2002
Gemeinschaft mit dem Heiligen Geist
März 2002


Botschaft Von Der Ersten Präsidentschaft

Gemeinschaft mit dem Heiligen Geist

Vor einigen Jahren wurde Präsident Gordon B. Hinckley auf einer Pressekonferenz gefragt, was denn heutzutage das größte Problem der Kirche sei. Er gab zur Antwort: „Unser schnelles Wachstum.“

Es ist nun mehr als 170 Jahre her, dass die Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage gegründet wurde. Warum wächst und gedeiht diese Kirche so sehr? Wodurch unterscheidet sie sich von den anderen Kirchen? Als Antwort könnte man einige Besonderheiten unseres Glaubens anführen: So wären etwa die Organisation der Kirche mit Propheten und Aposteln zu nennen, die laut Paulus das Fundament sind (siehe Epheser 2:20), oder die Siebzigerkollegien, die Führung durch das Laienpriestertum, das Missionsprogramm, das Wohlfahrtsprogramm, die Tempel, die genealogische Arbeit und viele weitere Besonderheiten.

Es gibt jedoch noch einen weiteren, einen viel triftigeren Grund für unser Wachstum. Von einer Unterredung zwischen dem Propheten Joseph Smith und dem damaligen Präsidenten der USA, Martin Van Buren, ist Folgendes überliefert: „Der Präsident fragte uns im Laufe unserer Unterredung, worin sich unsere Religion von den anderen Religionen unserer Zeit unterscheide. Bruder Joseph sagte, wir hätten eine andere Art der Taufe und die Gabe des Heiligen Geistes durch Händeauflegen. Alles andere sei unserer Meinung nach in der Gabe des Heiligen Geistes eingeschlossen.“ ( History of the Church 4:42.)

Die Antwort des Propheten war unter anderem darum so inspiriert, weil jedes Mitglied der Kirche bald nach der Taufe das Recht erhält, die wunderbaren Gaben des Heiligen Geistes in Anspruch zu nehmen. Dies ist die Erfüllung einer Verheißung, die der Erretter ausgesprochen hat: „Und ich werde den Vater bitten, und er wird euch einen anderen Beistand geben, der für immer bei euch bleiben soll.“ (Johannes 14:16.)

Erleuchtung Und Einsicht

Diese machtvolle Gabe berechtigt sowohl die Führungskräfte als auch alle würdigen Mitglieder der Kirche, diese Gaben und die Gemeinschaft mit dem Heiligen Geist in Anspruch zu nehmen. Der Heilige Geist ist eine Person der Gottheit; er hat die Aufgabe, zu inspirieren, zu offenbaren und alles zu lehren. Diese Gabe hat sich auf die Kirche in der Weise ausgewirkt, dass Mitglieder und Führungskräfte seit der Gründung der Kirche fortwährend Offenbarung und Inspiration genießen und dadurch zu dem geführt werden, was recht und gut ist. Inspiration und Offenbarung sind unter den Führungskräften und den Mitgliedern so weit verbreitet und allgemein üblich, dass es für alles, was in der Kirche geschieht, eine feste spirituelle Grundlage gibt. Man kann dies sowohl an den großen als auch an den kleinen Zusammenkünften in der Kirche erkennen.

Warum also wächst und gedeiht die Kirche? Weil ihre Mitglieder und die Führungskräfte von Gott geleitet werden. Das ist schon so, seit im Frühjahr 1820 Gott der Vater und Jesus Christus Joseph Smith erschienen sind. Wir glauben jedoch, dass Gott nicht nur die Mitglieder dieser Kirche inspiriert. Die Erste Präsidentschaft hat gesagt: „Die großen religiösen Führer dieser Welt, wie Mohammed, Konfuzius und die Reformatoren – ebenso auch Philosophen wie Sokrates, Plato und andere – haben einen Teil des göttlichen Lichts empfangen. Gott hat ihnen sittliche Wahrheiten gegeben, um ganze Völker zu erleuchten und den Menschen größere Einsicht zu schenken. … Wir glauben, dass Gott allen Völkern genügend Erkenntnis gegeben hat und noch gibt, um ihnen auf dem Weg zur ewigen Errettung zu helfen.“ („Statement of the First Presidency regarding God’s Love for Mankind“, 15. Februar 1978.)

Wir verkünden jedoch feierlich, dass wir eines wissen: Die Errettung in der zukünftigen Welt hängt davon ab, ob jemand das Evangelium Jesu Christi annimmt, wie es in der Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage gelehrt wird. Wichtig für die Errettung ist die persönliche Offenbarung. Der Prophet Joseph Smith hat dazu gesagt: „Niemand empfängt den Heiligen Geist, ohne Offenbarungen zu empfangen. Der Heilige Geist ist ein Offenbarer.“ (Lehren des Propheten Joseph Smith, Seite 335.)

