Das Hohepriesterkollegium
Dies ist der fünfte Artikel einer Serie über die Priestertumskollegien und ihren Zweck.
Zum Hohen Priester im Melchisedekischen Priestertum ordiniert zu werden, bedeutet eine große Ehre und eine große Verantwortung, denn das Vorbild für die, die dieses Amt innehaben, ist Jesus Christus selbst. Der Apostel Paulus schrieb an die Hebräer: „Denn jeder Hohepriester wird aus den Menschen ausgewählt und für die Menschen eingesetzt zum Dienst vor Gott … Und keiner nimmt sich eigenmächtig diese Würde, sondern er wird von Gott berufen, so wie Aaron. So hat auch Christus sich nicht selbst die Würde eines Hohenpriesters verliehen, sondern der, der zu ihm gesprochen hat: Mein Sohn bist du. Heute habe ich dich gezeugt, … Du bist Priester auf ewig nach der Ordnung Melchisedeks.“ (Hebräer 5:1,4-6.) So, wie der Heiland sich nicht selbst diese Ehre verliehen hat, sondern von Gott berufen worden ist, ist dies auch bei allen Hohen Priestern in der Kirche des Herrn der Fall. Ihnen obliegt es, ihr Leben nach dem Erretter auszurichten und in Wort und Tat Zeugnis zu geben vom barmherzigen Sühnopfer und der Wahrheit des Evangeliums.
Ein kurzer Überblick
Wann immer das Evangelium in seiner Fülle auf Erden vorhanden war, hat der Herr – die ganze Menschheitsgeschichte hindurch – stets Hohe Priester berufen, damit sie über sein Werk präsidieren.
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Adam, Henoch, Noach, Melchisedek, Abraham, Mose und weitere rechtschaffene Männer wurden zu Hohen Priestern ordiniert (siehe Alma 13; LuB 84:6-17; 107:41-53).
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Nach Mose nahm der Herr das Melchisedekische Priestertum von der Erde hinweg. Es blieb nur unter bestimmten glaubenstreuen Menschen bestehen.
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Die präsidierende Autorität auf geistigem Gebiet war unter den Völkern des Buches Mormon stets der Hohe Priester (siehe Alma 8:23; 30:20-23).
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Während seines irdischen Wirkens war Jesus Christus der präsidierende Hohe Priester auf Erden (siehe Hebräer 3:1). In seiner Eigenschaft als jener große Hohe Priester brachte er ein ewiges Opfer dar und bewirkte somit für uns „eine ewige Erlösung“ (siehe Hebräer 9:11,12). Jesus Christus präsidiert auch weiterhin über seine Kirche.
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In der Evangeliumszeit der Fülle erfolgten die ersten Ordinierungen zum Hohen Priester anlässlich einer Konferenz der Kirche in Kirtland in Ohio im Juni 1831. Damals wurden 23 Männer zu Hohen Priestern ordiniert.
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Eine Zeit lang hatte jede Gemeinde ihr eigenes Hohepriesterkollegium – jeweils mit eigener Präsidentschaft. Doch im Jahre 1877 stellte Präsident Brigham Young kurz vor seinem Tod klar, dass solche Kollegien in den Aufgabenbereich des jeweiligen Pfahlpräsidenten fallen.
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Seit 1956 ist der Pfahlpräsident jeweils auch der Präsident des Hohepriesterkollegiums seines Pfahles.
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Im Dezember 1975 erläuterte die Erste Präsidentschaft ferner, dass die HP-Gruppen auf Gemeindeebene Teil des Pfahl-HP-Kollegiums sind. Der Pfahlpräsident ist der Präsident des Kollegiums, und seine Ratgeber fungieren als Ratgeber im Kollegium. Die HP-Gruppenleiter in den Gemeinden unterstehen dem Pfahlpräsidenten.
Die Aufgaben des Hohepriesterkollegiums
Präsident Joseph F. Smith (1838–1918) zufolge „besteht die Aufgabe des Hohepriesterkollegiums darin, die Grundsätze des Regierens, der Einigkeit, des Fortschritts und des Wachstums im Gottesreich zu vermitteln. Die Hohen Priester sind sozusagen Väter unserer Mitglieder. In den Hohepriesterkollegien gibt es Pfahlpräsidenten samt ihren Ratgebern, Bischöfe samt ihren Ratgebern, Patriarchen und alle anderen, die zum Hohen Priester im Melchisedekischen Priestertum ordiniert worden sind. … Im Kollegium sollen sie so zusammengebracht werden, dass sie mit all ihrer Kraft Gutes bewirken können.“1
Die Aufgaben eines Hohen Priesters
„Die Rechte und Pflichten des Hohen Priesters bestehen darin, zu präsidieren und alle Vollmacht eines Ältesten innezuhaben (siehe LuB 107:10). Ein Bruder wird zum Hohen Priester ordiniert, wenn er in die Pfahlpräsidentschaft, den Hoherat oder in die Bischofschaft berufen wird oder wenn der Pfahlpräsident es so bestimmt.“2
Ein Hoher Priester muss äußerst vertrauenswürdig sein. Wer zu diesem Amt im Priestertum ordiniert wird, muss ein glaubensstarker, ehrlicher und aufrichtiger Mann sein. Er muss verlässlich und in der Kirche engagiert sein, sodass man von ihm erwarten kann, dass er unter allen Umständen für das Evangelium eintritt.
