2010–2019
Wo sind die Schlüssel und die Vollmacht des Priestertums?
April 2016


14:6

Wo sind die Schlüssel und die Vollmacht des Priestertums?

Die Vollmacht und die Schlüssel des Priestertums starten den Motor, öffnen das Himmelstor, bringen Macht vom Himmel herab und ebnen den Weg, auf dem wir Bündnisse schließen, die uns Schritt für Schritt zu unserem liebevollen Vater im Himmel zurückführen.

Als eines Winternachmittags die Sonne hinter dem weitläufigen, schneebedeckten Abhang sank, schnitt uns die eisig kalte Bergluft in Nase und Wangen – fast wie ein gestrenger Platzanweiser, der uns zum Auto auf dem Parkplatz des Skigebiets zurückscheuchen wollte. Drinnen im behaglich beheizten Fahrzeug würden Finger und Zehen ja rasch wieder warm werden. Bei jedem Schritt knirschte der gefrorene Schnee unter unseren Füßen und zeugte von der bitteren Kälte.

Der vergnügliche Tag, den unsere Familie auf der Skipiste erlebt hatte, neigte sich seinem frostigen Ende zu. Bei unserem Auto griff ich in die Jackentasche, um die Schlüssel herauszuholen – und griff dann suchend in die zweite und dritte Tasche. „Wo sind denn bloß die Schlüssel?“ Alle warteten ungeduldig darauf, dass ich sie endlich fand. Die Batterie war geladen, das Auto war soweit startklar, auch die Heizung funktionierte – doch ohne Schlüssel konnten wir die versperrten Türen nicht öffnen und nicht hineingelangen. Ohne Schlüssel konnte der Motor das Fahrzeug nicht mit Kraftstoff versorgen.

Zwar beschäftigte uns damals hauptsächlich die Frage, wie wir nun bloß ins Auto kommen und uns endlich aufwärmen konnten, doch musste ich selbst unter diesen Umständen daran denken, dass uns diese Lage auch etwas zu lehren vermochte. Ohne Schlüssel ist das Auto, ein Wunderwerk der Technik, ja kaum mehr als ein Sammelsurium aus Kunststoffteilen und Metall. Auch wenn ein Auto immens viel zu leisten vermag, kann es ohne Schlüssel seine bestimmungsgemäße Funktion nicht erfüllen.

Je mehr ich über dieses Erlebnis nachdenke, desto tiefgründiger finde ich diesen Vergleich. Ich staune darüber, welch große Liebe der Vater im Himmel für seine Kinder empfindet. Ich bin tief davon beeindruckt, dass Joseph Smith von Gott mit himmlischen Erscheinungen und herrlichen Visionen über die Ewigkeit bedacht wurde. Und ganz besonders ist mein Herz von unendlicher Dankbarkeit für die Wiederherstellung der Vollmacht und der Schlüssel des Priestertums erfüllt. Ohne diese Wiederherstellung wären wir nämlich aus dem Gefährt, das wir für den Heimweg zu unseren liebevollen himmlischen Eltern brauchen, ausgesperrt. Die Gesamtheit aller errettenden heiligen Handlungen und der Bündnisse, die wir schließen, bildet den Weg, der uns Schritt für Schritt in die Gegenwart unseres Vaters im Himmel zurückführt, und sie alle müssen rechtmäßig mithilfe der Priestertumsschlüssel vollzogen werden.

Im Mai 1829 erschien Johannes der Täufer Joseph Smith und Oliver Cowdery. Er übertrug ihnen das Aaronische Priestertum und übergab ihnen die Schlüssel, die zu diesem Priestertum gehören. Kurz darauf übertrugen Petrus, Jakobus und Johannes den beiden Männern das Melchisedekische Priestertum samt den dazugehörigen Schlüsseln.

An einem Sonntag fast sieben Jahre später sahen Joseph und Oliver im Kirtland-Tempel – nur eine Woche nach dessen Weihung – Jehova, den Herrn, in seiner Herrlichkeit. Danach erschienen Mose, Elias und Elija und übertrugen „ihre Schlüssel und Evangeliumszeiten“. Die wiederhergestellte Priestertumsvollmacht und diese Schlüssel waren ja jahrhundertelang verloren gewesen. So wie meine Familie aus dem Auto ausgesperrt war, weil ich die Schlüssel verloren hatte, standen auch alle Kinder des himmlischen Vaters ausgesperrt vor dem Tor zu den errettenden heiligen Handlungen des Evangeliums Jesu Christi, bis himmlische Boten endlich die göttliche Wiederherstellung herbeiführten. Nie wieder müssen wir uns fragen: „Wo sind denn bloß die Schlüssel?“

