Auf die Weise des Erretters lehren
Freude am Lernen
Wenn wir hingebungsvollere Lernende werden, erfahren wir die göttliche Freude, die man empfängt, wenn man das Evangelium Jesu Christi lernt und lebt.
Es gab einmal einen Mann, der als größter Faulenzer der Stadt bekannt war. Er war nicht gewillt zu arbeiten und wollte sich auch keine Arbeit suchen. Er lebte einfach von den Anstrengungen anderer. Irgendwann hatten die Bewohner der Stadt genug davon. Sie beschlossen, ihn aus der Stadt zu schaffen und zu verbannen. Einer der Stadtbewohner brachte ihn auf einem Wagen zum Stadtrand. Da überkam ihn Mitleid. Vielleicht sollte man dem Verbannten noch eine Chance geben. Deshalb fragte er ihn: „Möchtest du ein Scheffel Mais, um irgendwo neu anzufangen?“
Der Verbannte gab zurück: „Ist der Mais denn schon geschält?“1
Lehrer und Lernende müssen in gleichem Maße einen Beitrag leisten
Manche sind Müßiggänger, was die heiligen Schriften anbelangt: Sie wollen, dass man ihnen die Schriften mundgerecht serviert. Sie wollen das Evangelium wie ein unterhaltsames Hörbuch oder eine Reihe von Videoclips aufbereitet haben. Der Sonntagsschullehrer soll den Unterricht vorbereiten und sie häppchenweise damit füttern, sodass sie sich nur dürftig vorbereiten oder kaum mitarbeiten müssen.
Im Gegensatz dazu forderte der Erretter seine Zuhörer einmal auf, nach Hause zu gehen, als sie seine Worte nicht verstehen konnten. Er gebot ihnen zu beten, nachzudenken und ihren Sinn für den darauffolgenden Tag bereitzumachen, an dem er abermals zu ihnen kommen wollte (siehe 3 Nephi 17:2,3).
Daraus lernen wir, dass nicht nur der Lehrer die Aufgabe hat, sich vorzubereiten, sondern auch der Lernende. Der Lehrer muss dafür Sorge tragen, dass er mit dem Geist lehrt. Ebenso kommt es dem Lernenden zu, mit dem Geist zu lernen (siehe LuB 50:13-21).
Im Buch Mormon wird berichtet: „Der Prediger war nicht besser als der Hörer, und der Lehrer war um nichts besser als der Lernende; und so waren sie alle gleich.“ (Alma 1:26; Hervorhebung hinzugefügt.)
Hier sind einige Vorschläge, wie wir unseren Teil dazu beitragen können, das Evangelium zu lernen und zu leben, und die damit einhergehende Freude erleben können.
Das Lernen zu Hause
Vertiefen Sie sich in die heiligen Schriften
Jedes Mitglied der Kirche ist selbst dafür verantwortlich, das Evangelium zu lernen. Wir können diese Verantwortung niemand anderem übertragen. Am meisten lernen wir durch regelmäßiges Schriftstudium. Präsident Harold B. Lee (1899–1973) hat erklärt: „Wenn wir nicht täglich in den heiligen Schriften lesen, wird unser Zeugnis schwächer.“2 Der Apostel Paulus sagte über die Juden in Beröa: „Diese waren freundlicher als die in Thessalonich; mit großer Bereitschaft nahmen sie das Wort auf.“ Als Grund für diese Aufnahmebereitschaft führte er an: „[Sie] forschten Tag für Tag in den Schriften nach.“ (Apostelgeschichte 17:11; Hervorhebung hinzugefügt.)
Das tägliche Schriftstudium ist ein wesentlicher Bestandteil unserer Geistigkeit. Nichts kann sein Fehlen in unserem Tagesablauf vollständig aufwiegen. Daher sollte das Schriftstudium fest eingeplant sein. Man sollte es nicht nur tun, wenn Zeit übrig ist.
Manch einer meint vielleicht: „Ich habe aber bei meinen vielen anderen Verpflichtungen keine Zeit, jeden Tag die heiligen Schriften zu studieren.“ Diese Aussage erinnert an eine Geschichte über zwei Holzfäller. Die beiden wollten sehen, wer von ihnen mehr Bäume am Tag fällen konnte. Bei Sonnenaufgang ging der Wettstreit los. Der kleinere Mann ging jede Stunde einmal für ungefähr zehn Minuten in den Wald. Jedes Mal, wenn er das tat, lachte und nickte der Gegner. Dieser war sich sicher, dass er besser vorankam. Der größere Mann rührte sich nicht von der Stelle, fällte ununterbrochen Bäume und machte keine einzige Pause.
Am Ende des Tages fand der größere Mann zu seinem Erstaunen heraus, dass sein Gegner, der scheinbar so viel Zeit verschwendet hatte, viel mehr Bäume gefällt hatte. „Wie hast du das bei so vielen Pausen bloß geschafft?“, fragte er.
Der Gewinner antwortete: „Ach, ich hab in der Zeit meine Axt geschärft.“
Jedes Mal, wenn wir in den heiligen Schriften forschen, schärfen wir in geistiger Hinsicht unsere Axt. Das Wunder daran ist, dass wir dann den Rest unserer Zeit vernünftiger nutzen können.
Bereiten Sie sich vor
Umfragen haben ergeben, dass nur eine Minderheit der Mitglieder der Kirche die Passagen in den heiligen Schriften im Voraus liest, die in den Klassen am Sonntag besprochen werden. Jeder von uns kann dazu beitragen, dass sich dies ändert. Wir können unseren Beitrag als Lernende leisten, wenn wir besser vorbereitet zum Unterricht kommen, die Passagen gelesen haben und bereit sind, unsere Gedanken zu äußern. Unsere Vorbereitung kann eine geistige Gabe sein, an der wir alle Unterrichtsteilnehmer teilhaben lassen können.
