Kommt nach Zion!
Trachten wir doch in unseren Familien sowie in unseren Pfählen und Distrikten danach, Zion durch Einigkeit, Frömmigkeit und Nächstenliebe aufzubauen.
Der Prophet Joseph Smith hat gesagt: „Die Errichtung Zions ist eine Sache, die dem Gottesvolk zu allen Zeiten am Herzen gelegen hat, ein Gegenstand, von dem Propheten, Priester und Könige mit besonderer Freude gesprochen haben. Sie haben mit freudiger Erwartung nach dem Tag Ausschau gehalten, nämlich der Zeit, in der wir leben; angefeuert von himmlischer Vorfreude, haben sie unseren Tag besungen und beschrieben und davon prophezeit, ohne ihn erlebt zu haben. Wir sind das begnadete Volk, das Gott sich erwählt hat, um die Herrlichkeit der Letzten Tage zuwege zu bringen.“ (History of the Church, 4:609f.; siehe auch Lehren der Präsidenten der Kirche: Joseph Smith, Seite 203.)
Zion ist sowohl ein Ort als auch ein Volk. Zion war in der Zeit vor der Sintflut der Name der Stadt Henochs. „Und es begab sich: In seinen Tagen baute er eine Stadt, die man die Stadt der Heiligkeit nannte, nämlich Zion.“ (Mose 7:19.) Dieses Zion hatte etwa 365 Jahre Bestand (siehe Mose 7:68). In dem Bericht in den heiligen Schriften lesen wir: „Und Henoch und all sein Volk wandelten mit Gott, und er wohnte mitten in Zion; und es begab sich: Zion war nicht mehr, denn Gott nahm es in seinen eigenen Schoß auf; und von daher kam die Rede auf: Zion ist geflohen.“ (Mose 7:69.) Später wurden Jerusalem und der dortige Tempel der Berg Zion genannt, und die heiligen Schriften prophezeien von einem zukünftigen Neuen Jerusalem, wo Christus als König Zions regieren wird – „und für den Zeitraum von tausend Jahren wird die Erde ruhen“ (Mose 7:53,64).
Der Herr nannte Henochs Volk Zion, „weil sie eines Herzens und eines Sinnes waren und in Rechtschaffenheit lebten; und es gab keine Armen unter ihnen“ (Mose 7:18). An anderer Stelle sagt er: „Denn dies ist Zion – die im Herzen Reinen.“ (LuB 97:21.)
Der Gegenpol und Widersacher Zions ist Babylon. Die Stadt Babylon hieß ursprünglich Babel, bekannt durch den Turmbau zu Babel. Später wurde sie die Hauptstadt des babylonischen Reiches. Das wichtigste Gebäude dieser Stadt war der Tempel von Bel oder Baal, eines Götzen, den Propheten im Alten Testament auch als schändlichen Gott bezeichneten wegen der sexuellen Perversionen, die mit seiner Anbetung verbunden waren (siehe Schriftenführer, „Baal“ sowie „Babel, Babylon“, Seite 17f.). Babylon war weltlich gesinnt, betete das Böse an und führte nach der Eroberung im Jahre 587 v. Chr. das jüdische Volk in die Gefangenschaft. All das macht Babylon zu einem Symbol für eine dekadente Gesellschaft und für geistige Knechtschaft.
Vor diesem Hintergrund sagte der Herr zu den Mitgliedern seiner Kirche: „Zieht aus von Babylon; sammelt euch aus den Nationen, von den vier Winden her, von einem Ende des Himmels zum anderen.“ (LuB 133:7.) Er gebot, die Ältesten seiner Kirche in alle Welt zu senden, um diese Sammlung zustande zu bringen, und begann damit ein Werk, das heute noch immer in vollem Gang ist. „Und siehe, ja siehe, dies soll ihr Ruf sein und die Stimme des Herrn an alle Völker: Geht hin zum Land Zion, damit die Grenzen meines Volkes sich erweitern und damit seine Pfähle gestärkt werden und damit Zion sich in die Gebiete ringsum ausbreite.“ (LuB 133:9.)
Und so sammelt sich heute das Volk des Herrn „aus den Nationen“; es sammelt sich in den Gemeinden und Pfählen der Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage, die in aller Herren Länder zerstreut sind. Nephi sah voraus, dass ihre „Herrschaft“ nur gering sein werde, dass aber die Macht des Herrn „auf die Heiligen der Kirche des Lammes“ herabkommen werde, die „über das ganze Antlitz der Erde zerstreut [sind]; und sie [werden] mit Rechtschaffenheit und mit der Macht Gottes in großer Herrlichkeit ausgerüstet“ (1 Nephi 14:12-14). Der Herr ruft uns auf, ein Vorbild an Rechtschaffenheit zu sein, um diejenigen zu leiten, die nach der Sicherheit und den Segnungen Zions trachten:
„Wahrlich, ich sage euch allen: Erhebt euch und lasst euer Licht leuchten, damit es den Nationen ein Banner sei und damit die Sammlung im Land Zion und in seinen Pfählen Schutz bewirke und eine Zuflucht sei vor dem Sturm und vor dem Grimm, wenn diese unvermischt über die ganze Erde ausgegossen werden.“ (LuB 115:5,6.)
