Gott führt alles zum Guten
Wir erfahren in diesem Leben vielleicht nie, warum wir manches durchmachen, aber wir können sicher sein, dass wir durch Erfahrung wachsen können.
Als ich jung war, freute ich mich immer auf den Frühling. Wenn es wärmer wurde, wartete ich schon auf den Beginn der Baseball- Saison. Wie die meisten Jungen wünschte ich mir, ein bedeutender Baseballspieler zu werden. Das erinnert mich an eine Geschichte von einem kleinen Jungen, der ähnliche Träume hatte. Vom Wunsch beseelt, der nächste große Ballspieler zu werden, beschloss er, hinauszugehen und zu üben. Er hielt den Baseball in der einen Hand, den Schläger in der anderen und warf den Ball in die Luft. In der Absicht, den Ball so weit zu schlagen, wie er nur konnte, holte er weit aus – doch der Ball fiel zu Boden, ohne auch nur das Holz des Schlägers berührt zu haben. Da war nichts zu machen, also folgte ein zweiter Versuch. Als er den Ball gerade wieder hochwerfen wollte, stellte er sich einen kräftigen Schlag vor und seine Entschlossenheit nahm noch zu. Aber leider war das Ergebnis das gleiche. Der Ball lag am Boden. Doch wie jeder gute Baseballspieler weiß, hat man drei Schläge, bevor man aus dem Spiel ist. Er konzentrierte sich noch mehr, warf den Ball in die Luft und holte zum gewaltigsten Schlag seines Lebens aus. Als der Ball wieder zu Boden fiel, traten ihm Tränen in die Augen. Aber dann zeigte sich plötzlich ein breites Lächeln auf seinem Gesicht und er rief: „Was für ein toller Werfer!“
Jeder von uns erlebt Versuchungen und Prüfungen, und wie in diesem stark vereinfachten Beispiel hängen unser Erfolg und unser Glück davon ab, wie wir auf diese Schwierigkeiten reagieren. Jeder von uns erlebt Widrigkeiten, wo wir auch sein mögen. In den heiligen Schriften wird uns gesagt: „Es muss notwendigerweise so sein, dass es in allen Dingen einen Gegensatz gibt.“1 Jeder von uns wird schwierige Zeiten erleben. Die Frage ist aber nicht, wann das sein wird, sondern wie wir damit umgehen.
Der Apostel Paulus verkündete eine interessante Lehre, nur wenige Jahre bevor die Heiligen in Rom eine der brutalsten Verfolgungen des christlichen Zeitalters erleben sollten. Paulus erinnerte die Heiligen daran, „dass Gott bei denen, die ihn lieben, alles zum Guten führt“.2 Unser Vater im Himmel, der uns auf vollkommene Weise liebt, gestattet es uns, Erfahrungen zu machen, die es uns ermöglichen, die Charakterzüge und Eigenschaften zu entwickeln, die wir brauchen, um Christus immer ähnlicher zu werden. Unsere Prüfungen ereilen uns in vielerlei Gestalt, aber eine jede erlaubt uns, dem Erlöser ähnlicher zu werden, da wir mit jeder neuen Erfahrung lernen, das Gute darin zu erkennen. Wenn wir diese Lehre verstehen, erlangen wir größere Gewissheit von der Liebe unseres Vaters. Wir erfahren in diesem Leben vielleicht nie, warum wir manches durchmachen, aber wir können sicher sein, dass wir durch Erfahrung wachsen können.
Heute weiß ich, dass es sehr viel leichter ist, zurückzublicken, nachdem eine Prüfung vorüber ist, und zu erkennen, was wir aus dieser Erfahrung gelernt haben; aber die Herausforderung besteht darin, zu dieser ewigen Perspektive zu gelangen, während wir unsere Prüfungen durchleben. Einige Prüfungen scheinen vielleicht nicht groß zu sein, aber für jeden, der diese Erfahrungen macht, ist diese Prüfung etwas Reales und erfordert, dass er sich vor Gott demütigt und von ihm lernt.
An diesem Ostersonntag denken wir an das Leben unseres Erlösers. Er ist es, dem wir in allem, was wir tun, nacheifern wollen. Ich möchte fünf Punkte erwähnen, was wir aus den letzten Stunden des irdischen Lebens Jesu lernen können, das uns helfen kann, uns unseren eigenen Prüfungen zu stellen.
Erstens: Er trachtete nicht danach, seinen Willen zu tun, sondern nur den Willen seines Vaters. Er blieb auch inmitten der Prüfung seiner heiligen Mission verpflichtet. Als er im Garten Getsemani auf sein Angesicht fiel, bat er: „Vater, wenn du willst, nimm diesen Kelch von mir! Aber nicht mein, sondern dein Wille soll geschehen.“3 Manchmal müssen wir Leid und Kummer erfahren, um zu wachsen und auf mögliche Prüfungen in der Zukunft vorbereitet zu sein. Ich möchte den Müttern eine Frage stellen: „Würden Sie jemals etwas tun, was Ihren Kindern Schmerzen bereitet und sie zum Weinen bringt, obwohl sie nichts falsch gemacht haben?“ Natürlich würden Sie das tun! Wenn eine Mutter ihr kleines Kind zum Arzt bringt, um es impfen zu lassen, kommt fast jedes Kind weinend aus dem Sprechzimmer. Warum tun Sie so etwas? Weil Sie wissen, dass ein kleiner Schmerz, den das Kind jetzt erträgt, es vor möglichem Schmerz und Leiden in der Zukunft schützt. Unser Vater im Himmel kennt das Ende von Anfang an. Wir müssen dem Beispiel des Erretters folgen und ihm vertrauen.
