2003
Gott hatte eigene Pläne für mich
April 2003


Gott hatte eigene Pläne für mich

Nach und nach hat der Herr Annapurna Guru Murala, einer jungen Inderin, geholfen, ihre Träume und seine Pläne für sie in Erfüllung gehen zu lassen.

Das Tagebuch eines Mädchens ist oft der Spiegel ihrer Träume. Im Tagebuch von Annapurna Guru ist ihr größter Wunsch festgehalten. „Eines Tages“, so schrieb sie, „werde ich in den Tempel gehen.“

Als Annapurna diese Worte niederschrieb, gehörte sie nicht der Kirche an. Doch in ihrer Heimatstadt Hyderabad in Indien hatte sie schon als Kind in einer katholischen Schule etwas über das Christentum erfahren. Dann lernte ihr älterer Bruder, Murthy, 1992 die Missionare der Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage kennen und ließ sich taufen. Annapurna war 14 Jahre alt, als ihr Bruder ihr ein Buch Mormon gab. „Als ich anfing, darin zu lesen“, erinnert sie sich, „spürte ich gleich, dass es wahr ist.“

Im Evangelium fand Annapurna Antworten auf die Fragen, die sie am meisten bewegten, vor allem, was nach dem Tod geschieht. Doch so sicher sie wusste, dass das Evangelium wahr ist, so sicher wusste sie auch, dass ihre Eltern es ihr nicht erlauben würden, sich taufen zu lassen und sich einer christlichen Kirche anzuschließen.

Während ihrer verbleibenden Teenagerjahre lebte Annapurna still nach ihrem neuen Glauben. Sie las das Buch Mormon und die Bibel. Sie betete. Sie lernte alles, was sie lernen konnte. Und sie begann, sich einen wunderschönen Traum auszumalen: Eines Tages wollte sie einen Heiligen der Letzten Tage heiraten. Eines Tages wollte sie in den Tempel gehen. Und eines Tages wollte sie ihren Kindern die kostbare Gabe schenken, derer sie sich selbst nicht erfreuen durfte, nämlich die Mitgliedschaft in der Kirche des Herrn.

Wunder um Wunder

Als Annapurna zwanzig Jahre alt war, schloss sie das College ab. Wie es in Indien Tradition ist, hatten ihre Eltern bereits damit begonnen, eine Ehe für ihre geliebte Tochter zu arrangieren. Doch Annapurna hatte nie Angst, ihre Träume nicht verwirklichen zu können, weil sie das Gefühl hatte, diese Träume gehörten nicht nur ihr. „Ich hatte große Träume“, sagt sie, „aber Gott hatte eigene Pläne für mich.“

Als Annapurna 21 Jahre alt war, fingen Gottes Pläne an, Wirklichkeit zu werden – Wunder um Wunder. Zuerst lernte sie Santosh Murala kennen, einen treuen Heiligen der Letzten Tage, der seine Familie in Hyderabad besuchte. Santosh hatte Medizin studiert und arbeitete als Assistenzarzt in Chandigarh, das zwei Tagesreisen mit dem Zug entfernt war. Als Annapurna und Santosh sich kennen lernten, unterhielten sie sich eine halbe Stunde miteinander. Nach diesem kurzen Gespräch rief Santosh seinen Freund Neil Twitchell an, der damals als Präsident der Mission Bangalore diente, und vertraute ihm an: „Sie ist ein Schatz!“ Santosh spürte ganz deutlich, dass dies die Frau war, nach der er gesucht hatte. Annapurna wiederum hatte das Gefühl, dass Santosh, der erste junge Heilige der Letzten Tage, den sie je kennen gelernt hatte, der Mann war, um den sie gebetet hatte.

Die beiden schrieben sich ein paar Briefe, in denen sie über ihre Gefühle sprachen. Mehrere Monate später heirateten sie. Verständlicherweise war Annapurnas Familie zuerst aufgebracht, wie auch Santoshs Familie. Aber vor dem Gesetz war Annapurna alt genug, um den Mann zu heiraten, den sie sich selbst ausgesucht hatte.

Annapurna betrachtete die Situation mit den Augen des Glaubens: „Wenn ich geheiratet hätte, um meinen Eltern und anderen einen Gefallen zu tun“, meint sie, „dann hätten meine Kinder vielleicht nie etwas über die Kirche erfahren und die ganze Verantwortung dafür hätte auf meinen Schultern gelastet. Dieser eine Schritt hat mein Leben und das Leben meiner Nachkommen verändert. Vielleicht sind meine Eltern für die Dauer des Erdenlebens aufgebracht, aber in der Ewigkeit werden sie glücklich und stolz auf mich sein.“ Inzwischen akzeptieren Annapurnas Eltern ihre Ehe schon etwas mehr. Sie mögen Santosh und verkehren sogar mit seinen Eltern.

