Kapitel 38
Der Wentworth-Brief
Der Wentworth-Brief ist der Bericht des Propheten Joseph Smith über „den Ursprung, den Fortschritt, die Verfolgung und den Glauben der Heiligen der Letzten Tage“. Dazu zählen auch die Aussagen, die als Glaubensartikel bekannt sind.
Aus dem Leben von Joseph Smith
Joseph Smith war nicht nur Präsident der Kirche, sondern erfüllte noch viele weitere Aufgaben in Nauvoo. Im Mai 1842 wurde er Bürgermeister von Nauvoo, was bedeutete, dass er auch oberster Richter am Amtsgericht von Nauvoo war. Er war Generalleutnant und Befehlshaber der Nauvoo-Legion. Und im Februar 1842 übernahm er die Aufgabe des Herausgebers der Times and Seasons (Zeiten und Jahreszeiten), einer Zeitschrift der Kirche, die zweimal im Monat erschien. Die Times and Seasons bot Führern der Kirche die Möglichkeit, sich den Heiligen mitzuteilen, Offenbarungen und wichtige Reden zu veröffentlichen und Nachrichten der Kirche zu verbreiten. John Taylor, ein Mitglied des Kollegiums der Zwölf Apostel, erhielt den Auftrag, sich unter der Leitung des Propheten um viele redaktionelle Belange zu kümmern.
In der ersten Ausgabe, die während seiner Zeit als Herausgeber erschien, schrieb der Prophet, die Zeitschrift werde Artikel über „wichtige Ereignisse“ enthalten, „die täglich um uns herum passieren; das rasante Voranschreiten der Wahrheit; die vielen Mitteilungen die wir täglich von Ältesten in der Ferne erhalten, sowohl aus diesem Land, als auch aus England, vom europäischen Kontinent und aus anderen Teilen der Welt; den Aufruhr, in dem sich die Nationen befinden; die Briefe und Lehren der Zwölf Apostel und die Offenbarungen, die wir vom Allerhöchsten empfangen“.1
Während der Prophet als Herausgeber arbeitete, veröffentlichte die Times and Seasons Dokumente von größter Wichtigkeit. Der Text des Buches Abraham und zwei der Faksimiles wurden im März 1842 veröffentlicht, das dritte Faksimile im Mai. Ebenfalls im März begann der Prophet mit der Herausgabe der „Lebensgeschichte von Joseph Smith“, dem Bericht, der später zur History of the Church (Geschichte der Kirche) werden würde.
In der Ausgabe der Times and Seasons vom 1. März 1842 veröffentlichte der Prophet das Schriftstück, das als Wentworth-Brief bekannt wurde. Der Prophet schilderte die Gründe, aus denen er dieses Dokument verfasst hatte, folgendermaßen: „Auf Anfrage von Mr. John Wentworth, dem Herausgeber und Eigentümer des Chicago Democrat, habe ich den folgenden Abriss über den Ursprung, den Fortschritt, die Verfolgung und den Glauben der Heiligen der Letzten Tage geschrieben, deren Gründer – unter Gott – zu sein ich die Ehre habe. Mr. Wentworth sagt, dass er Mr. [George] Barstow, seinen Freund, der die Geschichte New Hampshires verfasst, dieses Dokument zu senden wünscht. Da Mr. Barstow die angemessenen Maßnahmen ergriffen hat, um zutreffende Informationen zu erhalten, werde ich ihn um nichts bitten, außer dass er den Bericht im Ganzen abdrucke, ohne Ausschmückungen und ohne Falschdarstellungen.“2
Letztendlich verwendete George Barstow den Bericht des Propheten in seiner Geschichte nicht, da er sich dafür entschied, in seinem Buch nur die Ereignisse bis zum Jahre 1819 zu behandeln.3 Der Wentworth-Brief ist für die Heiligen der Letzten Tage jedoch von unschätzbarem Wert. Es ist ein Originalbericht von Joseph Smith, der Zeugnis gibt von seiner heiligen Berufung durch Gott, von seinen Visionen, seinem geistlichen Wirken und seinen Lehren. Er berichtet von der Entstehung und dem Wachstum der Kirche und von der Verfolgung der Heiligen. Er enthält eine prophetische Erklärung über den zukünftigen Erfolg der Kirche auf Erden unter der schützenden Hand des großen Jehovas. Er enthält auch einige wichtige Einzelheiten, die nirgendwo sonst in den Lehren des Propheten zu finden sind, beispielsweise eine Beschreibung der Goldplatten und ein Abriss über den Inhalt des Buches Mormon. Bezeichnenderweise veröffentlichte Joseph Smith hier erstmalig selbst einen Bericht von der ersten Vision.