Persönliche Offenbarung

Wer als Mitglied der Kirche durch Händeauflegen die Gabe des Heiligen Geistes empfängt, hat ein Anrecht auf persönliche Inspiration – sowohl was das Alltagsleben angeht als auch bei den großen Entscheidungen im Leben. Wenn wir würdig sind, haben wir ein Anrecht auf Offenbarung für uns selbst, als Eltern auch für unsere Kinder und in der Kirche im Rahmen unserer Berufung. Das Recht auf Offenbarung ist jedoch immer auf den uns anvertrauten Aufgabenbereich beschränkt.

David, der jüngste Sohn Isais, war bloß ein Hirtenjunge, und doch stellte er sich dem Riesen Goliat freiwillig zum Kampf. Der Furcht erregende Riese beschimpfte und beleidigte David und das gesamte Heer Israels aufs Gröbste. David wusste jedoch durch Inspiration, dass er dazu ausersehen war, Israel zu retten. König Saul war vom Glauben und von der Entschlossenheit des Jungen so beeindruckt, dass er ihn gegen Goliat kämpfen ließ. Goliat spottete über Davids Jugend und mangelhafte Bewaffnung. David gab ihm zur Antwort, dass er im Namen des Herrn der Heere gekommen sei, des Gottes der Schlachtreihen Israels, und dass alle erkennen sollen, dass der Herr nicht durch Schwert und Speer Rettung verschafft, „denn es ist ein Krieg des Herrn“ (1 Samuel 17:47). Dann schoss David mit seiner Schleuder einen Stein mit solcher Kraft und Zielsicherheit, dass dieser dem Goliat tief in die Stirn drang. Goliat fiel tot zu Boden und die Philister flohen voll Schrecken.

Was ist aus dem lebendigen Gott Davids geworden? Es widerspricht aller Logik, wollte man behaupten, dass Gott, der so offen und frei mit den Propheten des Alten Testaments gesprochen hat, nun verstummt sein soll.

Wir können fragen: Liebt Gott uns heute weniger als jene Menschen in alter Zeit, die von Propheten geführt wurden? Sind wir auf seine Führung und seinen Rat heute weniger angewiesen? Solche Überlegungen sind gegen alle Vernunft. Ist Gott den Menschen gegenüber gleichgültig geworden? Kann er etwa nicht mehr sprechen? Ist er für immer auf Urlaub gegangen? Schläft er? Die Unvernunft solcher Annahmen ist offenkundig.

Als der Erretter in der Synagoge von Kafarnaum lehrte, erklärte er seine göttliche Abstammung mit Worten, die jedes Missverständnis ausschlossen. Der Apostel Johannes schilderte, was danach geschah:

„Daraufhin zogen sich viele Jünger zurück und wanderten nicht mehr mit ihm umher.

Da fragte Jesus die Zwölf: Wollt auch ihr weggehen?

Simon Petrus antwortete ihm: Herr, zu wem sollen wir gehen? Du hast Worte des ewigen Lebens.

Wir sind zum Glauben gekommen und haben erkannt: Du bist der Heilige Gottes.“ (Johannes 6:66–69.)

Wir bestätigen und bezeugen, dass wir die gleiche heilige Erkenntnis vom göttlichen Wesen Christi haben, wie Petrus sie hatte.

Persönliche Offenbarung bestätigt uns die Wahrheit. Sie führt uns in geistigen und zeitlichen Belangen. Die Mitglieder der Kirche wissen, dass sie Eingebungen des Geistes in allen Lebensbereichen empfangen können, selbst bei kleinen, alltäglichen Entscheidungen. Wie kann man aber wichtige Entscheidungen wie etwa die folgenden treffen und dabei nicht den allmächtigen Gott um Inspiration bitten – etwa bei der Frage: Wen soll ich heiraten? Welchen Beruf soll ich ergreifen? Wo soll ich wohnen? Wie soll ich leben?

Viele glaubenstreue Mitglieder der Kirche sind durch den Geist vor Schaden oder Tod bewahrt worden. So hat beispielsweise Präsident Wilford Woodruff berichtet:

„Als ich von dem Pioniermarsch [1847] nach Winter Quarters zurückkehrte, sagte Präsident [Brigham] Young zu mir: ‚Bruder Woodruff, ich möchte, dass du mit deiner Frau und euren Kindern nach Boston gehst und so lange dort bleibst, bis du alle Heiligen Gottes in Neuengland und Kanada gesammelt und nach Zion geschickt hast.‘

Ich tat, wie er mich geheißen hatte. Ich brauchte zwei Jahre, bis ich alle gesammelt hatte. Ich selbst bildete mit einer Gruppe die Nachhut (wir waren ungefähr hundert Leute). Es ging gerade die Sonne unter, als wir Pittsburgh erreichten. Dort wollten wir nicht bleiben, daher ging ich zu dem ersten Dampfer, der auslaufen sollte. Ich sprach mit dem Kapitän und bezahlte unser Fahrgeld. Das hatte ich gerade erledigt, als der Geist zu mir sagte, und zwar sehr deutlich: ‚Geh nicht an Bord dieses Dampfers, auch deine Gruppe nicht.‘ Ich ging also wieder zum Kapitän und sagte ihm, ich hätte beschlossen, noch zu warten.