„Gott gibt auf dich Acht“

Der nächste Teil von Annapurnas Traum ging in Erfüllung, als sie endlich getauft wurde. In Chandigarh gab es keinen Zweig der Kirche, deshalb nahmen die Muralas die fünfstündige Fahrt nach Neu-Delhi auf sich, damit Annapurna getauft werden konnte. Es war fast schon eine Ironie des Schicksals, dass es jetzt, wo Annapurna die Freiheit hatte, in die Kirche zu gehen, keinen Zweig in der Nähe gab. „Vor meiner Taufe war die Kirche ganz in meiner Nähe gewesen, quasi an der nächsten Straßenecke, aber da durfte ich ja nicht hingehen“, erzählt sie. „Jetzt war die Kirche fünf Stunden entfernt und wir konnten deshalb nur einmal im Monat hinfahren.“ Dann wurde Annapurna schwanger und die fünfstündige Fahrt war zu anstrengend für sie.

Doch nun geschah ein weiteres Wunder, und zwar in Form von zwei Familien, die der Kirche angehörten. „Gott gibt auf uns Acht“, erklärt Santosh. Ein englisches Ehepaar, Bruder und Schwester Beer, kamen nach Chandigarh, wo Bruder Beer beim Bau einer Autobahn arbeitete. Schwester Beer hielt Institutsunterricht für die Muralas und jede Woche hielten die Beers und die Muralas gemeinsam den Familienabend. Eine koreanische Familie, nämlich die Moons, zogen ebenfalls nach Chandigarh, wo Bruder Moon für eine Baufirma arbeitete. Zwei Jahre lang traf sich diese kleine Schar von Heiligen der Letzten Tage jeden Sonntag bei den Moons zu Hause, um die Abendmahlsversammlung abzuhalten. Kurz nachdem Santosh seine Zeit als Assistenzarzt in Chandigarh beendet hatte, zogen auch die Beers und die Moons wieder weg.

In Neu-Delhi, wo Santosh sich zum Herzchirurgen spezialisiert, gibt es zwei Zweige der Kirche. Inzwischen weiß Annapurna schon fast genauso viel über die Kirche wie über das Evangelium. Sie kann Kirchenlieder singen und Versammlungen leiten.

Träume für die nächste Generation

Am 19. Juni 2001, Annapurnas 24. Geburtstag, ging ihr Mädchentraum von der Tempelehe in Erfüllung. Die Muralas reisten nach China zum Hongkong-Tempel, als Neil, ihr erstes Kind, noch nicht einmal zwei Jahre alt war. Den schönsten Augenblick der fünf Tage, die sie im Tempel dienten, erlebten sie, als sie aneinander und an ihren Sohn gesiegelt wurden.

Heute haben die Muralas so viele Aufgaben, dass sie kaum noch wissen, wie sie alles schaffen sollen. Annapurna dient als PV-Leiterin und Santosh als Präsident des Zweiges Neu-Delhi 1. Außerdem arbeitet Santosh etwa einhundert Stunden pro Woche im Krankenhaus. Er hat Schichtdienst – 18 Stunden bzw. 36 Stunden am Stück. Damit der Sonntag für die Aufgaben in der Kirche frei bleibt, arbeitet er an Feiertagen. Deshalb verbringt Annapurna den größten Teil ihrer Zeit damit, für ihre beiden kleinen Kinder zu sorgen und ihren Mann bei seinen schweren Aufgaben zu unterstützen.

Und sie träumt weiter. Sie träumt davon, ihren Eltern vom Evangelium erzählen zu können. Sie träumt von dem Tag, wo ihre eigenen Kinder und die Kinder anderer Mitglieder – die erste Generation in Indien, die die Primarvereinigung, das Seminar und das JM- bzw. JD-Programm durchlaufen hat – starke Führungskräfte der Kirche geworden sind. Sie träumt von der Zeit, wo ihre Kinder auf Mission gehen. Sie träumt von der Zeit, wo auch sie in den Tempel gehen, und sie wagt sogar den Traum, dass dieser Tempel dann in Indien stehen könnte.

Rochelle Welty und ihr Mann Roy haben in der Mission Bangalore gedient. Jan Pinborough gehört zur Gemeinde East Mill Creek 4 im Pfahl Mill Creek, Salt Lake Ost.