Junge Erwachsene
Zweifel? Haltet die Tür zumGlauben offen!
Auch wenn wir manchmal an unseren geistigen Erfahrungen zweifeln, lässt sich die Gewissheit doch zurückgewinnen.
Die meisten Mitglieder der Kirche – ob sie in der Kirche aufgewachsen sind oder sich ihr erst später angeschlossen haben – kennen Phasen, in denen sie Zweifel und Fragen hatten. Vielleicht fragt sich manch einer, der sogar erstaunliche geistige Erlebnisse gehabt hat, irgendwann doch, ob diese Erlebnisse wirklich stattgefunden haben oder ob man es sich nur eingebildet hatte, den Geist zu verspüren. Was, wenn nichts davon wahr wäre? Was ist mit meinen Fragen, auf die ich noch keine Antwort bekommen habe? Wie kann ich in der Kirche bleiben, wenn ich nicht mehr sicher bin, dass sie wahr ist?
Überraschenderweise kamen diese Fragen bei mir nach meiner Mission auf! Ich war zuvor so sehr von der Wahrheit überzeugt gewesen, dass ich sie anderthalb Jahre lang verkünden wollte. Doch dann zweifelte ich an allem, was ich für wahr gehalten und gelehrt hatte. Was für eine Zeitverschwendung wäre es doch gewesen, wenn nichts davon wahr wäre! War es also die Wahrheit, die ich verkündet hatte? Oder hatte ich mir nur gewünscht, es wäre wahr? Als ich sah, dass Freunde die Kirche verließen, und ich selbst mit meinem Glauben zu ringen hatte, fragte ich mich, ob ich mir da wohl etwas vorgemacht hatte.
Obwohl ich gewichtige Fragen hatte, ging ich weiterhin in die Kirche und befolgte die Gebote. Ich versuchte, gerade weil ich Fragen hatte, den Rat von Präsident Russell M. Nelson zu befolgen und „[meine] geistige Fähigkeit, Offenbarung zu empfangen, auszubauen“1.
Ich wusste: „Nichts öffnet den Himmel schneller als eine Kombination aus vermehrter Reinheit, treuem Gehorsam, ernsthaftem Streben, täglichem Weiden an den Worten von Christus im Buch Mormon und einem regelmäßigen Termin, der für Tempelarbeit und Familienforschung reserviert ist.“2 Ich fühlte, dass es entscheidend war, Gott nahe zu bleiben. Schließlich war er der Einzige, der meine Fragen auch beantworten konnte.
Die Geschichte von Eunice
Eines Tages stieß ich in dem Buch Heilige: Die Geschichte der Kirche Jesu Christi in den Letzten Tagen auf eine bemerkenswerte Geschichte über eine Frau aus den Anfangstagen der Wiederherstellung. Sie hieß Eunice Franklin und schien die gleichen Fragen und Sorgen gehabt zu haben wie ich.
Eunice wurde in New York von einem Missionar namens Elijah Able getauft. Zu diesem Zeitpunkt war sie wirklich zum Evangelium bekehrt. Doch Elijah ging nach Kanada und missionierte dort weiter, und Eunice begann, am Evangelium zu zweifeln und das, was sie einst für wahr gehalten hatte, zu hinterfragen, zum Beispiel ob Joseph Smith ein wahrer Prophet und das Buch Mormon eine heilige Schrift und wahr sei. Sie verbrachte schlaflose Nächte und dachte, sie hätte sich vielleicht täuschen lassen.
Der Herr zeigte Elijah in einem Traum, wie sehr Eunice mit ihrem Glauben rang, worauf Elijah sofort nach New York zurückkehrte. Eunice war fassungslos, als er vor ihrer Tür stand. Sie hatte ihm eigentlich bei einem Wiedersehen sagen wollen, dass sie nicht mehr glaube. Doch nun bat sie ihn herein. Elijah lud sie zu seiner Predigt an jenem Abend ein, doch Eunice zögerte und wollte erst nicht zusagen. Aber dann gab sie sich einen Ruck, denn sie wollte hören, was er zu sagen hatte.
