In Partnerschaft mit dem Herrn
Im wiederhergestellten Evangelium Jesu Christi wird der Grundsatz verkündet, dass Frau und Mann im Erdenleben wie in der Ewigkeit vollwertige Partner sind
In den ersten Monaten unserer Ehe sprach meine liebe Frau öfter davon, dass sie gern Musik studieren würde. Ich beschloss, meinem Schatz eine Freude zu machen und ihr eine grandiose, von Herzen kommende Überraschung zu bereiten. Also ging ich in eine Musikinstrumentenhandlung und kaufte ihr ein Klavier. Aufgeregt legte ich den Kaufbeleg in eine Schachtel mit einer hübschen Schleife drumherum und überreichte sie ihr. Ich dachte natürlich, sie werde sich bei ihrem äußerst liebevollen, aufmerksamen Mann überschwänglich dafür bedanken.
Als sie das Kästchen öffnete und den Inhalt sah, blickte sie mich liebevoll an und meinte: „Liebling, du bist wirklich wunderbar! Aber eines wüsste ich gerne: Ist das nun ein Geschenk oder ein Haufen Schulden?“ Daraufhin berieten wir uns über die Überraschung und entschieden uns, den Kauf rückgängig zu machen. Wir waren ja, wie viele junge Ehepaare, noch Studenten und daher knapp bei Kasse. Diese Erfahrung half mir zu erkennen, wie wichtig es ist, dass in einer ehelichen Beziehung beide Partner gleichberechtigt sind und wie die Anwendung dieses Prinzips meiner Frau und mir helfen kann, eines Herzens und eines Sinnes zu sein.1
Im wiederhergestellten Evangelium Jesu Christi wird der Grundsatz verkündet, dass Frau und Mann im Erdenleben wie in der Ewigkeit vollwertige Partner sind. Jeder hat seine spezifischen Eigenschaften und von Gott übertragenen Pflichten – und doch sind in Gottes Plan des Glücklichseins für seine Kinder Frau und Mann gleich wichtige und wesentliche Aufgaben zugedacht.2 Das galt offensichtlich bereits von Anfang an, als der Herr erklärte, „es sei nicht gut, dass der Mensch allein sei; darum [werde er] ihm eine Hilfe machen, ihm ebenbürtig“3.
Der Plan des Herrn sah eine ebenbürtige Hilfe vor, eine Gefährtin, die als gleichwertige Partnerin Seite an Seite mit Adam durchs Leben geht.4 Genau genommen war Eva für Adam ein Segen des Himmels. Durch ihr göttliches Wesen und ihre geistigen Eigenschaften bewog sie Adam dazu, Gottes Plan des Glücklichseins für alle Menschen in partnerschaftlicher Zusammenarbeit mit ihr zuwege zu bringen.5
Betrachten wir zwei elementare Grundsätze zur Stärkung der Partnerschaft zwischen Mann und Frau. Der erste Grundsatz lautet: Wir alle sind vor Gott gleich.6 Das Evangelium lehrt uns, dass die ewigen Verheißungen, die Gott seinen Söhnen und Töchtern ausspricht, nicht vom Unterschied zwischen Frau und Mann außer Kraft gesetzt werden. Der eine verfügt nicht über mehr Möglichkeiten als der andere, die celestiale Herrlichkeit in der Ewigkeit zu erlangen.7 Der Erretter selbst lädt uns – Gottes Kinder – alle ein, „zu ihm zu kommen und an seiner Güte teilzuhaben; und er weist niemanden ab, der zu ihm kommt“8. In diesem Zusammenhang werden wir also alle vor ihm als gleich angesehen.
Wenn Ehepartner diesen Grundsatz verstehen und umsetzen, bringen sie sich nicht als Präsident und Vizepräsidentin oder umgekehrt als Präsidentin und Vizepräsident ihrer Familie in Stellung. In der ehelichen Beziehung gibt es keine Über- oder Unterlegenheit, keiner läuft vor oder hinter dem anderen her. Ein Ehepaar geht Seite an Seite, beide gleichwertig, beide von Gottes Geschlecht. Sie werden in Gedanken, Absichten und Zielen eins mit unserem Vater im Himmel und Jesus Christus,9 während sie ihre Familie gemeinsam führen und leiten.