Er schließt mit den 13 Aussagen zur Lehre der Kirche, die jetzt als Glaubensartikel bezeichnet werden, und ist ein beeindruckendes Zeugnis davon, dass der Prophet Joseph Smith von Gott berufen war.
Lehren von Joseph Smith
Gott der Vater und Jesus Christus erschienen Joseph Smith als Antwort auf sein Gebet
„Ich wurde am 23. Dezember 1805 in Sharon, Kreis Windsor, im Bundesstaat Vermont geboren. Als ich zehn Jahre alt war, zogen meine Eltern nach Palmyra, im Staat New York, wo wir ungefähr vier Jahre wohnten, bis wir weiter nach Manchester zogen. Mein Vater war Farmer und bildete mich in der Landwirtschaft aus. Mit etwa 14 Jahren fing ich an, darüber nachzudenken, wie wichtig es ist, dass man sich auf die Zukunft vorbereitet, und als ich mich mit Fragen zum Plan der Errettung befasste, entdeckte ich, dass viele religiöse Ansichten sich nicht miteinander vertrugen. Von jeder Gemeinschaft wurde mir der Weg zur Errettung anders beschrieben, und jede stellte ihr Glaubensbekenntnis als das einzig wahre hin. Ich kam zu dem Schluss, dass nicht alle Recht haben können, und dass Gott nicht der Urheber dieser Unordnung sein kann. So beschloss ich, die Sache eingehender zu prüfen, denn ich war überzeugt: Falls es eine Kirche Gottes gibt, kann sie nicht in mehrere Parteien zersplittert sein, und wenn er einer Gemeinschaft gebietet, ihn auf bestimmte Weise zu verehren und bestimmte heilige Handlungen zu vollziehen, so kann er einer anderen Gemeinschaft keine völlig entgegengesetzten Grundsätze geben.
Weil ich an das Wort Gottes glaubte, verließ ich mich auf die Worte des Jakobus: ‚Fehlt es aber einem von euch an Weisheit, dann soll er sie von Gott erbitten; Gott wird sie ihm geben, denn er gibt allen gern und macht niemand einen Vorwurf.‘ [Jakobus 1:5.] [Jakobus 1:5]. Ich zog mich an einen abgeschiedenen Ort im Wald zurück und begann, den Herrn anzurufen. Während ich inständig betete, wurde mein Sinn von meiner äußeren Umgebung entrückt, und es ergriff mich eine Vision des Himmels, in der ich zwei herrliche Wesen sah. Sie glichen einander genau in ihren Zügen und in ihrer Gestalt und waren von strahlendem Licht umhüllt, das selbst die Leuchtkraft der Mittagssonne übertraf. Sie sagten mir, keine Glaubensgemeinschaft glaube an die wahre Lehre und Gott erkenne keine von ihnen als seine Kirche und sein Reich an. Mir wurde ausdrücklich geboten, keiner von ihnen beizutreten, wobei mir zugleich verheißen wurde, dass mir die Fülle des Evangeliums zu einem späteren Zeitpunkt kundgetan werden solle.“
Das Buch Mormon wurde vor alters auf Goldplatten geschrieben und durch einen von Gott gesandten Boten an Joseph Smith übergeben