Das Schiff lief aus und bereits fünf Meilen flussabwärts brach an Bord ein Feuer aus und dreihundert Menschen kamen in den Flammen um bzw. ertranken sie. Sie können sich vorstellen, welche Folgen es gehabt hätte, wenn ich nicht auf den Geist gehört hätte und mit meiner Gruppe an Bord gegangen wäre.“ ( The Discourses of Wilford Woodruff, Hg. G. Homer Durham [1946], Seite 294 f.)

Wie Man Offenbarung Empfängt

Es gibt gewisse Richtlinien und Vorgaben, an die man sich halten muss, wenn man Offenbarung und Inspiration empfangen möchte. Dazu gehört: Man muss sich erstens aufrichtig und ehrlich bemühen, Gottes Gebote zu halten. Man muss zweitens geistig so eingestimmt sein, dass man eine Botschaft von Gott empfangen kann. Man muss drittens Gott demütig und inständig bitten. Und man muss sich viertens mit festem Glauben um Antwort bemühen.

Ich bezeuge Ihnen, dass jeder aus Inspiration Hoffnung und Kraft schöpfen und Führung erlangen kann. Inspiration ist einer der wertvollsten Schätze im Leben. Durch Inspiration kann man unbegrenzte Gotteserkenntnis erlangen.

Wie funktionieren Offenbarung und Inspiration? Jeder Mensch besitzt sozusagen einen eingebauten Empfänger, der göttliche Eingebungen empfängt, wenn er richtig eingestellt ist. So sagte beispielsweise Elihu zu Ijob: „Es ist der Geist im Menschen, … der ihn verständig macht.“ (Ijob 32:8.) Bei Bedarf kann man sich, wie Nephi, völlig durch den Geist leiten lassen, ohne dass man im Voraus weiß, was man tun soll (siehe 1 Nephi 4:6).

Wie empfängt man Inspiration? Enos hat gesagt: „Während ich so im Geiste rang, siehe, da erging die Stimme des Herrn … an meinen Sinn.“ (Enos 1:10.) Man hört nicht unbedingt eine vernehmbare Stimme. Der Geist der Offenbarung geht mit Bestätigung von Gott einher. „Ich werde es dir im Verstand und im Herzen durch den Heiligen Geist sagen, der über dich kommen und in deinem Herzen wohnen wird“, sagt der Herr (LuB 8:2).

Wie nahm Elija aus Tischbe die Stimme des Herrn wahr? Sie war kein „heftiger Sturm, der die Berge zerriss und die Felsen zerbrach“, und auch kein Erdbeben und kein Feuer. Sie war „ein sanftes, leises Säuseln“ (1 Könige 19:11,12).

Die innere Stimme des Geistes vermag alles zu durchdringen und alles zu durchraunen (siehe LuB 85:6). In den heiligen Schriften steht, dass es „nicht eine Stimme des Donners war, auch nicht eine Stimme von großem, heftigem Lärm, sondern siehe, es war eine sanfte Stimme von vollkommener Milde, gleichwie ein Wispern, und sie drang bis tief in die Seele“ (Helaman 5:30).

Der Herr lässt also dem Verstand durch Offenbarung so deutlich Inspiration zuteil werden, als ob eine Stimme spräche. Als Elder Harold B. Lee (1899–1973) noch dem Kollegium der Zwölf Apostel angehörte, hat er gesagt: „Es fällt mir leicht zu glauben, weil ich als Kind ein schlichtes Zeugnis empfangen habe. Ich war damals zehn, vielleicht elf Jahre alt. Mein Vater hatte mich auf eine Nachbarsfarm mitgenommen, und ich beschäftigte mich dort, bis Vater zur Heimkehr bereit war. Auf der anderen Seite eines Zauns standen ein paar verfallene Hütten, die natürlich die Neugier eines kleinen, abenteuerlustigen Jungen weckten. Ich wollte durch den Zaun kriechen, als ich eine Stimme hörte – und zwar so deutlich, wie Sie mich jetzt hören können: ‚Geh da nicht hin!‘ Die Stimme nannte mich beim Namen. Ich sah mich um, weil ich dachte, mein Vater hätte mich angesprochen, doch der war weit weg am anderen Ende des Feldes. Ich konnte auch sonst niemanden sehen. In dem Augenblick wurde mir klar, dass es Wesen gibt, die man nicht sehen kann, dass ich aber tatsächlich eine Stimme gehört hatte. Und als ich vom Propheten Joseph Smith erzählen hörte oder las, verstand ich, was es bedeutet, eine Stimme zu hören, denn ich selbst hatte auch die Stimme eines unsichtbaren Wesens gehört.“ ( Divine Revelation, Brigham Young University Speeches of the Year [15. Oktober 1952], Seite 5.)

