Geheimnisse und Überraschungen
Die Verfasserin lebt in Iowa.
War es richtig, Kates Geheimnis für sich zu behalten?
„Jedem Menschen ist der Geist Christi gegeben, damit er Gut von Böse unterscheiden könne.“ (Moroni 7:16)
Schau mal!“ Kate hob die zusammengeknüllte Anziehpuppe vom Ladenboden auf. „Steck die mal ein!“
„Ich soll die mitnehmen?“, fragte Maddy.
„Die können sie sowieso nicht mehr verkaufen“, meinte Kate. „Die werfen sie nur weg. Das ist eine Rettungsmission! Wir retten diese Puppe!“
Kate lächelte Maddy an. Auch Maddy lächelte.
„Na gut.“ Sie steckte die Anziehpuppe in ihre Jackentasche. Es war ein besonderes Gefühl, eine Rettungsmission zu erfüllen!
Aber als sie das Geschäft verließen, lag ihr die Anziehpuppe schwer wie ein Stein in der Tasche. Sollte sich eine Rettungsmission so anfühlen?
Als sie wieder bei Maddy zuhause waren, reparierte Kate die Anziehpuppe mit Klebestreifen und strich sie vorsichtig glatt.
„Was für Kleidung soll ich machen?“, fragte sie und nahm einen Buntstift. „Vielleicht ein schönes Ballkleid?“
Aufgeregt nickte Maddy. „Dann zeigen wir sie meiner Mama!“
„Nein!“, rief Kate. „Wir zeigen sie niemandem! Nie! Sie bleibt unser Geheimnis, okay? Versprich mir, dass du niemandem etwas sagst!“
„Oh … na gut“, erwiderte Maddy. „Versprochen! Aber warum denn?“
„Wenn du deiner Mutter etwas sagst, wird sie bestimmt wütend, und dann darfst du vielleicht nicht mehr mit mir spielen.“
„Aber warum sollte sie denn wütend werden?“, fragte Maddy. Irgendwie wurde ihr ganz mulmig zumute.
Kate legte den Stift hin. „Wenn du niemandem etwas sagst, darfst du die Puppe behalten. Und auch alle Kleider, die ich male.“
Jetzt wusste Maddy, warum sie sich so komisch fühlte. „Wir … haben sie geklaut, oder?“, flüsterte sie.
„Du hast sie doch eingesteckt und dich aus dem Geschäft geschlichen!“
„Ja, weil du mir das gesagt hast!“
„Hab ich gar nicht!“, rief Kate. „Ich geh nach Hause, bevor ich wegen dir Ärger bekomme.“ Sie stand auf und lief nach draußen.
Genau in dem Augenblick kam Mama ins Zimmer. „Warum ist Kate denn so plötzlich gegangen?“ Sie sah die Anziehpuppe in Maddys Händen. „Und wo hast du die denn her?“
Maddy biss sich auf die Lippe. Es fühlte sich nicht gut an, Mama etwas zu verheimlichen. Aber wenn Kate nun recht hatte und Mama wütend wurde?
Das schlechte Gefühl wollte aber einfach nicht verschwinden. Sie holte tief Luft, und die ganze Geschichte platzte aus ihr heraus.
„Ich musste Kate versprechen, dass es ein Geheimnis bleibt“, sagte sie. „Aber es fühlt sich falsch an.“
Mama setzte sich neben sie aufs Bett. „Viele Geheimnisse sind auch nicht gut. Besonders, wenn dir jemand sagt, dass du etwas verheimlichen musst. Eine Überraschung, also ein Geschenk oder eine Party, ist natürlich gut. Denn daran haben ja alle Spaß.“
Maddy nickte. „Danke, dass du nicht wütend auf mich bist“, sagte sie. „Kate hat gesagt, dass du wütend auf mich wirst.“
Mama drückte sie fest an sich. „Ich bin sehr stolz auf dich, dass du auf den Heiligen Geist gehört und mir die Wahrheit gesagt hat.“
„Kommst du mit zum Geschäft, wenn ich die Puppe zurückgebe?“, fragte Maddy.
„Aber natürlich!“ Mama lächelte. „Und wenn wir zurückkommen, kannst du mir helfen! Wir backen einen Kuchen und überraschen Papa!“
Maddy lachte. „Dabei habe ich auf jeden Fall ein gutes Gefühl!“
Illustrationen von Devin McSherry