2005
Glücksspiel
Mai 2005


Glücksspiel

Wenn Sie sich noch nie an einem Pokerspiel oder einem anderen Glücksspiel beteiligt haben, sollten Sie auch nicht damit anfangen. Wenn Sie sich schon damit abgegeben haben, hören Sie jetzt damit auf, solange Sie es noch können.

Meine lieben Brüder, das war eine wunderbare Versammlung. Ich kann alles, was gesagt wurde, nur bestätigen und möchte Ihnen meinen Segen geben.

Zunächst einmal möchte ich etwas in Bezug auf diejenigen sagen, die wir heute Nachmittag als Mitglieder der Siebzigerkollegien bestätigt haben.

Ich bin überzeugt, dass es buchstäblich hunderte Brüder gibt, die würdig und fähig wären, als leitende Beamte der Kirche zu dienen. Sie sind überall zu finden. Diejenigen, die heute bestätigt wurden, sind dazu ausersehen, besondere Aufgaben wahrzunehmen. In den meisten Fällen müssen sie Opfer bringen, was sie aber gern tun.

Unter denen, die bestätigt wurden, ist, wie Sie festgestellt haben, mein 63-jähriger Sohn. Ich möchte klarstellen, dass ich ihn nicht vorgeschlagen habe. Das haben andere getan, die dazu das Recht hatten. Ich bin mir des Verdachts der Vetternwirtschaft sehr wohl bewusst. Wie die Juristen sagen würden, habe ich mich der Mitwirkung enthalten. Ich glaube jedoch, dass er würdig und in jeder Hinsicht geeignet ist. Zunächst einmal hatte er eine großartige, wunderbare Mutter. Ich wünschte, ich könnte auch seinen Vater empfehlen.

Ich möchte das nur erwähnen, weil ich mir des Verdachts der Vetternwirtschaft so wohl bewusst bin. Bitte werfen Sie ihm nicht vor, dass er mit mir verwandt ist. Er kann nichts dafür.

Jetzt aber zu dem Thema, worüber ich heute sprechen möchte. Ich gehe damit auf die zahlreichen bei mir eingegangenen Bitten ein, ich solle die Ansicht der Kirche über etwas kundtun, was sich unter uns immer mehr verbreitet, insbesondere unter Jugendlichen. Es betrifft das Glücksspiel in den verschiedensten Formen.

Man erzählt sich, dass Calvin Coolidge, einst Präsident der Vereinigten Staaten, der für seine Wortkargheit bekannt war, eines Tages von der Kirche nach Hause kam. Seine Frau fragte ihn, worüber der Prediger gesprochen habe. Er erwiderte: „Sünde.“ „Was hat er gesagt?“, fragte sie. „Er war dagegen“, war seine Antwort.

Ich denke, ich kann die Frage über das Glücksspiel ebenso kurz und bündig beantworten. Wir sind dagegen.

Fast überall findet man Glücksspiel, und es greift um sich. Die Leute spielen Poker. Sie geben ihren Wetttipp bei Pferde- und Hunderennen ab. Sie spielen Roulette und an Münzautomaten. Sie kommen zusammen und spielen in Bars, Saloons und in Casinos und allzu oft auch zu Hause. Viele kommen nicht mehr davon los. Es macht süchtig. Oft führt es zu weiteren destruktiven Gewohnheiten und Verhaltensweisen.

Und so viele Beteiligte haben nicht einmal das Geld dafür. In vielen Fällen werden Frauen und Kinder um ihre finanzielle Sicherheit gebracht.

Das Pokerspiel, wie es genannt wird, greift zunehmend am College und sogar schon auf der Highschool um sich.

Ich lese Ihnen etwas aus einem Artikel der New York Times vor:

„Für Michael Sandberg begann alles damit, dass er mit seinen Freunden um ein paar Cent spielte.

Aber im letzten Herbst wurde daraus bereits ein Einkommen in sechsstelliger Höhe und eine echte Alternative zu seiner Ausbildung als Jurist.

Sandberg, 22, verbringt seine Zeit meist in Princeton, wo er bald sein Studium in Politikwissenschaften beenden kann, und in Atlantic City, wo er um sehr viel Geld Poker spielt. …

Sandberg ist ein ganz extremes Beispiel dafür, dass sich das Glücksspiel in den Colleges in den Vereinigten Staaten immer mehr ausbreitet. Sandberg bezeichnet dies als eine Explosion – ausgelöst durch Pokermeisterschaften im Fernsehen und Websites, die Online-Pokerspiele anbieten.

