2021
Olga Šnederfler
August 2021


Pioniere aus aller Welt

Olga Šnederfler

Erste Tempeloberin aus der Tschechoslowakei

Olga wusste, dass sie eines Tages in den Tempel gehen würde.

woman sitting on chair looking at temple pictures

Olga betrachtete das Bild vom Tempel an der Wand. Sie seufzte. Wenn ihre Familie doch nur in den Tempel gehen könnte! Es gab aber keinen Tempel in der Nähe, und es war außerdem schwierig, das Land überhaupt verlassen zu dürfen.

Olga hatte sich vor ein paar Jahren taufen lassen. Dann aber hatten die Missionare das Land verlassen müssen. Die Mitglieder der Kirche durften sich nicht mehr versammeln. Sie durften sogar mit niemandem mehr über die Kirche reden.

Olga lebte aber noch immer nach dem Evangelium. Ihr Mann Jirí ebenso. Gemeinsam beteten sie und lasen in den heiligen Schriften. Sie führten den Familienabend durch und sprachen mit den Kindern über das Evangelium. Sonntags hielten sie in ihrer kleinen Wohnung eine Abendmahlsversammlung ab. Sie hängten viele Tempelbilder auf.

Wenn sich Olga und ihre Familie einsam fühlten, dachten sie daran, dass es ja noch tausende weitere Mitglieder auf der Welt gab.

Eines Tages geschah etwas Aufregendes. Russell M. Nelson, damals Präsident der Sonntagsschule, besuchte ihr Land. Lächelnd reichte Olga Präsident Nelson die Hand. Dann sprach er eine besondere Verheißung aus: „Schwester, eines Tages gehen Sie in den Tempel!“

Olga wurde warm ums Herz. „Vielen Dank!“, flüsterte sie.

Monate vergingen. Jahre vergingen. Voller Sehnsucht blickte Olga auf die Tempelbilder an der Wand. Ein Besuch im Tempel erschien einfach unmöglich!

Vier Jahre später lud man Olga und Jirí zur Generalkonferenz nach Salt Lake City in den USA ein. Olga fragte sich, ob sie da wohl überhaupt hinreisen durften. Die Situation in ihrem Land war immer noch schwierig. Viele Reisedokumente waren notwendig. Irgendwie klappte aber alles. Als das Flugzeug in die USA abhob, schwebte Olga förmlich auf Wolke sieben. Es war ein Wunder!

Olga und Jirí besuchten die Konferenz und hörten dem Propheten zu. Sie sahen sich auch den Tempelplatz und das Besucherzentrum an. Am besten war es jedoch, endlich einen Tempel betreten zu können.

In ihrer weißen Kleidung fühlte sich Olga wie im Himmel und gab Gott besondere Versprechen. Auch wurden sie und Jirí gesiegelt. Präsident Nelsons Verheißung hatte sich erfüllt!

Schließlich kehrten Olga und Jirí nach Hause zurück. Mit der Zeit verbesserte sich auch die Lage im Land. Sie konnten wieder in die Kirche gehen, und es durften auch wieder Missionare kommen.

Eines Tages klingelte das Telefon. Am anderen Ende der Leitung war Präsident Thomas S. Monson. Er berief Olga als Oberin des Freiberg-Tempels. Jirí wurde als Tempelpräsident berufen.

Lächelnd stand Olga in ihrem langen, weißen Kleid im Freiberg-Tempel. Ein Besuch im Tempel hatte lange Zeit so fern geschienen. Nun konnte sie ihn jeden Tag betreten – welch kostbares Geschenk das doch war! Ein wundervoller Traum war in Erfüllung gegangen.

Olgas Heimat ist heute ein Teil von Tschechien.

Es gibt hunderte Schlösser und Burgen in Tschechien.

Eine Oberin hat Führungsaufgaben im Tempel.

Olga hatte in ihrer Wohnung über 20 Tempelbilder hängen.

Sie und Jirí haben einen Sohn und eine Tochter.

Sie hat ein Album mit Fotos der Missionare, die sie unterwiesen hatten.

Friend Magazine, Global 2021/08 Aug

Illustrationen von Shawna J. C. Tenney