Gedenkstätte der Wiederherstellung des Priestertums
Der Susquehanna-Fluss

Im vergangenen Jahr besuchte ich an einem wunderschönen Herbsttag das friedliche Wäldchen im Nordosten Pennsylvanias, das uns aus den heiligen Schriften als Harmony bekannt ist. Dort war Johannes der Täufer Joseph Smith und Oliver Cowdery erschienen und hatte das Aaronische Priestertum wiederhergestellt. Ich stand auch am Ufer des Susquehanna, wo Joseph und Oliver, ausgestattet mit der Vollmacht und den Schlüsseln, getauft worden waren. Unweit dieses Flusses waren Petrus, Jakobus und Johannes erschienen und hatten das Melchisedekische Priestertum und die dazugehörigen Schlüssel wiederhergestellt.

Das Haus von Joseph und Emma Smith
Das Innere des Besucherzentrums bei der Gedenkstätte der Wiederherstellung des Priestertums
Außenansicht des Besucherzentrums bei der Gedenkstätte der Wiederherstellung des Priestertums

Diese Orte gehören zu der Gedenkstätte der Wiederherstellung des Priestertums, ebenso das wieder aufgebaute erste Haus von Joseph und Emma, in dem ein Großteil des Buches Mormon übersetzt worden war, sowie das nahe gelegene Haus von Emmas Eltern und ein Besucherzentrum, das in ein neues Gemeindehaus integriert ist. Präsident Russell M. Nelson weihte die Gedenkstätte im September letzten Jahres. Ich spürte damals sehr deutlich, dass sich diese himmlischen Ereignisse wirklich auf jenem heiligen Boden dort zugetragen hatten. Dieses Erlebnis ließ mich über die Priestertumsvollmacht und die Priestertumsschlüssel nachsinnen. Ich befasste mich eingehend mit diesem Thema und betete deswegen. Dies weckte in mir den Wunsch, den jungen Männern und Frauen in der Kirche mitzuteilen, wie ihnen die Vollmacht und die wiederhergestellten Schlüssel des Priestertums ein Segen sein können.

Zunächst ist ein Verständnis dieser Begriffe sicherlich von Nutzen: Das Priestertum oder die Priestertumsvollmacht wird definiert als „die Macht und Vollmacht Gottes“ und als „die höchste Macht auf dieser Erde“. Zum besseren Verständnis gibt es auch eine Definition des Begriffs Priestertumsschlüssel: „Die Schlüssel des Priestertums sind die Vollmacht, die Gott den Priestertumsführern gibt, um die Ausübung seines Priestertums auf Erden zu lenken, zu beaufsichtigen und zu regeln.“ Mit den Priestertumsschlüsseln wird die Ausübung der Priestertumsvollmacht also beaufsichtigt. Heilige Handlungen, über die in der Kirche Bericht geführt wird, erfordern bestimmte Schlüssel und können ohne Bevollmächtigung nicht vollzogen werden. Elder Oaks hat erklärt: „Letztendlich hält der Herr Jesus Christus – dessen Priestertum dies ja ist – alle Schlüssel des Priestertums. Er bestimmt, welche Schlüssel den Menschen übertragen und wie diese genutzt werden dürfen.“

Jetzt zu euch, ihr jungen Männer und Frauen: Ich habe über drei Möglichkeiten nachgedacht, wie ihr die Schlüssel sozusagen finden und diese sowie die Vollmacht des Priestertums nutzen könnt, damit sie sich für euch und andere segensreich auswirkt.

Erstens: Bereitet euch auf eine Mission vor

Meine jungen Brüder und Schwestern, vielleicht ist es euch nicht bewusst, doch die von Mose wiederhergestellten Schlüssel zur Sammlung Israels machen die Missionsarbeit in unserer Evangeliumszeit erst möglich. Die Anzahl der Vollzeitmissionare beläuft sich derzeit auf etwa 75.000. Sie alle verrichten ihre Arbeit unter der Leitung dieser Schlüssel. Behaltet diese Tatsache im Kopf und vergesst nicht, dass man sich gar nicht früh genug auf eine Mission vorbereiten kann. In der Broschüre Für eine starke Jugend lesen wir: „Ihr jungen Männer, die ihr das Aaronische Priestertum tragt[:] Bereitet euch eifrig darauf vor, als Missionar den Herrn zu vertreten.“ Auch ihr jungen Frauen könnt euch auf eine Mission vorbereiten, doch „unterlieg[t ihr] nicht derselben Verpflichtung“. Aus all euren Vorbereitungen, ob ihr nun eine Vollzeitmission erfüllt oder nicht, erwachsen euch in jedem Fall Vorteile, von denen ihr ein Leben lang bei der Missionsarbeit profitiert.

