Dann seid ihr wirklich frei
Jesus Christus ist das Licht, das wir auch in den finsteren Zeiten unseres Erdenlebens hochhalten sollen
Meine lieben Brüder und Schwestern, ich bin sehr dankbar, dass ich von Afrika aus zu Ihnen sprechen darf. Es ist ein Segen, dass wir die heutige Technik haben und dass ich Sie alle, wo Sie auch sein mögen, so gut damit erreichen kann.
Während unserer Berufung als Führer der Maryland-Mission Baltimore durften meine Frau und ich im September 2019 im Rahmen eines Missionsführungsseminars einige historische Stätten der Kirche in Palmyra in New York besuchen. Zum Schluss waren wir im heiligen Hain. Wir hatten nicht die Erwartung, dort eine besondere Kundgebung zu erfahren oder eine Vision zu sehen, verspürten aber an diesem heiligen Ort Gottes Gegenwart. Unser Herz war von Dankbarkeit für den Propheten Joseph Smith erfüllt.
Auf der Rückfahrt bemerkte meine Frau mein strahlendes Lächeln und fragte mich: „Was begeistert dich so?“
Ich antwortete: „Meine liebe Nathalie, die Wahrheit wird immer über den Irrtum triumphieren, und dank des wiederhergestellten Evangeliums Jesu Christi hat Finsternis auf der Erde keinen Bestand.“
Gottvater und Jesus Christus erschienen dem jungen Joseph Smith und brachten ans Licht, was verborgen war, damit wir die „Kenntnis von etwas, wie es ist und wie es war und wie es kommen wird“ (Lehre und Bündnisse 93:24), erlangen können.
Nach fast zweihundert Jahren suchen immer noch viele nach Wahrheiten, die sie brauchen, um sich von einigen Traditionen und Lügen zu befreien, die der Widersacher in der Welt verbreitet. Denn viele sind „von der verschlagenen Hinterlist der Menschen … verblendet“ (Lehre und Bündnisse 123:12). In seinem Brief an die Epheser schrieb Paulus: „Wach auf, du Schläfer, und steh auf von den Toten und Christus wird dein Licht sein.“ (Epheser 5:14.) Der Erretter versprach, dass er all denen, die seine Worte hören, ein Licht sein wird (siehe 2 Nephi 10:14).
Vor 35 Jahren waren meine Eltern ebenso verblendet und suchten verzweifelt nach der Wahrheit. Sie wussten nicht, wohin sie sich wenden sollten, um sie zu finden. Meine Eltern wurden in einem Dorf geboren, wo Traditionen im Leben des Einzelnen und der Familie fest verankert waren. In der Hoffnung auf ein besseres Leben verließen sie beide als junge Leute ihr Dorf und gingen in die Stadt.
In bescheidenen Verhältnissen heirateten sie und gründeten eine Familie. Wir waren ein halbes Dutzend in einem kleinen Haus: meine Eltern, zwei meiner Schwestern, ich und ein Cousin, der bei uns wohnte. Ich fragte mich damals öfter, ob wir wirklich eine Familie wären, da wir nicht mit unseren Eltern am selben Tisch zu Abend essen durften. Sobald unser Vater von der Arbeit zurückkehrte und ins Haus kam, wurden wir aufgefordert, nach draußen zu gehen. Unsere Nächte waren sehr kurz, weil wir aufgrund der mangelnden Harmonie und Liebe in der Ehe unserer Eltern nicht schlafen konnten. Unser Zuhause war nicht nur klein, sondern auch ein düsterer Ort. Ehe wir die Missionare kennenlernten, besuchten wir jeden Sonntag eine andere Kirche. Es war klar, dass unsere Eltern nach etwas suchten, was die Welt nicht bieten konnte.
Das ging so weiter, bis wir Elder und Sister Hutchings begegneten, dem ersten Missionarsehepaar, das nach Zaire – heute unter den Namen Demokratische Republik Kongo oder Kongo-Kinshasa bekannt – auf Mission berufen worden war. Ab dem Zeitpunkt, da wir uns mit diesem wunderbaren Missionarsehepaar, die wie Engel von Gott waren, trafen, bemerkte ich eine allmähliche Veränderung in unserer Familie. Nach unserer Taufe änderte sich unsere Lebensweise aufgrund des wiederhergestellten Evangeliums wirklich zusehends. Die Worte Christi fingen an, unsere Seele zu erweitern. Sie fingen an, unser Verständnis zu erleuchten und köstlich zu sein, als die Wahrheiten, die wir empfingen, deutlicher wurden und wir das Licht sehen konnten. Und dieses Licht wurde von Tag zu Tag immer heller.
Als wir erkannten, worum es im Evangelium geht, half uns dies, mehr wie der Erretter zu werden. Die Größe unseres Hauses änderte sich nicht – ebenso wenig unsere Lebensumstände. Doch als wir täglich morgens und abends beteten, erlebte ich eine Herzenswandlung bei meinen Eltern. Wir befassten uns mit dem Buch Mormon und hielten den Familienabend ab. Wir wurden tatsächlich eine Familie. Jeden Sonntag standen wir um 6 Uhr auf und bereiteten uns auf den Kirchenbesuch vor. Um an den Versammlungen teilnehmen zu können, waren wir stundenlang unterwegs, aber wir beklagten uns nicht. Es war eine wunderbare Erfahrung. Wir, die wir früher in Finsternis gewandelt waren, vertrieben die Finsternis aus unserer Mitte (siehe Lehre und Bündnisse 50:25) und sahen „ein großes Licht“ (2 Nephi 19:2).
