Von Freund zu Freund
Der Zaunspringer
„Ihr Kinder, gehorcht euren Eltern in allem; denn so ist es gut und recht im Herrn.“ (Kolosser 3:20.)
Nach einem Interview, das Callie Buys mit Elder Daryl H. Garn von den Siebzigern geführt hat, der zur Zeit der Präsidentschaft des Gebiets Asien angehört.
Als Junge wohnte ich auf einer kleinen Farm in Fielding im US-Bundesstaat Utah, und ich wünschte mir von Herzen ein Pferd. Als ich so alt war, dass ich für solch ein Tier sorgen konnte, kaufte mein Vater mir ein großes schwarzes Pferd, das ich Smokey nannte.
Ich liebte Smokey und versorgte ihn nach besten Kräften. Eines Morgens ging ich hinaus, um ihn zu füttern, doch er war nicht in der Koppel. Ich rannte umher und fand ihn im Heuschober, der durch einen Zaun von der Koppel getrennt war. Er hatte ein wüstes Durcheinander angerichtet, war auf dem Heu herumgetrampelt und hatte es ruiniert. Alle Gatter waren geschlossen; offensichtlich war Smokey über den Zaun gesprungen. Er hatte Heu in der Krippe, also gab es für ihn keinen Grund, in den Heuschober zu gehen.
Ein paar Tage später war Smokey wieder weg. Diesmal fand ich ihn draußen auf der Weide. Und bald darauf fing er an, sowohl aus der Koppel auszubrechen als auch über den Weidezaun zu springen. Ich musste auf der Suche nach ihm mit dem Fahrrad in der ganzen Stadt umherfahren. Manchmal mussten mein Vater und ich kilometerweit fahren, ehe wir ihn fanden und ihn zurückbringen konnten.
Mein Vater beschloss, Fußfesseln für Smokey zu kaufen. Fußfesseln sind wie Handschellen für ein Pferd; sie hindern es daran, fortzulaufen. „Das wird den guten Smokey ruhig stellen“, meinte Vater.
Aber das beeindruckte ihn nicht im Geringsten. Für Smokey wurde das Springen über Zäune zu einem Spiel, und wir hatten nicht mehr viel Freude an ihm. Er wurde wild. Ich konnte ihn nicht einfangen und nur noch selten reiten. Schließlich sagte Vater: „Wir werden dem guten Smokey eine Lehre erteilen.“ Wir banden eine schwere Schleppkette für Baumstämme an seine Fußfesseln. Wo immer er nun hinging, musste er eine 2,5 Meter lange Kette zwischen den Vorderbeinen mitschleppen. Wir meinten, das würde ihn nun gewiss zurückhalten.
Doch noch in derselben Nacht versuchte Smokey wieder, über den Zaun zu springen. Die Kette verfing sich und brachte ihn zu Fall. Er landete im Zaun und holte sich am Stacheldraht üble Schnittwunden. Wir holten ihn heraus und riefen den Tierarzt, der sofort kam und ihn verarztete.
Mein Heimlehrer, ich nannte ihn Onkel Claude, war ein echter Pferdekenner. Er hatte eine Idee, was Smokey betraf, und so tauschte er ihn gegen ein graues Pferd ein. Onkel Claude nahm an Gespannrennen teil und dachte, wenn er Smokey mit einem guten Wagenpferd einspannte, könnte er Smokey seine Unsitte abgewöhnen und ein paar Rennen mit ihm gewinnen. Also spannte Onkel Claude Smokey vor den Wagen und übte ein paar Mal mit ihm. Smokey machte seine Sache recht gut – bis zum Rennen. Ganz plötzlich scherte er nach rechts aus und versuchte, über den Zaun zu springen, der die Rennbahn begrenzte. Onkel Claude kam dabei fast ums Leben, und Smokey verletzte sich so schwer, dass er eingeschläfert werden musste.
Ich habe seit damals viel über mein altes Pferd nachgedacht. Smokey hatte schon ganz zu Anfang keinen vernünftigen Grund, über den Zaun zu springen und in den Heuschober zu laufen. Er war genau wie manche jungen Leute, die sich einfach vornehmen, ungehorsam zu sein. Sind wir erst einmal über den ersten Zaun gesprungen, ist es viel einfacher, auch über weitere Zäune zu springen – also gegen die Gebote und Grundsätze des Evangeliums zu verstoßen. Und dann dauert es nicht lange, und wir haben durch Ungehorsam unser Leben ruiniert.
Es ist wichtig, dass ihr euren Vater und eure Mutter ehrt und gehorsam das tut, was sie euch auftragen. Ihre Regeln sind oft der erste Zaun. Es ist ein trauriger Tag im Leben, wenn man beschließt, den Eltern, den Grundsätzen des Evangeliums oder dem himmlischen Vater nicht zu gehorchen. Wenn ihr euch schon früh vornehmt, gehorsam zu sein, wird euer Leben sehr viel glücklicher verlaufen.