In einer gleichwertigen Partnerschaft ist „Liebe nicht Eigentum, sondern Beteiligung, … ein Teil des gemeinsamen Erschaffens, zu dem wir Menschen alle berufen sind“10. „Wenn sich beide wirklich einbringen, können Mann und Frau zu einer synergetischen Einheit verschmelzen, die zu einer ‚immerwährenden Herrschaft‘ wird, die sie und ihre Nachkommenschaft ‚ohne Nötigung‘ mit geistigem Leben erfüllt ‚für immer und immer.‘“11
Der zweite maßgebliche Grundsatz ist die Goldene Regel, die der Erretter in der Bergpredigt lehrte: „Wie ihr wollt, dass euch die Menschen tun sollen, das tut auch ihr ihnen!“12 Dieser Grundsatz steht für eine Haltung, die Gemeinsamkeit, wechselseitiges Geben und Nehmen, Einigkeit und gegenseitige Abhängigkeit einschließt und auf dem zweiten großen Gebot beruht: „Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst.“13 Dort hinein fließen weitere christliche Eigenschaften wie Langmut, Milde, Sanftmut und Wohlwollen.
Um besser zu verstehen, wie dieser Grundsatz in die Tat umzusetzen ist, können wir das heilige und ewige Band betrachten, das Gott zwischen unseren ersten Eltern – Adam und Eva – geknüpft hat. Sie wurden ein Fleisch14 und erreichten ein solches Maß an Einigkeit, dass sie einander auf ihrem gemeinsamen Weg Respekt, Dankbarkeit und Liebe erweisen, sich selbst vergessen und auf ihrem Weg in die Ewigkeit auf das Wohl des anderen bedacht sein konnten.
Um genau diese Eigenschaften bemühen wir uns auch heute, wenn wir in der Ehe eins sein wollen. Durch die Siegelung im Tempel treten eine Frau und ein Mann in die heilige Ordnung der Ehe im neuen und immerwährenden Bund ein. Durch diese Ordnung des Priestertums – und wenn sie gemäß den Bündnissen leben, die sie eingegangen sind – erhalten sie ewige Segnungen und göttliche Macht, um die Belange ihrer Familie zu lenken. Von diesem Zeitpunkt an sind sie aufeinander angewiesen, schreiten gemeinsam voran und bilden eine vollwertige Partnerschaft mit dem Herrn – besonders, was ihre individuellen, gottgegebenen Aufgaben angeht, die Kinder zu umsorgen und zu erziehen und über die Familie zu präsidieren.15 Die Kinder umsorgen und erziehen und das Präsidieren sind Aufgaben, die zusammenhängen und sich überschneiden. Das bedeutet, Mutter und Vater „müssen einander … als gleichwertige Partner zur Seite stehen“16 und ihre Familie gemeinschaftlich und ausgewogen führen.
Umsorgen und erziehen bedeutet, seine Angehörigen zu ernähren, anzuleiten und zu unterstützen, indem man ein liebevolles Umfeld schafft und ihnen hilft, „Evangeliumswahrheiten zu lernen und Glauben an den Vater im Himmel und an Jesus Christus zu entwickeln“. Präsidieren bedeutet, „seinen Angehörigen auf dem Weg zurück zu Gott zu helfen, damit sie in seiner Gegenwart wohnen können. Dies geschieht, indem man ihnen mit Milde, Sanftmut und reiner Liebe hilft und sie anleitet.“ Es „bedeutet auch, dass man seine Angehörigen beim regelmäßigen Beten, bei der Beschäftigung mit dem Evangelium und in anderen Bereichen, die zur Gottesverehrung gehören, anleitet. Eltern arbeiten vereint daran“ – dabei dem Beispiel Jesu Christi folgend –, „diese [zwei großen] Aufgaben zu erfüllen.“17
Es ist wichtig zu beachten, dass die Leitung in der Familie dem patriarchalischen Muster folgt, das sich in mancher Hinsicht von der Priestertumsführung in der Kirche unterscheidet.18 Das patriarchalische Muster bringt mit sich, dass Ehefrau und Ehemann direkt vor Gott Rechenschaft für die Erfüllung ihrer heiligen Aufgaben in der Familie ablegen müssen. Es bedingt eine vollwertige Partnerschaft – die Bereitschaft zur Einhaltung aller Grundsätze der Rechtschaffenheit und Verantwortlichkeit – und bietet Gelegenheiten, sich in einem Umfeld zu entwickeln, das von Liebe und gegenseitiger Hilfsbereitschaft geprägt ist.19 Diese besonderen Aufgaben deuten nicht darauf hin, dass der eine über dem anderen steht. Insbesondere schließen sie jedweden Missbrauch oder die unzulässige Ausübung von Vollmacht aus.
