Eine gut funktionierende Familie
Was ist eine gut funktionierende Familie? Eine Familie, deren Mitglieder, wenn Schwierigkeiten auftreten, gemeinsam daran arbeiten, ihre Beziehung zu verbessern.
Ich erinnere mich, dass ich als junger Vater im Buch Lehre und Bündnisse 93:40 die Stelle las, wo der Herr sagt: „Ich aber habe euch geboten, eure Kinder in Licht und Wahrheit aufzuziehen.“ Ich fragte mich: „Wie soll ich das denn machen?“ Ich hatte oft gehört, dass Leute über nicht funktionierende Familien sprachen, aber ich wollte eine gut funktionierende Familie haben. Was also ist eine gut funktionierende Familie?
Die Menschen scheinen zu glauben, dass in einer gut funktionierenden Familie alle perfekt miteinander auskommen und gemeinsam ihre Probleme perfekt lösen. Tatsache ist natürlich, dass mit einer „gut funktionierenden“ Familie keine perfekte Familie gemeint ist. Für alle Familien bedeutet es eine Herausforderung, dass in einer Familie ganz unterschiedliche Persönlichkeiten zusammenkommen. In einer gut funktionierenden Familie erkennen die Familienmitglieder aber, dass sie Schwächen haben, und sie arbeiten daran, ihre Beziehung trotz ihrer Schwächen zu verbessern. Tatsächlich ist jeder in der Familie glücklicher, wenn sich alle bemühen, Evangeliumsgrundsätze in ihrem Leben anzuwenden, um persönliche Beziehungen und die Familienbeziehungen zu verbessern.
In den vielen Jahren, in denen ich als professioneller Berater mit Ehepaaren und Familien gearbeitet habe, habe ich einige Grundsätze gelernt, die meiner Meinung nach dazu beitragen, dass eine Familie gut funktioniert. In diesem Artikel werden einige davon besprochen; vielleicht fallen Ihnen noch weitere ein. Wenn sie sich diese Grundsätze durchlesen, nehmen Sie sich einen Moment Zeit, um darüber nachzudenken, wie sie sie auf Ihre Familie beziehen können.
In einer gut funktionierenden Familie konzentrieren die Eltern ihre Energie darauf, ihre Kinder richtige Grundsätze zu lehren und ihnen zu erlauben, ihre Entscheidungsfreiheit auszuüben. Als Vater und als Großvater habe ich all meine Gedanken und meine Mühen darauf verwandt, so viel Liebe, Anleitung, Zeit, Sorge, Hilfe, Führung und Aufmerksamkeit wie möglich aufzubringen, um meine Kinder und Enkelkinder richtige Grundsätze zu lehren. Das heißt auch, ihnen klarzumachen, dass Entscheidungen sowohl gute als auch schlechte Konsequenzen haben.
Manchmal geraten wir als Eltern in die Rolle eines Chefs und versuchen unsere Kinder zu kontrollieren, weil wir ein von uns gewünschtes Ergebnis erwarten. Die Schwierigkeit dabei ist, dass Kinder sich gegen Zwang und Druck wehren, besonders, wenn sie älter werden. Wir sind dann erfolgreicher, wenn wir uns weniger wie ein Chef verhalten und mehr wie ein Trainer, ein Berater oder ein Vorbild. Das bedeutet, dass wir unseren Kindern richtige Grundsätze beibringen und ihnen dann, wenn ihre Reife und Erfahrung es erlauben, mehr Freiraum geben, um Entscheidungen zu treffen und die Folgen zu tragen.
In einer gut funktionierenden Familie stärken die Eltern ihre Kinder bewusst. Das bedeutet, dass Sie regelmäßig und im Stillen über die Bedürfnisse eines jeden Kindes nachdenken und sie den allgemeinen Bedürfnissen der Familie gegenüberstellen. Viele von uns sind nur damit beschäftigt, auf die Herausforderungen des Lebens zu reagieren. Volle Terminkalender und die Anforderungen des täglichen Lebens können es erschweren, dass Sie bewusst entscheiden, wie Sie Ihr Leben einrichten wollen und wie Sie auf die Bedürfnisse und Ansprüche Ihrer Familie eingehen sollen. Das bedeutet, dass nicht Sie selbst, sondern die Umstände, andere Menschen oder alte Gewohnheiten am Ende darüber bestimmen, wie Sie in einer Situation reagieren. Natürlich gerät man durch solche Reaktionen oft in unangenehme Situationen, in denen man sich nicht von der besten Seite zeigt.