Zweitens: Ihr „findet die Schlüssel“ durch den Tempelbesuch

Dank der Schlüssel der Siegelung, die der Prophet Elija aus dem Alten Testament wiederhergestellt hat, können in heiligen Tempeln heilige Handlungen vollzogen werden. Und dank der im Tempel verrichteten heiligen Handlungen können der Einzelne wie auch Familien in die Gegenwart unserer himmlischen Eltern zurückkehren.

Wir möchten euch junge Männer und Frauen ermuntern: Forscht nach den Namen eurer Vorfahren und lasst euch im Tempel stellvertretend für diese Verstorbenen taufen! Es fällt auf, dass dies auf der ganzen Welt bereits in ganz erheblichem, ja, in nie dagewesenem Maß geschieht. In vielen Tempeln ist der Taufraum frühmorgens und bis in die Abendstunden hinein voll mit jungen Männern und Frauen. Heilige Verordnungen werden in diesen Tempeln verrichtet und sind der Schlüssel dazu, dass Familien für immer miteinander verbunden sein können.

Erkennt ihr den Zusammenhang zwischen der Wiederherstellung der Priestertumsschlüssel und den Segnungen? Wenn ihr bei diesem Werk mithelft, stellt ihr bestimmt fest, dass sich der Herr dabei um jede Einzelheit kümmert. Lasst mich von einem solchen Vorkommnis erzählen. Vor kurzem hörte ich von einer Mutter, die ihre Kinder regelmäßig in den Tempel begleitet, damit diese stellvertretend Taufen verrichten können. An dem besagten Tag war die Familie gerade mit den Taufen fertig geworden und wollte den Tempel wieder verlassen, als ein Mann den Taufbereich betrat. Er hatte einen großen Stapel mit Namen aus seiner Familie dabei. Als ein Tempelarbeiter bemerkte, dass niemand mehr im Taufraum war, der bei der Arbeit für die Angehörigen des Mannes hätte helfen können, sprach er die Familie an, die gerade gehen wollte. Er fragte die Kinder, ob sie eventuell zurückkommen und sich noch einmal umziehen würden, um bei den Taufen zu helfen. Sie stimmten gleich zu und gingen wieder zurück. Während die Kinder die Taufen verrichteten, hörte die Mutter zu. Die Namen, die genannt wurden, kamen ihr irgendwie bekannt vor. Zur Verwunderung aller stellte sie nach kurzer Zeit fest, dass die Namen, die der Mann mitgebracht hatte, auch verstorbenen Angehörigen ihrer eigenen Familie gehörten. Was für ein herzergreifendes Erlebnis für alle!

Vor zwei Wochen wurde der Stadtmitte-Provo-Utah-Tempel als der 150. Tempel der Kirche geweiht und in Betrieb genommen. 1963, als Präsident Thomas S. Monson als Apostel bestätigt wurde, hatte die Kirche gerade einmal zwölf Tempel in Betrieb. Der Tempel rückt gewissermaßen immer näher an euch heran. Falls ihr jedoch dort lebt, wo große Entfernungen oder andere Umstände es euch nicht möglich machen, den Tempel regelmäßig zu besuchen, so haltet euch bitte dennoch stets tempelwürdig. Ihr könnt auch außerhalb des Tempels eine wertvolle Arbeit leisten, nämlich Namen von Angehörigen ermitteln und beim Tempel einreichen.

Und zum Schluss Nummer drei: Geht im Glauben vorwärts

Der Prophet Abraham aus dem Alten Testament erhielt in seiner Evangeliumszeit einen großartigen Segen vom Herrn, der manchmal auch als der Bund mit Abraham bezeichnet wird. Tausende Jahre später sind die Segnungen, die Abraham in seiner Evangeliumszeit erhielt, wiederhergestellt worden, als nämlich der Prophet Elias Joseph Smith und Oliver Cowdery im Kirtland-Tempel erschien.

Dank dieser Wiederherstellung stehen jedem von euch nun die herrlichen Segnungen offen, die Abraham verheißen wurden. Auf diese Segnungen könnt ihr Anspruch erheben, sofern ihr treu bleibt und würdig lebt. In der Broschüre Für eine starke Jugend gibt euch die Erste Präsidentschaft einige ganz praktische Anweisungen, wie ihr im Glauben vorwärtsgehen könnt. Ich fasse ihren Ratschlag ein wenig zusammen: „Damit aus euch all das werden kann, was der Herr in euch sieht, geht bitte jeden Morgen und jeden Abend auf die Knie und betet zum Vater im Himmel. … Lest täglich in den heiligen Schriften und setzt das, was ihr lest, in die Tat um. … Bemüht euch jeden Tag, gehorsam zu sein. … Befolgt in jeder Lebenslage das, was die Propheten [sagen.] Seid demütig und bereit, auf den Heiligen Geist zu hören.“