Die Lebensweise Adams und Evas, nachdem sie den Garten von Eden verlassen hatten, veranschaulicht sehr schön, wie Mutter und Vater in puncto Umsorgen und Präsidieren über die Familie zusammenwirken. Dem Buch Mose entnehmen wir, dass sie gemeinsam die Erde im Schweiße ihrer Stirn bebauten, um für das leibliche Wohl ihrer Familie zu sorgen;20 sie brachten Kinder zur Welt;21 sie riefen gemeinsam den Namen des Herrn an und vernahmen seine Stimme „aus der Richtung vom Garten von Eden her“22; sie nahmen die Gebote an, die der Herr ihnen gab, und bemühten sich gemeinsam, sie zu beachten.23 Dann „taten [sie all dies] ihren Söhnen und ihren Töchtern kund“24 und „hörten nicht auf, Gott [gemeinsam] anzurufen“25, wie es ihren Bedürfnissen entsprach.
Meine lieben Brüder und Schwestern, das Umsorgen und das Präsidieren stellen Gelegenheiten dar, die uns nicht auf einen Aufgabenbereich einschränken. Man hat vielleicht eine bestimmte Aufgabe, muss aber nicht unbedingt der Einzige sein, der sie ausführt. Wenn liebevolle Eltern diese beiden großen Aufgaben gut verstehen, sind sie gemeinsam bestrebt, ihre Kinder zu beschützen und für deren körperliches und seelisches Wohlergehen zu sorgen. Zudem helfen sie ihnen, sich den geistigen Gefahren unserer Zeit zu stellen, indem sie sie mit dem guten Wort des Herrn, wie es seinen Propheten offenbart wurde, nähren.
Auch wenn Ehemann und Ehefrau sich in ihren gottgegebenen Aufgaben gegenseitig unterstützen, mögen „Behinderung, Tod und sonstige Umstände … eine individuelle Anpassung erforderlich machen“26. Manchmal muss der eine oder der andere Ehepartner vielleicht die Verantwortung für beide Aufgabenbereiche – ob vorübergehend oder dauerhaft – gleichzeitig auf sich nehmen.
Neulich habe ich eine Frau und einen Mann kennengelernt – beide gehören der Kirche an –, die in einer solchen Situation leben. Als Alleinerziehende haben sie sich jeweils in Absprache mit ihrer Familie und als Partner des Herrn dafür entschieden, ihr Leben dem geistigen und zeitlichen Wohl ihrer Kinder zu widmen. Sie haben ihre mit dem Herrn geschlossenen Tempelbündnisse und seine ewigen Verheißungen nicht aus den Augen verloren, obwohl beide eine Scheidung hinter sich haben. Beide haben den Herrn in allem um Hilfe gebeten und stets alles daran gesetzt, ihre Prüfungen zu ertragen und dem Weg der Bündnisse zu folgen. Sie vertrauen darauf, dass der Herr sie – nicht nur in diesem Leben, sondern in alle Ewigkeit – mit allem Notwendigen versorgen wird. Beide haben ihre Kinder selbst angesichts der schwierigen Umstände mit Milde, Sanftmut und reiner Liebe erzogen und unterwiesen. Soweit ich weiß, lasten diese beiden Alleinerziehenden die Schuld für ihr Unglück nicht Gott an. Stattdessen freuen sie sich – erfüllt vom vollkommenen Glanz der Hoffnung und der Zuversicht – auf die Segnungen, die der Herr für sie bereithält.27
Brüder und Schwestern, der Erretter hat uns ein vollkommenes Beispiel gegeben, was Einigkeit mit dem Vater im Himmel und Harmonie in ihren Absichten und der Lehre angeht. Er hat für seine Jünger gebetet: „Alle sollen eins sein: Wie du, Vater, in mir bist und ich in dir bin, sollen auch sie in uns sein, … damit sie eins sind, wie wir eins sind.“28
Ich bezeuge Ihnen: Wenn wir – als Frau und Mann – in einer echten und gleichberechtigten Partnerschaft zusammenarbeiten und den uns von Gott übertragenen Aufgaben in der Ehe nachkommen, werden wir uns der Einigkeit erfreuen, die der Erretter uns ans Herz gelegt hat. Ich verheiße Ihnen im Namen Christi: Unsere „Herzen [werden] in Einigkeit und gegenseitiger Liebe verbunden“29 sein, wir werden auf unserem Weg zum ewigen Leben mehr Freude erlangen, und unsere Fähigkeit, einander zu dienen und miteinander zu dienen, wird um ein Vielfaches zunehmen.30 Diese Wahrheiten bezeuge ich im heiligen Namen des Erretters Jesus Christus. Amen.