Lehren der Präsidenten der Kirche
Nächstenliebe, die reine Christusliebe


Kapitel 37

Nächstenliebe, die reine Christusliebe

„Liebe ist eine wesentliche Eigenschaft der Gottheit. Sie muss auch bei allen gefunden werden, die Söhne Gottes werden wollen.“

Aus dem Leben von Joseph Smith

In einer Offenbarung, die 1841 durch den Propheten Joseph Smith gegeben wurde, nannte der Herr den Pfahl Nauvoo in Illinois einen „Eckstein für Zion[,] der zu einer Feinheit geglättet werden wird, die der eines Palastes gleichkommt“ (LuB 124:2). Unter der Führung des Propheten wurde Nauvoo ein blühendes Zentrum des Handels, der Bildung und der Kunst. Viele Menschen bewirtschafteten ihre Farmen, während diejenigen, die ein Stück Land in der Stadt besaßen, im Garten am Haus Obst und Gemüse anbauten. Sägewerke, Ziegeleien. Druckereien, Mühlen und Bäckereien schossen in der Stadt aus dem Boden, ebenso Werkstätten der Zimmermänner, Töpfer, Blechschmiede, Juweliere, Grobschmiede und Tischler. In Nauvoo konnten sich die Heiligen an Theater, Bällen und Konzerten erfreuen. Hunderte Schüler waren im ganzen Ort an Schulen eingeschrieben, und Pläne für eine Universität waren in Arbeit.

Während des rasanten Wachstums von Nauvoo wurden in mehreren Ziegeleien die roten Ziegel hergestellt, die den Gebäuden in Nauvoo ihr charakteristisches Aussehen verliehen. Eines dieser Gebäude war das rote Backsteinhaus des Propheten, in dem er einen Laden hatte. Der Laden wurde vom Propheten und von der Ersten Präsidentschaft als Büro genutzt, und das Geschäft half dem Propheten, für seine Familie zu sorgen. Ein Vorfall, der sich im Laden ereignete, ist ein Beispiel für die Nächstenliebe des Propheten, die typisch für ihn war und die ihn so beliebt machte.

James Leach war ein Engländer, der mit seiner bekehrten Schwester und ihrem Ehemann, Agnes und Henry Nightingale, nach Nauvoo gekommen war. Nachdem sie erfolglos Arbeit gesucht hatten, entschlossen sich James und Henry, den Propheten um Hilfe zu bitten. James erinnerte sich:

„Wir … fanden [den Propheten] in einem kleinen Laden, wo er gerade einer Dame einige Waren verkaufte. Dies war das erste Mal, dass ich in seine Nähe kam und ihn mir genauer anschauen konnte. Ich spürte, dass in ihm ein überlegener Geist steckte. Er war anders als jeder, dem ich je zuvor begegnet war; und ich sagte mir im Herzen, dass er wahrhaftig ein Prophet des höchsten Gottes ist.

Da ich kein Mitglied der Kirche war, wollte ich, dass Henry ihn um Arbeit bat, da er es aber nicht tat, blieb es an mir hängen. Ich sagte: ‚Mr. Smith, wenn Sie gestatten, haben Sie irgendwelche Arbeit, die Sie uns beiden geben könnten, damit wir uns ein paar Lebensmittel besorgen können?‘ Er musterte uns mit heiterem Blick und sagte voller Güte: ‚Na, Jungs, was könnt ihr denn?‘ Wir erzählten ihm, welcher Arbeit wir nachgegangen waren, bevor wir unser Heimatland verlassen hatten.