„Am Abend des 21. Septembers 1823 – ich betete gerade zu Gott und übte meinen Glauben an die kostbaren Verheißungen der Schrift aus – wurde mein Zimmer plötzlich von Licht erfüllt. Es war hell wie der Tag, jedoch viel reiner, erhabener und strahlender als das gewöhnliche Tageslicht, ja, zunächst schien es, als sei das Haus von verzehrendem Feuer erfüllt. Es war solcherart, dass mir der Schreck in alle Glieder fuhr. Sogleich stand ein Wesen vor mir, das von einer Herrlichkeit umgeben war, welche die mich bereits umfangende Herrlichkeit noch übertraf. Es war ein Bote, der sich als Engel Gottes zu erkennen gab. Er solle die frohe Botschaft verkünden, dass das Bündnis, das Gott vor alters mit Israel geschlossen hatte, bald erfüllt werden sollte. In Kürze werde auch das Werk der Vorbereitung auf das Zweite Kommen des Messias beginnen. Auch stehe die Zeit vor der Tür, da das Evangelium in all seiner Fülle mit Macht allen Nationen gepredigt werden solle, damit für die Millenniumsherrschaft ein Volk bereitet werde. Mir wurde gesagt, ich sei als Werkzeug in der Hand Gottes ausersehen worden, einen Teil seiner Absichten in dieser herrlichen Evangeliumszeit zu verwirklichen.
Ich erfuhr auch von den Ureinwohnern dieses Landes. Mir wurde gezeigt, wer sie waren und von wo sie kamen – eine kurze Zusammenfassung über ihre Herkunft, ihren Fortschritt, ihre Zivilisation, ihre Gesetze und ihre Staatsform, ihre Rechtschaffenheit und ihre Schlechtigkeit und wie Gott seine Segnungen von ihnen als Volk schließlich weggenommen hatte. Ich erfuhr auch von verborgen liegenden Platten, auf denen in abgekürzter Form der Bericht von Propheten eingraviert sei, die einst auf diesem Kontinent gelebt hatten. In dieser Nacht erschien mir der Engel insgesamt dreimal, und jedes Mal tat er mir das Gleiche kund. Im Laufe der Zeit erschienen mir häufig Engel Gottes, die mir die Erhabenheit und Herrlichkeit all dessen offenbarten, was sich in den Letzten Tagen zutragen sollte. Schließlich, am Morgen des 22. Septembers 1827, übergab mir der Engel des Herrn die Aufzeichnungen.
Diese Aufzeichnungen waren auf Platten graviert, die aussahen wie Gold. Jede von ihnen war 20 Zentimeter lang und 15 Zentimeter breit. Sie waren nicht ganz so dick wie gewöhnliches Blech und voller Gravierungen mit ägyptischen Schriftzeichen. Wie die Seiten eines Buches waren sie durch drei durchlaufende Ringe zu einem Band vereinigt. Der ganze Band war ungefähr 15 Zentimeter stark, und ein Teil davon war versiegelt. Die Schriftzeichen auf dem nicht versiegelten Teil waren klein und sehr schön graviert. Das gesamte Buch ließ erkennen, dass es sehr alt sein musste, und die Schriftzeichen zeugten von großem Geschick in der Gravierkunst. Bei den Aufzeichnungen befand sich ein merkwürdiges Instrument, das in alter Zeit ‚Urim und Tummim‘ genannt wurde. Es bestand aus zwei durchsichtigen Steinen, die von Bügeln eingefasst waren, welche wiederum an einem Brustschild befestigt waren. Mit Hilfe des Urim und Tummim übersetzte ich die Aufzeichnungen mittels der Gabe und Macht Gottes.