Fachleute meinen, die Popularität des Glücksspiels an den Schulen sei nicht mehr zu übersehen. Im Dezember beispielsweise veranstaltete eine Studentinnenverbindung an der Columbia University mit 80 Spielerinnen erstmals ein Pokerturnier; der Mindesteinsatz betrug 10 Dollar. Die Universität von North Carolina führte im Oktober ihr erstes Turnier mit 175 Teilnehmern durch. Beide Spiele waren voll besetzt und es gab Wartelisten. An der University of Pennsylvania werden jeden Tag Hinweise zu Veranstaltungen mit Glücksspiel in die E-Mailliste gestellt.“ (Jonathan Cheng, „Poker Is Major College Craze“, Deseret Morning News, 14. März 2005, Seite A2.)

Und dasselbe geschieht auch hier in Utah.

Eine Mutter schreibt mir Folgendes:

„Mein neunzehnjähriger Sohn spielt im Internet Poker, und die Leute im Internet [scheint es] nicht zu interessieren, ob er schon 21 ist. Man muss nur ein Bankkonto haben, auf dem Geld liegt. Seit fast einem Jahr spielt er ständig. Früher hatte er einen Job. Den gab er aber auf, weil er jetzt dem Internet und dem Pokerspiel um Geld derart verfallen ist. Er nimmt dauernd an Pokerturnieren teil, und wenn er gewinnt, hat er Geld, um sich das zu kaufen, was er braucht. Er tut nichts anderes mehr als dasitzen und im Internet spielen.“

Ich habe mir sagen lassen, dass Utah und Hawaii inzwischen die beiden einzigen Staaten in den USA sind, in denen Lotterien und Glücksspiel jeder Art illegal sind. Den Briefen, die ich von Mitgliedern bekommen habe, entnehme ich, dass einige unserer jungen Leute offensichtlich damit beginnen, indem sie Poker spielen. So kommen sie auf den Geschmack, wie es ist, wenn man etwas bekommt, ohne etwas dafür zu tun, und dann fahren sie in einen anderen Bundesstaat, wo sie legal spielen können.

Eine Frau drückte es in einem Brief an mich so aus: „Ich sehe, wie sich dieses Übel in letzter Zeit bei so vielen einschleicht. Im Fernsehen ist es sehr präsent. Bei einem Kabelsender spielen Prominente Poker, und es gibt nationale Pokermeisterschaften.“

Sie fährt fort: „Einer unserer Freunde schlug meinem Mann vor, sich für die örtliche Pokermeisterschaft einzutragen, für die eine Gebühr fällig war. Sein Freund meinte: ,Das ist kein Glücksspiel. Dein Geld wandert nur in einen großen Topf, und wer gewinnt, bekommt ihn.‘“

Ist das Glücksspiel? Natürlich ist es das. Glücksspiel ist einfach eine Methode, bei der Geld kassiert und keine faire Gegenleistung in Waren oder Dienstleistungen angeboten wird.

Staatliche Lotterien finden heute in großem Stil statt. Früher einmal war das fast weltweit gesetzlich verboten. Jetzt wird es als Einnahmequelle betrachtet.

Vor etwa zwanzig Jahren sagte ich bei der Konferenz: „Kürzlich hat das Lotteriefieber in New York drastisch zugenommen, als bekannt wurde, die drei Gewinner könnten sich 41 Millionen Dollar teilen. Die Leute standen Schlange, um ein Los zu ergattern. Ein Gewinnlos gehörte 21 Fabrikarbeitern, auf dem zweiten Platz landeten 778 Gewinner, und 113 000 erhielten unterschiedliche Geldbeträge. Das klingt vielleicht ganz gut.

Aber es hat auch 35 998 956 Verlierer gegeben, von denen jeder für die Gewinnchance bezahlt hat.“ (Der Stern, 1986, Nummer 2, Seite 45f.)

Einige Bundesstaaten haben ihre öffentlichen Einnahmen gesteigert, indem sie den Casinos empfindliche Steuern auferlegt haben. Auch die Betriebsgesellschaft muss Gewinn erzielen. Und dann gibt es auch noch den Gewinner. Alle anderen, die Geld investiert haben, gehen leer aus.

Ich bin so dankbar dafür, dass der Herr uns, als er die Kirche gründete, das Gesetz des Zehnten gegeben hat. Ich sprach einmal mit einem Beamten einer anderen Kirche, deren Einnahmequelle, so wie ich es verstehe, in erster Linie das Spiel Bingo ist. Ich sagte zu dem Mann: „Haben Sie jemals daran gedacht, Ihre Kirche mit dem Zehnten zu finanzieren?“ Er erwiderte: „Ja, und wie sehr wünschte ich, dass wir das täten, statt Bingo zu spielen. Aber ich gehe nicht davon aus, dass sich das noch zu meinen Lebzeiten ändert.“

In Indianerreservaten wurden Casinos eröffnet, um deren Besitzern ein sicheres Einkommen zu garantieren. Einige wenige gewinnen, aber die meisten verlieren. Das muss ja so sein, wenn einige gewinnen und das Casino Profit machen soll.