Da sagte er: ‚Könnt ihr einen Graben ausheben?‘ Ich erwiderte, dass wir unser Bestes geben würden. ‚So ist’s recht, Jungs.‘ Er griff nach einem Maßband und sagte: ‚Kommt mit.‘

Er führte uns ein paar Meter vom Laden weg, ließ mich den Ring am Ende des Maßbandes festhalten, rollte es vollständig aus und markierte eine Linie, nach der wir uns bei der Arbeit richten sollten. ‚Nun, Jungs‘, sagte er, ‚könnt ihr entlang dieser Linie einen Graben ausheben, der knapp einen Meter breit und einen dreiviertel Meter tief ist?‘

Wir versprachen, unser Bestes zu geben, und er ließ uns allein. Wir machten uns an die Arbeit, und als sie abgeschlossen war, ging ich zu ihm und sagte ihm, dass alles fertig war. Er kam mit, sah es sich an und sagte: ‚Jungs, das hätte ich nicht besser machen können. Jetzt kommt mit.‘

Er führte uns zurück in den Laden und forderte uns auf, den besten Schinken oder das beste Stück Schweinefleisch auszusuchen. Da ich eher schüchtern war, sagte ich, dass lieber er uns etwas geben solle. Also wählte er zwei der größten und besten Fleischstücke und für jeden von uns je einen Sack Mehl und fragte uns, ob das genügen würde. Wir sagten ihm, dass wir dafür gern auch noch mehr arbeiten würden, aber er sagte: ‚Wenn ihr zufrieden seid, Jungs, dann bin ich es auch.‘

Wir dankten ihm freundlich und machten uns auf den Weg nach Hause, überglücklich darüber, dass der Prophet unseres Gottes so gutherzig ist.“

James Leach ließt sich noch im selben Jahr taufen und verzeichnete, dass er noch „oft das hehre Gesicht [des Propheten] vom Geist und von der Macht Gottes erleuchtet sehen durfte“1.

Lehren von Joseph Smith

Ein Mensch, der von der Liebe Gottes erfüllt ist, ist bestrebt, anderen ein Segen zu sein

„Liebe ist eine wesentliche Eigenschaft der Gottheit. Sie muss auch bei allen gefunden werden, die Söhne Gottes werden wollen. Wer von der Liebe Gottes durchdrungen ist, der will nicht allein seiner Familie ein Segen sein, vielmehr will er überall, wo er ist, der ganzen Menschheit zum Segen gereichen.“2

Lucy Meserve Smith hat Folgendes aufgezeichnet: „[Joseph Smith] sagte: ‚Brüder und Schwestern, liebt einander; liebt einander und seid euren Feinden gegenüber barmherzig.‘ Er wiederholte diese Worte mit nachdrücklichem Ton in der Stimme und einem lauten Amen.“3

Im Juli 1839 sprach der Prophet zu einer Gruppe von Führern der Kirche: „Dann sprach ich zu ihnen und gab ihnen viele Anweisungen …[;] dabei sprach ich viele Themen an, die für alle, die demütig vor dem Herrn zu wandeln wünschen, wichtig und wertvoll sind. Ich lehrte sie insbesondere, sich an Nächstenliebe, Weisheit und Kameradschaft zu halten und einander in allem und unter allen Umständen Liebe zu erweisen.“4

Wir haben eine besondere Pflicht, die Bedürftigen zu lieben und für sie zu sorgen

„Es ist eine Pflicht, die jeder Heilige gerne an seinen Brüdern erfüllen sollte – sie immer zu lieben und ihnen stets beizustehen. Um vor Gott gerechtfertigt zu sein, müssen wir einander lieben: Wir müssen das Böse überwinden, für die Waisen und Witwen sorgen, wenn sie in Not sind, und uns vor jeder Befleckung durch die Welt bewahren, denn solche Tugenden haben ihre Quelle in der wahren Religion [siehe Jakobus 1:27].“5

„[Ein Mitglied der Kirche] soll die Hungrigen speisen, die Nackten kleiden, für die Witwen sorgen, die Tränen der Waisen trocknen, die Bedrängten trösten, wo auch immer er sie findet – ob in dieser Kirche, irgendeiner anderen oder in überhaupt keiner Kirche.“6

„Die Reichen können nicht errettet werden, ohne dass sie Nächstenliebe haben und die Armen speisen, wann und wie auch immer Gott es verlangt.“7

