2004
Christamaes Mut
April 2004


Christamaes Mut

Meine älteste Tochter Christamae leidet an erblicher Muskelschwäche. Sie kam zwar mehrere Jahre ohne eine Gehhilfe oder einen Rollstuhl aus, aber das Gehen bereitete ihr große Mühe und sie fiel leicht hin.

Mit acht Jahren wirkte sie bei der Darbietung der PV in der Abendmahlsversammlung mit. Christamae steht gern im Mittelpunkt und so freute sie sich sehr auf ihren Auftritt. Ich half ihr, die Ansprache vorzubereiten, und ich erinnere mich, dass ich deutlich spürte, dass sie etwas Tiefgründiges und Bedeutendes sagen wollte. Sie wollte darüber sprechen, was ihr das Opfer Jesu Christi bedeutete. Sie übte ihren Text: „Weil er mich so sehr geliebt hat und so großen Mut hatte, wird mir vergeben, wenn ich umkehre. Und eines Tages, wenn ich auferstehe, bekomme ich einen kräftigen und gesunden Körper.“

Der Tag der Darbietung kam und ich schaute gespannt zu, als sie lächelnd und mit funkelnden Augen zum Rednerpult schritt. Doch dann fiel sie mitten auf dem Weg mit dem Gesicht zu Boden. Ich wusste, dass sie nicht allein aufstehen konnte, aber eine liebe PV-Lehrerin war gleich zur Stelle. Sie half meiner Tochter auf und tröstete sie, wobei sich Christamae an sie lehnte. Ich war dankbar, dass mein Kind in guten Händen war. Ich wollte erst aufspringen und sie zu mir holen, doch dann erinnerte der Heilige Geist mich daran, dass sie eine wichtige Botschaft vorzutragen hatte. Ich wusste auch, dass sie mit sich selbst nicht zufrieden wäre, wenn sie nicht vorne stehen und ihre Ansprache halten könnte.

Als sie mit Tränen in den Augen zu mir herübersah, merkte ich, wie verlegen sie war. Sie schien aber unverletzt zu sein. In diesem Moment konnte ich in ganz geringem Maße nachvollziehen, was unser Vater im Himmel durchgemacht haben muss, als sein Sohn seinen Auftrag ausführte und sich opferte. Ich kämpfte mit den Tränen, machte ihr aber Zeichen, dass sie weitergehen und ihre Ansprache halten solle und dass dann alles in Ordnung kommen würde.

Ich konnte kaum glauben, mit wie viel Mut sie ans Mikrofon trat, um ihre Ansprache mit fester Stimme vorzutragen. Fast allen Anwesenden kamen die Tränen, als sie sagte, wie dankbar sie dem Erretter dafür sei, dass sie eines Tages einen kräftigen Körper haben werde. Durch dieses Erlebnis wurde mir klar, dass so manche Mission nicht in einem gesunden Körper erfüllt werden kann. Was sie an diesem Tag sagte, hätte nicht dieselbe Wirkung erzielt, wenn jemand anders es gesagt hätte.

Diese Erkenntnis ist für mich sehr wichtig, weil ich noch eine weitere Tochter habe, der es genauso geht wie Christamae, und ich selbst an einer leichten Form dieser Krankheit leide. An jenem besonderen Tag vermittelte uns Christamae durch ihren Mut, was das Wunder des Sühnopfers und der Auferstehung Jesu Christi letztlich für uns bewirkt.

Christine Zimpel gehört zur Gemeinde Ceres 2 im Pfahl Turlock in Kalifornien.