Eine Hauptaufgabe der Hohen Priester ist das Heimlehren. Als Heimlehrer vertreten sie „den Herrn, den Bischof und die … Gruppenführer. Sie stehen allen Angehörigen der Familien, die sie besuchen, zur Seite und dienen ihnen. Sie bemühen sich um die Freundschaft und die Achtung dieser Mitglieder und bringen ihnen aufrichtige Anteilnahme und Liebe entgegen. Die Heimlehrer sind die Haupthilfsquelle der Kirche für die Mitglieder. Sie besprechen mit dem Familienvorstand, was die Familie braucht und wie die Heimlehrer am besten helfen können. Sie bieten Hilfe an, wenn ein Mitglied arbeitslos, krank oder einsam ist, wenn es umzieht oder sonstige Hilfe braucht.“3
Präsident Joseph F. Smith zufolge muss jeder Hohe Priester „Alt und Jung ein Vorbild sein, das es wert ist, dass man ihm nacheifere; … er muss sich in die Lage versetzen, ein Lehrer der Rechtschaffenheit zu sein, und zwar nicht nur durch Vorgaben, sondern insbesondere durch sein Beispiel. So kommen die jungen Menschen in den Genuss der Erfahrung des Alters, und der Hohe Priester selbst gewinnt Einfluss in dem Gemeinwesen, in dem er wohnt. … Wer dieses Amt innehat, ist in der Regel in fortgeschrittenem Alter und besitzt eine reiche Palette an Erfahrungen. … Die Erfahrung [dieser Männer] … ist die gereifte Frucht jahrelanger Arbeit in der Kirche, und sie sollen ihre Weisheit zum Wohle all derer anwenden, mit denen sie zusammenwirken.“4
Die Rolle des Hohen Priesters in Hinblick auf Tempelarbeit und Genealogie
Die Gruppenleiter und die Mitglieder des Kollegiums sind vorbildlich bei Tempelarbeit und Genealogie; dazu gehört auch, dass sie regelmäßig in den Tempel gehen, sofern die Umstände es gestatten. Die Hohen Priester helfen den Mitgliedern dabei, sich auf die heiligen Handlungen des Tempels vorzubereiten. Sie halten die Mitglieder außerdem dazu an, deren verstorbene Verwandte zu ermitteln und für sie die heiligen Handlungen des Tempels zu vollziehen. Der Ältestenkollegiumspräsident und der Gruppenleiter der Hohen Priester sorgen dafür, „dass in den Priestertumsversammlungen und bei den Heimlehrbesuchen regelmäßig die mit Tempelarbeit und Genealogie verbundenen Lehren, Grundsätze und Segnungen gelehrt werden. Sie halten auch die Mitglieder dazu an, ihre Kinder die Bedeutung des Tempels zu lehren. … Auf Weisung der Bischofschaft koordiniert der Hohepriestergruppenleiter die Tempelarbeit und die Genealogie in der Gemeinde.“5
Hohe Priester sind Männer, die im Evangelium Reife besitzen und präsidieren können. Sie dienen den Brüdern, die noch nicht so erfahren sind, als Vorbild; das gilt besonders für die Träger des Aaronischen Priestertums. Gemeinsam mit anderen Priestertumsträgern ist es ihre Aufgabe, „zu lehren, zu erläutern, zu ermahnen, zu taufen und über die Kirche zu wachen“ (LuB 20:42). Die Hohen Priester sind eine wichtige stabilisierende Kraft in jeder Gemeinde, jedem Zweig, jedem Distrikt und jedem Pfahl. Sie unterstützen die Mission der Kirche, die darin besteht, das Evangelium zu verkündigen, die Heiligen zu vervollkommnen und die Toten zu erlösen. Vor allem jedoch sind sie Patriarchen in ihrer eigenen Familie; sie setzen ein Beispiel und schaffen ein Verhaltensmuster der Rechtschaffenheit für kommende Generationen.