„Bedenkt die Lage der Bedrängten und versucht, ihre Leiden zu lindern; lasst euer Brot die Hungrigen speisen und eure Kleidung die Nackten bedecken; lasst eure Großzügigkeit die Tränen des Waisen trocknen und die untröstliche Witwe aufmuntern; lasst eure Gebete, Gegenwart und Güte die Schmerzen der Bekümmerten lindern und eure Großzügigkeit zu dem beitragen, was sie zum Leben brauchen; tut allen Menschen Gutes, besonders denen, die mit uns im Glauben verbunden sind, damit ihr rein und ohne Tadel seid, Kinder Gottes ohne Makel. Haltet die Gebote Gottes – alle, die er gegeben hat, gibt, oder geben wird, und ein Schein der Herrlichkeit wird um eurem Pfad herum leuchten, die Armen werden sich erheben und euch gesegnet nennen, ihr werdet von allen guten Menschen geehrt und geachtet werden; und euer Pfad wird der der Gerechten sein, er wird immer heller bis zum vollen Tag [siehe Sprichwörter 4:18].“8

„Der Heilige Geist … soll zu allen Zeiten auf eure Häupter ausgegossen werden, wenn ihr in den Grundsätzen der Rechtschaffenheit geübt seid, die mit dem Willen Gottes in Einklang stehen, und wenn ihr einander in der rechten Weise zugetan seid und unter allen Umständen derer gedenkt, die sich euretwegen in Knechtschaft und in Schwierigkeiten und arger Bedrängnis befinden. Und wenn es unter euch jemanden gibt, der sich selbst verherrlichen und Reichtum anhäufen möchte, während seine Brüder unter ihrer Armut stöhnen und schweren Prüfungen und Versuchungen unterliegen, hat er keinerlei Nutzen aus der Fürsprache des Heiligen Geistes, der Tag und Nacht für uns mit Seufzen eintritt, das wir nicht in Worte fassen können [siehe Römer 8:26].

Wir sollten zu jeder Zeit sehr darauf bedacht sein, solchem Hochmut in unserem Herzen keinen Raum zu geben, sondern demütig zu bleiben und mit aller Langmut die Schwäche derer tragen, die schwach sind.“9

Nächstenliebe ist langmütig, barmherzig und gütig

Eliza R. Snow hat von einer Rede berichtet, die der Prophet gehalten hatte: „Dann begann er mit dem 13. Kapitel [im 1. Korinther]: ‚Wenn ich in den Sprachen der Menschen und Engel redete, hätte aber die Liebe nicht, wäre ich dröhnendes Erz oder eine lärmende Pauke.‘ Er sagte: Legt kein strenges Maß an, wenn ihr die Tugend eures Nächsten betrachtet, aber hütet euch vor Selbstgerechtigkeit! Legt vielmehr ein strenges Maß an, wenn ihr eure eigenen Tugenden einschätzt, und haltet euch nicht für rechtschaffener als andere Menschen. Eure Seele muss sich füreinander erweitern, wenn ihr es Jesus gleichtun wollt, wenn ihr eure Mitmenschen in Abrahams Schoß bringen wollt. Er hat von seiner Langmut, Nachsicht und Geduld gegenüber der Kirche und auch gegenüber seinen Feinden gesprochen; wir müssen mit den Mängeln der anderen Menschen Geduld haben, wie nachsichtige Eltern mit den Schwächen ihrer Kinder Geduld haben.

… Je mehr ihr an Unschuld und Tugend und an Güte zunehmt, desto mehr soll euer Herz sich erweitern und sich anderen zuwenden. Ihr müsst langmütig sein und die Fehler und Irrtümer der Menschheit ertragen. Wie kostbar ist die Seele des Menschen! …

Neidet den Sündern ihre Pracht und ihren vergänglichen Pomp nicht, denn sie sind in einem elenden Zustand; erweist ihnen vielmehr Gnade, sofern ihr das könnt, denn schon bald wird Gott sie vernichten, wenn sie nicht umkehren und sich ihm zuwenden.“10

„Weise Menschen sollten genug Verstand besitzen, um Menschen mit Güte zu überwinden. ‚Eine sanfte Antwort dämpft die Erregung‘, spricht der Weise [Sprichwörter 15:1]; und es wird das Ansehen der Heiligen der Letzten Tage fördern, wenn sie die Liebe Gottes zeigen, indem sie jetzt diejenigen wohlwollend behandeln, die in einem unbedachten Augenblick falsch gehandelt haben; denn Jesus hat wahrhaftig gesagt: ‚Betet für eure Feinde.‘ [Siehe Matthäus 5:44.]“11