… In dem Buch wird … berichtet, dass der Erretter nach seiner Auferstehung auf diesem Kontinent erschienen ist. Hier hat er das Evangelium in all seiner Fülle, seinem Reichtum, seiner Macht und seinen Segnungen aufgepflanzt. Es gab Apostel, Propheten, Hirten, Lehrer und Evangelisten. Es gab dieselbe Ordnung, dasselbe Priestertum, dieselben heiligen Handlungen, Gaben, Mächte und Segnungen wie auf dem östlichen Kontinent. Das Volk wurde später in Folge seiner Übertretungen vernichtet, und dem letzten Propheten unter ihnen wurde geboten, eine Zusammenfassung der Prophezeiungen, geschichtlichen Ereignisse usw. niederzuschreiben und sie in der Erde zu verbergen. Der Bericht sollte in den Letzten Tagen hervorgebracht und mit der Bibel vereinigt werden, damit die Absichten Gottes erfüllt würden. Näheres kann man dem Buch Mormon selbst entnehmen; man kann es entweder in Nauvoo oder von einem unserer reisenden Ältesten erwerben.
Sobald die Nachricht von dieser Entdeckung bekannt wurde, breiteten sich Falschdarstellungen und Verleumdungen in Windeseile in alle Himmelsrichtungen aus. Mein Haus wurde häufig von zusammengerotteten Banden und Menschen mit böser Absicht belagert. Mehrmals wurde auf mich geschossen, und ich entging dem Tod nur um Haaresbreite. Man wandte jede erdenkliche List an, um mir die Platten abzunehmen, aber Gott stand mir mit seiner Macht und seinem Segen bei, und mehrere Menschen begannen, meinem Zeugnis zu glauben.“
Auch wenn Verfolgung gegen die Kirche wüten mag – nichts kann den Fortschritt der Wahrheit aufhalten
„Am 6. April 1830 wurde die Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage in Fayette, Kreis Seneca, im Staat New York gegründet. Einige wenige wurden durch den Geist der Offenbarung und Prophezeiung berufen und ordiniert und begannen zu predigen, wie es ihnen der Geist eingab. Sie waren schwach, doch die Macht Gottes stärkte sie. Viele gelangten zur Umkehr und ließen sich im Wasser untertauchen. Sie wurden durch das Händeauflegen mit dem Heiligen Geist erfüllt. Sie hatten Visionen und prophezeiten. Teufel wurden ausgetrieben und Kranke durch Händeauflegen geheilt. Von nun an machte das Werk erstaunlich schnelle Fortschritte. Bald wurden Gemeinden in New York und Pennsylvania, Ohio und Indiana, Illinois und Missouri gegründet. Im letztgenannten Bundesstaat entstand im Kreis Jackson eine ansehnliche Siedlung. Die Menschen schlossen sich der Kirche in großer Zahl an, sodass unsere Schar schnell größer wurde. Wir erwarben große Ländereien, und unsere Farmen warfen überreiche Erträge ab. Im häuslichen Kreis und in der Nachbarschaft lebte ein jeder friedlich und glücklich. Viele unserer Mitbürger jedoch waren sehr niederträchtig. Sie waren aus zivilisierten Gebieten ins Grenzland geflohen, um sich dem Zugriff der Justiz zu entziehen. Mit ihren nächtlichen Ausschweifungen und ihrer Sabbatschändung, ihren Pferderennen und Glücksspielen wollten wir nichts zu schaffen haben. Zunächst machten sie sich nur über uns lustig, doch dann fingen sie an, uns zu verfolgen, und schließlich rotteten sie sich zu einem Mob zusammen, der unsere Häuser niederbrannte und viele unserer Brüder teerte und federte und auspeitschte. Zuletzt trieben sie sie gegen Recht und Gesetz unmenschlich aus ihren Häusern, sodass sie heimatlos über die öde Prärie wandern mussten, bis ihre Kinder dort Blutspuren hinterließen. All dies geschah im November, in der rauen Jahreszeit, und das weite Himmelszelt war ihr einziges Obdach. Die Regierung ignorierte diese Vorgänge einfach, und obwohl wir Besitzurkunden für unser Land vorweisen konnten und kein Gesetz übertreten hatten, konnten wir keinen Schadenersatz erlangen.
