Die leise, sanfte Stimme und ein Herzklopfen
Die sanfte, leise Stimme und das klopfende Herz geben Zeugnis vom Wunder der Wiederherstellung.
1995 war ich gebeten worden, in Salt Lake City anlässlich eines wissenschaftlichen Kongresses über Kinderernährung die Begrüßungsrede zu übernehmen. 96 Wissenschaftler aus 24 Ländern nahmen an diesem Kongress teil. Während meiner Ausführungen fielen mir die vielen Nationalitäten auf, die da vertreten waren, wie sich unschwer an Kleidung, Hautfarbe, Sprache und weiteren Merkmalen erkennen ließ.
Drei oder vier Monate danach besuchte ich eine Pfahlkonferenz an der Ostküste der Vereinigten Staaten. Als ich vor der Priestertums-Führerschaftsversammlung auf dem Podium saß, kam ein Afrikaner in die Kapelle und nahm am Mittelgang Platz. Er kam mir irgendwie bekannt vor. Ich konnte mich aber nicht daran erinnern, wo ich ihn gesehen haben könnte. Ich beugte mich zum Pfahlpräsidenten hinüber und fragte, wer der Mann sei. Der Pfahlpräsident antwortete: „Er ist gar kein Mitglied der Kirche. Er ist ein Gastprofessor aus Afrika und unterrichtet an einer renommierten Universität hier in der Nähe. Vor ein paar Monaten hat er an einem wissenschaftlichen Kongress in Salt Lake City teilgenommen. Von dort hat er eine Broschüre über die Kirche mitgebracht, und seither liest er alles über die Kirche, was er nur finden kann. Er besucht derzeit jede nur erdenkliche Versammlung.“ Halb im Scherz fügte der Pfahlpräsident hinzu: „Es würde mich nicht wundern, wenn er auch die FHV- Versammlungen besuchte.“
Nach der Priestertums-Führerschaftsversammlung stellte ich mich dem Gastprofessor noch einmal vor. Er unterstrich nochmals, wie sehr ihn dieser Quell der Wahrheit fasziniere, den er da vor kurzem entdeckt hatte. Seine Familie, so sagte er, lasse sich zur Zeit in Afrika von den Missionaren unterweisen, und wenn sie in etwa vier Wochen dann nach Amerika kämen, würden sie sich alle taufen lassen.
Am Ende der allgemeinen Mitgliederversammlung am Samstagabend kam der Mann aufs Podium und sagte mir, während er sich an die Brust schlug: „Gerade so klopft mir das Herz in der Brust. Ich kann kaum an mich halten. Ich weiß nicht, ob ich die vier Wochen noch abwarten kann, bis meine Familie sich auch taufen lässt.“ Ich riet ihm, seinem Herzen etwas Ruhe zu gönnen und auf Frau und Kinder zu warten, damit sie alle gemeinsam getauft werden könnten.
Als Elija vor der bösen sidonischen Prinzessin Isebel um sein Leben fliehen musste, führte ihn der Herr auf einen hohen Berg, wo er ein höchst ungewöhnliches Erlebnis hatte. Als Elija auf dem Berg vor dem Herrn stand, kam „ein starker, heftiger Sturm [auf], … doch der Herr war nicht im Sturm. Nach dem Sturm kam ein Erdbeben. Doch der Herr war nicht im Erdbeben. Nach dem Beben kam ein Feuer. Doch der Herr war nicht im Feuer. Nach dem Feuer kam ein sanftes, leises Säuseln.“ (1 Könige 19:11,12.)
Gelegentlich werde ich von Menschen, die nicht unserem Glauben angehören, gefragt, weshalb unsere Kirche denn so schnell wächst – und zwar sowohl zahlenmäßig als auch, was das Engagement in der Kirche betrifft, wo doch andere Kirchen anscheinend in diesen beiden Bereichen nachlassen. Die Antwort auf diese Frage ist einfach: Zunächst spricht die sanfte, leise Stimme, und dann klopft einem das Herz. In dieser geschäftigen, turbulenten und lärmenden Welt ist es weder wie Wind noch wie Feuer noch wie ein Erdbeben – es ist eine sanfte, leise, aber sehr gut vernehmbare Stimme, was das Herz entbrennen lässt. Ein stilles, inneres Brennen stellt sich bei dem Gedanken ein, dass dies das wiederhergestellte Evangelium Jesu Christi ist samt der Fülle der Lehre, des Priestertums und der Bündnisse, die über viele Jahrhunderte voller Finsternis und Verwirrung verloren gewesen waren. Ja, die sanfte, leise Stimme und das klopfende Herz geben Zeugnis vom Wunder der Wiederherstellung.