„Ich halte mich nicht mit euren Fehlern auf, und ihr sollt euch nicht mit den meinen aufhalten. Nächstenliebe – Liebe also – deckt viele Sünden zu [siehe 1 Petrus 4:8], und ich habe oftmals alle Fehler zugedeckt, die es unter euch gegeben hat. Am besten ist es aber, wenn man gar keine Fehler hat. Wir sollen einen sanftmütigen, ruhigen, friedfertigen Geist pflegen.“12

Eliza R. Snow hat auch über eine weitere Rede des Propheten berichtet: „Wenn jemand mir nur ein klein wenig Freundlichkeit und Liebe erzeigt – oh, was für eine Macht hat das dann über mein Gemüt; wohingegen das Gegenteil nur dazu führt, dass alle unschönen Gefühle hervorgeholt werden und das Gemüt niedergedrückt wird.

„Eines der Anzeichen dafür, dass die Menschen von den Grundsätzen der Frömmigkeit nichts wissen, besteht darin, dass es in der Welt immer weniger Zuneigung und fast gar keine Nächstenliebe mehr gibt. Macht und Herrlichkeit der Frömmigkeit breiten sich im Einklang mit dem weit gefassten Grundsatz aus, jeden mit dem Mantel der Nächstenliebe zu umhüllen. Gott blickt nicht mit der geringsten Billigung auf Sünde, aber wenn jemand gesündigt hat, so muss man ihm Nachsicht entgegenbringen. … Je näher wir unserem himmlischen Vater kommen, umso mehr sind wir bereit, für Seelen, die zugrunde gehen, Mitgefühl zu empfinden; wir möchten sie auf unsere Schultern nehmen und ihre Sünden hinter uns werfen. …

Wie oft haben weise Männer und Frauen versucht, Bruder Joseph Vorschriften zu machen, und gesagt: ‚Oh, wenn ich Bruder Joseph wäre, würde ich dieses oder jenes tun‘; aber wenn sie in Bruder Josephs Schuhen stecken würden, würden sie merken, dass man Männer und Frauen nicht in das Reich Gottes nötigen kann, sondern langmütig mit ihnen umgehen muss, und dass wir sie schließlich retten werden. Der Weg, wie man alle Heiligen zusammenhalten und das Werk am Laufen halten kann, ist, mit aller Langmut zu warten, bis Gott derartige Personen der Gerechtigkeit zuführt. Es darf keinen Freibrief für Sünde geben, sondern Barmherzigkeit muss mit Zurechtweisung Hand in Hand gehen.13

Wir zeigen Nächstenliebe durch einfache Taten – indem wir dienen und freundlich sind

„Ich bin euer Diener, und nur durch den Heiligen Geist kann ich euch Gutes tun. … Wir treten vor euch als nichts anderes auf als eure demütigen Diener, bereit, euch zu dienen und uns im Dienste an euch zu verausgaben.“14

Edwin Holden erinnerte sich: „1838 spielten Joseph und einige junge Männer verschiedene Spiele im Freien, darunter auch ein Ballspiel. Nach und nach begannen sie müde zu werden. Er bemerkte es, rief sie zusammen und sagte: ‚Lasst uns eine Blockhütte bauen.‘ Und sofort gingen sie los, Joseph und die jungen Männer, um eine Blockhütte für eine Witwe zu bauen. Das war Josephs Art, er half, wo er nur konnte.“15

Lucy Mack Smith, die Mutter des Propheten Joseph Smith, hat über die Zeit, als die Heiligen sich in Commerce, Illinois, dem späteren Nauvoo, niederließen gesagt: „Mit der Zeit bekamen die Brüder, die sich dort niedergelassen hatten, die Auswirkungen ihrer Mühsal zu spüren. Dazu kam noch das ungesunde Klima. Mit Schüttelfrost und Sumpffieber lagen sie danieder. Das nahm solche Ausmaße aus, dass es ganze Familien gab, in denen kein einziger in der Lage war, einem anderen kaltes Wasser zu trinken zu geben oder sich auch nur selbst zu helfen. Hyrums Familie war größtenteils krank. Meine jüngste Tochter, Lucy, war auch sehr krank, und es gab tatsächlich nur wenige Einwohner dieses Ortes, die gesund waren.

