Eingebungen des Geistes
Die ständige Begleitung des Heiligen Geistes ist eine der größten geistigen Gaben, derer sich Mitglieder der Kirche Jesu Christi erfreuen
Einleitung
Vor kurzem richtete man im Sportgeschehen die Augen auf die Fußball-Weltmeisterschaft der Frauen 2023, die Australien und Neuseeland ausrichteten. Spitzensportlerinnen aus über 200 Nationalmannschaften weltweit bewiesen Durchhaltevermögen, Hingabe, Talent und sportliches Können, als sie um die höchste Auszeichnung in der Welt des Fußballs wetteiferten.
Wir staunen über diejenigen, die in zahlreichen Sportarten und sonstigen Disziplinen allerhöchstes Niveau in ihrem Bereich erreichen. Wir sprechen über ihre gottgegebenen Talente oder Gaben. Dies schließt diejenigen ein, die im Tanzen, Turnen, Schauspiel, in der Musik, Kunst, Mathematik, Wissenschaft und weiteren Bereichen begabt sind. Jeder so Begabte weist gottgegebene Gaben auf, die dann ein Leben lang durch harte Arbeit, Studium und Übung weiterentwickelt und verfeinert werden. Gottgegebene Gaben bringen begabte Menschen hervor.
Geistige Gaben einsetzen
Aus dem Blickwinkel des Evangeliums betrachtet stattet Gott seine Kinder mit vielen geistigen Gaben aus, wodurch sie geistig begabte Menschen werden. Mitgliedern der Kirche, die ihre Bündnisse halten, werden Gaben des Geistes zuteil. Zu diesen zählen die Gabe des Zeugnisses, dass Jesus Christus unser Erretter ist, die Gabe des Heiligen Geistes, die Gabe des Glaubens, zu heilen und geheilt zu werden, die Gabe der Unterscheidung, die Gabe, Wunder zu erleben, sowie die Gabe der Weisheit und die der Erkenntnis.1 Der Herr fordert uns auf, ernstlich nach den besten Gaben zu trachten, auch nach geistigen Gaben. Er schenkt uns geistige Gaben, um uns zu segnen und damit wir sie zum Segen anderer gebrauchen.2
Wenn wir nun zu unserer Analogie mit begabten Menschen zurückkehren, sollten wir uns unbedingt vor Augen führen, dass eine Gabe allein noch keinen Meister macht. Auch wenn jemand ein außergewöhnliches angeborenes Talent hat, muss er diese Fertigkeit durch akribisches, mühsames Üben und durch Anstrengung weiterentwickeln und verfeinern, um in seiner Kunst das höchste Niveau zu erreichen. Wenn man ein Geschenk bekommt und auspackt, steht ja auch oft auf dem Beipackzettel die gefürchtete Anweisung „Produkt vor Gebrauch zusammensetzen“.
In ähnlicher Weise, so habe ich beobachtet, ist auch mit geistigen Gaben eine Lernkurve verbunden. Um geistige Gaben einzusetzen, bedarf es geistigen Einsatzes. „Es erfordert geistige Arbeit, im Leben die Führung des Heiligen Geistes zu haben. Dazu gehören inniges Beten und beständiges Schriftstudium. Außerdem müssen wir unsere Bündnisse und Gottes Gebote halten. Und wir müssen jede Woche würdig vom Abendmahl nehmen.“3
Was sind die Früchte, wenn wir geistige Gaben einsetzen? Dazu zählen Eingebungen vom Heiligen Geist, die uns helfen, uns dem zu stellen, was jeden Tag nötig ist, und die uns zeigen, was wir tun und sagen sollen – und wir werden mit innerem Frieden und Trost gesegnet. Wenn wir auf geistige Eingebungen hören und ihnen folgen, vergrößert der Heilige Geist unsere Fähigkeiten und Fertigkeiten, sodass sie weit über das hinausgehen, was wir von uns aus können. Diese kostbaren geistigen Gaben helfen uns in jedem Aspekt unseres Lebens.4
Die ständige Begleitung des Heiligen Geistes ist eine der größten geistigen Gaben, derer sich Mitglieder der Kirche Jesu Christi erfreuen.