Die sanfte, leise Stimme und das klopfende Herz bringen Millionen von Mitgliedern dazu, Jesus in Wort, Tat und Dienst am Nächsten nachzueifern. Die sanfte, leise Stimme und das klopfende Herz bringen Tausende von Ehepaaren im Rentenalter dazu, normalerweise 18 Monate lang, manchmal länger auf Mission zu gehen. Sie verzichten auf die Annehmlichkeiten des Lebens und gehen in die Welt hinaus, um auf eigene Kosten ihren Mitmenschen zu dienen – und das unter Umständen, die man als großes Opfer ansehen könnte. Oft dienen sie in entlegenen Teilen der Erde, wo eine heiße Dusche oder ein bequemes Bett ein Luxus sind, den sie nur noch aus der Erinnerung kennen.
Die sanfte, leise Stimme und das klopfende Herz veranlassen Hunderttausende von jungen Männern und Frauen, einen vielversprechenden Beruf aufzugeben, ihre Ausbildung hinauszuschieben (manche verzichten sogar auf ein Stipendium) oder ihre Verlobung auf später zu vertagen, um dem Herrn auf eigene Kosten zu dienen und die Wiederherstellung des Evangeliums zu verkündigen. Die sanfte, leise Stimme und das klopfende Herz verleihen unseren jungen Leuten den Wunsch und die Kraft, für Reinheit, Ehrlichkeit und Grundsätze einzustehen, auch wenn sie dafür mitunter ausgelacht oder abgelehnt werden. Die sanfte, leise Stimme und das klopfende Herz bringen einen dazu, Gottes Gebote voll Freude zu halten und die Last derer mitzutragen, denen es nicht so gut geht. Ja, in der sanften, leisen Stimme und im klopfenden Herzen steckt viel Macht.
Alma hat auf unnachahmliche Art nach dem geistigen Zustand unseres Herzens gefragt. Er fragte: „Seid ihr geistig aus Gott geboren?“ Und dann: „Habt ihr sein Abbild in euren Gesichtsausdruck aufgenommen? Habt ihr diese mächtige Wandlung in eurem Herzen erlebt?“ (Alma 5:14; Hervorhebung hinzugefügt.) Anders gesagt: Spüren Sie ein Herzklopfen, weil Sie ein Zeugnis von Jesus Christus haben?
Lassen Sie mich Ihnen nur dreierlei nennen, was bei mir ein solches Herzklopfen auslöst. Ich spüre dieses Klopfen erstens, weil ich weiß, dass Jesus Christus für mich persönlich der Erretter ist und dass er so viel Liebe für mich hatte, dass er unvorstellbare Schmerzen und sogar den Tod erlitt. Ich spüre dieses Klopfen, wenn mir tief im Inneren bewusst wird, dass ich durch das Blut Jesu Christi gereinigt, geläutert und erlöst werden kann. Ich spüre dieses Klopfen, wenn ich über den Preis nachsinne, den er gezahlt hat – über sein Leiden, das mich vor ähnlichem Leid für meine Sünden und Übertretungen bewahren kann.
Ich spüre dieses Klopfen zweitens, weil ich weiß, dass ein Junge – erst 14 Jahre alt – in den Wald gegangen ist und dass sich wegen seines schlichten, demütigen Gebets die Himmel aufgetan haben und ihm Gott und Christus erschienen sind und Engel zu ihm herabkamen. Auf diese Weise wurde die Fülle des Evangeliums Jesu Christi samt seinem ganzen Priestertum, all seinen Bündnissen und seiner reinen Lehre wiederhergestellt. Ich spüre dieses Klopfen, wenn ich an all das denke, was dieser junge Prophet ertragen hat, um die Fülle des wiederhergestellten Evangeliums hervorzubringen. Engel kamen aus dem Himmel herab, doch auch die Engel des Satans waren am Werk. Joseph Smith wurde verfolgt, und wie die Propheten aus alter Zeit wurde er schließlich zum Märtyrer. Trotz all der Prüfungen und Verfolgungen blieb der junge Prophet standhaft und treu.
Durch den Propheten Joseph Smith verstehe ich das Ausmaß des Sühnopfers Christi besser. Durch den Propheten Joseph Smith verstehe ich die Bedeutung des Gartens Getsemani besser, jenes Ortes großer Qual, wo Christus für uns gelitten hat – wo er nicht nur unsere Sünden, sondern auch unsere Schmerzen, Schwächen, Prüfungen und Schicksalsschläge auf sich genommen hat. Ich verstehe das unendliche, ewige Ausmaß seines großen und letzten Opfers. Ich verstehe die Liebe besser, die der Erretter uns mit dieser letzten, erlösenden Tat bewiesen hat. Durch Joseph Smith nehmen meine Liebe und Dankbarkeit für den Erretter zu. Meine Gottesverehrung gewinnt an Bedeutung. Eins der vielen Lieder in unserem Gesangbuch, die aus der Feder von W. W. Phelps stammen, ist das bekannte Lied mit dem Text „Preiset den Mann, der einst sprach mit Jehova“. („Preiset den Mann“, Gesangbuch, Nr. 17.) Wenn ich dieses Lied singe, spüre ich mein Herz klopfen.