In seiner Predigt zitierte Elijah 1 Petrus 4:12: „Lasst euch durch die Feuersglut, die zu eurer Prüfung über euch gekommen ist, nicht verwirren.“ Die Feuersglut, mit welcher der Glaube von Eunice zerstört werden sollte, erlosch, denn als sie Elijah sprechen hörte, verflogen ihre Zweifel. In dem Buch Heilige ist das so formuliert: „Die frühere Gewissheit kehrte sofort zurück.“3
Die Gewissheit kehrt zurück
Was Eunice da erlebt hatte, beeindruckte mich, und ich dachte immer wieder darüber nach. Genau wie Eunice lernte ich aus den einfachen und doch kraftvollen Worten, die Elijah gesprochen hatte. Wir dürfen uns „nicht verwirren“ lassen, wenn wir Fragen zu unserem Glauben haben. Fragen sind völlig in Ordnung! Manchmal fällt die Wahrheit geradezu wie Regen vom Himmel, doch manchmal erleben wir auch eine geistige Dürreperiode. Dann fragen wir uns, ob wir das köstliche Nass jemals gespürt haben. Doch auch wenn keine Antwort oder Bestätigung kommt, können wir weiterhin um den Regen der Offenbarung beten. Wir können nach einem Zeugnis davon streben, dass das, was gestern wahr war, auch heute noch wahr ist. Elder Jeffrey R. Holland vom Kollegium der Zwölf Apostel hat einmal gesagt: „Es war richtig, als Sie darüber gebetet und darauf vertraut haben. Es ist auch jetzt richtig. … Stellen Sie sich Ihren Zweifeln. Besiegen Sie Ihre Ängste.“4
Als Eunice dem befreundeten Missionar trotz ihrer Zweifel die Tür öffnete, da öffnete sie auch wieder ihr Herz. Der Herr konnte Eunice wieder erreichen und ihr dazu verhelfen, eine Bestätigung von alledem zu verspüren, was sie zuvor als gewiss betrachtet hatte. Jeder von uns kann dem Glauben die Tür offen lassen, auch wenn er mit Zweifeln ringt. Wir können weiterhin das Richtige tun und nach Offenbarung streben, auch wenn wir uns nicht sicher sind, warum genau wir es tun.
Wir halten die Tür offen, indem wir weiterhin all das Kleine tun, von dem Gott uns sagt, es sei gut für unsere Seele. Wir halten den Sabbat heilig und besuchen die Versammlungen. Wir lesen in den heiligen Schriften, selbst wenn es manchmal nur ein Vers ist. Wir hören ein Kirchenlied oder eine Konferenzansprache. Wir sprechen mit dem Vater im Himmel über unsere Sorgen und Hoffnungen und bitten ihn, uns zu helfen, die Wahrheit zu erkennen. Wir halten die Gebote, kehren um und sind bestrebt, den Heiligen Geist bei uns zu haben.
Wenn wir nicht mehr tun können, als den Wunsch zu haben, glauben zu können, so können wir dennoch all die Kleinigkeiten tun und diesen Wunsch in uns wirken lassen. Wir können in unserem Herzen ein wenig Raum freihalten, sodass unser Glaube wachsen kann (siehe Alma 32:27).
Was ich weiß
Ich habe mitunter gegrübelt, geschwankt und gezaudert, aber ich habe immer wieder erfahren, dass dies die Kirche Christi ist. Joseph Smith mag ein unvollkommener Mensch gewesen sein, doch ich weiß, dass er ein inspirierter Prophet Gottes war, der alles geopfert und sein Bestes gegeben hat. Ich weiß auch, dass das Buch Mormon eine wahre alte Aufzeichnung und heilige Schrift ist, die genau für unsere Zeit heute aufbewahrt worden ist. Der Vater im Himmel bestätigt mir diese Wahrheiten weiterhin jeden Tag. Und ich bin froh, dass er diese Wahrheiten auch Eunice Franklin bestätigt hat.
Wenn wir unsere Tür und unser Herz für die Wahrheit offen halten, lässt Gott uns durch den Heiligen Geist spüren, was wirklich ist und was nicht. Solche geistigen Erlebnisse sind in diesem Moment dann unbestreitbar. Und wenn wir später mal bemerken, dass uns Zweifel beschleichen, können wir daran zurückdenken, wie uns einst zumute gewesen ist. Genau wie bei Eunice kann unsere Gewissheit in Bezug auf die Wahrheiten des Evangeliums zurückkehren.
Wenn wir an unseren geistigen Erfahrungen festhalten, müssen wir nicht allzu lange in der Dürre des Zweifels leben. Elder Neil L. Andersen vom Kollegium der Zwölf Apostel rät: „Bewahren Sie Ihre heiligen Erinnerungen. … Vertrauen Sie darauf, dass sie vom Vater im Himmel und von seinem geliebten Sohn stammen. Schöpfen Sie aus ihnen Geduld, was Ihre Zweifel anbelangt, und Verständnis, was Ihre Schwierigkeiten anbelangt. Ich verheiße Ihnen: Wenn Sie die geistig prägenden Ereignisse in Ihrem Leben bereitwillig annehmen und sorgsam hüten, werden Sie noch viel mehr solche Ereignisse erleben.“5
Ich weiß: Wenn wir uns bemühen, neue geistige Erfahrungen zu machen und Glauben an Christus auszuüben, dann gilt diese Verheißung: „Wer an [Christus] glaubt, wird nie mehr Durst haben.“ (Johannes 6:35.) Die Antworten, nach denen uns dürstet, werden kommen. Wir werden die Feuersglut an Prüfungen durchstehen, die uns der Satan in den Weg legt. Wir können unserem liebevollen Gott immerdar treu bleiben.