Wie wichtig ist diese Gabe? Präsident Russell M. Nelson hat diese Frage nachdrücklich beantwortet, als er erklärte: „Es wird in künftigen Tagen nicht möglich sein, ohne den führenden, leitenden, tröstenden und steten Einfluss des Heiligen Geistes geistig zu überleben.“5
Wie man die Eingebungen des Geistes erbittet und erkennt
Im Lauf meines geistlichen Dienstes habe ich festgestellt, dass sich im Allgemeinen jeder danach sehnt zu wissen, wie man die Eingebungen des Heiligen Geistes erbittet und erkennt. Eingebungen des Geistes sind etwas sehr Persönliches; sie kommen auf verschiedene Weise. Wir dürfen jedoch aus Worten von Propheten aus alter und neuer Zeit schöpfen, die uns wertvolle Erkenntnisse dazu geben, wie man Führung vom Geist erhält.
Lassen Sie mich vier Grundsätze nennen, die Ihnen dabei helfen können, die Eingebungen des Geistes zu erbitten und zu erkennen.
Stehen Sie an heiligen Stätten
Erstens: Stehen Sie an heiligen Stätten.6 Vor kurzem habe ich an den Tagen der offenen Tür des Tokio-Tempels in Japan teilgenommen. Die Reaktion auf offizielle Einladungen, die sowohl Medienvertretern als auch Ehrengästen zugegangen waren, übertraf alle Erwartungen. Hunderte nahmen an den Tempelführungen teil. Die Gäste waren zutiefst bewegt von der Schönheit des Tempels samt all den Mustern und Motiven, die zur japanischen Kultur eine tiefe Verbindung herstellen. Noch ergreifender war jedoch, welche Ehrfurcht und Hochachtung es in den Gästen auslöste, als ihnen in den entsprechenden Räumen heilige Handlungen für Vorfahren erläutert wurden. Aber am herzerwärmendsten war es, wenn der Geist wirkte.
Ein solcher Moment mit einem prominenten Regierungsvertreter ist mir tief ins Gedächtnis eingebrannt. Nach einer kurzen meditativen Stille im celestialen Saal flüsterte er mir überwältigt und tief bewegt ins Ohr: „Sogar die Luft, die ich in diesem Raum einatme, kommt mir anders vor.“ Ich erkannte, dass er versuchte, die Gegenwart des Heiligen Geistes zu beschreiben, der ja an heiligen Orten weilt. Wenn Sie den Geist verspüren möchten, dann halten Sie sich dort auf, wo der Geist leicht weilen kann.
Unsere Tempel und unser Zuhause sind die heiligsten dieser geweihten Orte; dort können wir den Geist leichter zu uns bitten und erkennen. Andere heilige Orte sind etwa Gemeindehäuser, Seminar- und Institutsgebäude sowie historische Stätten und Besucherzentren der Kirche. Stehen Sie an heiligen Stätten.
Halten Sie sich an heilige Menschen
Zweitens: Halten Sie sich an heilige Menschen. Ich führe den zweiten Grundsatz anhand einer weiteren Erinnerung aus.
Ich werde nie vergessen, wie ich in einer beliebten Sportarena an einer Andacht teilnahm. Für gewöhnlich war die Arena mit lärmenden Fans gefüllt, die ihre Mannschaft anfeuerten und vielleicht sogar den Gegner verhöhnten. Aber an diesem Abend war die Atmosphäre ganz anders. Die Arena war mit tausenden jungen Leuten gefüllt, die versammelt waren, um das Leben des Propheten Joseph Smith zu ehren und dessen zu gedenken. Ihr andächtiger, stiller Umgangston, Dankbarkeit und all die vielen ehrfürchtigen Herzen erfüllten die Arena mit der Gegenwart des Heiligen Geistes. Ich konnte es buchstäblich in ihren Gesichtern sehen. Das war die Gabe des Heiligen Geistes in Aktion. Er bestätigte die Zeugnisse, die für Joseph Smith und die Wiederherstellung des Evangeliums gegeben wurden.
