Wie das Evangelium wirkt
Er hat uns sein Sühnopfer gegeben, er hat uns sein Evangelium und seine Kirche gegeben – all das zusammen schenkt uns die Gewissheit der Unsterblichkeit und ermöglicht uns ewiges Leben.
Vor etlichen Jahren musste ich über eine Karikatur in der Zeitung schmunzeln. Ein Paar im Hippie-Look, das auf einem Motorrad saß, unterhielt sich mit einem Pfarrer: „Aber natürlich gehen wir zur Kirche“, sagte der eine, „schon seit Jahren, … wir sind bloß noch nicht dort angekommen.“1
Viele unserer Angehörigen und Freunde sind ebenfalls noch nicht in der Kirche angekommen. Vielleicht gehen sie von Zeit zu Zeit dorthin, aber sie genießen nicht alle Segnungen, die mit dem Dienen und der Beteiligung am Kirchenleben einhergehen. Wieder andere gehen zwar regelmäßig zur Kirche, aber sie gehen keine Verpflichtungen ein und verzichten auf die geistige Neugeburt, die dadurch zustande kommt, dass man sein Herz Gott hingibt. In beiden Fällen lassen sich solche Menschen einzigartige Segnungen entgehen und laufen überdies Gefahr, der herrlichsten Segnungen im Jenseits verlustig zu gehen.
Paulus lehrt, dass der Herr uns Propheten und Apostel gegeben hat, „um die Heiligen für die Erfüllung ihres Dienstes zu rüsten [und] für den Aufbau des Leibes Christi“ (Epheser 4:12). Wer sich nicht voll und ganz in die Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage einbringt und nicht nach seiner geistigen Bekehrung strebt, dem entgehen Erfahrungen, die im großen Plan des Glücklichseins, wie ihn Gott festgelegt hat, unerlässlich sind. Sowohl die Lehren als auch das Werk der Kirche sind notwendig, damit das ewige Leben des Menschen zustande gebracht wird (siehe Mose 1:39).
Ich bete darum, dass viele meiner Zuhörer vom Geist ein Zeugnis davon empfangen, wie wichtig die Mission der Kirche ist, die Kinder Gottes zu erbauen und zu erhöhen. Ich bete insbesondere darum, dass von denen, die noch nicht die Segnungen genießen, die damit einhergehen, dass man sich voll am Kirchenleben beteiligt und sich verpflichtet, einige nach diesem Zeugnis trachten und dann dementsprechend handeln.
Vor etwa zehn Jahren wurde mir anlässlich einer Pfahlkonferenz in den Vereinigten Staaten ein Mitglied vorgestellt, das sich schon viele Jahre lang nicht aktiv am Kirchenleben beteiligt hatte. „Weshalb soll ich denn wieder aktiv werden?“, fragte es. In Anbetracht dessen, was der Erretter alles für uns getan hat, antwortete ich, sollte es uns ein Leichtes sein, auch ihm etwas geben zu wollen, wodurch wir ihm und unseren Mitmenschen dienen können. Nach kurzem Nachdenken stellte mir dieses Mitglied dann die erstaunliche Frage: „Was hat er denn für mich getan?“
Diese erstaunliche Erwiderung veranlasste mich, darüber nachzudenken, was die Menschen eigentlich von Jesus Christus, vom Evangelium und vom Engagement in seiner Kirche erwarten. Ich dachte daran, dass andere sagen, sie gingen nicht mehr zur Kirche, weil die Kirche ihre Bedürfnisse nicht erfüllt. Welche ihrer Bedürfnisse sollte die Kirche denn erfüllen? Wenn jemand soziale Kontakte sucht, kann es gut sein, dass er in einer bestimmten Gemeinde oder in einem Zweig enttäuscht wird und sich andere Kontakte sucht. In vielen Organisationen gibt es erfüllende soziale Kontakte. Wenn jemand einfach Hilfe sucht, um das Evangelium verstehen zu lernen, kann er Bücher lesen und sich dieses Wissen aneignen. Aber welchen Zwecken dient denn die Kirche im Wesentlichen? Ist das alles, was das Evangelium Jesu Christi uns geben soll?
