2002
Der Weg, den wir das Leben nennen
Juli 2002


Der Weg, den wir das Leben nennen

Wenn ihr auf dem richtigen Weg bleibt, ist der Lohn am Ende des Lebenswegs die Mühen, die ihr unterwegs zu bestehen habt, wirklich wert.

Brüder, ich freue mich sehr, heute bei Ihnen zu sein. Ich möchte ganz besonders zu den jungen Männern im Aaronischen Priestertum sprechen. Ich liebe euch, und ihr seid mir sehr wichtig.

In der neuen Broschüre Für eine starke Jugend sagt die Erste Präsidentschaft zu euch: „Liebe junge Männer, … wir setzen großes Vertrauen in euch. Ihr seid erwählte Geistkinder Gottes, die zu einer Zeit auf der Erde leben, in der es die großartigsten Aufgaben und Möglichkeiten gibt, aber auch die größten Versuchungen. Ihr habt eure Reise durch das Erdenleben gerade erst angetreten. Euer Vater im Himmel möchte, dass euer Leben glücklich wird, und er möchte euch in seine Gegenwart zurückführen. Die Entscheidungen, die ihr jetzt trefft, haben große Auswirkungen auf den Verlauf eures Lebens hier und in der Ewigkeit.“ (Für eine starke Jugend, Seite 2.)

Ich hoffe, dass ihr heute Abend ein wenig aus meiner fast siebzigjährigen Reise auf dem Weg des Lebens lernen könnt. Eure Eltern oder Großeltern haben vielleicht schon einmal zu euch gesagt: „Je älter man wird, desto schneller scheint die Zeit zu vergehen.“ Es ist so, als ob du in einer Minute noch zwölf bist und dein ganzes Leben noch vor dir hast, und in der nächsten Minute bist du fast siebzig und hast einen wachsenden Taillenumfang vor dir!

Es ist kaum zu glauben, dass es fast dreizehn Jahre her ist, seit ich das letzte Mal in der allgemeinen Priestertumsversammlung sprach. Damals erzählte ich den Brüdern von einer Fahrradtour, die ich mit meinen Söhnen unternommen hatte, und zog aus dieser Erfahrung die Lehre, wie wichtig es ist, für den Lebensweg gut vorbereitet zu sein.

Heute möchte ich euch von anderen Touren, die ich gemacht habe und von dem, was ich daraus gelernt habe, berichten.

Vor kurzem beschloss ein Teil meiner Familie, mit dem Fahrrad von Bozeman in Montana nach Jackson Hole in Wyoming zu fahren. Diese Reise von 340 Kilometern sollte dreieinhalb Tage dauern, und wir mussten dabei dreimal die von den Rocky Mountains gebildete kontinentale Wasserscheide überqueren. Wir dachten, dass eine Reise über die Bergpässe bei gutem Wetter ein wunderbares Erlebnis sei, durch das wir Gottes Schöpfung mehr schätzen lernen könnten.

Nach sorgfältiger Planung und Vorbereitung machte ich mich mit zweien meiner Söhne und meiner einzigen Tochter am ersten Tag auf den Weg, um zu unserem ersten Übernachtungsort in Big Sky in Montana zu radeln. Der Morgen war schön, und wir rechneten mit einer herrlichen Fahrt. Doch während wir fuhren, zogen dunkle Wolken auf und brachten Regen, der schließlich in Schneeregen und Hagel überging. Es war sehr kalt und nass, und wir fühlten uns elend. Als wir die erste Tagestour hinter uns gebracht und das Etappenziel erreicht hatten, musste ich daran denken, dass das Leben genauso sein kann wie jener Tag. Glücklicherweise hatten wir uns auf alle Witterungsverhältnisse vorbereitet, sonst wäre es schwierig geworden, die erste Tagestour zu schaffen. Zu jeder Etappe unserer Lebensreise sollten wir voll Hoffnung und Optimismus aufbrechen, aber wir sollten trotzdem auf Widerstände und Schwierigkeiten aller Art vorbereitet sein.

Die Verhaltensmuster, die ihr euch in der Jugend angewöhnt, begleiten euch vielleicht bis an euer Lebensende. Wenn ihr jetzt die richtigen Entscheidungen trefft, könnt ihr den Pfad betreten, der euch hilft, später die kältesten und trübsten Augenblicke zu überstehen.

Wenn ihr es euch zum Beispiel angewöhnt habt, eine schlechte Sprache zu benutzen, dann wird es umso schwerer, sie wieder abzulegen, je länger ihr damit wartet. Wählt lieber jetzt einen anderen Weg, der euch zu Reinheit in Gedanken, Wort und Tat führt, so dass ihr den Heiligen Geist als Begleiter haben könnt. Stellt euch vor, wie schwierig es wäre, eine Mission zu erfüllen, wenn euch immer schlechte Wörter in den Sinn kommen, wo ihr doch den Geist als ständigen Begleiter braucht. Falls schlechte Sprache ein Problem für euch darstellt, ist jetzt die Zeit, wo ihr euch ändern solltet.

Am zweiten Tag unserer Reise fuhren wir nach West Yellowstone. Alles lief so, wie es sollte – die Räder liefen einwandfrei und unsere Beine konnten sich ausruhen, als wir unserem zweiten Ziel entgegenfuhren. Da fiel mir auf, dass wir aufpassen müssen, wenn im Leben alles glatt läuft, damit wir nicht versucht sind, unseren himmlischen Vater zu vergessen und das Verdienst für unser Glück uns selbst zuzuschreiben. Begeht diesen Fehler nicht!