Joseph und Emma ließen die Kranken in ihr Haus bringen und versorgten sie dort. Sobald bei jemandem die Krankheit ausbrach, ließen sie ihn herbringen, bis ihr Haus, das aus vier Zimmern bestand, so voll war, dass sie ein Zelt im Garten aufstellen mussten, um den Teil der Familie unterbringen zu können, der noch auf den Beinen war. Joseph und Emma widmeten in dieser Zeit der Not ihre ganze Zeit und Aufmerksamkeit der Pflege dieser Kranken.16

John L. Smith, der Cousin des Propheten, erinnerte sich an Folgendes, was sich im gleichen Zeitraum zugetragen hat: „Der Prophet Joseph und Cousin Hyrum, sein Bruder, besuchten uns. Außer Mutter waren wir alle am Fieber und Schüttelfrost erkrankt, und Vater kam die meiste Zeit gar nicht zu sich. Als Joseph unsere verzweifelte Lage sah, zog er sich die Schuhe aus, zog sie Vater an, der barfuß war, und ritt ohne Schuhe nach Hause. Er ließ Vater in sein Haus holen und rettete sein Leben. Er versorgte uns auch mit allerlei Annehmlichkeiten, sodass wir uns erholten.“17

Elizabeth Ann Whitney erinnerte sich: „Zu Beginn des Frühlings 1840 zogen wir hinauf nach Commerce, wie der obere Teil der Stadt Nauvoo weiterhin genannt wurde. Wir mieteten ein Haus, das Hiram Kimball gehörte. … Hier waren wir alle krank, wir hatten Schüttelfrost und Fieber und waren gerade noch in der Lage, umherzukriechen und uns so umeinander zu kümmern. Unter diesen beschwerlichen Umständen wurde mein neuntes Kind geboren. Als Joseph uns besuchte und sah, wie sich unserer Umstände verändert hatten, drängte er uns sofort mitzukommen und bei ihm zu wohnen. Wir spürten, dass das Klima, das Wasser und die Entbehrungen, die wir durchmachten, nicht länger zu ertragen waren; also nahmen wir seine Einladung an und zogen in eine kleine Hütte im Garten des Propheten Joseph ein; wir wurden bald wieder gesund und die Kinder lebten wieder auf. Mein Mann fand eine Anstellung in einem Laden, den Joseph gebaut und mit Waren für den täglichen Bedarf bestückt hatte.

Eines Tages, als ich gerade aus dem Haus in den Hof ging, durchzuckte mich wie ein Stromschlag die Erinnerung an eine Prophezeiung, die Joseph Smith mir gemacht hatte, als er in unserem Haus in Kirtland wohnte. Sie lautete: Gerade so, wie wir an ihm gehandelt hatten, als wir unsere Türen ihm und seiner Familie öffneten, als er keine Bleibe hatte, sollten auch wir in Zukunft von ihm in sein Haus aufgenommen werden.“18

Mosia L. Hancock hat etwas berichtet, was er als Jugendlicher in Nauvoo erlebt hat: „In diesem Sommer [1841] spielte ich zum ersten Mal Ball mit dem Propheten. Abwechselnd schlugen wir den Ball und jagten ihm hinterher, und als das Spiel vorbei war, sagte der Prophet: ‚Brüder, trommelt eure Mannschaften zusammen‘. Das taten wir und fuhren alle in den Wald. Ich stand vorn auf dem Querbalken über der Achse und lenkte unseren Einspänner, und Bruder Joseph und Vater saßen dahinter auf den Seitenstreben. In der Gruppe gab es 39 Gespanne, und wir sammelten Holz, bis unsere Wagen beladen waren. Als dann unser Wagen beladen war, bot Bruder Joseph an, sich mit jedem, der gegen ihn antreten wollte, im Stockziehen zu messen – und er zog sie alle nacheinander hoch.

