2009
Mein eigentliches Ziel als Missionarin
Februar 2009


Mein eigentliches Ziel als Missionarin

Ich war gerade zwei Monate auf Mission in Argentinien, als ich erfuhr, dass sich meine jüngere und einzige Schwester verlobt hatte. Rebecca und ich standen einander schon immer sehr nahe, und wir hatten davon geträumt, bei der Hochzeit der anderen dabei zu sein. Doch jetzt würde ich ihre verpassen.

Meine Eltern schickten mir Pläne, Fotos, Speisekarten und Terminkalender, aber ich fühlte mich trotzdem ausgeschlossen, allein und ganz weit weg. Die Missionsarbeit war schwer und ging nur mühsam voran. Ich fragte mich, was ich eigentlich so weit entfernt von zuhause machte, und ich war mir nicht mehr sicher, was meine Aufgabe war.

Ich wusste aber schon, dass der Herr mich in seinen Dienst berufen hatte, und ich hatte ein starkes Zeugnis vom Gebet und von der Macht des Priestertums. Ich erhielt einen Segen des Trostes, und mir wurde versichert, dass ich dort war, wo ich sein sollte.

Als Missionare sprachen wir oft über die Aufforderung in Moroni 10:4,5. Ich glaubte fest an die Verheißung in diesen Versen: Wenn ich Gott, meinen ewigen Vater, im Namen Jesu Christi fragte, könnte ich durch die Macht des Heiligen Geistes von allem wissen, ob es wahr sei. Ich betete eifrig, um herauszufinden, ob es richtig gewesen war, nach Argentinien zu gehen, statt zu Hause zu bleiben, wo ich meiner Schwester bei den Hochzeitsvorbereitungen hätte helfen können. Je näher der Hochzeitstermin rückte, desto inniger wurden meine Gebete. Ich spürte den tröstlichen Einfluss des Heiligen Geistes, doch ich hoffte noch immer auf eine Antwort.

Zwei Wochen vor der Hochzeit gingen meine Mitarbeiterin und ich gerade nach Hause, nachdem wir bei Mitgliedern aus dem Zweig, wo wir arbeiteten, zu Mittag gegessen hatten. Der Zweig war in einem kleinen Ort mitten in Argentinien, und die Leute dort hielten die traditionelle Siesta. Um die Mittagszeit traf man für gewöhnlich keinen einzigen Menschen.

Als wir eine Straße entlanggingen, rief uns ein junger Mann etwas hinterher. Doch da wir von vielen jungen Männern aufgezogen wurden, ignorierten wir ihn und gingen weiter. Als er wieder rief, hatte ich das Gefühl, dass ich ihm antworten sollte.

Er hieß Horacio und wollte wissen, ob wir mit zwei jungen Frauen befreundet seien, die mit seinem Cousin im Buch Mormon gelesen hatten. Er erzählte uns, dass er etwas Besonderes verspürt hatte, als die Missionarinnen, die auch in unserem Zweig gedient hatten, vorlasen. Er wollte wissen, ob er unsere Kirche besuchen dürfe.

Als wir Horacio mit Unterstützung der Mitglieder im Zweig belehrten, nahm er das Evangelium schnell von Herzen an. Er änderte sein Leben, je besser er das Evangelium kennenlernte, aber seine Familie erhob Einwände, und seine Freunde wollten nichts mehr von ihm wissen. Doch Horacio spürte die Liebe des Herrn und wollte ihm unbedingt folgen. Bei der Unterweisung von Horacio hatte ich einige der wertvollsten Erlebnisse meiner Mission.

Als meine Familie im Oakland-Kalifornien-Tempel zusah, wie meine Schwester eine heilige Handlung erlebte, die sie auf das celestiale Reich vorbereitete, saß ich in einem kleinen Gemeindehaus in General Pico und wartete auf Horacio, der gerade ein Interview hatte, das ihn auf seine erste errettende heilige Handlung vorbereitete – die Taufe. Meine Schwester konnte sich auch ohne meine Hilfe auf ihre heilige Handlung vorbereiten, doch Horacio hätte es ohne mich vielleicht nicht geschafft. Für ihn war es notwendig, dass meine Mitarbeiterin und ich ihn das Evangelium lehrten, und für mich war es notwendig, dass er mich an mein eigentliches Ziel als Missionarin erinnerte, nämlich Seelen zu Christus zu führen.

Als ich am Ende meiner Mission Vorbereitungen traf, Argentinien zu verlassen, traf Horacio gerade Vorbereitungen, auf Mission zu gehen. Durch ihn hatte der Vater im Himmel mir Antwort gegeben, und nun schickte er Horacio zu anderen Menschen, damit auch deren Gebete erhört wurden.