Der Geist kann nicht zurückgehalten werden, sondern ist zugegen, wenn heilige Menschen sich versammeln. Wenn Sie den Geist verspüren möchten, dann seien Sie mit Menschen zusammen, in deren Gegenwart der Geist leicht weilen kann. Der Erretter hat es so ausgedrückt: „Denn wo zwei oder drei in meinem Namen versammelt sind, da bin ich mitten unter ihnen.“7 Junge Leute, denkt an eure Zusammenkünfte mit heiligen Menschen: in Kollegien und Klassen, bei FSY und beim Seminar, bei Gemeinde- und Pfahlaktivitäten, ja selbst beim Gemeindechor. Entscheidet euch dafür, mit Leuten zusammen zu sein und dorthin zu gehen, wo Rechtschaffenheit zu finden ist. Zusammen seid ihr stark! Sucht euch gute Freunde. Seid selbst ein guter Freund. Unterstützt einander, wo immer ihr seid. Haltet euch, halten Sie sich an heilige Menschen.
Bezeugen Sie heilige Wahrheiten
Drittens: Bezeugen Sie, sooft Sie können, heilige Wahrheiten. Der Tröster fügt immer seine Stimme hinzu, wenn wir mit unserer Stimme Zeugnis geben. Der Heilige Geist gibt sowohl dem Sprecher als auch dem Zuhörer Zeugnis.
Ich erinnere mich noch an eine 45-minütige Taxifahrt in New York. Auf der langen Fahrt zum Flughafen hatte ich ein sehr nettes Evangeliumsgespräch mit der Fahrerin. Als ich zahlte und aussteigen wollte, wurde mir bewusst, dass ich für das, was ich gesagt hatte, noch nicht Zeugnis abgelegt hatte. Ich hielt inne und gab schlicht und kurz Zeugnis, wodurch der Geist zugegen war, und sie und ich hatten Tränen in den Augen.
Wenn Sie nach Gelegenheiten Ausschau halten, Zeugnis zu geben, und solche Gelegenheiten ergreifen, schaffen Sie Momente, in denen Sie selbst den Geist erkennen können.
Hören Sie auf den Heiligen Geist
Der letzte Grundsatz lautet: Hören Sie auf den Heiligen Geist. Er kann unser ständiger Begleiter sein, spricht aber mit sanfter, leiser Stimme. Der Prophet Elija stellte fest, dass die Stimme des Herrn weder im Sturm noch im Erdbeben noch im Feuer war, sondern ein „sanftes, leises Säuseln“8 war. Sie ist „nicht eine Stimme des Donners“, sondern eher „eine leise Stimme von vollkommener Milde, gleichwie ein Flüstern“, dennoch kann sie „bis tief in die Seele“ dringen.9
Präsident Boyd K. Packer hat erklärt: „Der Geist erregt unsere Aufmerksamkeit nicht, indem er laut ruft oder uns kräftig schüttelt. Vielmehr flüstert er. Er tut sich so sacht kund, dass wir ihn vielleicht gar nicht bemerken, wenn wir zu beschäftigt sind.“10 Ich habe festgestellt, dass seine Stimme manchmal so sanft ist oder ich so beschäftigt bin, dass ein geliebter Mensch sie für mich wahrnimmt. Oftmals sind Eingebungen des Heiligen Geistes durch meine Frau Lesa an mich ergangen. Rechtschaffene Eltern oder Führungsverantwortliche können ebenfalls inspirierte Führung für uns erhalten.
Der Lärm, das Geschrei und die vielen Streitigkeiten überall in der Welt können stille, leise Eindrücke vom Heiligen Geist übertönen. Suchen Sie sich einen ruhigen Ort, einen heiligen Ort, wo Sie sich um Weisung vom Geist bemühen können.
Ein paar mahnende Worte
Wenn Sie über diese Grundsätze, wie man den Geist einlädt und erkennt, nachdenken, dann bedenken Sie die folgenden Warnungen und Ratschläge.11
Prüfen Sie Ihre geistigen Eindrücke. Eindrücke vom Geist sind beispielsweise in Einklang mit den heiligen Schriften und mit den Lehren der lebenden Propheten.
Gehen Sie sicher, dass die Gefühle, die Sie erhalten, mit Ihrem Auftrag vereinbar sind. Wenn Sie nicht kraft der richtigen Vollmacht berufen wurden, erhalten Sie keine Eindrücke vom Geist, anderen Ratschläge zu erteilen oder sie zu korrigieren.