Das Lernen im Unterricht
Arbeiten Sie im Unterricht mit
Das Gebot, den Mund aufzutun (siehe LuB 60:2,3), bezieht sich nicht nur auf die Missionsarbeit, sondern auch auf den Unterricht. Wenn wir mitarbeiten, laden wir den Geist ein, der dann bezeugen kann, dass das Gesagte wahr ist, und unsere Erkenntnis noch erweitern kann. Außerdem führt unsere Mitarbeit vielleicht dazu, dass jemand anders Inspiration empfängt, und spornt ihn an, auch etwas zu sagen.
So nutzen wir die Lehrmethode, die der Herr uns nahegelegt hat: „Lasst immer nur einen reden, und lasst alle seinen Worten zuhören, sodass, wenn alle geredet haben, alle durch alle erbaut worden sein mögen.“ (LuB 88:122; Hervorhebung hinzugefügt.) Manchmal fällt es uns nicht leicht, im Unterricht mitzuarbeiten. Wir müssen dafür über unseren Schatten springen. Aber wenn uns das gelingt, können alle in der Klasse dazulernen.
Schreiben Sie Eindrücke auf
Eine Zeit lang habe ich immer leere Karteikärtchen zur Kirche mitgenommen und auf Erkenntnisse über die Lehre und geistig wertvolle Eindrücke geachtet, die ich aufschreiben könnte. Ich kann ehrlich sagen, dass ich reich belohnt worden bin. Diese Herangehensweise hat meine Perspektive verändert; ich konzentriere mich jetzt besser auf das Lernen, lerne schneller und freue mich mehr auf die Kirche.
Warum ist es so wichtig, geistige Erlebnisse, die wir in der Kirche oder anderswo haben, aufzuschreiben? Nehmen wir einmal an, eine Mutter spricht mit ihrem minderjährigen Sohn. Mitten im Gespräch sagt er: „Mama, das ist ein wirklich guter Rat.“ Dann zückt er ein Notizbuch und schreibt auf, was für Eindrücke er während des Gesprächs hatte. Würde die überraschte Mutter, nachdem sie sich wieder gefangen hat, ihrem Sohn nicht noch mehr gute Ratschläge geben wollen?
Zweifelsohne ist das auch bei Ratschlägen von unserem himmlischen Vater so. Wenn wir die Eingebungen, die wir von ihm empfangen, aufschreiben, gibt er uns sehr wahrscheinlich noch mehr Offenbarung. Außerdem erscheinen uns manche Eingebungen vielleicht anfänglich nur wie ein einfacher Gedanke, ein klitzekleiner Same, aber wenn wir ihn nähren und darüber nachdenken, können sie in geistiger Hinsicht zu großen Bäumen heranwachsen.
Der Prophet Joseph Smith hat erklärt, warum es so wichtig ist, Erkenntnisse und Eindrücke aufzuschreiben: „Wenn man über wichtige Fragen sprechen möchte, diese aber nicht aufschreibt, dann zieht sich womöglich der Geist zurück, weil man es versäumt hat, sie niederzuschreiben, als Gott sie einem offenbart hat. Man hat sie vielleicht nicht als wertvoll genug erachtet. Vielleicht gibt oder gab es reiche Erkenntnis von unendlicher Bedeutung, die jetzt verloren ist.“3
Freude am Lernen
Lernen ist nicht nur eine Pflicht, die Gott uns aufgetragen hat. Es soll uns auch unbeschreibliche Freude bereiten.
Dem Archimedes, einem Mathematiker der Antike, wurde einmal von seinem König aufgetragen, herauszufinden, ob dessen neue Krone aus purem Gold bestand oder ob der Goldschmied unehrlich gewesen war und dem Gold etwas Silber beigefügt hatte. Archimedes dachte über eine Lösung nach, die er schließlich auch fand. Darüber war er überglücklich. Der Legende nach lief er vor Freude durch die Stadt und rief laut: „Heureka! Heureka!“, was so viel bedeutet wie: „Ich hab’s gefunden! Ich hab’s gefunden!“
Wie groß seine Freude über diese wissenschaftliche Entdeckung auch gewesen sein mag, wir können noch viel größere Freude empfinden, wenn wir die Wahrheiten des Evangeliums Jesu Christi erkennen. Diese Wahrheiten vermitteln uns nicht nur Wissen, sie bringen uns auch Errettung. Deshalb hat der Heiland gesagt: „Dies habe ich euch gesagt, … damit eure Freude vollkommen wird.“ (Johannes 15:11.) Und aus diesem Grund „jubelten alle Gottessöhne“ (Ijob 38:7), als sie vom Erlösungsplan erfuhren. Wie es in der Natur von Samen liegt, dass sie wachsen können, liegt es in der Natur der Evangeliumswahrheiten, dass sie uns Freude schenken.
Es ist nicht nur ein Gebot Gottes, nach Wissen zu trachten (siehe LuB 88:118), sondern auch ein göttliches Bestreben. Jedes Mal, wenn wir die heiligen Schriften erforschen, besser vorbereitet zum Unterricht kommen, uns am Unterrichtsgespräch beteiligen, Fragen stellen und heilige Eindrücke aufschreiben, werden wir Gott ähnlicher und damit fähiger, die Freude zu verspüren, die er verspürt.
Mögen wir uns alle bemühen, hingebungsvollere Lernende zu werden – Lernende, wie Gott sie sich wünscht –, und zwar zu Hause, im Unterricht und wo wir auch sein mögen. Wenn wir dies tun, werden wir die außerordentliche Freude empfinden, die man empfängt, wenn man das Evangelium Jesu Christi lernt und lebt.