eine große Zahl Freunde und Lehrer, die mich auf meinem Weg begleitet haben – sie unterweisen, dienen, bauen auf und machen uns zu dem, was wir sind.

Meine tiefste Zuneigung und Dankbarkeit möchte ich auch den Mitgliedern der Ersten Präsidentschaft und des Kollegiums der Zwölf Apostel ausdrücken, die so liebevoll und gütig sind. Am Ende meiner Amtszeit als einer der sieben Präsidenten der Siebziger möchte ich auch den Siebzigern versichern, dass ich sie liebe und bewundere. Sie sind wahrhaftig besondere Zeugen Christi. An diese Männer wenden sich die Zwölf Apostel, wenn sie Hilfe benötigen, und nicht an irgendjemand anderen. Ich danke diesen engagierten Männern, die so viel von ihrer Zeit, ihren Talenten und ihrer geistigen Kraft opfern, um das Reich aufzubauen. Ich vermag mit Worten nicht auszudrücken, wie viel mir die zehneinhalb Jahre bedeutet haben, die ich als Siebziger froh und gern dienen durfte. Ich werde das Beispiel und die Freundschaft der Mitglieder der Siebzigerkollegien stets in Erinnerung behalten.

Ich möchte auch allen Mitgliedern der Kirche auf der ganzen Welt für ihre Glaubenstreue danken – trotz aller Versuchungen; für die Liebe, die Treue gegenüber den Grundsätzen und der Lehre des wiederhergestellten Evangeliums Jesu Christi, für die Bereitschaft, dem lebenden Propheten zu folgen, indem Sie die Gemeinden und Zweige wachsen lassen; für die Opfer, die Sie bringen, indem Sie Zeit, Energie, seelische, geistige und materielle Mittel investieren. Danke, dass Sie ehrlich den Zehnten zahlen und die Armen und Einsamen nicht vernachlässigen. Ich habe das Antlitz Christi in Ihrem Gesicht, in Ihren Taten und in Ihrem vorbildlichen Leben erkannt – Sie sind ein Wunder der Neuzeit.

Ich danke Ihnen, dass Sie mit Herz und Hand die leitenden Beamten der Kirche bestätigt haben. Gestern wurden die Führungsgremien der Kirche gemäß dem Grundsatz der allgemeinen Zustimmung im Amt bestätigt. Nicht einer der führenden Beamten trachtet nach solch einem Amt, noch lehnt er eine Berufung dazu ab – weil er weiß, dass sie auf Offenbarung von Gott beruht.

Wir sind dankbar für Ihre Gebete und wir beten für Sie. Wir lieben Sie und wir brauchen Ihre Liebe. Wir unterstützen Sie und wir brauchen Ihre Bereitschaft, dem Herrn zu dienen, wo immer Sie sind und zu welchem Amt Sie auch berufen sein mögen. In der Kirche des Herrn ist jede Berufung wichtig.

Präsident Gordon B. Hinckley hat gesagt: „Wir sind hier, um den Vater in seinem Werk und seiner Herrlichkeit zu unterstützen, nämlich ‚die Unsterblichkeit und das ewige Leben des Menschen zustande zu bringen‘ (Mose 1:39). Ihre Obliegenheiten sind in Ihrem Wirkungskreis genauso wichtig, wie meine Obliegenheiten es in meinem Wirkungskreis sind.“ (Der Stern, Juli 1995, Seite 64.) Er fordert uns auch auf, auf andere zuzugehen und unseren Mitmenschen Gutes zu tun: „Jedes Mitglied müsste im Herzen ein Bewusstsein dessen entwickeln, dass es andere dazu hinführen kann, die Wahrheit zu erkennen. … Jeder sollte sehr aufrichtig darum beten.“ („Findet die Lämmer, weidet die Schafe“, Der Stern, Juli 1999, Seite 120.)