Unter der Leitung des Propheten Joseph Smith versuchten die ersten Mitglieder der Kirche, den Mittelpunkt Zions in Missouri zu errichten, aber sie erfüllten nicht die Voraussetzungen, um die heilige Stadt zu erbauen. Der Herr erklärte einen der Gründe für ihr Scheitern:
„Sie haben nicht gelernt, dem zu gehorchen, was ich von ihrer Hand gefordert habe, sondern sind voll von allerart Bösem und teilen nicht von ihrer Habe, wie es Heiligen geziemt, mit den Armen und Bedrängten unter ihnen und sind sich nicht einig, gemäß jener Einigkeit, die das Gesetz des celestialen Reiches erfordert.“ (LuB 105:3,4.)
„Es hat Misstöne und Streitigkeiten und Neid und Hader und lüsterne und habgierige Wünsche unter ihnen gegeben; und damit haben sie ihre Erbteile verunreinigt.“ (LuB 101:6.)
Anstatt aber zu streng über die ersten Mitglieder zu urteilen, sollten wir uns lieber selbst prüfen, ob wir auch nur im Geringsten besser sind.
Erst durch den Charakter, die Eigenschaften und die Treue seiner Bewohner wird Zion zu Zion. Denken Sie daran, dass der Herr sein Volk Zion nannte, „weil sie eines Herzens und eines Sinnes waren und in Rechtschaffenheit lebten; und es gab keine Armen unter ihnen“ (Mose 7:18). Wenn wir Zion in unseren Familien, Zweigen, Gemeinden und Pfählen aufrichten wollen, müssen auch wir diesem Anspruch genügen. Wir müssen 1.) einig werden – eines Herzens und eines Sinnes – und 2.) ein heiliges Volk – jeder für sich und alle gemeinsam – und 3.) so gut für die Armen und Bedürftigen sorgen, dass wir die Armut unter uns ausmerzen. Wir können damit nicht warten, bis Zion kommt, denn Zion kommt erst, wenn dies alles geschieht.
Einigkeit
Wenn wir uns vor Augen halten, welche Einigkeit erforderlich ist, damit Zion gedeihen kann, müssen wir uns fragen, ob wir Misstöne, Streitigkeiten, Neid und Hader überwunden haben (siehe LuB 101:6). Sind wir als Einzelne und auch als Volk frei von Hader und Streitigkeiten und sind wir einig „gemäß jener Einigkeit, die das Gesetz des celestialen Reiches erfordert“ (LuB 105:4)? Für diese Einigkeit ist es auch unabdingbar, einander zu vergeben. Jesus hat gesagt: „Ich, der Herr, vergebe, wem ich vergeben will, aber von euch wird verlangt, dass ihr allen Menschen vergebt.“ (LuB 64:10.)
Wir werden eines Herzens und eines Sinnes, wenn jeder für sich den Erretter in den Mittelpunkt seines Lebens stellt und denen folgt, die er bevollmächtigt hat, uns zu führen. Zusammen mit Präsident Thomas S. Monson können wir uns liebevoll umeinander kümmern. Bei der Frühjahrs-Generalkonferenz sprach Präsident Monson zu denen, die sich der Kirche entfremdet haben, und auch zu uns allen, als er sagte: „In den geheimen, heiligen Kammern des Gewissens eines Menschen ruht der Geist, die Entschlossenheit, den alten Menschen abzulegen und sein wahres Potenzial so weit wie möglich auszuschöpfen. In diesem Sinne bitten wir Sie erneut von ganzem Herzen: Kommen Sie zurück. Wir reichen Ihnen mit der reinen Christusliebe die Hand und wünschen uns, Ihnen zu helfen und Sie vollständig in die Gemeinschaft aufzunehmen. All denen, die im Geist verletzt sind oder die mit sich ringen und voller Angst sind, sagen wir: Wir wollen Sie aufrichten und aufmuntern und Ihre Angst besänftigen.“ (Thomas S. Monson, „Zurückschauen und vorangehen“, Liahona, Mai 2008, Seite 90.)
