Von der Liebe meiner Mutter umhüllt
Als ich etwa drei, vier Jahre alt war, diente meine Mutter als Gemeinde-FHV-Leiterin. Zu ihren Aufgaben gehörte es dabei, zu Hause im Keller immer eine Steppdecke in Arbeit zu haben. Die Schwestern kamen und gingen, um eine Weile an der Steppdecke zu arbeiten. Oft zog meine Mutter mir einen Faden durch die Nadel und ließ mich den Schwestern eine Weile bei der Arbeit „helfen“. (Meine ungeschickten Stiche wurden dann stillschweigend wieder entfernt, wenn ich nicht mehr da war.) Ich war mit großer Begeisterung bei der Sache und lernte so schon in jungen Jahren Stepparbeiten und die FHV schätzen.
Ich war erst fünf Jahre alt, als meine Mutter ganz plötzlich starb. Erst viele Jahre später erfuhr ich, dass sie mir ein besonders liebevolles Geschenk hinterlassen hatte. Das Weihnachtsfest in dem Jahr, in dem ich neunzehn wurde, wird mir immer im Gedächtnis bleiben, denn damals habe ich von meiner Mutter ein besonders kostbares Geschenk erhalten, obwohl sie doch schon seit vierzehn Jahren tot war.
Ich hatte nicht gewusst, dass meine Mutter vor ihrem Tod mit der Arbeit an zwei speziellen Steppdecken begonnen hatte – eine für meinen älteren Bruder und eine für mich. Dazu hatte sie kleine Stoffstücke aus meinen Kleidern bzw. seinen Hemden zugeschnitten. Aber noch ehe sie die Stücke zusammennähen und steppen konnte, war sie gestorben.
Als ich neunzehn Jahre alt wurde, hatte meine ältere Schwester die Idee, es sei nun an der Zeit, die Steppdecken für meinen Bruder und mich fertig zu stellen. Deshalb bat sie die Gemeinde-FHV-Leiterin, sich dieser Aufgabe anzunehmen. Die Schwestern nähten die feinen Stiche, ohne groß darüber nachzudenken, wie viel Freude meine Mutter an ihrer Arbeit gehabt hätte.
Die Decke bekam ich dann zu Weihnachten geschenkt. Sie bedeutete mir sehr viel. Aber ich hatte noch keine Vorstellung davon, wie viel sie mir später noch bedeuten würde.
Die Jahre vergingen. Ich heiratete und bekam selbst Kinder. Die Steppdecke lag – in einer Plastiktüte verpackt – in einer Schublade, damit sie geschützt war. Eines Tages nahm ich sie heraus und schaute sie bewundernd an. Da kam einer meiner kleinen Jungen ins Zimmer und fragte mich, woher denn die Steppdecke sei. Ich erklärte ihm, Großmutter Brown habe sie vor ihrem Tod für mich gemacht.
„Wer ist Großmutter Brown?“, fragte mein kleiner Sohn.
Wie sehr schmerzte es mich, dass meine Kinder meine Mutter, die ich so sehr geliebt hatte, niemals kennen gelernt hatten. Es tat mir weh, dass sie sie nicht in die Arme nehmen und ihnen zärtlich zuflüstern konnte, wie lieb sie sie hatte. Ich erklärte meinem Sohn noch einmal, dass Großmutter Brown, also meine Mutter, im Himmel sei und ihn sehr lieb habe.
„Warum hast aber du die Steppdecke, Mama?“, wollte er wissen.
Plötzlich fiel es mir wie Schuppen von den Augen. Ich wusste genau, warum ich die Steppdecke hatte. Ich faltete sie auseinander und legte sie ihm um. „Ich habe diese Steppdecke, damit Großmutter Brown dich umarmen kann, auch wenn sie im Himmel ist“, gab ich zur Antwort.
Ein fröhliches Lächeln zog über sein Gesicht, und ich konnte sehen, dass das die beste Antwort war, die ich ihm hatte geben können.
Seitdem wird die Steppdecke viel häufiger aus der Schublade geholt. Wenn jemand gekränkt oder traurig ist oder eine besondere Portion Liebe braucht, schenkt die Steppdecke ihm Trost. Ich fasse sie gerne an und stelle mir vor, wie meine Mutter die Stoffstücke berührt hat.
Viele Jahre sind inzwischen vergangen und ich kann jetzt selbst richtig steppen. Meine Schwestern und ich haben viel Zeit mit der Anfertigung von Steppdecken zugebracht und dabei über unsere Mutter gesprochen. Weil ich die Jüngste bin, erzählen mir meine Schwestern von ihr, damit ich sie besser kennen lerne. Doch wie viele Geschichten ich auch immer hören mag – nichts hat mir und meinen Kindern mehr geholfen, unser Herz meiner Mutter zuzuwenden, als die Steppdecke, die ich zu Weihnachten geschenkt bekam, als ich neunzehn Jahre alt war.
Bonnie Danielson gehört zur Gemeinde Rancho Del Mar Park, Pfahl Alma, Chandler, Arizona.