2003
König der Könige
April 2003


König der Könige

Ich stand vor der letzten Ruhestätte vieler Könige und Königinnen, dachte dabei aber über ein leeres Grab nach.

Westminster Abbey ist eine elegante Kathedrale aus Stein. Sie steht in London, nicht weit vom Ufer der Themse entfernt, und dient seit über neunhundert Jahren als religiöses und kulturelles Zentrum. Alle englischen Könige und Königinnen seit 1066 n.Chr. – bis auf zwei – wurden hier gekrönt; viele haben hier geheiratet und viele liegen hier begraben.

Als ich meine Mission in England beendet hatte, besuchte ich diese berühmte Sehenswürdigkeit. Ich wanderte durch das Hauptschiff und die Seitenschiffe. Während ich so dahinschlenderte und die Größe sowie die Schönheit der Kirche bewunderte, kam ich zufällig an mehreren Grüften vorüber. Ich las die Namen und stellte zu meiner Überraschung fest, dass sie mir bekannt vorkamen: Königin Elizabeth I, Sir Isaac Newton, Charles Dickens. Noch weitere Namen standen dort – die Namen berühmter Staatsmänner, gepriesener Denker und Angehöriger des englischen Königshauses. Diese Namen hatte ich alle schon einmal im Geschichtsunterricht gehört.

Die Gräber der Könige und Königinnen beeindruckten mich am meisten. Sie hatten über das englische Reich geherrscht; die irdische Macht, die sie besaßen, übersteigt fast das Vorstellungsvermögen. Zu Lebzeiten gehörten sie zu den einflussreichsten Menschen auf der Erde.

Jetzt aber fragte ich mich, wo ihre Macht nun geblieben war. Sie waren zu Staub zerfallen. „Wenn du die Steine von ihrem Grab heben könntest“, überlegte ich, „würdest du ihre sterblichen Überreste sehen.“ Ich fragte mich: „Was für einen Einfluss haben diese Könige und Königinnen heute?“

Dann dachte ich an den König der Könige. Sein Grab ist leer. Als der Stein fortgerollt wurde, sah man keine menschlichen Überreste. Er ist auferstanden und unsterblich geworden, und er lebt heute.

„Wo ist sein Einfluss denn heute?“, überlegte ich und dachte an die vergangenen achtzehn Monate, wo ich die Menschen im Norden Englands unterwiesen hatte – nicht über Königin Elisabeth, nicht über Charles Dickens, sondern über Jesus Christus. Ich dachte an die Kirche, in der ich mich gerade befand und die errichtet worden war, damit die Lehren des Erretters darin verkündet wurden, auch wenn die Fülle des Evangeliums damals nicht vorhanden war. Und ich dachte an das, was ich für ihn empfand.

In diesem Augenblick verstand ich die Auferstehung wie nie zuvor. Das Grab des Herrn ist wirklich leer. Er ist wirklich auferstanden. Er lebt wirklich. Und sein Einfluss verändert wie früher das Herz, den Sinn und das Leben des Menschen auf tiefgründige, immerwährende Weise.

Lisa Ann Jackson gehört zur Redaktion der Zeitschriften der Kirche.