Der Prophet Joseph Smith hat gelehrt: „Glücklich zu sein ist der Zweck und die Absicht unseres Daseins, und dieses Ziel wird auch erreicht werden, wenn wir dem Pfad folgen, der dahin führt. Dieser Pfad heißt Tugend, Untadeligkeit, Glaubenstreue, Heiligkeit und dass man sämtliche Gebote Gottes befolgt.“ (Lehren des Propheten Joseph Smith, Seite 260.)

Im Buch Mormon finden wir viele Berichte über Menschen, die vom Herrn gesegnet wurden und dann mit ihren Leistungen prahlten. Wegen ihres Stolzes verließen sie schließlich den richtigen Weg und verloren alles, was sie besaßen, weil sie von der Wahrheit abfielen. Seht zu, dass ihr nicht wie die Nephiten in alter Zeit werdet; vergesst nie die wahre Quelle eurer Segnungen.

Am dritten Tag unserer Reise lernte ich, dass es uns zwar manchmal schwer fällt, bergauf zu fahren, dass es aber von unserer Einstellung abhängt, wie wir damit umgehen. An jenem Tag überquerten wir dreimal die kontinentale Wasserscheide und überwanden einen Höhenunterschied von circa 1,400 bis 2,500 Metern. Wenn man mit dem Fahrrad steile Bergpässe erklimmt, braucht man die richtige Einstellung, um die richtige Höhe zu erreichen. Im Leben ist es genauso. Indem ihr euch lohnende Ziele setzt und sie im Auge behaltet, könnt ihr mehr Selbstdisziplin bekommen und viel erreichen. Ja, manchmal stieß ich fast an meine Grenzen, als ich da die steilen Berge hinauf fuhr, aber ich gab nicht auf, weil ich das Ziel vor Augen hatte.

Ihr jungen Männer im Aaronischen Priestertum, ich rate euch inständig: Setzt euch Ziele, wie zum Beispiel den Seminarabschluss zu schaffen, eine ehrenvolle Mission zu erfüllen, einen Schulabschluss zu machen und für eine Tempelehe würdig zu sein. In eurem Alter scheinen das vielleicht sehr hohe Ziele, aber wenn ihr jetzt beginnt, euch empor zu arbeiten, werdet ihr sehr viel besser darauf vorbereitet sein, sie zu erreichen.

Vor zwei Jahren haben Elder Richard G. Scott vom Kollegium der Zwölf Apostel und ich in der Wildnis von Quetico in Ontario in Kanada eine Kanufahrt gemacht. Die Strecken zwischen den Seen legten wir zu Fuß zurück. Als wir einen der größeren Seen zur Hälfte überquert hatten, wurde das Wetter sehr schlecht, und das vorher ruhige Wasser wurde wild und gefährlich und schleuderte unser kleines Kanu hin und her.

Wir mussten eine Entscheidung treffen. Sollten wir versuchen, unser Ziel wie geplant zu erreichen, oder sollten wir die nächste Insel ansteuern und dort den Sturm vorbeiziehen lassen? Die Antwort scheint jetzt eindeutig, aber damals war die Entscheidung nicht einfach. Wenn wir weiterfuhren, konnten wir vielleicht unseren Campingplatz erreichen. Wenn wir die Weiterfahrt aufschoben, kamen wir sehr spät an und mussten vielleicht im Dunkeln weitergehen. Während wir über die Möglichkeiten nachdachten, bekamen wir das Gefühl, dass wir schnell die nächste Insel aufsuchen sollten. Nachdem wir das getan hatten, wurde der Sturm noch viel heftiger als zuvor. Hätten wir beschlossen weiterzufahren, wären wir in großer Gefahr gewesen.

Wir müssen hier im Erdenleben schwerwiegende Entscheidungen treffen, deren Ausgang sich dauerhaft auf unsere geistige Zukunft auswirken kann. Ich fordere euch auf: Seid immer würdig, den Geist um Hilfe dabei zu bitten, dass ihr immer das Rechte wählt.

Nephi sagt uns im Buch Mormon: „Dann seid ihr auf diesem engen und schmalen Pfad, der zum ewigen Leben führt; ja, ihr seid durch das Tor eingetreten; ihr habt gemäß dem Gebot des Vaters und des Sohnes gehandelt; und ihr habt den Heiligen Geist empfangen.“ (2 Nephi 31:18.)

Als meine Familie die 340 Kilometer lange Fahrradtour absolvierte, lernten wir, dass uns auf dem Weg durch das Leben noch so große Schwierigkeiten begegnen können – wenn wir die Gebote halten und bis ans Ende ausharren, werden wir sehr glücklich sein.

Ihr jungen Männer im Aaronischen Priestertum sollt eure ewige Bestimmung fest im Auge behalten. Ja, auf dem Lebensweg kann es oft bergauf und bergab gehen. Ja, an manchen Tagen wird euch die Straße beschwerlich vorkommen. Aber wenn ihr auf dem richtigen Weg bleibt, ist der Lohn am Ende des Lebenswegs die Mühen, die ihr unterwegs zu bestehen habt, wirklich wert.

In der Broschüre Für eine starke Jugend schreibt die Erste Präsidentschaft auch: „Bitte haltet euren Verstand und euren Körper von den Sünden der Welt rein, so dass ihr das große Werk verrichten könnt, das vor euch liegt. Wir beten darum, dass ihr würdig seid, die Verantwortung zu übernehmen, das Reich Gottes zu errichten und die Welt auf das zweite Kommen des Erretters vorzubereiten.“ (Für eine starke Jugend, Seite 3.)

Meine jungen Freunde, seid euch bitte dessen bewusst, wie wichtig es ist, weise zu sein, indem ihr dem Rat unserer Propheten folgt. Dann werdet ihr auf dem Weg durch das Leben glücklich sein.

Das bezeuge ich im Namen Jesu Christi. Amen.