Botschaft von der Ersten Präsidentschaft
Der Lohn für gutes Ausharren
Als junger Mann war ich in der Kirche Ratgeber eines weisen Distriktspräsidenten. Er war immer darum bemüht, mir etwas beizubringen. Ich erinnere mich noch an den Ratschlag, den er mir einmal gab: „Wenn du jemandem begegnest, behandle ihn so, als ob er in ernsten Schwierigkeiten stecke, und du wirst damit bei mehr als der Hälfte der Menschen richtig liegen.“ Damals hielt ich ihn für pessimistisch. Heute, über fünfzig Jahre später, ist mir klar, wie gut er die Welt und das Leben verstand.
Wir alle müssen Prüfungen durchmachen, manchmal sehr schwierige. Wir wissen, dass der Herr es zulässt, dass wir geprüft werden, denn so werden wir geschliffen und vervollkommnet, damit wir für immer bei ihm sein können.
Der Herr erklärte dem Propheten Joseph Smith im Gefängnis zu Liberty, dieser werde für gutes Ausharren in seinen Prüfungen mit einem Anrecht auf ewiges Leben belohnt:
„Mein Sohn, Friede sei deiner Seele; dein Ungemach und deine Bedrängnisse werden nur einen kleinen Augenblick dauern, und dann,
wenn du gut darin ausharrst, wird Gott dich in der Höhe erhöhen; du wirst über alle deine Feinde triumphieren.“ (LuB 121:7,8.)
Im Laufe des Lebens stürzt so vieles auf uns ein, dass uns gutes Ausharren sehr schwer erscheinen mag. So mag es für eine von Ernteerträgen abhängige Familie schwierig sein, wenn der Regen ausbleibt. Vielleicht fragt sie sich, wie lange sie überhaupt noch durchhalten kann. Für einen Jugendlichen mag es schwierig sein, der wachsenden Flut an Schmutz und Versuchungen zu widerstehen. Für einen jungen Mann mag es schwierig sein, sich die für eine gute Arbeitsstelle nötige Bildung anzueignen, um Frau und Kinder ernähren zu können. Es mag schwierig sein, wenn man keine Arbeit findet oder eine Arbeitsstelle nach der anderen verliert, weil Firmen schließen. Es mag schwierig sein, wenn man miterlebt, wie Gesundheit und Körperkräfte bei einem selbst oder bei seinen Lieben schon früh oder auch erst später im Leben nachlassen.
Aber ein liebevoller Gott stellt uns nicht vor solche Prüfungen, nur um zu sehen, ob wir Schwierigkeiten ertragen können. Es geht ihm vielmehr darum, ob wir sie gut ertragen können, denn dann werden wir geschliffen.
Die Erste Präsidentschaft unterwies Elder Parley P. Pratt (1807–1857), als dieser in das Kollegium der Zwölf Apostel berufen wurde: „Du hast dich in den Dienst einer Sache gestellt, die deine ganze Aufmerksamkeit erfordert. … Werde ein geschliffenes Werkzeug. … Du musst viel Schweres, viel Mühsal und viele Entbehrungen erdulden, bis du ein vollkommen geschliffenes Werkzeug bist. … Das verlangt dein Vater im Himmel von dir. Das Feld gehört ihm; die Arbeit ist sein, und er wird dich aufmuntern und erheben.“1
Im Brief an die Hebräer spricht Paulus von der Frucht guten Ausharrens: „Jede Züchtigung scheint zwar für den Augenblick nicht Freude zu bringen, sondern Schmerz; später aber schenkt sie denen, die durch diese Schule gegangen sind, als Frucht den Frieden und die Gerechtigkeit.“ (Hebräer 12:11.)
Unsere Prüfungen und Schwierigkeiten machen es möglich, dass wir lernen und wachsen, sie können sogar unser Wesen verändern. Wenn es uns gelingt, uns in der äußersten Not dem Erretter zuzuwenden, kann unsere Seele beim Ausharren geschliffen werden.
Deshalb müssen wir zuallererst daran denken, immer zu beten (siehe LuB 10:5; Alma 34:19-29).
Zweitens müssen wir uns stets bemühen, die Gebote zu halten, ganz gleich, welchen Widerständen, welcher Versuchung oder welchem Aufruhr wir ausgesetzt sind (siehe Mosia 4:30).
Und drittens ist es auch ganz entscheidend, dass wir dem Herrn dienen (siehe LuB 4:2; 20:31).
Wenn wir im Dienst des Meisters stehen, lernen wir ihn kennen und lieben. Wenn wir im Gebet und im treuen Dienst ausharren, können wir die Hand des Heilands und den Einfluss des Heiligen Geistes in unserem Leben erkennen. Viele von uns haben eine Zeit lang einen solchen Dienst erfüllt und verspürt, wie der Geist bei uns war. Wenn Sie an diese Zeit zurückdenken, wird Ihnen bewusst, dass Sie sich geändert haben. Die Versuchung, Böses zu tun, scheint nachgelassen zu haben. Das Bedürfnis, Gutes zu tun, hat zugenommen. Vielleicht hat jemand, der Sie sehr gut kennt und der Sie schätzt, gesagt: „Du bist freundlicher und geduldiger geworden. Du scheinst nicht mehr derselbe zu sein.“
Sie sind ja auch nicht mehr derselbe. Das Sühnopfer Jesu Christi hat Sie verändert, weil Sie sich in der Zeit, als Sie geprüft wurden, auf Christus gestützt haben.
Ich verheiße Ihnen, dass der Herr Ihnen bei Ihren Prüfungen zur Hilfe eilt, wenn Sie ihn suchen und ihm dienen. Ihre Seele wird dabei geschliffen. Ich fordere Sie auf, in all Ihren Widrigkeiten Ihr Vertrauen in den Herrn zu setzen.
Ich weiß, dass Gottvater lebt und dass er all unsere Gebete hört und erhört. Ich weiß, dass sein Sohn Jesus Christus für all unsere Sünden bezahlt hat und möchte, dass wir zu ihm kommen. Ich weiß, dass der Vater und der Sohn über uns wachen und einen Weg für uns bereitet haben, wie wir gut ausharren und nach Hause zurückkehren können.