Grundsätze aus dem Neuen Testament
Jesus Christus, das Brot des Lebens
Als Jesus Christus auf der Erde war, vollbrachte er viele Wunder; er verwandelte Wasser in Wein, heilte Kranke und Behinderte und weckte sogar Lazarus von den Toten auf. Das Wunder, das die meisten Menschen miterlebten, war wahrscheinlich die Speisung der Fünftausend mit fünf Broten und zwei Fischen. Dieses Wunder wird in allen vier Evangelien beschrieben (siehe Matthäus 14:13-21; Markus 6:34-44; Lukas 9:12-17; Johannes 6:5-14). Schauen wir uns einige Einzelheiten dieser wunderbaren Begebenheit an und besprechen wir, warum sie in unserer Zeit von Bedeutung ist.
Jesus Christus hatte Mitleid
Der Erretter vollbrachte dieses Wunder, weil er mit den Menschen Mitleid hatte. Markus schreibt, dass Jesus, als er die vielen Menschen ansah, die ihm aufmerksam zuhörten, „Mitleid mit ihnen [hatte]; denn sie waren wie Schafe, die keinen Hirten haben“ (Markus 6:34). Ihm war bewusst, dass es „schon spät“ und „der Ort … abgelegen“ war (siehe Markus 6:35) und die Menschen deshalb kein Essen kaufen konnten.
Doch Jesus hielt seine Macht noch zurück und vollbrachte das Wunder nicht gleich. Er wollte zunächst seine Jünger auf die Probe stellen. Er fragte Philippus: „Wo sollen wir Brot kaufen, damit diese Leute zu essen haben?“ (Johannes 6:5.) Warum stellte er Philippus diese Frage, wenn „er selbst wusste, was er tun wollte“ (siehe Johannes 6:6)? Vielleicht wollte er, dass seine Jünger wirklich begriffen, dass das Geld und die Zeit, die sie zur Verfügung hatten, nicht ausreichten, um so viele Menschen zu speisen. Um so vielen Menschen Essen zu geben, war ein Wunder notwendig.
Dann brachten die Jünger das Essen, das ein Junge hatte – das einzige, was sie bekommen konnten: fünf Gerstenbrote und zwei Fische. Ich stelle mir gern vor, dass dieser Junge vielleicht hungrig war, sein Essen aber für den großartigen Lehrer aufhob, anstatt an sich selbst zu denken. Das hätte doch die Umstände dieses Wunders noch bemerkenswerter gemacht.
„Und sie setzten sich in Gruppen“
Jesus Christus ergriff bewusst noch eine Maßnahme, ehe er das Wunder vollbrachte: Er gebot seinen Jüngern, „den Leuten zu sagen, sie sollten sich in Gruppen ins grüne Gras setzen. Und sie setzten sich in Gruppen zu hundert und zu fünfzig.“ (Markus 6:39,40.) Warum bat er die Leute, sich so hinzusetzen? Sicher wollte er gewährleisten, dass das Austeilen des Essens geordnet vor sich ging. Elder Bruce R. McConkie (1915–1985) vom Kollegium der Zwölf Apostel erweitert unsere Erkenntnis: „An dem, was der Herr plante und ausführte, war nichts formlos oder unorganisiert. Die versammelte Menschenmenge sollte sich geordnet in Gruppen hinsetzen. Seine Wohltat war keine Gabe, die wahllos und verschwenderisch unter der Menge verteilt wurde. Vielmehr verschaffte er einer interessierten Zuhörerschaft das notwendige Essen, das auf keine andere Weise besorgt werden konnte. Außerdem sollte niemand irgendeinen Zweifel daran haben, was da wirklich geschah. Die Apostel sollten die Brote und die Fische auf geordnete Weise verteilen, wobei alle fair und gerecht behandelt wurden.“1
Ich denke außerdem, dass der Herr – wie bei Philippus – wollte, dass die Menschen bemerkten, wie groß die Menschenmenge war, als das Wunder vollbracht wurde. Vielleicht wollte er sicherstellen, dass es keine Meinungsverschiedenheiten über die Anzahl der Personen gab, die an diesem großen Wunder teilhatten.
Tatsächlich waren sogar mehr als 5000 Menschen anwesend, da Frauen und Kinder nicht mitgezählt wurden. Deshalb wurden weit über 5000 auf wundersame Weise mit den fünf Broten und zwei Fischen gespeist.
Nachdem der Erlöser die fünf Brote und die zwei Fische genommen hatte, „blickte [er] zum Himmel auf, sprach den Lobpreis, brach die Brote“ (Markus 6:41) und gab sie dann den Jüngern, damit sie sie an die Leute austeilten. Dann verteilten sie die Fische. Die Leute nahmen nicht nur ein bisschen von dem Essen. Sie hatten keine Angst, dass nicht genug da war. Nein, sie nahmen „so viel sie wollten“ (siehe Johannes 6:11) und „alle aßen und wurden satt“ (siehe Markus 6:42).
Jesus gab weitere Anweisungen, nachdem er das Wunder vollbracht hatte. Er sagte zu seinen Jüngern: „Sammelt die übrig gebliebenen Brotstücke, damit nichts verdirbt.“ (Johannes 6:12.) Die Jünger sammelten 12 Körbe voll!
