Stimmen aus vergangenen Zeiten
Ein roter VW Käfer mit Schiebedach
Zollikofen (RHS): Unser erstes Familienauto, ein alter, grauer, kleiner Fiat-Bus 850T, funktionierte nie wirklich zuverlässig; vielmehr ermöglichte er uns zahlreiche einzigartige Erlebnisse wie spektakuläres Abschleppen, Überkochen des Motors auf dem Weg zu einer Pfahlkonferenz in Wien, Versagen der Lichtmaschine, Fensterverlust in einer Linkskurve auf dem Weg zur Kirche mitten im kalten Winter und vieles mehr. Noch bevor unser Sohn Johannes zur Welt kam, war unser Fiat deshalb schon ausgemustert und zu seinem Schrottwert verkauft. Trotz der mangelnden Zuverlässigkeit unseres bisherigen Wagens klaffte danach unleugbar ein Loch in unserer Mobilität, lebten wir doch etwas abgelegen auf dem Land, etwas außerhalb von Linz, was eine jeweils nicht ganz unkomplizierte Logistik bei Fahrten zu Arzt und Kirche und speziell zu unseren Verwandten erforderte, die im Großraum der westlichen Nachbarstadt Wels lebten.
Mehr als einen Kilometer teils steil bergab mit einer schweren Kindertragetasche zum Postbus in Gallneukirchen zu gehen, würde für meine Frau nicht leicht werden. Aber dann erst noch viermal umsteigen zu müssen, um nach mehrstündiger Fahrt und erneut längerem Fußweg bei meinem Elternhaus anzulangen, kam mir unzumutbar vor. Aber allein schon in der Kälte des extrem frostigen Frühjahrs 1985 in die Kirche zu kommen, war eine echte Herausforderung. Deshalb prüfte ich alle nur denkbaren Optionen, um zu einem zuverlässigen Ersatz für unser erstes Familienauto zu gelangen. Das knappe Budget einer jungen Familie, in der die Mutter als schweizerische Ausländerin mit Säugling keine Möglichkeit hatte, zum Lebensunterhalt beizutragen, und in der der Vater als Vollzeitstudent auch nur teilzeitig erwerbstätig war, schloss viele einfache Lösungen von vornherein aus. Letztlich hatten wir den Eindruck, dass wir entweder einen Kredit aufnehmen und damit einen günstigen, zuverlässigen Kleinwagen kaufen oder zumindest in den nächsten ein, zwei Jahren ganz auf einen eigenen fahrbaren Untersatz verzichten mussten. Ich tendierte in Richtung Kreditaufnahme, aber einig waren wir uns als junges Ehepaar dabei nicht.
In einer Offenbarung an den Propheten Joseph Smith (LuB 9:7-9) hatte der Herr erklärt, dass wir zu Klarheit gelangen könnten, welche Entscheidung die bestmögliche wäre, wenn wir ihm unsere wohlüberlegte Präferenz im Gebet vorlegten und danach auf unsere Gedanken und Gefühle achteten. Und das taten wir nun auch gemeinsam in der vorliegenden Frage und gewannen den Eindruck, dass es nicht weise wäre, die Finanzen unserer noch jungen Studentenehe weiter zu belasten. Und so legten wir Gott im Gebet auf den Knien unsere Überzeugung vor, dass wir kein Auto auf Kredit kaufen sollten, obwohl uns klar war, dass wir eigentlich sehr dringend ein Fahrzeug brauchten. Die Antwort von oben, nach unserem demütigen Gebet, war für Caroline und mich eindeutig: Wir fühlten beide eine so klare gefühlsmäßige und gedankliche Bestätigung unseres Vorschlags, dass wir uns voller Zuversicht in eine Zukunft ohne Auto(-kauf) aufmachten, in der Gewissheit, damit dem Willen und der Weisheit Gottes bestmöglich zu entsprechen.
Wenige Tage danach machten wir uns, erstmals nach der Geburt unseres Sohnes, an einem regnerischen Aprilsonntag (kurz vor dem extremen Kälteeinbruch in diesem Frühjahr) von unserer kleinen Mietwohnung auf einem Berg aus zur Kirche nach Linz auf. Gemeinsam getragen, war die Tragetasche mit unserem noch kleinen Johannes keine nennenswerte Last, aber unser Neugeborenes vor Nässe zu schützen, fiel nicht ganz leicht. Trotzdem waren wir frohgemut zur Kirche und nach dem dreistündigen Versammlungsblock wieder nach Hause unterwegs.
Das wiederholte sich am darauffolgenden Sonntag; allerdings bat uns an diesem Sonntag unser Bischof Eduard Mayer in einer Versammlungspause ganz überraschend in sein Büro. Ob wir ein Auto gebrauchen könnten, wurden wir zu unserer Verblüffung gefragt. Und ob! Ja, das könnten wir, antworteten wir erstaunt und neugierig geworden. Und dann erzählte uns Bischof Mayer, dass ihm ein Gemeindemitglied, Bruder Schimpfhuber, mitgeteilt habe, dass das Auto seiner betagten Mutter, ein knallroter VW Käfer 1300 Baujahr 1975 mit Schiebedach, von dieser nicht mehr gebraucht werde und sie es deshalb gerne jemandem mit entsprechendem Bedarf schenken würde, inklusive bezahlter Versicherung und Steuer für den Rest des Jahres. Das hätten wir nicht erwartet! Anstatt einiger Jahre aufwändiger Logistik sollten wir nun ohne Verzögerung und kostenfrei zu einem verlässlichen und attraktiven Auto kommen, das genau unserem Bedarf entsprach. Was für ein unerwarteter und kostbarer Segen!
Weder unser Bischof noch Bruder Schimpfhuber wussten von unserer gebetsvoll getroffenen Entscheidung und unserer prekären Transportsituation. Aber unser treuer Vater im Himmel, der uns bei unserer Entscheidung geholfen hatte, wusste von unserem Bedarf, wie auch von der zur gleichen Zeit kostenfrei verfügbar gewordenen Ressource der Familie Schimpfhuber. Und in seiner großen, liebevollen Barmherzigkeit verhinderte er eine finanzielle Überlastung unserer jungen Familie, indem er uns von einem vermeidbaren Kauf abhielt und uns diesen roten „Käfer“ zuführte, welcher uns danach mehr als zwei Jahre lang bestens dienen und viel Freude bereiten sollte.
Gott ist groß! Er, unser Vater im Himmel, ist so allwissend, wie er vollkommen liebevoll und barmherzig ist. Er wünschte sich für uns damals offenbar auch ein Auto, aber in seiner großen Liebe wollte er dieses für uns ohne weitere finanzielle Belastung! Und weil einige seiner Kinder – vom Geist der Aufmerksamkeit, Liebe und Großzügigkeit inspiriert – bereit waren, „kleine Mittel“ in den Händen Gottes zu sein (vgl. Alma 37:6,7), konnte Gott sie in seiner vollkommenen Liebe dazu führen, für uns Großes zu bewirken!