Was wir bekommen, hängt – so heißt es – von dem ab, was wir suchen. Wenn jemand nur deshalb zur Kirche geht, weil er etwas Zeitliches bekommen will, kann er enttäuscht werden. Der Apostel Paulus tadelte diejenigen, die „nicht Christus, unserem Herrn, [dienen], sondern ihrem Bauch“ (Römer 16:18). Wer zur Kirche geht, um seinen Mitmenschen etwas zu geben und um dem Herrn zu dienen, wird selten enttäuscht. Der Erretter hat verheißen: „Wer aber das Leben um meinetwillen verliert, wird es gewinnen.“ (Matthäus 10:39.)
Die Kirche bietet uns die Gelegenheit, dem Herrn und unseren Mitmenschen zu dienen. Wenn wir das auf die rechte Weise und aus den rechten Gründen tun, wird uns dieser Dienst über alles hinaus belohnt, was wir gegeben haben. Millionen Menschen dienen selbstlos und effektiv als Beamte oder Lehrer in den Organisationen der Kirche, und wer das tut, der erlebt auch die Bekehrung, die von dem Propheten beschrieben wird, der uns auffordert: „Kommt zu Christus und werdet in ihm vollkommen.“ (Moroni 10:32.)
Ich werde schon mein Leben lang durch die Mitgliedschaft in der Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage und durch die Beteiligung am Kirchenleben gesegnet. Ich kann unmöglich aufzählen, wie sehr die Kirche meiner Familie und mir ein Segen ist. Ich möchte jedoch einige Beispiele nennen, denn ich hoffe, die Grundsätze, die ich hier beschrieben habe, durch meine persönliche Überzeugung zu untermauern.
Wenn wir jede Woche die Versammlungen besuchen, können wir auch das Abendmahl nehmen, wie der Herr es uns geboten hat (siehe LuB 59:9). Wenn wir mit der rechten Vorbereitung und Einstellung handeln, erneuern wir durch das Abendmahl die reinigende Wirkung unserer Taufe. Dann gilt uns die Verheißung, dass wir seinen Geist immer mit uns haben. Eine Aufgabe dieses Geistes, nämlich des Heiligen Geistes, besteth darin, vom Vater und vom Sohn Zeugnis zu geben und uns zur Wahrheit zu führen (siehe Johannes 14:26; 2 Nephi 31:18). Zeugnis und Wahrheit, die für unsere Bekehrung so unerlässlich sind, sind die kostbare Frucht, die uns zuteil wird, wenn wir jede Woche unsere Bündnisse erneuern. Ich habe sowohl im Alltag mit all seinen Entscheidungen als auch in meinem geistigen Wachstum die Erfüllung dieser Verheißung erlebt.
Es stimmt mich traurig, wenn ein Mitglied der Kirche nicht erkennt, welch kostbare Segnung denen zuteil wird, die gemäß dem Gebot jeden Sonntag ihre heiligen Handlungen darbringen. Was kann uns denn – etwa an einem See oder Fluss, in einem Vergnügungspark oder daheim beim Lesen der Sonntagszeitung – vergleichbare Segnungen einbringen? Kein Erholungsurlaub kommt der Reinigung und Erneuerung gleich, der geistigen Führung und dem Fortschritt, die Gott denen verheißt, die jeden Sonntag treu das Abendmahl nehmen und ihn ehren. Ich bin dankbar, dass diese Verheißungen in meinem Leben wahr geworden sind, und ich bezeuge Ihnen allen, dass diese Verheißungen für einen jeden gelten.
Seit ich das Alter der Verantwortlichkeit erreicht und selbst erlebt und begriffen habe, wie sich Sünde auswirkt, geben mir die Lehren des Evangeliums Jesu Christi den Frieden und den Mut, weiterzumachen in dem Wissen, dass meine Sünden vergeben werden können und dass es für diejenigen, die Fehler machen, stets Hoffnung gibt und Barmherzigkeit möglich ist.
Beim Tod meines Vaters, meiner Mutter, meiner Frau und anderer lieber Menschen haben mir die tröstlichen Offenbarungen des Heiligen Geistes die Kraft zum Weitermachen gegeben. Der Geist bezeugt mir, dass das Ungemach im Leben Sinn und Zweck hat, und er gibt mir die Gewissheit, dass es eine Auferstehung gibt und dass die Beziehungen innerhalb der Familie, die für die Ewigkeit gesiegelt sind, bestehen bleiben.
