Geben wir das Erbe unserer Familie weiter
Anfang August 2002 erreichte ich einen bedeutenden Meilenstein in meinem Leben. Ich wurde 80 Jahre alt und trat vom mittleren ins hohe Alter über. Zur Feier des Tages beschloss ich, mit meinen Kindern und Enkelkindern in meine Heimatstadt Logan in Utah zu fahren und ihnen zu erzählen, wie diese Stadt mich geprägt hat.
Ich suchte neun Plätze in Logan aus, die ich meiner Familie zeigen wollte. An jedem Haltepunkt suchte ich eine Schriftstelle aus, die zeigen sollte, warum gerade dieser Ort für mich wichtig war.
1. Die Highschool in Logan: Schöpft euer Potenzial aus!
„An einigen habe ich kein Wohlgefallen, denn sie wollen ihren Mund nicht auftun, sondern aus Menschenfurcht verbergen sie das Talent, das ich ihnen gegeben habe.“ (LuB 60:2.)
In der Schule war ich sehr schüchtern und nutzte nicht die Gelegenheiten, die sich mir boten, meine Talente zu entfalten und zu vermehren. Ich hatte Angst davor, es zu versuchen. Meinen Kindern und Enkeln wollte ich vermitteln, dass sie ihr Potenzial ausschöpfen sollen. Haben Sie keine Angst davor, es zu versuchen. Haben Sie Selbstvertrauen. Es klappt nie beim ersten Versuch, aber wenn man es immer wieder probiert, gewinnt man Selbstvertrauen und entwickelt neue Talente.
2. Das Tabernakel von Logan: Die Freude, die der Dienst im Evangelium bringt
„Wenn ihr im Dienste eurer Mitmenschen seid, [seid] ihr nur im Dienste eures Gottes.“ (Mosia 2:17.)
Mein Vater gehörte etwa 20 Jahre lang der Präsidentschaft des Pfahles Cache in Logan an. Daher war es wohl passend, das Tabernakel anzusehen, wo die Pfahlkonferenzen stattgefunden hatten, um dort zu vermitteln, dass der Dienst in der Kirche große Freude bringt und eine sichere Methode ist, Fähigkeiten im zwischenmenschlichen Bereich zu entwickeln. Man dient in der Kirche einzig und allein mit der Absicht, das Reich des himmlischen Vaters aufzubauen. Der Herr wird Sie für Ihre Zeit und Ihre Mühen mehr als entschädigen. Er segnet Sie mit größeren Talenten und Fähigkeiten, die Sie für Ihren weiteren Dienst nutzen können. Man kann unmöglich ausgleichen, was der Herr einem gibt.
3. Die Anwaltskanzlei meines Vaters: Charakterstärke und Redlichkeit
„Denn die Wurzel aller Übel ist die Habsucht. Nicht wenige, die ihr verfielen, sind vom Glauben abgeirrt und haben sich viele Qualen bereitet.
Du aber, ein Mann Gottes, flieh vor all dem. Strebe unermüdlich nach Gerechtigkeit, Frömmigkeit, Glauben, Liebe, Standhaftigkeit und Sanftmut.
Kämpfe den guten Kampf des Glaubens, ergreife das ewige Leben, zu dem du berufen worden bist und für das du vor vielen Zeugen das gute Bekenntnis abgelegt hast.“ (1 Timotheus 6:10-12.)
Ich erzählte meiner Familie, wie ich mich darauf vorbereitet hatte, einmal im Bankwesen tätig zu werden. Mein Vater war der Anwalt der Bank. Von dem Geld, das ich mit Zeitungsaustragen verdient hatte, hatte ich genug gespart, um zehn Aktien der First National Bank kaufen zu können. Mein Vater bestand darauf, dass ich an der Aktionärsversammlung teilnahm und mein Wahlrecht für meine zehn Aktien ausübte. Er hielt das für eine Möglichkeit, mich ins Bankgewerbe einzuführen. Nachdem ich meinen Abschluss gemacht hatte, wurde mir eine Arbeit angeboten, die wesentlich lukrativer war als eine Stelle bei der Bank. Ich dachte, ich könnte das für ein paar Jahre machen und dann ins Bankwesen zurückkehren. Am Ende habe ich nie für eine Bank gearbeitet. Ich wollte meinen Enkelkindern klarmachen, dass es mehr darauf ankommt, sich Redlichkeit, Wertvorstellungen und gute Lerngewohnheiten sowie die Charaktereigenschaften eines gläubigen, selbstbewussten und fleißigen Menschen anzueignen, als darauf, welches Hauptfach man im Studium belegt.