Ende Juli dieses Jahres kamen junge Erwachsene aus mehreren Ländern Osteuropas außerhalb Budapests zu einer Tagung zusammen. In dieser Gruppe waren zwanzig junge Männer und Frauen aus Moldawien, die Tage damit verbracht hatten, Pässe und Visa zu beschaffen, und dann über dreißig Stunden im Bus saßen, um an ihr Ziel zu gelangen. Auf dem Tagungsprogramm standen auch fünfzehn Workshops. Jeder Teilnehmer musste sich für die zwei oder drei entscheiden, die ihn am meisten interessierten. Anstatt sich allein um ihre eigenen Interessen zu kümmern, trafen sich diese jungen Moldawier und machten Pläne, wie an jedem Workshop mindestens einer aus ihrer Gruppe teilnehmen und ausführliche Notizen machen konnte. Danach tauschten sie sich über das Gelernte aus und gaben es später auch an die jungen Erwachsenen in Moldawien weiter, die nicht zur Tagung hatten kommen können. Dies ist ein ganz schlichtes Beispiel für die – sich in ihren unzähligen Erscheinungsformen tausende Male vervielfachende – Einigkeit und gegenseitige Liebe, die Zion wiederbringen wird (siehe LuB 113:8; vgl. auch Jesaja 52:8).
Heiligkeit
Ein Großteil der für die Errichtung Zions erforderlichen Arbeit besteht in unseren individuellen Bemühungen, reinen Herzens zu werden (siehe LuB 97:21). „Zion kann nicht anders aufgebaut werden als nur nach den Grundsätzen des Gesetzes des celestialen Reiches“, so die Worte des Herrn, „andernfalls kann ich es nicht zu mir nehmen.“ (LuB 105:5.) Das Gesetz des celestialen Reiches ist natürlich das Evangeliumsgesetz mit den Bündnissen, wozu gehört, dass wir immer an den Erretter denken und Gehorsam, Opferbereitschaft, Hingabe und Treue geloben.
Der Erlöser wies einige der ersten Mitglieder wegen ihrer „lüsternen Wünsche“ zurecht (siehe LuB 101:6; siehe auch LuB 88:121). Das waren Menschen, die in einer Welt ohne Fernsehen, Kino, Internet und iPod lebten. Sind wir in unserer heutigen Welt, die überschwemmt ist von sexualisierten Bildern und Liedern, frei von lüsternen Wünschen und den damit verbundenen Übeln? Wir dürfen keinesfalls die Grenzen anständiger Kleidung ausweiten oder uns der Pornografie, die ja nichts anderes ist als Unsittlichkeit aus zweiter Hand, hingeben – ganz im Gegenteil, wir müssen nach Rechtschaffenheit hungern und dürsten. Um nach Zion zu kommen, genügt es nicht, dass Sie und ich nicht ganz so schlecht sind wie andere. Wir müssen nicht nur gute, sondern heilige Männer und Frauen werden. Richten wir, wie Elder Neal A. Maxwell es einmal ausgedrückt hat, unseren festen Wohnsitz ein für alle Mal in Zion ein und verzichten wir auf unser Ferienhäuschen in Babylon (siehe Neal A. Maxwell, A Wonderful Flood of Light, 1990, Seite 47).
Wir müssen für die Armen sorgen
Zu allen Zeiten beurteilte der Herr die Gesellschaft wie den einzelnen Menschen danach, wie gut für die Armen gesorgt wird. Er hat gesagt:
„Denn die Erde ist voll, und es ist genug vorhanden, ja, dass noch übrig bleibt; ja, ich habe alles bereitet, und den Menschenkindern gewährt, für sich selbst zu handeln.
Darum, wenn jemand von dem Überfluss nimmt, den ich gemacht habe, und von seinem Teil nicht, gemäß dem Gesetz meines Evangeliums, den Armen und den Bedürftigen abgibt, so wird er zusammen mit den Schlechten in der Hölle seine Augen emporheben in seiner Qual.“ (LuB 104:17,18; siehe auch LuB 56:16,17.)
Außerdem erklärt er: „In euren zeitlichen Belangen sollt ihr gleich sein, und dies nicht widerstrebend, sonst wird das reichliche Maß der Kundgebungen des Geistes vorenthalten werden.“ (LuB 70:14; siehe auch LuB 49:20; 78:5-7.)
Es steht uns frei, was wir mit unserem Geld und unseren Mitteln anfangen, aber wir schulden Gott Rechenschaft als Treuhänder über unseren weltlichen Besitz. Es ist erfreulich zu sehen, wie großzügig Sie beim Fastopfer und bei humanitären Projekten spenden. Im Laufe der Jahre konnte das Leid von Millionen Menschen gelindert werden, und zahllosen anderen wurde es durch die Großzügigkeit der Heiligen ermöglicht, sich selbst zu helfen. Aber wenn wir die Sache Zions voranbringen wollen, sollten wir uns alle gebeterfüllt überlegen, ob wir wirklich alles tun, was wir tun sollen, und ob wir im Hinblick auf die Armen und Bedürftigen alles tun, was der Herr erwartet.