Es war offensichtlich, dass Jesus dieses Wunder durch seine Macht vollbracht hatte. Der Bericht im Johannesevangelium endet mit den Worten: „Als die Menschen das Zeichen sahen, das er getan hatte, sagten sie: Das ist wirklich der Prophet, der in die Welt kommen soll.“ (Johannes 6:14.)
Geistige Nahrung
Aber damit ist die Geschichte noch nicht zu Ende. All diese Ereignisse waren nur der Auftakt für das, was der Erretter danach lehrte. Er wirkte dieses Wunder auf eindrucksvolle Weise, um den Menschen klar vor Augen zu führen, dass er große Macht hat. Somit waren sie besser darauf vorbereitet, seine Lehre anzunehmen – und das war ja viel wichtiger als die Brote und Fische, die sie zu essen bekamen.
Kurze Zeit nachdem Jesus dieses Wunder vollbracht hatte, lehrte er die Menschen, nicht das physische Brot in den Mittelpunkt zu stellen, sondern nach einem viel wichtigeren Brot zu trachten: „Müht euch nicht ab für die Speise, die verdirbt, sondern für die Speise, die für das ewige Leben bleibt und die der Menschensohn euch geben wird.“ (Johannes 6:27.)
Die Menschen waren verwirrt von seinen Worten. Sie dachten immer noch an das Brot, das sie gegessen hatten. Sie verstanden nicht, was der Begriff Brot des Lebens bedeutete.
Jesus verkündete: „Ich bin das Brot des Lebens; wer zu mir kommt, wird nie mehr hungern, und wer an mich glaubt, wird nie mehr Durst haben.“ (Johannes 6:35.)
Er erklärte weiter: „Ich bin das Brot des Lebens. … So aber ist es mit dem Brot, das vom Himmel herabkommt: Wenn jemand davon isst, wird er nicht sterben. Ich bin das lebendige Brot, das vom Himmel herabgekommen ist. Wer von diesem Brot isst, wird in Ewigkeit leben.“ (Johannes 6:48,50,51.)
Manche murrten wegen seiner Worte. Sie dachten, sie kannten Jesus, den Sohn des Zimmermanns Josef. Sie vergaßen die Macht, mit der Jesus ein so großes Wunder vollbracht hatte. Viele wandten sich von ihm ab. Jesus fragte seine zwölf Apostel: „Wollt auch ihr weggehen?“ (Johannes 6:67.) Petrus antwortete mit einem Zeugnis, dessen Schlichtheit besonders beeindruckt: „Herr, zu wem sollen wir gehen? Du hast Worte des ewigen Lebens.“ (Johannes 6:68.)
Obwohl der Erretter die Menschen gut darauf vorbereitet hatte, von seiner göttlichen Natur und Mission zu erfahren, begriffen sie immer noch nicht die Bedeutung des Wunders und der Lehre, dass Jesus das Brot des Lebens ist. Doch die Zwölf Apostel, allen voran Petrus, versicherten ihm, dass sie ein Zeugnis hatten. Das muss dem Herrn ein großer Trost gewesen sein.
Die Bedeutung für unsere Zeit
Heute denkt manch einer, das Wunder mit den Broten und den Fischen sei nur eine alte Geschichte, die für unsere Zeit nicht von Bedeutung sei. Doch damit entgeht ihm der Sinn dieser wunderbaren Begebenheit, und er versteht nicht, was das „Brot des Lebens“bedeutet.
Elder Jeffrey R. Holland vom Kollegium der Zwölf Apostel hat gesagt: „In all dem Erfolg und Intellektualismus der Gegenwart können auch wir vom unabdingbar lebenswichtigen Brot des ewigen Lebens fortwandern; wir können uns tatsächlich dafür entscheiden, in geistiger Hinsicht fehlernährt zu sein und uns in eine Art geistiger Appetitlosigkeit hineinsteigern.“2
Im Bible Dictionary steht, dass Wunder „ein wichtiger Bestandteil des Werkes Jesu Christi sind, da sie nicht nur göttliche Werke sind, sondern auch ein Teil der göttlichen Lehre“ (Seite 732; siehe auch Schriftenführer, „Wunder“, Seite 223). Das Wunder mit den Broten und den Fischen ist ein gutes Beispiel für diese Definition. Jesus speiste über 5000 Menschen mit nur fünf Broten und zwei Fischen – ein göttliches Werk. Er verkündete, er sei das „Brot des Lebens“ – eine göttliche Lehre.
Da wir wissen, dass Jesus Christus das Brot des Lebens ist – der Weg, wodurch alle ewiges Leben erlangen können –, haben wir eine wichtige Aufgabe. Wir sollen uns bemühen, Menschen dabei zu helfen, zu ihm zu kommen und sein Wort aufzunehmen wie die Menschen, die von den Broten und Fischen aßen und satt wurden. Unsere Freunde wissen vielleicht nicht, dass sie in geistiger Hinsicht Hunger leiden. Sie nehmen vielleicht vieles zu sich, um ihren geistigen Hunger zu stillen, und das kann dazu führen, dass sie sich entmutigt und verloren fühlen. Tragen wir dazu bei, dass sie erfahren, wie sie in geistiger Hinsicht satt werden können – indem sie zu Jesus Christus kommen, dem Brot des Lebens.