Eine der besten Möglichkeiten, wie Eltern ihre Familie stärken können, ist, jede Woche eine Zeit festzusetzen, in der darüber gesprochen wird, wie es der Familie geht. Ich nenne es „Familienbesprechung“. Wenn Sie diese Familienbesprechung einrichten, dann verpflichten Sie und Ihr Ehepartner sich dazu, regelmäßig über die Bedürfnisse Ihrer Familie nachzudenken. Sie schaffen damit auch Zeit zu überlegen, was Sie und Ihre Familie ändern müssen. Wenn Sie alleinerziehend sind, dann können Sie jede Woche eine Zeit festlegen, in der Sie über Ihre Kinder nachdenken und beten.
Sich bewusst auf Ihre Familie zu konzentrieren bedeutet auch, dass Sie darüber nachdenken, welche Auswirkungen das, was Sie Ihren Kindern sagen oder nicht sagen, hat. Schon von der Geburt Ihrer Kinder an senden Sie als Eltern ihnen Signale, was Sie für sie empfinden. Zu diesen Signalen gehören Ihre Worte, Ihre Taten und Ihre Einstellung, ob Sie das beabsichtigen oder nicht. Alle diese Signale prägen das Selbstbild Ihrer Kinder.
Ein unbeabsichtigtes, aber oft schädliches Signal wäre beispielsweise, ein Kind zu ignorieren oder ungeduldig mit ihm zu sein. Wenn Sie zu beschäftigt sind, um Zeit mit Ihrem Sohn oder Ihrer Tochter zu verbringen, dann senden Sie vielleicht das Signal aus: „Du bist mir nicht sehr wichtig.“ Aber denken Sie daran: Manchmal können Sie nichts daran ändern, dass Sie beschäftigt sind – also machen Sie sich nicht allzu verrückt deswegen. Denken Sie einfach daran, dass es wichtig ist, bewusst positive Signale auszusenden, um Ihre Kinder aufzubauen, und werten Sie immer wieder einmal die Signale aus, die Sie senden, damit Sie gegebenenfalls etwas ändern können.
Welche Signale möchten Sie ihren Kindern bewusst senden? Möchten Sie sie wissen lassen, dass Sie sie lieben und an sie denken? Wenn Sie es sich im Voraus vornehmen, können Sie oft positive Signale aussenden, auch wenn es schwierig zu sein scheint. Ein Beispiel: Nehmen wir an, Sie müssen jeden Tag zur Arbeit, bevor Ihre Kinder aufwachen. Überlegen Sie, wie überrascht und glücklich Ihr Kind wäre, wenn Sie einen kleinen bunten Zettel an das Fußende seines Bettes kleben, sodass dieser Zettel das Erste ist, was Ihr Kind beim Aufwachen sieht. Auf dem Zettel könnte etwa stehen: „Hallo! Papa hat dich lieb! Wir sehen uns beim Abendessen. Wenn ich heimkomme, spielen wir miteinander!“ Ein solches Signal kann eine anhaltende, machtvolle positive Wirkung haben.
In einer gut funktionierenden Familie sind Beziehungen von größter Bedeutung. Man tut gut daran, regelmäßig zu prüfen, wie der Zustand jeder Beziehung in der Familie ist. Sie wissen nie, ob ein Kind nicht vielleicht ein ganz konkretes, nicht erfülltes Bedürfnis hat, über das es aus irgendeinem Grund nie mit Ihnen gesprochen hat. Wenn Sie aufmerksam zuhören und für den Geist empfänglich sind, können Sie leichter wahrnehmen, wie es Ihren Kindern geht und was ihre Bedürfnisse sind.