Danach sandte der Prophet die Wagen zu verschiedenen Orten, wo die Leute Hilfe brauchten; und er trug ihnen auf, das Holz für die Heiligen, die es brauchten, zu zerkleinern. Jeder tat gern das, was der Prophet verlangte, und obwohl wir kränkelten und von sterbenden Menschen umgeben waren, lächelten alle und versuchten, die anderen aufzumuntern.“19

Am 5. Januar 1842 schrieb der Prophet Folgendes in einem Brief an Edward Hunter, der später Präsidierender Bischof wurde: „Das Sortiment [des Ladens im roten Backsteinhaus] ist annehmbar – sehr gut, wenn man betrachtet, welch unterschiedliche Artikel von unterschiedlichen Personen zu unterschiedlichen Zeiten gekauft werden, und das unter Umständen, die sie gewissermaßen ein wenig einschränken. Aber ich freue mich sehr, dass uns doch alles so gut gelingen konnte, denn viele arme Brüder und Schwestern werden sich von Herzen über die Annehmlichkeiten freuen, die nun für sie erreichbar sind.

Der Laden war zum Bersten gefüllt, und ich habe den ganzen Tag hinter der Theke gestanden und so stetig, wie man es sich bei einem Angestellten nur vorstellen kann, Waren ausgegeben, um denen zu helfen, die zu Weihnachten und Neujahr ohne ihr übliches Festessen auskommen mussten, weil ihnen ein klein wenig Zucker, Melasse, Rosinen und so weiter fehlte. Ich machte mir damit auch selbst eine Freude, denn ich bin sehr gern für die Heiligen da und der Diener aller. Dabei hoffe ich, dass ich zu der vom Herrn bestimmten Zeit erhöht werde.“20

Anregungen für Studium und Unterricht

Beachten Sie diese Anregungen, wenn Sie sich mit dem Kapitel befassen oder sich auf den Unterricht vorbereiten. Weitere Anregungen finden Sie auf Seite VII–XIII.

  • Was empfinden Sie für den Propheten Joseph Smith, wenn Sie die Begebenheiten auf Seite 471ff. und Seite 477ff. durchgehen? Was sagen diese Begebenheiten über ihn aus? Auf welche Weise hat sein Verhalten Ihrer Meinung nach die Menschen um ihn herum beeinflusst? Wie sind Sie durch die Güte anderer beeinflusst worden?

  • Gehen Sie noch einmal die letzten drei Absätze auf Seite 473 durch. Warum glauben Sie, dass jemand, der von der Liebe Gottes erfüllt ist, der ganzen Menschheit ein Segen sein will? Wie können unsere liebevollen und gütigen Taten dazu beitragen, allen Menschen Gutes zu tun?

  • Welche Aufgaben haben wir bezüglich der Fürsorge für Bedürftige? (Beispiele finden Sie auf Seite 474f.) In welchem Zusammenhang stehen diese Aufgaben mit den zeitlichen Bedürfnissen der Menschen? Welchen zu den geistigen Bedürfnissen? Welche Beispiele von Menschen, die für Bedürftige sorgen, kennen Sie?

  • Lesen Sie den zweiten Absatz auf Seite 475. Was können wir tun, um die Tugenden anderer mehr schätzen zu lernen? Warum sollen wir uns vor Selbstgerechtigkeit hüten und ein strenges Maß anlegen, wenn wir unsere eigenen Tugenden einschätzen?

  • Der Prophet Joseph drückte seine Besorgnis darüber aus, „dass es in der Welt immer weniger Zuneigung […] gibt“ (Seite 476). Dagegen sagte er: „Eure Seele muss sich füreinander erweitern“ und dass unser „Herz sich erweitern und sich anderen zuwenden“ soll (Seite 475f.). Was bedeutet es Ihrer Meinung nach, unser Herz und Seele füreinander zu erweitern?

  • Lesen Sie den dritten Absatz auf Seite 476. Auf welche Weise können wir diese Lehre im Umgang mit unseren Angehörigen anwenden?