Ich weiß noch, wie ich eines Morgens nicht zum Familiengebet aufstehen wollte und mich bei meinen Schwestern beschwerte: „Bei uns zuhause machen wir wirklich nichts anderes als beten, beten, beten.“ Mein Vater hörte meine Bemerkung. Ich erinnere mich, was er mir darauf liebevoll, aber auch mit Bestimmtheit sagte: „Solange du in diesem Haus bist, wirst du beten, beten, beten.“
Die Worte meines Vaters klangen Tag für Tag in mir nach. Was glauben Sie, was meine Frau und ich mit unseren Kindern heute tun? Wir beten, beten und beten. Das ist unser Vermächtnis.
Der Mann, der blind geboren und dann von Christus geheilt wurde, wurde von seinen Nachbarn und den Pharisäern eindringlich befragt und sagte schließlich:
„Der Mann, der Jesus heißt, machte einen Teig, bestrich damit meine Augen und sagte zu mir: Geh zum Schiloach und wasch dich! Ich ging hin, wusch mich und konnte sehen. …
Nur das eine weiß ich, dass ich blind war und jetzt sehe.“ (Johannes 9:11,25.)
Wir waren ebenso blind und können jetzt sehen. Das wiederhergestellte Evangelium hat seitdem Einfluss auf unsere Familie. Das Warum des Evangeliums zu verstehen, war ein Segen für drei Generationen meiner Familie und wird es auch für viele künftige Generationen sein.
Jesus Christus ist das Licht, das in der Finsternis leuchtet. „Wer mir nachfolgt, wird nicht in der Finsternis umhergehen, sondern wird das Licht des Lebens haben.“ (Johannes 8:12.)
In den Jahren 2016 und 2017 ereignete sich für die Menschen in der Region Kasai fast ein Jahr lang eine schreckliche Tragödie. Aufgrund der Konflikte zwischen einer Gruppe von Kämpfern, die sich auf Traditionen beriefen, und Regierungstruppen war es eine äußerst finstere Zeit für die Menschen dort. Die Gewalt breitete sich von Ortschaften im Zentrum der Provinz Kasai weiter in die Region aus. Viele Menschen flohen aus ihren Häusern und versteckten sich im Buschland. Sie hatten weder Nahrung noch Wasser oder sonst irgendetwas. Unter ihnen waren auch einige Mitglieder der Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage aus der Gegend von Kananga. Einige Mitglieder der Kirche wurden von der Miliz umgebracht.
Bruder Honoré Mulumba und seine Familie aus der Gemeinde Nganza in Kananga gehörten zu den wenigen, die sich in ihren Häusern versteckten. Sie wussten nicht, wohin, da die Straßen sich in einen Schießplatz verwandelt hatten. Eines Tages entdeckten Milizsoldaten aus der Nachbarschaft Bruder Mulumba und seine Familie, als diese am Abend hinausgingen, um Gemüse aus dem Garten für das Essen zu holen. Eine Gruppe dieser Soldaten kam ins Haus, zerrte alle heraus und drohte ihnen, wenn sie sich nicht an die Sitten ihrer Miliz hielten, würde man sie umbringen.
Mutig entgegnete Bruder Mulumba: „Ich gehöre der Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage an. Meine Familie und ich haben Jesus Christus angenommen und wir glauben an ihn. Wir werden unseren Bündnissen treu bleiben und unseren Tod hinnehmen.“
Die Soldaten erwiderten: „Weil ihr euch für Jesus Christus entschieden habt, werden eure Körper den Hunden zum Fraß vorgeworfen werden.“ Und sie drohten, dass sie zurückkehren würden. Doch sie kamen nicht zurück und die Familie blieb dort zwei Monate lang und sah sie nie wieder. Bruder Mulumba und seine Familie ließen die Fackel ihres Glaubens hell leuchten. Sie dachten an ihre Bündnisse und wurden beschützt.
Jesus Christus ist das Licht, das wir auch in den finsteren Zeiten unseres Erdenlebens hochhalten sollen (siehe 3 Nephi 18:24). Wenn wir uns entschließen, Christus nachzufolgen, entschließen wir uns, uns zu ändern. Wer sich um Christi willen ändert, lässt sich von Christus lenken. Wir fragen dann wie Paulus: „Herr, was soll ich nach deinem Willen tun?“ (Siehe Apostelgeschichte 9:6, King-James-Übersetzung.) Wir folgen seinen Spuren (siehe 1 Petrus 2:21). Wir führen „einen Lebenswandel …, wie er ihn geführt hat“ (1 Johannes 2:6; siehe Ezra Taft Benson, „Born of God“, Ensign, Juli 1989, Seite 4).
Ich gebe Zeugnis für ihn, der starb, begraben wurde, am dritten Tag wieder auferstand und in den Himmel aufgenommen wurde, damit Sie und ich die Segnungen der Unsterblichkeit und der Erhöhung erlangen können. Er ist „das Licht und das Leben und die Wahrheit“ (Ether 4:12). Er ist das Gegen- und Heilmittel für all die Verwirrung in der Welt. Er ist der vollkommene Maßstab für die Erhöhung, ja, Jesus Christus. Im Namen Jesu Christi. Amen.