Ja, und weil wir mit Begeisterung und Freude „Preiset den Mann, der einst sprach mit Jehova“ singen, singen wir auch mit mehr Ehrfurcht, Rührung und Dankbarkeit vom Erretter, und zwar mit den Worten: „Oh, es ist wunderbar, für mich ertrug er dies, gab selbst sein Leben hin. Oh, es ist wunderbar, wunderbar für mich.“ („Erstaunt und bewundernd“, Gesangbuch, Nr. 118.) Ich spüre, wie mein Herz klopft, weil der Prophet Joseph Smith mir mehr Erkenntnis darüber verschafft hat, wie sich das Sühnopfer des Erretters für mich persönlich auswirkt.
Und drittens spüre ich mein Herz klopfen, wenn ich die heiligen Aufzeichnungen im Buch Mormon studiere und darüber nachsinne, wie es die Bibel ergänzt und Zeugnis davon gibt, dass Jesus Christus der Sohn Gottes, der Erretter und Erlöser der Welt ist. Durch diese zusätzliche heilige Schrift wird mein Verständnis von der Lehre Christi erweitert, und mir wird vieles klar, was mir in der Bibel zu undeutlich ist. Das Buch Mormon ist ein greifbarer Beweis dafür, dass Joseph Smith ein Prophet Gottes ist, dass Christus ihm wirklich erschienen ist und dass das Evangelium in seiner Reinheit und Fülle wiederhergestellt worden ist.
Mein Herz klopft, wenn ich über das Wunder nachdenke, dass das Buch Mormon überhaupt vorhanden ist – die mühselige Arbeit, Zeichen in die Metallplatten einzugravieren, die sorgsame Aufbewahrung durch die Auserwählten Gottes über all die Jahrhunderte und schließlich die wundersame Übersetzung. Es entspricht wahrhaftig vollkommen dem, was man unter heiliger Schrift versteht. Wegen Gottes großer Liebe zu uns hat er diesen Beweis bereitgestellt, den wir anfassen, den wir prüfen, mit dem wir uns auseinander setzen und den wir sogar in Zweifel ziehen können. Doch vor allem liebt Gott mich so sehr, dass er mir und jedem anderen, der aufrichtig nach Offenbarung hinsichtlich der Wahrheit des Buches Mormon sucht, den greifbaren Beweis für die Wiederherstellung gibt und dafür, dass Joseph Smith ein wahrer Prophet war.
Als der Prophet Alma im Buch Mormon über diese heilige Erkenntnis sprach, bezeugte er:
„Meint ihr denn nicht, ich wisse dies alles selbst? Siehe, ich bezeuge euch, ich weiß, dass das, wovon ich gesprochen habe, wahr ist. Und wie, meint ihr, weiß ich denn, dass es gewiss und wahr ist?
Siehe, ich sage euch: Es wird mir durch den Heiligen Geist Gottes zu wissen gegeben. Siehe, ich habe viele Tage gefastet und gebetet, um dies für mich selbst wissen zu können. Und nun weiß ich für mich selbst, dass es wahr ist; denn der Herr, Gott, hat es mir durch seinen Heiligen Geist kundgetan; und dies ist der Geist der Offenbarung.“ (Alma 5:45,46.)
Wie Alma vor alters kann jeder von uns, sowohl Mitglied als auch aufrichtiger Untersucher, mit Bestimmtheit wissen, dass dies wahr ist. Es ist unser großes Vorrecht, dies zu wissen. Es ist mehr als ein Recht. Wir haben die Aufgabe, es herauszufinden. Es ist ein ungeheurer Verlust, wenn wir dies nicht wissen, obwohl uns doch dieses Recht gewährt wird. Der Herr sagt: „Klopft an, dann wird euch geöffnet.“ (Matthäus 7:7.) Im Buch Mormon sagt der Prophet Jakob: „[Kommt] mit voller Herzensabsicht.“ (Jakob 6:5.) Wir brauchen uns nicht auf unseren Verstand oder unsere Sinne zu verlassen. Wir studieren und beten und fasten vielleicht auch – so wie Alma vor alters. Und dann stellen sich die sanfte, leise Stimme und ein Herzklopfen ein. Stellen Sie sich vor, dass Sie durch persönliche Offenbarung von Gott wissen, dass dies wahr ist. Allein der Gedanke daran lässt das Herz in mir entbrennen. Im Namen Jesu Christi. Amen.