Einer unserer jungen Männer hat kürzlich gesagt: „Ich zahle fünf Dollar, um einen Film anzuschauen; und ich zahle fünf Dollar, um Poker zu spielen; das ist dasselbe.“

Es ist aber nicht dasselbe. Im ersten Fall bekommen Sie das, wofür Sie bezahlen; im zweiten räumt nur einer den Gewinn ab, und die anderen gehen leer aus.

Die Erfahrung zeigt, dass das Pokerspiel zur Spielbesessenheit führen kann.

Von Anfang an hat die Kirche Glücksspiel verurteilt.

Schon im Jahre 1842 beschrieb Joseph Smith die Umstände, unter denen die Heiligen in Missouri lebten. Er sagte: „Wir erwarben große Ländereien, und unsere Farmen warfen überreiche Erträge ab. In unseren Familien und in der Nachbarschaft lebten wir friedlich und glücklich; … aber da wir uns … an den nächtlichen Ausschweifungen, der Sabbatschändung, den Pferderennen und Glücksspielen unserer Mitbürger nicht beteiligen konnten, machten sie sich zunächst nur über uns lustig; doch dann fingen sie an, uns zu verfolgen, und schließlich taten sich Pöbelhorden zusammen, die viele unserer Brüder teerten und federten und auspeitschten. Zuletzt trieben sie sie gegen Recht und Gesetz und Menschlichkeit aus ihren Häusern.“ (In James R. Clark, Hg., Messages of the First Presidency of The Church of Jesus Christ of Latter-day Saints, 6 Bde. 1965–1975, 1:139.)

Im Oktober 1844 sagte Brigham Young über Nauvoo: „Wir möchten alle Schnapsläden und Spielhallen, alle anderen ungebührlichen Häuser und Unternehmungen in unserer Mitte verbieten und keine Maßlosigkeit und kein Laster in unserer Mitte dulden.“ (Messages of the First Presidency, 1:242.)

Die Präsidenten der Kirche und ihre Ratgeber haben wiederholt von diesem Übel gesprochen. George Q. Cannon, Ratgeber dreier Präsidenten der Kirche, hat gesagt: „Es gibt viele Übel in der Welt, vor denen junge Leute geschützt werden müssen. Eines davon ist das Glücksspiel. Dieses Übel hat viele Formen, aber alle sind schlecht und man soll sich ihnen nicht hingeben.“ (Gospel Truth: Discourses and Writings of President George Q. Cannon, Hg. Jerreld L. Newquist, 2 Bde., 1974, 2:223.)

Präsident Joseph F. Smith hat gesagt: „Die Kirche lehnt das Glücksspiel nicht nur ab, sondern sie verurteilt es als moralisch falsch und betrachtet auch alle Arten von Spiel um Geld sowie Lotterien als Glücksspiel, und sie verurteilt es scharf, wenn sich ein Mitglied daran beteiligt.“ („Editor’s Table“, Improvement Era, August 1908, Seite 807.)

Präsident Heber J. Grant hat folgenden Rat gegeben: „Die Kirche spricht sich schon seit je entschieden gegen jede Form des Glücksspiels aus. Die Kirche ist gegen jegliches Spiel um Geld und gegen jedes Gewerbe oder sogenannte Unternehmen, das Leuten ihr Geld abnimmt und keinen Gegenwert dafür bietet. Sie spricht sich gegen alle Praktiken aus, die die Gesinnung … fördern, alles, was stets die hohen sittlichen Maßstäbe der Mitglieder der Kirche sowie des Gemeinwesens im Allgemeinen ausmachte, zu schwächen oder zu untergraben.“ (In Messages of the First Presidency, 5:245).

Präsident Spencer W. Kimball hat gesagt: „Von Anfang an ist uns von Glücksspiel aller Art abgeraten worden. Niedergang und Zerstörung trifft den Menschen, ob er nun gewinnt oder verliert, der etwas für nichts bekommen will, ohne Anstrengung, ohne den vollen Preis zu bezahlen.“ (Generalkonferenz, April 1975; oder Ensign, Mai 1975, Seite 6.)

Elder Dallin H. Oaks, der heute bei uns ist, hielt 1987 zu diesem Thema vor dem damaligen Ricks College eine hervorragende Rede. Sie hieß „Glücksspiel – moralisch falsch und politisch unklug“ (siehe Ensign, Juni 1987, Seite 69-75).

