„Drei Könige
Zu jeder Darstellung der Weihnachtsgeschichte gehören traditionell auch die drei Weisen aus dem Morgenland, aber was wissen wir eigentlich über sie?
Habt ihr euch beim Betrachten einer Weihnachtskrippe schon einmal gefragt, wer die drei prächtig gekleideten Männer sind, die dem Christuskind ihre Gaben bringen? Wir wissen natürlich, dass sie die drei Weisen aus dem Morgenland darstellen, aber wer waren sie eigentlich? Warum besuchten sie Jesus, und warum brachten sie ihm so ungewöhnliche Gaben?
Im Bericht über die Geburt Jesu im Neuen Testament erfahren wir nur sehr wenig über die Weisen oder Sterndeuter (siehe Matthäus 2). Da ihr Besuch aber so bedeutend war, hat sich die Wissenschaft über die Jahrhunderte hinweg darum bemüht, weitere Erkenntnis darüber zu gewinnen, wer sie waren und warum sie das Christuskind besuchten. Diese Nachforschungen haben zwar einige Einzelheiten zutage gebracht, aber die meisten traditionellen Ansichten der Christen über die Weisen beruhen eher auf Mythen und Spekulation als auf historischen Tatsachen.
Das wissen wir:
Wie viele Männer waren es?
Traditionell glaubt man, dass drei Männer das Christuskind besuchten. Diese Ansicht rührt daher, dass drei Geschenke überreicht wurden, nämlich Gold, Weihrauch und Myrrhe. Man nimmt an, dass jeder ein Geschenk brachte. Manche Wissenschaftler gehen aber davon aus, dass es vielleicht viel mehr Männer waren, möglicherweise bis zu zwölf.1 Im „Bible Dictionary“ steht, dass die Sterndeuter ja im Grunde Zeugen der Geburt Christi waren und es daher mindestens zwei oder drei waren (siehe Deuteronomium 19:15; 2 Korinther 13:1; LuB 6:28).2
Die Ansicht, dass die Sterndeuter Könige waren, rührt von Schriftstellen im Alten Testament her, wo vorausgesagt wird, dass Könige den Herrn besuchen würden. In Jesaja 49:7 heißt es: „Könige werden es sehen und sich erheben“, und in Jesaja 60:10 steht: „Ihre Könige stehen in deinem Dienst.“ (Siehe auch Psalm 72:10.)
Wissenschaftler haben weitere Aufzeichnungen entdeckt, in denen von Königen die Rede ist. Die Schriften von Marco Polo aus dem 13. Jahrhundert enthalten einen Bericht aus der Stadt Saba in Persien über drei Könige, die Gold, Weihrauch und Myrrhe mitnahmen, als sie sich aufmachten, einen neugeborenen Propheten zu besuchen. Gemäß Marco Polos Bericht hießen die Männer Kaspar, Melchior und Balthasar, und so werden die Weisen auch heute gemeinhin genannt.3
Ursprung des Begriffs die Weisen
Die ursprüngliche Bezeichnung für die Weisen oder Sterndeuter war das griechische Wort magoi. Magoi, also Magier, kommt ursprünglich aus dem Persischen und bezeichnet Priester einer alten persischen Religion. Aufgrund dieser Bedeutung des Wortes magoi gehen manche Wissenschaftler davon aus, dass die Weisen wohl Priester einer persischen Sekte waren. Elder Bruce R. McConkie (1915–1985) vom Kollegium der Zwölf Apostel erklärte aber in seinem Buch Doctrinal New Testament Commentary: „Es ist wahrscheinlich falsch, anzunehmen, dass sie dem abtrünnigen Kult der Magoi in Persien und Medien angehörten. Sie scheinen vielmehr wahre Propheten gewesen zu sein, rechtschaffene Menschen wie Simeon, Hanna und die Hirten, denen Gott offenbarte, dass der verheißene Messias geboren worden war.“4
Aus dem Morgenland?
Kamen die Weisen aus dem Morgenland oder Orient, wie es in einem englischen Weihnachtslied heißt, wo von drei Königen aus dem Orient die Rede ist?5 Der Verfasser des Liedes verwendete wohl den Begriff Orient anstelle des Wortes Osten, das im Matthäus-Evangelium steht. Alles, was östlich von Palästina lag, galt als exotisch und wurde als Orient bezeichnet. Matthäus’ allgemeine Bezeichnung „Osten“ könnte einfach bedeuten, dass niemand sicher wusste, woher die Sterndeuter kamen.6
Manche Wissenschaftler führen Psalm 72:10 als Beweis dafür an, dass die Männer aus dem heutigen Spanien, Äthiopien und Saudi-Arabien kamen: „Die Könige von Tarschisch und von den Inseln bringen Geschenke, die Könige von Saba und Seba kommen mit Gaben.“ Andere nehmen an, dass die Weisen aus Persien (dem heutigen Iran) kamen und möglicherweise Juden waren, weil damals viele Menschen jüdischer Abstammung dort lebten.7
Wann fand der Besuch statt?
In künstlerischen Darstellungen der Geburt Jesu beten die Weisen meist ein Neugeborenes an, als ob sie kurz nach der Geburt Jesu gekommen wären. Aus den heiligen Schriften geht aber hervor, dass sie nicht zu der Zeit kamen, als Jesus im Stall geboren wurde. „Sie gingen in das Haus und sahen das Kind und Maria, seine Mutter; da fielen sie nieder und huldigten ihm. Dann … brachten [sie] ihm Gold, Weihrauch und Myrrhe als Gaben dar.“ (Matthäus 2:11.)
Die Gaben
Warum brachten die Sterndeuter Jesus solche außergewöhnlichen Gaben? Die meisten Wissenschaftler stimmen darin überein, dass die Gaben von symbolischer Bedeutung waren. Das Gold symbolisierte Jesu Königswürde, der Weihrauch seine Göttlichkeit und die Myrrhe sein Leiden und seinen Tod. Myrrhe wurde verwendet, um einen Leichnam vor dem Begräbnis einzubalsamieren.8
Von Gott gewarnt
Als Herodes die Sterndeuter nach Betlehem schickte, sagte er zu ihnen: „Wenn ihr [das Kind] gefunden habt, berichtet mir, damit auch ich hingehe und ihm huldige.“ (Matthäus 2:8.) Doch laut Matthäus gebot Gott ihnen „im Traum …, nicht zu Herodes zurückzukehren“, deshalb vermieden sie, nachdem sie das Christuskind gefunden hatten, eine Begegnung mit Herodes und zogen „auf einem anderen Weg heim in ihr Land“ (Matthäus 2:12). Herodes war zornig – nicht nur, weil die Sterndeuter seinen Befehl missachtet hatten, sondern weil es nun offenbar in Betlehem ein Kind gab, das eines Tages über das Land herrschen sollte.
Im Auftrag des Herrn
Im „Bible Dictionary“ werden unsere Ansichten über die Weisen treffend zusammengefasst: „Sie waren rechtschaffene Männer, die gesandt wurden, um die Gegenwart des Sohnes Gottes auf der Erde zu bezeugen. … Vermutlich waren sie Gesandte eines Zweiges des Volkes des Herrn irgendwo östlich von Palästina, die, vom Geist geführt, gekommen waren, um den Sohn Gottes zu sehen, und die zu ihrem Volk zurückkehrten, um Zeugnis zu geben, dass der König Immanuel wahrhaftig im Fleisch geboren war.“9