Einschlägige Schriftstellen: 1. Korinther 13:1-13; Mosia 4:14-16, 26,27; Ether 12:33,34; Moroni 7:45-48; LuB 121:45,46

Anmerkungen

  1. James Leach, „Recollections of the Prophet Joseph Smith“, Juvenile Instructor, 1. März 1892, Seite 152f.; Absatzeinteilung geändert

  2. History of the Church, 4:227; aus einem Brief von Joseph Smith an die Zwölf, 15. Dezember 1840, Nauvoo, Illinois, veröffentlicht in Times and Seasons, 1. Januar 1841, Seite 258; dieser Brief ist fälschlich auf den 19. Oktober 1840 datiert

  3. Lucy Meserve Smith, „Recollections of the Prophet Joseph Smith“, Juvenile Instructor, 1. August 1892, Seite 471

  4. History of the Church, 3:383; aus einem Tagebucheintrag von Joseph Smith, 2. Juli 1839, Montrose, Iowa

  5. History of the Church, 2:229, Fußnote aus „To the Saints Scattered Abroad“, Messenger and Advocate, Juni 1835, Seite 137

  6. Antwort des Herausgebers auf einen Brief von Richard Savary, Times and Seasons, 15. März 1842, Seite 732; Joseph Smith war der Herausgeber der Zeitschrift

  7. History of the Church, 4:608; aus einer Rede von Joseph Smith am 1. Mai 1842 in Nauvoo, Illinois; aufgezeichnet von Willard Richards

  8. „To the Saints of God“, ein Leitartikel, veröffentlicht in Times and Seasons, 15. Oktober 1842, Seite 952; Herausgeber der Zeitschrift war Joseph Smith

  9. History of the Church, 3:299; aus einem Brief von Joseph Smith und anderen an Edward Partridge und die Kirche, 20. März 1839, Gefängnis von Liberty in Missouri

  10. History of the Church, 4:606f.; Absatzeinteilung geändert; aus einer Rede von Joseph Smith am 28. April 1842 in Nauvoo, Illinois; aufgezeichnet von Eliza R. Snow; siehe auch Anhang, Seite 624, Punkt 3

  11. History of the Church, 6:219; geänderte Absatzaufteilung; aus „Pacific Innuendo“, ein Artikel geschrieben unter der Anleitung von Joseph Smith, 17. Februar 1844, Nauvoo, Illinois; veröffentlicht in Times and Seasons, 15. Februar 1844, Seite 443; diese Ausgabe des Times and Seasons wurde verspätet veröffentlicht

  12. History of the Church, 5:517; aus einer Rede von Joseph Smith am 23. Juli 1843 in Nauvoo, Illinois; aufgezeichnet von Willard Richards; siehe auch Anhang, Seite 624, Punkt 3

  13. History of the Church, 5:24; Absatzeinteilung geändert; aus einer Rede von Joseph Smith am 9. Juni 1842 in Nauvoo, Illinois; aufgezeichnet von Eliza R. Snow

  14. History of the Church, 5:355; geänderte Absatzaufteilung; aus einem Diskurs, gegeben von Joseph Smith am 13. April 1843, in Nauvoo, Illinois; Bericht von Willard Richards

  15. Edwin Holden, „Recollections of the Prophet Joseph Smith“, Juvenile Instructor, 1. März 1892, Seite 153

  16. Lucy Mack Smith, „The History of Lucy Smith, Mother of the Prophet“, Manuskript von 1844/45, Band 17, Seite 7, Archiv der Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage, Salt Lake City, Utah

  17. John Lyman Smith, Autobiography and Diaries, 1846–95, Fotokopie, Band 1, Eintrag für September 1839, Archiv der Kirche

  18. Elizabeth Ann Whitney, „A Leaf from an Autobiography“, Woman’s Exponent, 15. November 1878, Seite 91

  19. Mosia Lyman Hancock, Autobiography, Schreibmaschinenmanuskript, Seite 22, Archiv der Kirche

  20. History of the Church, 4:492; aus einem Brief von Joseph Smith an Edward Hunter, 5. Januar 1842, Nauvoo, Illinois