Diesen Aussagen über die Position der Kirche füge ich jetzt noch meine eigene hinzu. Es mag wie harmloser Spaß aussehen, wenn man sich am Glücksspiel beteiligt. Dem haftet aber eine Intensität an, die man dem Gesicht der Spieler genau ablesen kann. Und in allzu vielen Fällen kann so ein Spiel, das so harmlos erscheint, zu wahrer Sucht führen. Die Kirche war schon immer gegen Glücksspiel und ist es auch jetzt. Wenn Sie sich noch nie an einem Pokerspiel oder einem anderen Glücksspiel beteiligt haben, sollten Sie auch nicht damit anfangen. Wenn Sie sich schon damit abgegeben haben, hören Sie jetzt damit auf, solange Sie es noch können.

Man kann seine Zeit lohnender verbringen. Man kann sein Interesse und seine Kraft in weitaus Besseres investieren. Es gibt so viel guten Lesestoff. Es ist unwahrscheinlich, dass er uns je ausgehen wird. Man kann sich mit Musik beschäftigen und sich daran erfreuen. Man kann einfach etwas Schönes zusammen unternehmen: tanzen, wandern, Rad fahren oder etwas anderes, wo Jungen und Mädchen auf gesunde Weise Umgang miteinander pflegen können.

Ich habe ein neues Buch gelesen, das vor kurzem von Oxford University Press veröffentlicht wurde und das unter uns beträchtliches Interesse geweckt hat. Es enthält eine Studie, die Studenten einer Fakultät der University of North Carolina in Chapel Hill durchgeführt haben. Dabei geht es um das religiöse und spirituelle Leben amerikanischer Teenager. Die Studenten, die die Studie durchführten, befragten junge Leute unterschiedlicher Glaubensrichtungen und Herkunft (siehe Christian Smith und Melinda Lundquist Denton, Soul Searching: The Religious and Spiritual Lives of American Teenagers, 2005).

Sie kamen zu dem Schluss, dass Jugendliche unserer Kirche mehr über ihren Glauben wissen, darin engagierter sind und sich genauer an die Regeln der Kirche zu zwischenmenschlichen Kontakten halten als ihre Altersgenossen.

Einer der Forscher hat erklärt: „Diese Kirche fordert viel von ihren Teenagern, und … in den meisten Fällen werden die Regeln befolgt“ (in Elaine Jarvik, „LDS Teens Rank Tops in Living Their Faith“, Deseret News, 15. März 2005, Seite A3).

Man hat festgestellt, dass unsere jungen Leute eher die Glaubensansichten ihrer Eltern übernehmen, einmal in der Woche den Gottesdienst besuchen, wo sie mit Glaubensgenossen zusammenkommen, fasten und andere Formen der Enthaltsamkeit pflegen und dass sie weniger Zweifel hinsichtlich ihres Glaubens haben.

In Kommentaren zur Studie heißt es, dass unsere Jugendlichen früh aufstehen, um das Seminar zu besuchen. „Es ist schwer, früh aufzustehen“, sagte ein Seminarschüler. „Aber wir werden dadurch gesegnet. Es ist eine wunderschöne Art, den Tag zu beginnen.“

Die Forscher betonen, dass viele unserer Jugendlichen nicht vollkommen sind, dass sie sich aber im Allgemeinen auf ganz bemerkenswerte Weise hervortun. Ich möchte hinzufügen, dass diese Schüler der Highschool keine Zeit haben, Poker zu spielen.

Meine lieben jungen Freunde, ich habe heute Abend zu euch gesprochen. Ihr bedeutet uns sehr viel. Ihr seid ungemein wichtig. Als Mitglieder dieser Kirche und als Priestertumsträger habt ihr eine sehr große Verantwortung. Verschwendet bitte weder eure Zeit noch eure Talente mit sinnlosen Tätigkeiten. Wenn ihr das macht, vermindert sich eure Fähigkeit, Lohnendes zu tun. Ich glaube, dass eure Aufmerksamkeit in der Schule dadurch abstumpft. Ihr enttäuscht damit eure Eltern, und wenn die Jahre vergehen und ihr zurückblickt, werdet ihr von euch selbst enttäuscht sein.

Das Priestertum, das ihr als junge Männer tragt, schließt auch das Vorrecht ein, dass Engel euch dienen. Die Gegenwart von Engeln, füge ich hinzu, ist mit der Leidenschaft für das Glücksspiel unvereinbar.

„Wähle recht, die Wahl ist dir gegeben.“ („Wähle recht“, Gesangbuch, Nummer 158.)

Mögen die Segnungen des Himmels auf euch ruhen. Ich gebe euch mein Zeugnis von diesem Werk. Mir liegen alle am Herzen, die sich darin engagieren. Im heiligen Namen Jesu Christi. Amen.