Zweitens: Wenn wir vor Prüfungen stehen, müssen wir lernen, uns nicht zu beklagen und nicht zu murren. Nephi sagte uns nach einer großartigen Vision vom Sühnopfer des Erretters: „Darum geißeln sie ihn, und er erduldet es; und sie schlagen ihn, und er erduldet es. Ja, sie speien ihn an, und er erduldet es wegen seines liebevollen Wohlwollens und seiner Langmut gegenüber den Menschenkindern.“4 Wir müssen immer versuchen, das Problem zu lösen und die Prüfung zu überwinden. Statt zu fragen „Warum ich?“ oder „Womit habe ich das verdient?“, sollte die Frage vielleicht lauten: „Was soll ich tun? Was kann ich daraus lernen? Was muss ich ändern?“
Vor etlichen Jahren, als meine Frau und ich in Venezuela dienten, ließ unser jüngster Sohn seine behagliche Highschool zurück, um uns zu begleiten. Er beklagte sich zwar nicht, aber es war offensichtlich, dass er zu kämpfen hatte, als er in dieses fremde Land ging, wo ihm alles neu war. Doch die Ereignisse nahmen eine erstaunliche Wende, und diese Erfahrungen waren bald keine Prüfung mehr, sondern erwiesen sich als großer Segen. Er erreichte dies, indem er seine Einstellung änderte und den Entschluss fasste, es zu schaffen.
Drittens: Wenn wir vor Herausforderungen stehen, müssen wir mehr Hilfe von Gott erbitten. Selbst unser aller Erlöser befand es für nötig, „noch inständiger“ zu beten, als er im Garten Getsemani war.5 Wir können lernen, großen Glauben zu erlangen, wenn wir dies tun. Wir müssen bedenken, dass die Antwort des Vaters im Himmel uns häufig nicht die Prüfung erspart. Stattdessen stärkt er uns, während wir die Erfahrung durchleben. Wie bei den Anhängern Almas kann der Herr „die Lasten, die euch auf die Schultern gelegt sind, leicht machen, sodass ihr sie nicht mehr auf eurem Rücken spüren könnt“.6 Lassen Sie uns in Prüfungen nicht verbittert oder nachlässig werden, sondern vielmehr dem Beispiel Jesu folgen und ernsthafter, aufrichtiger und treuer werden.
Viertens: Lernen wir, selbst in Zeiten der Prüfung zu dienen und an andere zu denken. Christus war der Inbegriff des Dienens. In seinem Leben gibt es viele Beispiele dafür, wie er anderen geholfen und ihnen gedient hat; und was er für uns getan hat, ist seine größte Gabe an uns. Er sagt: „Denn siehe, ich, Gott, habe das für alle gelitten, damit sie nicht leiden müssen, sofern sie umkehren.“7 Wir müssen umkehren und dann so beispielhaft dienen wie er. Wenn wir anderen dienen, vergessen wir unsere eigenen Probleme, und indem wir arbeiten, um das Leid oder Unbehagen anderer zu lindern, stärken wir uns selbst.
Bei der letzten Generalkonferenz sagte unser geliebter Prophet, Präsident Thomas S. Monson: „Ich glaube, der Herr sagt uns …, dass unser Leben nur wenig Zweck hat, wenn wir uns nicht im Dienst an anderen verlieren. Wer nur für sich selbst lebt, verkümmert schließlich und verliert bildlich gesehen sein Leben, während derjenige, der sich im Dienst an anderen verliert, wächst und aufblüht und somit sein Leben rettet.“8
Fünftens: Vergeben Sie anderen, und seien Sie nicht darauf bedacht, anderen die Schuld an Ihrer Situation zu geben. Wir sagen manchmal gern: „Wenn dies und das nicht gewesen wäre, dann hätte ich nicht so reagiert.“ Der natürliche Mensch neigt dazu, einem anderen die Schuld zuzuschieben, um nicht selbst für seine Taten zur Rechenschaft gezogen zu werden. Der Erretter blickte auf jene, die ihn ans Kreuz geschlagen hatten, und flehte seinen Vater im Himmel an: „Vergib ihnen, denn sie wissen nicht, was sie tun.“9 Können wir nicht vergebungsbereiter sein?
Bewahren wir uns, wenn wir die Prüfungen des Lebens durchmachen, eine ewige Perspektive. Beklagen wir uns nicht, beten wir noch mehr, dienen wir anderen und vergeben wir einander. Wenn wir dies tun, führt „Gott bei [uns], die [wir] ihn lieben, alles zum Guten“.10 Ich gebe feierlich und mit Gewissheit Zeugnis, dass der Vater uns liebt und seinen Sohn gesandt hat, uns den Weg zu zeigen und zu bereiten. Jesus litt, er starb und er stand wieder auf, damit wir leben können, und er möchte, dass wir selbst in den Prüfungen unseres Lebens „Freude haben“11. Das sage ich im Namen Jesu Christi. Amen.