Wir hatten viele Kranke; auch diese wurden in unmenschlicher Weise aus ihren Häusern verjagt; sie mussten die grausame Behandlung über sich ergehen lassen und sich irgendwo ein Obdach suchen, wo sie sich niederlassen konnten. Da sie ihres gewohnten Lebens und gar des Lebensnotwendigen beraubt waren, starben viele von ihnen. Viele Kinder wurden zu Waisen, Frauen zu Witwen und Männer zu Witwern. Der Mob nahm unsere Farmen mit vielen Tausenden Rindern und Schafen, Pferden und Schweinen in Besitz. Hausrat und Ladeninventar, Druckerpresse und Lettern wurden geraubt oder zerstört.
Viele unserer Brüder zogen in den Kreis Clay, wo sie bis 1836 blieben, also drei Jahre. In dieser Zeit kam es nicht zu Gewalttaten, aber ab und zu wurde damit gedroht. Im Sommer 1836 nahmen diese Drohungen allerdings ernstere Formen an. Es kam zu öffentlichen Versammlungen, man nahm Resolutionen an und schwor uns Rache und Zerstörung. Die Lage wurde erneut gefährlich. Im Kreis Jackson hatten wir derlei bereits zur Genüge erlebt. Nachdem die Behörden in jenem Kreis tatenlos zugesehen hatten, prahlte man nun damit, dass es hier auch nicht anders sein werde. Als wir uns an die Behörden wandten, fanden wir das leider bestätigt. Wiederum verloren wir unsere Habe, wurden aus unseren Häusern getrieben und litten viele Entbehrungen.
Wir ließen uns in den Kreisen Caldwell und Daviess nieder und legten dort große und ausgedehnte Siedlungen an. Diese neuen Kreise waren nur dünn besiedelt, und so dachten wir, uns dort aus der Unterdrückung befreien zu können. Aber auch hier war es uns nicht vergönnt, in Frieden zu leben. 1838 griff uns der Mob abermals an. Der Gouverneur des Bundesstaates, Mr. Boggs, erließ einen Ausrottungsbefehl, und so streifte mit gesetzlicher Billigung eine organisierte Räuberbande durchs Land, die uns Vieh, Schafe, Schweine usw. raubte und viele von uns kaltblütig umbrachte. Unsere Frauen wurden geschändet und man zwang uns gewaltsam, unseren Besitz zu überschreiben. Nachdem wir jede Schmach erduldet hatten, die eine unmenschliche, ruchlose Bande von Plünderern ersinnen konnte, wurden zwölf- bis fünfzehntausend Seelen – Männer, Frauen und Kinder – aus ihren Häusern und von ihrem Land vertrieben, obwohl sie Besitzurkunden dafür vorweisen konnten. Heimatlos und ohne ihre Freunde mussten sie (im tiefsten Winter) entweder als Verbannte durchs Land ziehen oder in einer freundlicheren Umgebung und bei weniger barbarischen Menschen um Asyl bitten. Viele wurden durch Kälte und Entbehrungen krank und starben. Viele Frauen wurden mittellose Witwen, und Kinder wurden zu mittellosen Waisen. Mir steht nicht genug Zeit zur Verfügung, all das Unrecht und die Mordtaten, das Blutvergießen, die Diebereien, all das Leid und Elend zu schildern, die vom Staat Missouri durch barbarisches, unmenschliches und gesetzloses Vorgehen verursacht wurden.
Unter den erwähnten Umständen trafen wir 1839 im Bundesstaat Illinois ein. Hier wurden wir gastlich aufgenommen und fanden eine freundliche Heimstatt. Die Menschen hier waren bereit, sich von den Grundsätzen Recht und Menschlichkeit leiten zu lassen. Im Kreis Hancock haben wir mit dem Bau einer Stadt begonnen, die wir ‚Nauvoo‘ nannten. Wir sind hier etwa sechs- bis achttausend an der Zahl, im übrigen Kreisgebiet und in fast allen anderen Kreisen des Bundesstaates leben aber auch noch sehr viele. Man hat uns eine Stadtverfassung und die Satzung für eine Legion bewilligt, die gegenwärtig 1500 Mann stark ist. Die Statuten für eine Universität und für eine Landwirtschafts- und Manufakturkooperative liegen vor; wir haben eigene Gesetze und Beamte und genießen alle Rechte freier und aufgeklärter Bürger.