4. Mein Geburtshaus: Unser Erbe ist kostbar
„Siehe, ich habe euch die Namen unserer ersten Eltern gegeben …; und dies habe ich getan, damit ihr an sie denkt, wenn ihr an euren Namen denkt; und wenn ihr an sie denkt, damit ihr an ihre Werke denkt; und wenn ihr an ihre Werke denkt, damit ihr wisst, wie es gesprochen und auch geschrieben ist, dass sie gut waren.“ (Helaman 5:6.)
Ich wurde nach meinem Vater benannt. Ich achtete meinen Vater und wollte die Werte hochhalten, die er fest verankert hatte. Unserem Erbe verdanken wir beständige Werte, die uns jetzt und in alle Ewigkeit begleiten werden.
5. Unser altes Haus: Gute Eltern sind ein Segen
„Ich, Nephi, stamme von guten Eltern, darum ist mir von allem Wissen meines Vaters etwas beigebracht worden.“ (1 Nephi 1:1.)
Ich führte meiner Familie vor Augen, dass man alles, was man im Leben erreicht, letzten Endes seinen Eltern zu verdanken hat, die einem einen guten Einstieg ermöglicht haben. Mein Vater arbeitete hart und sorgte gut für uns. Mustergültig verkörperte er Dienen, Ehre und Redlichkeit. Er liebte seine Familie, und obwohl er sehr viel zu tun hatte, nahm er sich Zeit für uns.
Mutter war stets bereit, uns zu unterweisen und uns zu ermutigen. Sie war eine großartige und umsichtige Hausfrau, eine ausgezeichnete Verwalterin des Haushaltgelds und eine wundervolle Köchin. Wie ich doch meine Eltern liebe und ehre!
6. Die Kuhweide: Nehmen wir die Herausforderungen an, die Veränderungen mit sich bringen
„Was von Gott ist, das ist Licht; und wer Licht empfängt und in Gott verbleibt, empfängt mehr Licht; und jenes Licht wird heller und heller bis zum vollkommenen Tag.“ (LuB 50:24.)
Wir bezogen Quartier in einem Motel. Nach unserer Ankunft sagte ich meiner Familie: „Heute Nacht schlaft ihr auf unserer alten Kuhweide.“ Darauf war das Motel nämlich gebaut worden. Wie sich doch die Zeiten geändert haben! Ich werde immer dankbar sein, dass ich zu einer Zeit aufwuchs, in der man pflügte, anpflanzte, das Vieh hütete, Felder bewässerte und erntete. Diese Tätigkeiten spielten in unserem Leben eine große Rolle.
Künftige Generationen werden sich kaum noch derselben Segnungen erfreuen können wie wir. Wir leben in einer Welt des raschen Wandels. Irgendwie muss es uns gelingen, an den unabänderlichen Grundwerten festzuhalten und dennoch für weiteres offenbartes Licht bereit zu sein, das uns noch größere Chancen eröffnet.
7. Die Eisdiele: Traditionen haben großen Wert
„Die gleiche gesellschaftliche Beziehung, die unter uns hier vorhanden ist, wird auch dort unter uns vorhanden sein, nur wird sie mit ewiger Herrlichkeit verbunden sein, welcher Herrlichkeit wir uns jetzt noch nicht erfreuen.“ (LuB 130:2.)
Dass wir bei jeder Fahrt nach Logan ein Waffeleis kaufen, ist für uns eine von vielen Traditionen geworden. Wichtiger sind jedoch andere: in der Kirche aktiv sein, in der Kirche dienen, der Familie treu sein und so weiter. Besondere Traditionen, die wir hier mit unserer Familie schaffen, bleiben erhalten. Wir sollten Traditionen schaffen, die uns deutlich in Erinnerung bleiben – selbst bis in alle Ewigkeit.