Ich kann mich für alle Ewigkeit glücklich schätzen, weil ein liebes Mitglied vor über 50 Jahren auf jemanden zugegangen ist. Kurz nach Ende des Zweiten Weltkriegs stand meine Großmutter Schlange, um etwas Essbares zu kaufen, als eine ältere alleinstehende Schwester, die keine Angehörigen hatte, sie zu einer Abendmahlsversammlung in Zwickau einlud. Meine Großmutter und meine Eltern nahmen die Einladung an. Sie gingen in die Kirche, verspürten den Geist, waren von der Freundlichkeit der Mitglieder berührt und von den Liedern der Wiederherstellung sehr erbaut. Meine Großmutter, meine Eltern und meine drei Geschwister ließen sich alle taufen. Ich musste noch zwei Jahre warten, da ich erst sechs war. Wie dankbar bin ich doch für eine geistig empfängliche Großmutter, belehrbare Eltern und eine weise, weißhaarige, ältere alleinstehende Schwester, die beherzt auf uns zuging und dem Beispiel des Erlösers folgte, indem sie uns aufforderte: „Kommt und seht!“ (Johannes 1:39.) Ihr Name war sinnigerweise Schwester Ewig. Ich werde ihr für ihre Liebe und ihr Beispiel ewig dankbar sein.

Mit tief empfundenen Gefühlen der Dankbarkeit für alle, die mein Leben in der Vergangenheit beeinflusst haben, widme ich mich der Zukunft. In Herz und Sinn bin ich der Freude voll, dass ich nun den Rest meines Lebens Gelegenheit habe, von Christus zu reden, mich über Christus zu freuen, von Christus zu predigen und von Christus zu prophezeien (siehe 2 Nephi 25:26) – und dies als besonderer Zeuge unseres Erretters und Erlösers, nämlich Jesus Christus (siehe LuB 107:23).

Im Bewusstsein meiner Schwächen beziehe ich viel Trost aus den Anleitungen, die der Herr mir gibt. In Lehre und Bündnisse lesen wir:

„Die Fülle meines Evangeliums [werde] durch die Schwachen und die Einfachen bis an die Enden der Welt und vor Königen und Herrschern verkündigt … und, insofern sie nach Weisheit getrachtet haben, [können] sie unterwiesen werden … und, insofern sie demütig waren, [können] sie stark gemacht und aus der Höhe gesegnet werden und … Erkenntnis empfangen“ (LuB 1:23,26,28).

Im Buch Mormon steht:

„Ich will hingehen und das tun, was der Herr geboten hat; denn ich weiß, der Herr gibt den Menschenkindern keine Gebote, ohne ihnen einen Weg zu bereiten, damit sie das vollbringen können, was er ihnen gebietet.“ (1 Nephi 3:7.)

Und im Alten Testament finden wir diese tröstlichen Aussagen:

„Dann wird der Geist des Herrn über dich kommen und du wirst … in einen anderen Menschen verwandelt werden“, „[Gott] verwandelte sein Herz“ und „Gott ist mit dir“ (1 Samuel 10:6,9,7).

Ich baue auf diese wunderbaren Verheißungen. Ich gelobe daher Ihnen, diesen meinen Brüdern und dem Herrn, dass ich würdig leben werde, damit ich den Willen des Herrn erfahren und entsprechend handeln kann.

Gott, unser Vater im Himmel, kennt uns beim Namen. Jesus Christus lebt, er ist der Messias, er liebt uns. Das Sühnopfer Jesu Christi ist eine Tatsache; es bringt allen die Unsterblichkeit und öffnet die Tür zum ewigen Leben.

Das Evangelium Jesu Christi ist abermals auf der Erde. Die Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage ist wahr und lebendig.

Das Buch Mormon ist ein zweiter Zeuge Jesu Christi und es bestätigt, dass Joseph Smith ein wahrer Prophet war. Ich bewundere den Propheten Joseph. Ich erkenne Präsident Gordon B. Hinckley als den Propheten Gottes an, der sämtliche Schlüssel des Reiches, die die Propheten seit Joseph Smith ununterbrochen besaßen, heute in seinen Händen hält.

All dies bestätigt mir mein Herz und mein Verstand. Und ich bezeuge es im Namen Jesu Christi. Amen.