Die Verfolgung konnte den Fortschritt der Wahrheit nicht aufhalten; sie hat vielmehr Öl ins Feuer gegossen, sodass die Wahrheit sich immer schneller ausbreitet. Die Ältesten dieser Kirche sind stolz auf die Sache, für die sie eintreten. Ihnen ist bewusst, dass wir unschuldig sind und dass unsere Lehre wahr ist. Ungeachtet aller Verleumdungen und Anschuldigungen sind sie hingegangen und haben das Evangelium in beinahe jedem amerikanischen Bundesstaat aufgepflanzt. Es hat die Städte unseres Landes erreicht, sich in den Dörfern verbreitet und Tausende unserer intelligenten, edlen und patriotisch gesinnten Bürger dazu bewogen, dem göttlichen Geheiß Folge zu leisten und sich von der heiligen Wahrheit leiten zu lassen. Es hat auch England, Irland, Schottland und Wales erreicht, wohin 1840 einige unserer Missionare gesandt worden sind. Über fünftausend Menschen haben sich dort um das Banner der Wahrheit geschart, und in jedem Land schließen sich uns jetzt Menschen an.
Unsere Missionare gehen in viele Länder aus. Das Banner der Wahrheit ist in Deutschland, Palästina, Neuholland [Australien], Ostindien und an anderen Orten aufgerichtet; keine unheilige Hand kann den Fortschritt des Werkes aufhalten, mögen auch Verfolgung wüten und Mobs sich vereinen, mögen Armeen aufgestellt werden und Verleumdungen verbreitet werden – Gottes Wahrheit wird voranschreiten, kühn, edel und unabhängig, bis sie jeden Kontinent durchdrungen, jede Zone erreicht, jedes Land überflutet hat und in jedem Ohr erklungen ist, bis die Absichten Gottes verwirklicht sind und der große Jehova sagen wird: Das Werk ist vollbracht.
Die Glaubensartikel beschreiben grundlegende Lehren und Grundsätze unserer Religion
Wir glauben an Gott, den ewigen Vater, und an seinen Sohn, Jesus Christus, und an den Heiligen Geist.
Wir glauben, dass der Mensch für seine eigenen Sünden bestraft werden wird und nicht für die Übertretung Adams.
Wir glauben, dass durch das Sühnopfer Christi alle Menschen errettet werden können, indem sie die Gesetze und Verordnungen des Evangeliums befolgen.
Wir glauben, dass die ersten Grundsätze und Verordnungen des Evangeliums sind: 1. Glaube an den Herrn Jesus Christus; 2. die Umkehr; 3. die Taufe durch Untertauchen zur Sündenvergebung; 4. das Händeauflegen zur Gabe des Heiligen Geistes.
Wir glauben, dass man durch Prophezeiung und das Händeauflegen derer, die Vollmacht dazu haben, von Gott berufen werden muss, um das Evangelium zu predigen und seine heiligen Handlungen zu vollziehen.
Wir glauben an die gleiche Organisation, wie sie in der Urkirche bestanden hat, d. h. Apostel, Propheten, Hirten, Lehrer, Evangelisten et cetera.
Wir glauben an die Gabe der Zungenrede, Prophezeiung, Offenbarung, der Visionen, der Heilung, Auslegung der Zungenrede usw.
Wir glauben, dass die Bibel, soweit richtig übersetzt, das Wort Gottes ist; wir glauben auch, dass das Buch Mormon das Wort Gottes ist.
Wir glauben alles, was Gott offenbart hat, und alles, was er jetzt offenbart; und wir glauben, dass er noch viel Großes und Wichtiges offenbaren wird, was das Reich Gottes betrifft.