Immer wieder sind mir die Lehren des Evangeliums Jesu Christi ein Segen. Das Evangelium, wie es in den heiligen Schriften steht und von den Führern und Lehrern in der Kirche gelehrt wird, ist meinem Fuß eine Leuchte und gibt meinem zeitlichen und geistigen Fortschritt Antrieb. Brigham Young hat gelehrt, dass die Gesetze des Evangeliums „den Menschen lehren, wahrhaft, ehrlich, keusch, besonnen, fleißig und sparsam zu sein und alle guten Worte und Werke zu lieben und dementsprechend zu handeln; … sie erheben den Menschen und machen ihn edler, … [und] wenn man sie befolgt, dann verleihen [sie] dem Körper Gesundheit und Kraft, den Empfindungen Klarheit, dem Verstand Macht und der Seele Errettung.“2
Zu den vielen Segnungen, die ich durch die Lehren des Evangeliums empfange, gehören auch jene, die denen verheißen sind, die das Wort der Weisheit halten. Für mich gehören etwa Gesundheit und Erkenntnis dazu sowie die Fähigkeit, zu laufen „und nicht müde [zu] sein, [zu] gehen … und nicht [zu] ermatten“, dazu auch die Erfüllung der Verheißung, dass „der zerstörende Engel an ihnen vorübergehen wird wie an den Kindern Israel und sie nicht töten wird“ (LuB 89:18–21).
Das Evangelium lehrt uns, den Zehnten und die übrigen Spenden zu zahlen, und es sichert uns dafür Segnungen zu. Ich gebe Zeugnis, dass sich diese Verheißungen in meinem Leben erfüllt haben. Ich habe gesehen, wie sich mir die Schleusen des Himmels geöffnet haben, um Segnungen ohne Zahl auf mich herabzuschütten. Dazu gehört die Fähigkeit zu erkennen, wie relativ unbedeutend Besitz, Stolz, Stellung und Macht in dieser Welt aus dem Blickwinkel der Ewigkeit sind. Ich bin sehr dankbar für die Sichtweise und den Frieden, die einem zuteil werden, wenn man den Zweck des Lebens sowie das Leben in seiner Beziehung zur Ewigkeit so begreift, wie das Evangelium es lehrt.
Von meiner Kindheit an über meine Schul- und Studienzeit, während meiner Ehe und bis ins reifere Erwachsenenalter und darüber hinaus habe ich durch die Kirche einige der besten Menschen der Welt kennen gelernt. Die Lehrer und Mitschüler in der Sonntagsschule und in der PV, im Scoutprogramm und bei den sonstigen Jugendaktivitäten, bei den Aktivitäten im Kollegium, in der Gemeinde und im Pfahl waren mir wahrhaftig gute Vorbilder und Freunde. Natürlich hat unsere Kirche kein Monopol auf gute Menschen, aber es gibt sie hier doch in beachtlicher Anzahl. Meine Kontakte in den Organisationen der Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage waren die Grundlage dafür, dass ich den Umgang mit guten Menschen auch in anderen Kirchen und Organisationen schätzen und pflegen lernte.
Mein Vater starb, als ich noch nicht einmal acht Jahre alt war, und ich dachte schon früh darüber nach, welche Absichten der Herr wohl damit verfolgte, mich einer Beziehung zu berauben, die andere Jungen hatten und als selbstverständlich betrachteten. Wie bei vielen anderen Herausforderungen des Erdenlebens hat auch hier der Blickwinkel des Evangeliums Jesu Christi diesen Verlust ausgeglichen. Ich bin dankbar, dass mein Bruder, meine Schwester und ich bei unserer verwitweten Mutter aufwachsen durften, denn sie hat mit Hilfe ihres Glaubens und dank der Tempelehe unseren Vater, obwohl er nicht mehr unter uns weilte, zu einem Teil unseres Lebens gemacht. Wir hatten nie das Gefühl, keinen Vater zu haben, denn wir hatten ja einen! Er war nur eine Zeit lang nicht bei uns. Kaum etwas anderes ist wichtiger als zu wissen, wo wir auf Erden hingehören und was wir in der Ewigkeit erreichen können. Und diese Möglichkeit steht jedem Kind und jedem Erwachsenen offen, wenn eine Ehe im Tempel des Herrn für alle Ewigkeit gesiegelt ist.