Offenbarung Heute In Der Kirche

Jedes glaubenstreue Mitglied der Kirche hat ein Anrecht auf persönliche Offenbarung, doch gibt es nur einen einzigen Mann auf Erden, der Offenbarung für die ganze Kirche empfängt. Präsident Wilford Woodruff (1807–1898) hat gesagt: „Die Kirche Gottes könnte nicht einmal vierundzwanzig Stunden ohne Offenbarung bestehen.“ ( Discourses of Wilford Woodruff, Seite 61.)

Ein Mitglied hat einmal geschrieben: „Tagtäglich wird durch Offenbarung die grundlegende Wahrheit kundgetan, dass Gott das Evangelium und seine Kirche wiederhergestellt hat.

Tagtäglich werden die Führer der Kirche durch Offenbarung angeleitet, damit sie die Angelegenheiten der Kirche weltweit und auf örtlicher Ebene lenken können.

Tagtäglich werden die Missionare der Kirche vom Geist der Offenbarung bewegt, so dass sie Zeugnis geben und wissen, was sie sagen, was sie tun und was sie mittels des Geistes der Offenbarung lehren sollen.

Tagtäglich wird der Sinn und der Wille des Herrn, wie er in den heiligen Schriften offenbart ist, den Mitgliedern durch den Geist der Offenbarung erläutert.

Tagtäglich nimmt im Herzen der Glaubenstreuen der Glaube zu, weil sie erleben, wie ihnen im Alltag Offenbarung zuteil wird – bei Entscheidungen in Bezug auf Ehe, Beruf, Familie, Geschäftliches, bei der Vorbereitung auf ihren Unterricht oder als Warnung vor Gefahr – kurz, in allen Aspekten des Lebens.

Jeder Heilige der Letzten Tage kann durch den Geist der Offenbarung wissen, dass die folgenden Worte Präsident Joseph Fielding Smiths [1876–1972] wahr sind:

,Der Herr segnet nicht nur die Männer, die an der Spitze des Gottesreiches stehen und dessen Schlüssel innehaben, mit Inspiration, sondern ebenso jedes treue Mitglied der Kirche.‘“ (Roy W. Doxey, Walk with the Lord [1973], Seite 173 f.)

Wer ist heute der Prophet auf Erden? Ich bezeuge Ihnen, dass der heutige Prophet auf Erden Gordon B. Hinckley ist, der Präsident der Kirche. Er ist der Einzige, der alle Schlüssel des Gottesreiches auf Erden innehat. Die Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage ist die Kirche Gottes auf der Erde, und um in der Gegenwart Gottes errettet zu werden, muss man die Fülle des Evangeliums Jesu Christi annehmen, wie es in dieser Kirche gelehrt wird.

Warum hat sich die Kirche in den letzten mehr als 170 Jahren so rapide entwickelt? Und weshalb wächst sie immer schneller weiter? Die Ursache hierfür liegt hauptsächlich an der Offenbarung und Inspiration von Gott.

Ich bete darum, dass wir so leben mögen, dass wir Gemeinschaft mit dem Heiligen Geist haben können, denn auf Weisung des allmächtigen Gottes leitet der Heilige Geist dieses Volk und seine Führer, und zwar seit den schlichten Anfängen der Kirche bis zu der geistigen Macht, die sie heute darstellt.

Für Die Heimlehrer

  1. Jedes Mitglied der Kirche empfängt bald nach der Taufe das Recht, die wunderbaren Gaben des Heiligen Geistes in Anspruch zu nehmen.

  2. Jedes Mitglied der Kirche hat ein Anrecht auf persönliche Inspiration – sowohl was das Alltagsleben angeht als auch bei den großen Entscheidungen im Leben.

  3. Es gibt vier Vorgaben, an die man sich halten muss, wenn man Offenbarung und Inspiration empfangen möchte, und zwar: Man muss sich (a) aufrichtig und ehrlich bemühen, Gottes Gebote zu halten; man muss (b) geistig so eingestimmt sein, dass man eine Botschaft von Gott empfangen kann; man muss (c) Gott demütig und inständig bitten; und man muss sich (d) mit festem Glauben um eine Atwort bemühen.