Wir glauben an die buchstäbliche Sammlung Israels und die Wiederherstellung der Zehn Stämme, dass Zion auf diesem [dem amerikanischen] Kontinent errichtet werden wird, dass Christus persönlich auf der Erde regieren wird und dass die Erde erneuert werden und ihre paradiesische Herrlichkeit empfangen wird.
Wir beanspruchen das Recht, den allmächtigen Gott zu verehren, wie es uns das eigene Gewissen gebietet, und gestehen allen Menschen das gleiche Recht zu, mögen sie verehren, wie oder wo oder was sie wollen.
Wir glauben, dass es recht ist, Königen, Präsidenten, Herrschern und Obrigkeiten untertan zu sein und dem Gesetz zu gehorchen, es zu achten und für es einzutreten.
Wir glauben, dass es recht ist, ehrlich, treu, keusch, gütig und tugendhaft zu sein und allen Menschen Gutes zu tun; ja, wir können sagen, dass wir der Ermahnung des Paulus folgen – wir glauben alles, wir hoffen alles, wir haben viel ertragen und hoffen, alles ertragen zu können. Wenn es etwas Tugendhaftes oder Liebenswertes gibt, wenn etwas guten Klang hat oder lobenswert ist, so trachten wir danach. [Siehe Glaubensartikel 1 bis 13.]
Hochachtungsvoll,
JOSEPH SMITH.“4
Anregungen für Studium und Unterricht
Beachten Sie diese Anregungen, wenn Sie sich mit dem Kapitel befassen oder sich auf den Unterricht vorbereiten. Weitere Anregungen finden Sie auf Seite VII–XIII.
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Joseph Smith schrieb den Wentworth-Brief als Antwort auf eine Anfrage von John Wentworth und George Barstow (Seite 486). Wann haben Menschen Ihnen Fragen über die Geschichte oder Glaubensinhalte der Kirche gestellt? Überlegen Sie, während Sie sich mit diesem Kapitel befassen oder darüber sprechen, wie Sie künftig auf solche Fragen eingehen könnten. Was können wir aus Joseph Smiths Worten im Wentworth-Brief darüber lernen, wie man auf solche Fragen antwortet?
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Lesen Sie, was der Prophet über die Erste Vision gesagt hat (Seite 487f.). Wenn Sie das nächste Mal jemandem von der Ersten Vision erzählen, wie könnten Sie dann dieser Person dabei helfen, die Erste Vision und deren Bedeutung für Sie zu verstehen?
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Lesen Sie, wie der Prophet das Hervorkommen des Buches Mormon beschrieb (Seite 488ff.). Welche Auswirkung hat das Buch Mormon auf Ihr Leben? Nennen Sie Beispiele, wie wir unser Zeugnis vom Buch Mormon geben können.
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Auf Seite 491ff. gibt Joseph Smith einen kurzen geschichtlichen Überblick über die Anfänge der Kirche und gibt dann Zeugnis von ihrer Bestimmung. Was empfinden Sie dabei, wenn Sie den ersten vollständigen Absatz auf Seite 494 lesen? Warum kann Ihrer Meinung nach Verfolgung den Fortschritt der Kirche nicht aufhalten? Welche Beispiele gibt es von Menschen, die trotz Widerstand Fortschritt machen? (Denken Sie an Beispiele aus den heiligen Schriften, der Geschichte der Kirche und Ihrem eigenen Leben.)
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Gehen Sie die Glaubensartikel (Seite 494ff.) noch einmal durch. Auf welche Weise haben die Glaubensartikel Ihnen geholfen? Warum fordern wir die Kinder in der Primarvereinigung wohl auf, sie auswendig zu lernen? Vielleicht wollen Sie sich feste Zeiten vornehmen, zu denen Sie sich intensiv mit den Glaubensartikeln beschäftigen oder sie auswendig lernen.
Einschlägige Schriftstellen: Joseph Smith – Lebensgeschichte 1:1-75