Natürlich wirft das eine Frage auf: Wenn Sie feststellen, dass jemand in Ihrer Familie in der Beziehung zu Ihnen oder einem anderen Hilfe braucht, wie können Sie da etwas verbessern? Ich habe die Erfahrung gemacht, dass eine Beziehung normalerweise nicht zufällig besser wird, sondern nur dann, wenn wir diesem Ziel höchste Aufmerksamkeit widmen.
Versuchen Sie ganz offenkundig, Zeit in die Beziehung zu investieren. Vielleicht hilft Ihnen einiges von dem weiter, was ich ausprobiert habe: Reden Sie miteinander, spielen Sie miteinander, verbringen Sie Zeit zu zweit, schreiben Sie Briefe, Karten oder kleine Zettel, um Ihre Zuneigung auszudrücken, machen Sie Komplimente, tun Sie etwas Lustiges oder Unerwartetes, sagen Sie: „Ich hab dich lieb“, hören Sie dem anderen zu, bitten Sie ihn, Ihnen bei einem Projekt zu helfen, sprechen Sie über Ihre Gefühle. All das erfordert, dass Sie sich persönlich mit dem befassen, was der andere tut. Sprechen Sie dann mit Ihrem Ehepartner bei der Familienbesprechung über Ihre Bemühungen. Sie werden vielleicht überrascht sein, wie weitreichend Ihr positiver Einfluss sein kann.
In einer gut funktionierenden Familie sind die Eltern aktive Lehrer. Ein ausgezeichnetes Beispiel von Eltern, die gute Lehrer waren, sind Adam und Eva. Zum Beispiel: „Adam und Eva … taten alles ihren Söhnen und ihren Töchtern kund.“ (Mose 5:12.) Sie lehrten ihre Kinder Grundsätze des Evangeliums – wie den Erlösungsplan – und wie wichtig es ist, die Gebote zu halten, und welche Segnungen daraus resultieren. Auch wir haben diese Verantwortung. Wir müssen unsere Kinder nicht nur Fertigkeiten lehren, die sie im Leben brauchen, sondern auch das Evangelium. Wenn wir die geistige Erziehung unserer Kinder dem Zufall überlassen oder jemand anderem, gehen wir das Risiko ein, dass sie nicht das lernen, was ihnen das wahre Glück bringt.
Das heißt, dass wir überlegen müssen, was wir lehren und wie wir lehren. Sie könnten zum Beispiel bei der Familienbesprechung fragen: „Was wollen wir unsere Kinder in den nächsten paar Monaten lehren? Wie, wann und wo wollen wir das tun?“ Vielleicht schreiben Sie die Antworten als Familienziele auf und hängen sie gut sichtbar auf, damit Sie daran denken. Dann machen Sie Ihre Ziele wahr.
Was könnten Sie sonst noch lehren? Alles, was Ihre Kinder Ihrer Meinung nach lernen sollten. Zu den Themen gehören Höflichkeit, Ehrlichkeit, Gebet, Schriftstudium, Finanzen und wie man schuldenfrei wird, gegenseitiger Respekt in der Familie, wie man seine Zeit sinnvoll nutzt, wie man mit Zorn umgeht, wie wichtig eine Ausbildung ist und die Notwendigkeit, dass jeder zuhause seine Aufgaben erfüllt.
Erfolgreich gelehrt wird auch außerhalb der üblichen, formalen Lehrsituationen. Indirekt lehren Sie dann, wenn Sie lehren, ohne Worte zu verwenden. Sie müssen nicht einmal anwesend sein, wenn das „Lehren“ stattfindet! Zum Beispiel: Ich hänge Bilder auf, die für Eigenschaften stehen, über die meine Kinder nachdenken sollen, wie etwa ein Bild von Pionieren unterwegs in einem Schneesturm, um zu zeigen, dass man nicht aufgibt, wenn es schwierig wird. Wir haben auch 29 Porträts unserer Enkelkinder auf dem Kaminsims unseres Wohnzimmers stehen. Obwohl wir diese Bilder nicht beschriftet haben, sind sie oft Gesprächsgegenstand. Niemand kann sie übersehen. Die Bilder senden das Signal aus, dass unsere Enkelkinder ein wichtiger Teil unserer Familie sind.
