Der Sturz in ein Wunder
Das machte Schlagzeilen in aller Welt: Ein Missionar der Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage war von einem 70 Meter hohen Felsen in die Tiefe gestürzt und hatte überlebt! Das entspricht einem Sturz von einem Hochhaus mit 23 Stockwerken.
Manchmal lässt sich ein Wunder in einem einzigen Satz schildern. Doch Elder Matthew Weirich – der Missionar, der stürzte – hat das Gefühl, jedes Detail seiner Geschichte gebe ihm Zeugnis, dass der Herr für sein Leben einen Plan hat, den er noch nicht erfüllt hat.
Elder Weirich aus Fredericksburg in Texas hatte nur noch drei Monate seiner Mission in der Australien-Mission Sydney Süd vor sich. An einem Vorbereitungstag im Juni 2004 bekamen Elder Weirich und drei weitere Missionare die Erlaubnis, einen Naturpark in der Nähe zu besuchen, um sich Tiere anzuschauen, die es nur in Australien gibt. Auf dem Rückweg sahen sie ein Schild, das auf den Grand-Canyon-Aussichtspunkt hinwies. Er war nicht weit weg, also beschlossen die Missionare, dort Halt zu machen und sich ein Bild zu machen, wie der Grand Canyon in Australien aussieht. An alles, was danach noch an diesem Tag geschah, kann sich Elder Weirich nicht mehr erinnern. Tage später kam er im Krankenhaus zu sich und musste seine Begleiter fragen, was dann geschehen war.
Die Gruppe war zum Aussichtspunkt gegangen und dann dem bezeichneten Weg zu einigen Höhlen unterhalb des Aussichtspunkts gefolgt. Von dem Weg führte eine Treppe aus unbehauenem Stein zurück zum Aussichtspunkt. Einer der Missionare verlor seinen Schuh, der nicht fest genug gebunden war. Der Schuh kullerte einen Abhang hinab. Elder Weirich konnte von seiner Position aus sehen, dass der Schuh sich in einem Busch nur ein paar Schritte vom Weg entfernt verfangen hatte. Es schien nicht weiter schwer zu sein, ihn zu holen, und Elder Weirich erbot sich, das zu tun. Seine Begleiter erzählen, dass Elder Weirich rief, er habe den Schuh. Dann hörten sie, wie Steine in Bewegung gerieten. Sie konnten Elder Weirich nicht sehen und wussten nicht, was passiert war. Doch als er auf ihre Rufe nicht antwortete, befürchteten sie, dass er abgestürzt war.
Die drei Missionare schauten so weit über den Felsrand, wie sie sich trauten, beteten und machten sich auf die Suche nach einem Mobiltelefon, mit dem sie die Polizei verständigen konnten. Sie hörten, wie auf dem Parkplatz eine Autotür ins Schloss fiel, und liefen hin, um den Mann, der gerade angekommen war, zu fragen, ob er ein Telefon habe, das sie benutzen könnten. Er hatte ein Telefon, und sie wählten die Notrufnummer 000.
Eine Stunde später traf eine Rettungsmannschaft ein, gerade als es zu dämmern begann. Es wurde kalt, und der Helikopter, der das Gebiet mit Wärmeradar absuchte, fand kein Lebenszeichen von Elder Weirich. Jeder fürchtete, dass man ihn nicht mehr lebend bergen könne.
Doch das war ein Irrtum.
Bei Tagesanbruch erreichten die Rettungskräfte den Fuß des Felsens. Sie fanden Elder Weirich lebend, aber halb bewusstlos. Sie hoben ihn vorsichtig auf eine Trage und flogen ihn mit dem Helikopter aus. Er wurde ins Krankenhaus gebracht, wo die Ärzte und das Pflegepersonal erwarteten, jemanden zu behandeln, der zahlreiche Knochenbrüche und weitere schwere Verletzungen aufwies. Es stellte sich heraus, dass Elder Weirich eine leichte Hirnschwellung hatte, aber er hatte keinerlei Brüche außer einer gebrochenen Nase und zwei kleineren über seinem Auge, die aber nicht weiter behandelt werden mussten.
Eine ganze Reihe von Wundern
Rückblickend zählt Matt Weirich all die Wunder auf, die zu seinem Überleben beigetragen haben.
Vor seiner Mission war er Stabhochspringer gewesen. Er hatte sogar die Landesschulmeisterschaft gewonnen und hatte vor, für sein Studium ein Leichtathletik-Stipendium in Anspruch zu nehmen. Matt kann sich zwar nicht erinnern, was genau er während seines Sturzes tat, aber vielleicht trug sein Training dazu bei, den Sturz abzuschwächen und so aufzukommen, dass er weniger Verletzungen davontrug.
Entlang des oberen Bereichs des Felsens wurde er von verschiedenen Felsvorsprüngen abgebremst, was an den Schürf- und Schnittwunden an seinen Armen deutlich wurde. Dann stürzte er im freien Fall 27 Meter in die Tiefe.
Zu der Zeit hatte es jede Nacht Temperaturen unter null gegeben. Doch in der Nacht, die Matt am Fuße des Felsens lag, war es zehn Grad wärmer als sonst, und die Temperatur fiel nicht unter den Gefrierpunkt.
Nach dem Sturz konnte er noch ein paar Meter kriechen, bis er mit dem Kopf nach unten zeigend zum Liegen kam. Das trug vielleicht dazu bei, dass seine Wunden gut durchblutet wurden.
Er wurde von Profis gerettet und erhielt eine erstklassige Behandlung.
Die Geschichte von seiner Rettung weckte überall in Australien reges Interesse. Auf einmal wollten überall Leute mit den Missionaren sprechen. Türen öffneten sich. Viele Menschen fragten sich, wie dieses offenkundige Wunder geschehen konnte, und stellten wissbegierig Fragen über Gott und die Kirche, die dieser Missionar vertrat.
Matt erkennt noch weitere Segnungen in dem, was geschehen ist. Er sagt: „Das alles hat mich mit meiner Familie enger zusammengeschweißt und mir klar gemacht, welchen Wert das Leben hat. Es gehört mehr dazu, als in den Tag hineinzuleben und zu denken, dass man ja später alle Fehler wiedergutmachen kann.
Ich habe aufgehört, nach dem Warum zu fragen. Jetzt frage ich mich: ‚Was kann ich daraus lernen?‘ Ich weiß nur, dass ich ein Werkzeug in der Hand des Herrn war. Ich habe bei einigen Leuten gesehen, wie es sie verändert hat. Ich bin zu dem Schluss gekommen, dass der Herr noch einiges von mir erwartet. Wenn ich vor Versuchungen stehe, halte ich mir vor Augen, dass ich nicht gerettet wurde, um mich in Sünde zu verstricken. Ich muss daran denken, dass der Herr für jeden von uns einen Plan hat.“
Matt Weirich hat seine Mission beendet. Er ist wieder ganz gesund und ist Stabhochspringer in der Leichtathletikmannschaft der Brigham-Young-Universität, an der er sein Studium fortsetzt.