8. Die Universität: Es lohnt sich, wenn man sich die Zeit für glückliches, erfolgreiches Werben nimmt
„Wer verbietet zu heiraten, ist nicht von Gott verordnet, denn die Ehe ist dem Menschen von Gott verordnet.“ (LuB 49:15.)
Ich erklärte, dass die Beziehung zu meiner Frau größtenteils an der Universität zu reifen begann. Tanzabende, Ballspiele, der gemeinsame Weg über den Campus zur Bibliothek, Lernen in der Bibliothek, die gemeinsame Teilnahme am Religionsinstitut, Begegnungen im Gang zwischen den Unterrichtsstunden, besondere Spaziergänge über das Universitätsgelände und dergleichen mehr – all das erlaubte uns, einander besser kennen zu lernen und die erfüllende Beziehung, die sich da entwickelte, auszukosten. Damals wurde das für mich das Wichtigste im Leben. Wenn diese Phase begonnen hat, wirkt sie sich auf alles aus, was man tut. Man muss sie zu etwas Kostbarem und Besonderem machen.
9. Der Logan-Tempel: Die Bedeutung des Tempels
„In der celestialen Herrlichkeit gibt es drei Himmel oder Grade, und um den höchsten zu erlangen, muss man in diese Ordnung des Priestertums [nämlich den neuen und immerwährenden Bund der Ehe] eintreten; und wenn jemand das nicht tut, so kann er ihn nicht erlangen.“ (LuB 131:1-3.)
Im Mittelpunkt unseres Lebens muss der heilige Tempel stehen. Wir müssen stets würdig sein, ihn betreten zu dürfen. Wenn wir uns der Bündnisse, die wir mit dem Herrn in seinem Haus schließen, würdig erweisen, verpflichten wir ihn buchstäblich, uns die verheißenen Segnungen zu geben. Der Herr erfüllt, was er verheißt, wenn wir den Bündnissen, die wir mit ihm schließen, treu bleiben.
Wir beendeten unsere Tour später am Abend im alten Gemeindehaus der Gemeinde Logan 9. Wir hatten vereinbart, dass wir ein Zimmer für unser Familientreffen nutzen konnten. Ein Rückblick auf mein Leben wurde gegeben, dabei wurden Bilder von meinen Großeltern und Eltern sowie aus meiner Kindheit und Jugend gezeigt. Darauf folgten Bilder von meiner Hochzeit und von Kindessegnungen. Dann schauten wir uns noch eine Collage von Bildern an, auf der viele gemeinsame Erlebnisse zu sehen waren.
Am Sonntagmorgen gingen wir im Gemeindehaus der Gemeinde Logan 9 zur Kirche. Das Gebäude war unter der Aufsicht meines Vaters errichtet worden, als er Bischof war. Er hat dieses Amt 18 Jahre lang ausgeübt. An diesem Morgen hatte ich Gelegenheit, davon Zeugnis zu geben, welche Segnungen ich dank des Evangeliums habe.
Dann fuhren wir zurück nach Salt Lake City. Ehe wir uns aber ein köstliches Geburtstagsessen schmecken ließen, das von meiner Frau zubereitet worden war, fragte ich meine Familie noch aus, was sie gelernt hatte. Noch einmal gab ich Zeugnis, dass das Evangelium Jesu Christi von Gott kommt.
Ich bin absolut davon überzeugt, dass die schöne, enge Beziehung zu unseren nahen Familienangehörigen die sicherste Zuflucht ist, die wir finden können.
Ich möchte auch Ihnen mein Zeugnis geben. Das Evangelium Jesu Christi ist wahr. Es wird Sie nie enttäuschen. Es ist die einzige Hoffnung für unsere eigene Errettung und bietet Zuflucht vor den Stürmen, die während der Reise durch das Erdenleben über uns hereinbrechen. Möge Gott Sie weiterhin mit dem Wunsch segnen, mehr über seine Wege zu erfahren und seinem Gesetz gehorsam zu sein.
Nach einer Ansprache bei einer Andacht im Rahmen der Bildungswoche der Brigham-Young-Universität am 20. August 2002.