In einer gut funktionierenden Familie lehren Eltern durch ihr Beispiel. Kinder passen immer auf und beobachten unser Verhalten, ob wir es merken oder nicht. In meiner Rolle als Vater überdenke ich regelmäßig mein Verhalten und frage mich: „Kann ich meinen Kindern empfehlen, sowohl in der Öffentlichkeit als auch privat meinem Beispiel zu folgen?“ Wenn die Antwort nein ist, muss ich etwas ändern.
Hier sind einige Fragen, die ich mir gestellt habe:
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Möchte ich, dass meine Kinder geduldig sind? Ja, deshalb versuche ich so geduldig mit ihnen zu sein, wie ich kann.
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Möchte ich, dass meine Kinder entspannt sind, Spaß haben und das Leben genießen können? Ja, weil ich glaube, dass diese Eigenschaften notwendig sind, um gesunde und glückliche Beziehungen aufzubauen. Ich versuche so oft ich kann, Spaß mit meinen Kindern zu haben.
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Möchte ich, dass meine Kinder die heiligen Schriften und gute Bücher lesen? Ja, deshalb sorge ich dafür, dass sie mich lesen sehen, und ich lese ihnen vor.
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Möchte ich, dass meinen Kindern etwas an Familienbeziehungen liegt? Ja, deshalb küsse und umarme ich sie, lächle sie an, höre ihnen zu, spiele mit ihnen und erzähle ihnen persönliche Erlebnisse.
Denken Sie daran, dass unsere Kinder von ihren Eltern erwarten, dass sie Beispiel geben; dass sie jemand sind, der sowohl in persönlichen als auch in geistigen Belangen ganz klar die Richtung kennt. Wir als Eltern müssen so leben, dass wir immer würdig sind, die Führung des Heiligen Geistes zu haben, besonders dann, wenn schwierige Zeiten kommen.
Schließlich lehren Eltern in einer gut funktionierenden Familie ihre Kinder, an den Vater im Himmel und an den Herrn Jesus Christus zu glauben. Dieser Glaube errichtet ein sicheres und solides Fundament für das Familienleben, das auf keine andere Weise erreicht werden kann. Das ist auch ein Gebot unseres Vaters im Himmel. In Bezug auf unsere Pflicht unseren Kindern gegenüber sagte König Benjamin: „Ihr werdet sie vielmehr lehren, auf den Wegen der Wahrheit und Ernsthaftigkeit zu wandeln; ihr werdet sie lehren, einander zu lieben und einander zu dienen.“ (Mosia 4:15.)
Vielleicht ist das Wichtigste, was wir im Leben tun werden, unsere Familie zu lehren, Glauben an Jesus Christus und seine Lehren zu haben und die Gebote zu halten. In der Proklamation zur Familie lesen wir: „Ein glückliches Familienleben kann am ehesten erreicht werden, wenn die Lehren des Herrn Jesus Christus seine Grundlage sind.“1 Lehren Sie Ihre Kinder richtige Grundsätze durch Ihr Wort, Ihr Beispiel und durch den Geist, wenn Sie ihnen Zeugnis geben.
Vergessen Sie nicht, mit sich selbst und mit den Mitgliedern Ihrer Familie geduldig zu sein. Beziehungen werden normalerweise schrittweise besser, nicht über Nacht. Sie zu stärken erfordert Zeit und Mühe. Wenn Sie sich jedoch darum bemühen, auf der Grundlage der Lehren unseres himmlischen Vaters und Jesu Christi und des wiederhergestellten Evangeliums eine gut funktionierende Familie zu haben, dann bieten Sie Ihrer Familie die beste Möglichkeit, enger zusammenzuwachsen und sich allen Herausforderungen mit mehr Harmonie und Freude zu stellen.