Diesem Rat folgt eine Verheißung, die zu den Verheißungen führt, die mit den Abraham gegebenen Segnungen einhergehen: „Wenn ihr das tut, macht der Herr viel mehr aus eurem Leben, als ihr selbst könntet. Er verschafft euch mehr Möglichkeiten, erweitert euren Blickwinkel und gibt euch Kraft. Er gibt euch die Hilfe, die ihr braucht, um euch euren Schwierigkeiten und Herausforderungen zu stellen. Ihr bekommt ein stärkeres Zeugnis und findet wahre Freude in dem Maß, wie ihr euren Vater im Himmel und seinen Sohn, Jesus Christus, kennenlernt, und die Liebe verspürt, die sie für euch empfinden.“

Ich fasse zusammen: Geht in den Tempel, bereitet euch auf eine Mission vor und geht im Glauben vorwärts.

Zum Abschluss

Kehren wir zum Schluss noch einmal an den Anfang zurück, wo wir uns auf dem eisig kalten Parkplatz fragten: „Wo sind denn bloß die Schlüssel?“ Auf wundersame Weise fand ich die Schlüssel übrigens später am Abend. Sie waren mir weiter oben auf dem Berg aus der Tasche gefallen. Der Herr hat uns gezeigt, dass er uns nicht in der bitteren Kälte stehenlässt – ohne Schlüssel und ohne Vollmacht, durch die wir sicher zu ihm zurückkehren können.

Vielleicht geht es euch wie mir und ihr fragt euch auch des Öfteren: „Wo sind denn bloß die Schlüssel?“ – die für Auto, Büro, Haus oder Wohnung. Wenn mir das passiert, muss ich immer schmunzeln. Während ich dann nach den Schlüsseln suche, denke ich jetzt über die wiederhergestellten Schlüssel des Priestertums nach und über Präsident Thomas S. Monson, den wir als „Propheten, Seher und Offenbarer“ bestätigen und als den einzigen Menschen auf der Erde, der alle Schlüssel des Priestertums innehat und bevollmächtigt ist, sie auszuüben. Ja, die Schlüssel befinden sich sicher in der Hand von Propheten, Sehern und Offenbarern. Sie werden anderen übertragen, zugeteilt und an sie weitergegeben, so wie der Herr es möchte und auf Weisung des Präsidenten der Kirche.

Ich bezeuge: Die Vollmacht und die Schlüssel des Priestertums starten den Motor, öffnen das Himmelstor, bringen Macht vom Himmel herab und ebnen den Weg, auf dem wir Bündnisse schließen, die uns Schritt für Schritt zu unserem liebevollen Vater im Himmel zurückführen.

Ich bete darum, dass ihr, die heranwachsende Generation junger Männer und Frauen, „mit Beständigkeit in Christus vorwärtsstreb[t]“, dass ihr versteht, dass es euer heiliger Vorzug ist, unter der Leitung derjenigen tätig zu sein, die die Priestertumsschlüssel innehaben, nämlich jene Schlüssel, die euch Zugang zu den Segnungen, Gaben und Mächten des Himmels verschaffen.

Ich lege Zeugnis ab für Gottvater, für unseren Erretter und Erlöser Jesus Christus, für den Heiligen Geist und für die Wiederherstellung des Evangeliums in diesen Letzten Tagen. Im Namen Jesu Christi. Amen.

Anmerkungen

  1. Siehe Joseph Smith − Lebensgeschichte 1:68-72

  2. Lehre und Bündnisse 110, Einleitung

  3. Siehe Lehre und Bündnisse 128:20

  4. Handbuch 2: Die Kirche führen und verwalten, Seite 8

  5. Boyd K. Packer, „Die Macht des Priestertums in der Familie“, weltweite Führerschaftsschulung vom Februar 2012; lds.org/broadcasts; siehe auch James E. Faust, „Die Macht des Priestertums“, Der Stern, Juli 1997, Seite 41ff.

  6. Handbuch 2, 2.1.1

  7. Dallin H. Oaks, „Die Schlüssel und die Vollmacht des Priestertums“, Liahona, Mai 2014, Seite 50

  8. Für eine starke Jugend, 2011, Seite 43

  9. Thomas S. Monson, „Willkommen zur Konferenz!“, Liahona, November 2012, Seite 5

  10. Für eine starke Jugend, Seite 42f.

  11. Siehe die Formulare für die Beamtenbestätigung, die bei der Gemeinde- und Pfahlkonferenz verlesen werden

  12. 2 Nephi 31:20