Viele von uns leben in einer Gesellschaft, in der Besitz und Vergnügen das Allerwichtigste sind, und so müssen wir uns vielleicht fragen, ob wir wirklich frei von Habgier sind, frei von dem Verlangen, immer mehr weltliche Güter anzuschaffen. Materialismus ist nichts als eine weitere Form des Götzendienstes und Stolzes, die Babylon ausmachen. Vielleicht können wir lernen, mit dem zufrieden zu sein, was wir für unseren Bedarf brauchen.
Der Apostel Paulus warnte Timotheus vor Menschen, die meinen, „Frömmigkeit sei ein Mittel, um irdischen Gewinn zu erzielen“ (1 Timotheus 6:5).
Er sagte: „Wir haben nichts in die Welt mitgebracht, und wir können auch nichts aus ihr mitnehmen.
Wenn wir Nahrung und Kleidung haben, soll uns das genügen.“ (1 Timotheus 6:7,8.)
In vielen Teilen der Welt brechen wirtschaftlich unsichere Zeiten an. Lassen Sie uns so gut wir können füreinander sorgen. Ich erinnere mich an die Geschichte einer vietnamesischen Familie, die 1975 aus Saigon geflohen war und dann in einem beengten Wohnwagen in Provo in Utah lebte. Ein Junge aus dieser Flüchtlingsfamilie wurde der Heimlehrpartner eines gewissen Bruders Johnson, der mit seiner großen Familie in der Nähe wohnte. Der Junge erzählte:
„Eines Tages fiel Bruder Johnson auf, dass wir keinen Küchentisch hatten. Am nächsten Tag tauchte er mit einem seltsam aussehenden, aber sehr praktischen Tisch auf, der genau an die Wohnwagenwand gegenüber der Spüle und der Arbeitsplatte passte. Ich sage seltsam aussehend, weil zwei der Tischbeine zur Tischplatte passten und zwei nicht. Außerdem ragten an einem Rand der abgenutzten Tischplatte mehrere Holzstifte heraus.
Bald benutzten wir diesen einzigartigen Tisch täglich, um unser Essen zuzubereiten oder schnell eine Kleinigkeit zu essen. Unsere gemeinsamen Mahlzeiten aßen wir weiterhin nach gut vietnamesischer Sitte auf dem Fußboden. …
An einem Abend stand ich in Bruder Johnsons Flur und wartete vor einem Heimlehrtermin auf ihn. In der angrenzenden Küche sah ich zu meiner Überraschung einen Tisch, der nahezu identisch war mit dem, den er meiner Familie gegeben hatte. Der einzige Unterschied war, dass der Tisch der Johnsons dort, wo an unserem Tisch die Holzstifte waren, Löcher hatte! Da wurde mir klar, dass dieser wohltätige Mann, als er unsere Not gesehen hatte, seinen Küchentisch in der Mitte durchgesägt und zwei neue Beine für jede Hälfte angefertigt hatte.
Zweifellos fand an dem halben Tisch nicht die ganze Familie Johnson Platz – es war für sie wahrscheinlich schon eng, als er noch ganz war. …
Mein ganzes Leben lang hat mich diese gute Tat immer wieder daran erinnert, was wahres Geben bedeutet.“ (Siehe Son Quang Le und Beth Ellis Le, „Zwei gleiche Tische“, Liahona, Juli 2004, Seite 45f.)
Der Prophet Joseph Smith hat gesagt: „Wir müssen die Errichtung Zions als unser wichtigstes Ziel ansehen.“ (Lehren der Präsidenten der Kirche: Joseph Smith, Seite 204.) Trachten wir doch in unseren Familien sowie in unseren Pfählen und Distrikten danach, Zion durch Einigkeit, Frömmigkeit und Nächstenliebe aufzubauen. So bereiten wir uns auf den großen Tag vor, da Zion, das Neue Jerusalem, entstehen wird. In einem unserer Lieder heißt es:
Israel, der Herr ruft alle
seine Kinder, nah und fern;
auf, denn Babylon wird fallen,
schon versinket Stern um Stern. …
Kommt nach Zion, kommt nach Zion,
freut euch an der Wahrheit Licht! …
Kommt nach Zion, kommt nach Zion,
bald regiert der Gottessohn!
(„Israel, der Herr ruft alle“, Gesangbuch, Nr. 6.)
Ich gebe Zeugnis von Jesus Christus, dem König Zions. Im Namen Jesu Christi. Amen.