Geistiges lässt sich nicht erzwingen. Sie können eine solche Einstellung und Umgebung fördern, die dem Geist zuträglich sind, und Sie können sich darauf vorbereiten, aber Sie können nicht bestimmen, wie oder wann Inspiration kommt. Seien Sie geduldig und vertrauen Sie darauf, dass Sie das, was Sie benötigen, erhalten, wenn die richtige Zeit gekommen ist.
Gehen Sie nach bestem Ermessen vor. Manchmal möchten wir in allem vom Geist geführt werden. Der Herr möchte jedoch oftmals, dass wir unsere Intelligenz einsetzen, die Gott uns ja gegeben hat, und nach bestem Wissen und Gewissen handeln. Präsident Dallin H. Oaks hat erklärt:
„Das Verlangen, sich vom Herrn leiten zu lassen, ist sicher als Stärke anzusehen, aber gleichzeitig müssen wir uns dessen bewusst sein, dass der himmlische Vater viele Entscheidungen unserem eigenen Urteilsvermögen überlässt. … Wer alle Entscheidungen auf den Herrn abwälzen will und bei jeder Entscheidung um eine Offenbarung bittet, wird schnell feststellen, dass ihm die Weisung, um die er betet, nicht zuteilwird. …
Wir müssen alles mit dem Verstand durcharbeiten. … Anschließend müssen wir um Weisung bitten und dann auch entsprechend handeln. … Wird uns keine Weisung zuteil, müssen wir so handeln, wie wir es für richtig halten.“12
Abschluss und Aufforderung
Abschließend lässt sich sagen: Die Mitglieder der Kirche Jesu Christi sollen ein mit Gaben ausgestattetes Volk sein, das Bündnisse hält. Dennoch muss jeder von uns letztlich bestrebt sein, seine geistigen Gaben einzusetzen, und dann Eingebungen des Geistes erbitten und lernen, sie zu erkennen. Vier Grundsätze, die uns bei diesem wichtigen geistigen Unterfangen helfen, lauten:
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Stehen Sie an heiligen Stätten.
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Halten Sie sich an heilige Menschen.
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Bezeugen Sie heilige Wahrheiten.
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Hören Sie auf den Heiligen Geist.
Ihre Fähigkeit, die Eingebungen des Geistes zu erbitten und zu erkennen, wird sich Schritt für Schritt entwickeln. „Sich an die Sprache des Heiligen Geistes zu gewöhnen ist wie das Erlernen einer Fremdsprache. Es ist ein allmählicher Vorgang, der eifrige, geduldige Anstrengung erfordert.“13
Wie ich anfangs ausgeführt habe: Bitte denken Sie daran, dass Sie als Mitglieder der Kirche Jesu Christi mit Gaben ausgestattet sind. Stellen Sie sich diese vertraute Szene an einem Fastsonntag vor, wie sie mir vor kurzem geschildert wurde: Ein kleines Mädchen, das auf einem Hocker stand, war hinter dem Rednerpult kaum zu sehen. Der Vater stand als Mutmacher neben seiner Tochter und half ihr, indem er ihr leise ins Ohr flüsterte, woraufhin sie stolz erklärte: „Ich bin ein Kind Gottes.“
Als Nächstes gab eine junge Erwachsene Zeugnis. Etwas nervös scherzte sie zu Beginn: „Ich wünschte, ich hätte jemanden, der mir so ins Ohr flüstert.“ Dann hatte sie einen Geistesblitz und bezeugte: „Aber ich habe ja jemanden, der mir so ins Ohr flüstert: den Heiligen Geist!“
Ich schließe mit einer Aufforderung, vor allem an alle Jugendlichen: Viele von euch stehen zu Beginn eines neuen Tages vor dem Spiegel. Haltet morgen, diese Woche, dieses Jahr – immer – inne, wenn ihr euch im Spiegel anseht. Denkt bei euch oder sagt euch, wenn ihr möchtet, laut: „Wow, schau mich an! Ich bin großartig! Ich bin ein Kind Gottes! Er kennt mich! Er liebt mich! Ich bin mit Gaben ausgestattet – ausgestattet mit dem Heiligen Geist als ständigen Begleiter!“
Ich gebe Ihnen, den mit Gaben ausgestatteten Mitgliedern der Kirche Jesu Christi, Zeugnis für Gottvater, Jesus Christus und den Heiligen Geist, der Zeugnis für sie ablegt. Im Namen Jesu Christi. Amen.