Durch meine aktive Teilnahme am Kirchenleben erhielt ich über die Jahre hinweg Ratschläge und die inspirierende Führung seitens der Führer der Kirche. Ich habe gelernt, wie ich mich als Ehemann, als Vater und als Führer in der Familie verhalten soll. Immer wieder habe ich bei Pfahl- und Generalkonferenzen, in den Kollegien des Priestertums und in Sonntagsschulklassen von guten, erfahrenen Vätern, Müttern und Großeltern gelernt und bin von ihnen motiviert worden. Ich habe mich bemüht, diese Lehren zu befolgen, damit ich besser mit denen umgehen lerne, mit denen ich für die Ewigkeit verbunden bin. Ich habe – um nur ein Beispiel zu nennen – gelernt, welche Macht einem Priestertumssegen innewohnt, nicht nur einem Krankensegen, sondern auch einem Segen des Trostes und des Rates, den der Vater, wenn er das Melchisedekische Priestertum trägt, seinen Familienangehörigen geben kann. Ich habe diesen Grundsatz gelernt und angewandt, und meine Familie und ich sind dadurch mit einer Verbundenheit und Nähe gesegnet worden, die nur dadurch zustande kommt, dass man spürt, wie wesentlich das Priestertum Gottes in einer ewigen Familie ist.
Ich bin auch dankbar dafür, dass die heiligen Schriften und die Führer der Kirche Warnungen aussprechen. Weil ich diese Ratschläge beachtet habe, konnte ich Fallstricke vermeiden, die mich andernfalls womöglich gefangen genommen und geknechtet hätten. Alkohol, Tabak, Drogen, Pornografie und Glücksspiel sind nur einige wenige Beispiele für gefährliche Substanzen und süchtig machende Verhaltensweisen, vor denen wir gewarnt werden. Ich bitte alle, insbesondere die jungen Leute: Beachten und befolgen Sie das, was die Männer und Frauen sagen, die Gott als Ihre Führer und Lehrer berufen hat. Sie werden gesegnet, wenn Sie es unterlassen, Ihre eigene Weisheit und Ihre eigenen Wünsche vor die Gebote Ihres Schöpfers und die Warnungen seiner Knechte zu stellen.
In den heiligen Schriften werden wir angewiesen, die „Waffenrüstung“ Gottes anzulegen, damit wir „dem bösen Tag widerstehen“ können. Uns ist verheißen, dass der „Brustpanzer der Rechtschaffenheit“ und der „Schild des Glaubens … alle feurigen Pfeile der Schlechten auslöschen“ (LuB 27:15–17). Ich bitte Sie inständig: Befolgen Sie diese Lehren und erlangen Sie diese Segnungen, darunter auch die geistige Bekehrung – jene „mächtige Wandlung“ im Herzen (Mosia 5:2), die uns hilft, so zu werden, wie der himmlische Vater es möchte.
Die Führer dieser Kirche sagen, wie der Erretter: „Meine Lehre stammt nicht von mir, sondern von dem, der mich gesandt hat. Wer bereit ist, den Willen Gottes zu tun, wird erkennen, ob diese Lehre von Gott stammt oder ob ich in meinem eigenen Namen spreche.“ (Johannes 7:16,17.)
Ihre Führer sagen auch, wie König Benjamin: „Und weiter wünschte ich, ihr würdet den gesegneten und glücklichen Zustand derjenigen betrachten, die die Gebote Gottes halten. Denn siehe, sie sind gesegnet in allem, zeitlich sowohl als auch geistig, und wenn sie bis ans Ende getreulich aushalten, werden sie in den Himmel aufgenommen, so dass sie dann mit Gott in einem Zustand nie endenden Glücks weilen.“ (Mosia 2:41.)
In den neuzeitlichen Offenbarungen sagt der Herr: „Ich, der Herr, bin verpflichtet, wenn ihr tut, was ich sage; tut ihr aber nicht, was ich sage, so habt ihr keine Verheißung.“ (LuB 82:10.)
Was hat der Erretter für uns getan? Er hat uns sein Sühnopfer gegeben, er hat uns sein Evangelium und seine Kirche gegeben – all das zusammen schenkt uns die Gewissheit der Unsterblichkeit und ermöglicht uns ewiges Leben. Ich bezeuge, dass dem so ist, und ich gebe Zeugnis von Gott Vater, dem Urheber des Plans, und seinem Sohn, Jesus Christus, der das Sühnopfer vollbracht und all das möglich gemacht hat. Im Namen Jesu Christi. Amen.