Der Herr wachte über Wasel
„[Ruft] den Namen … Gottes um Schutz [an].“ (3 Nephi 4:30.)
Nach einer wahren Begebenheit
Nach einem warmen Sommertag stand die Sonne tief über Pacheco in den Kolonien der Heiligen der Letzten Tage in Mexiko. Die fünfjährige Mae und die zweijährige Wasel spielten draußen und konnten den Rauch, der aus den Schornsteinen und von offenen Feuern aufstieg, riechen. Das Abendessen würde gleich fertig sein. Es dauerte nicht lang, da rief Mama: „Mae! Wasel! Geht euch waschen!“ Die Mädchen gehorchten und eilten zum Essen ins Haus.
Nach dem Essen sagte Mama: „Komm, kleine Wasel.“ Wasel begleitete Mama und Papa jeden Abend, wenn sie die Kühe von der Weide trieben. Mae blieb mit dem kleinen David, der noch ein Baby war, zu Hause bei Tante Hattie. Wasel genoss die Zeit, die sie mit ihren Eltern allein verbringen konnte. Sie war so aufgeregt, dass sie vom Essen aufsprang und mit dem Löffel in der Hand nach draußen lief.
„Ich denke, Wasel kommt heute Abend besser nicht mit. Wir müssen uns um ein paar Pferde kümmern, und der Weg ist vielleicht zu lang für Wasel“, sagte Papa.
Mama nickte. „Wasel, Mama und Papa haben heute Abend einen weiten Weg vor sich. Bring den Löffel ins Haus zurück und gib ihn Tante Hattie. Spiel heute mit den anderen Kindern. Morgen kannst du wieder mit uns die Kühe holen.“
Wasel stand mit dem Löffel in der Hand bewegungslos da. Sie wollte nicht ins Haus zurückgehen.
„Los, lauf schnell heim“, sagte Mama. Wasel wandte sich um und lief zum Haus, doch als ihre Eltern außer Sichtweite waren, legte sie den Löffel neben die Tür und beschloss, trotzdem die Kühe holen zu gehen. Sie kannte den Weg zur Weide. Doch sie wusste nicht, dass ihre Eltern nicht direkt dorthin gegangen waren.
Die Sonne ging unter und die Schatten wurden länger. Wasel ging zielstrebig durch die Felder und bahnte sich ihren Weg durch den Mais. In der Ferne heulten Wölfe. Wasel kam auf einen längeren Weg, der etwas sumpfig war. Sie spürte gern den Matsch zwischen ihren nackten Zehen.
Als Mama und Papa von der Weide zurückkehrten, ging Mama ins Haus, um die Kinder zu Bett zu bringen, und Papa ging in den Stall, um die Tiere zu versorgen.
„Hattie, wo ist Wasel?“, erkundigte sich Mama.
Tante Hattie erstarrte. „War sie nicht bei euch?“
„Doch, aber wir haben sie nach Hause geschickt.“
„Aber ich habe sie nicht gesehen!“, sagte Tante Hattie bestürzt.
Mama und Tante Hattie riefen Wasel und suchten in allen Zimmern und im Hof nach ihr. Dann lief Mama in den Stall.
„Wasel ist weg. Ich gehe sie suchen“, sagte sie zu Papa.
„Bestimmt schläft sie irgendwo“, meinte Papa. „Ich werde im Haus nach ihr suchen.“
Mama war sich sicher, dass Wasel nicht im Haus war. Sie lief zum Fluss und zum Maisfeld und rief: „Wasel! Wasel! Wasel, kannst du mich hören?“ Sie bekam keine Antwort und kehrte zum Haus zurück.
„Ich denke, wir brauchen Hilfe“, sagte Papa.
In dem Moment deutete Tante Hattie zum Fenster. „Seht! Da ist Bruder Carroll.“
Papa eilte nach draußen und hielt ihn auf. „Wasel ist verschwunden“, erklärte Papa.
„Ich bin auf dem Weg zu einer Sitzung in der Kirche“, sagte Bruder Carroll. „Ich werde allen Anwesenden sagen, dass ihr Hilfe bei der Suche nach ihr braucht.“
Als Bruder Carroll Bischof Hardy sagte, dass Wasel verschwunden war, schloss der Bischof die Sitzung und bat die Brüder, nach Wasel zu suchen.
Alle suchten unter den Betten, in den Nebengebäuden und im ganzen Haus. Mama begann, um Wasels Leben zu fürchten. „Wir vergeuden Zeit, wenn wir hier weiter nach ihr suchen. Wir haben bereits alles durchsucht, und ich weiß, dass sie nicht da ist“, sagte sie bestimmt.
Wasels Großvater rief die Männer zusammen. „Wir teilen uns in kleine Gruppen auf und durchkämmen die Umgebung“, sagte er. „Wer sie findet, kommt zurück und feuert als Signal für die übrigen von uns fünf Gewehrschüsse ab.“
Eine Gruppe wurde vom Bischof geführt. Sie folgte dem Weg, der zur Weide führte.
„Hier, Bischof!“, rief einer der Männer. „Kleine Fußabdrücke.“
Die Männer hielten ihre Laternen hoch und folgten konzentriert den Fußspuren, bis sie das Moor erreichten. Der Boden war hier so feucht, dass Fußspuren schon bald wieder verschwanden.
Bischof Hardy wies die Männer an, auf dem matschigen Boden niederzuknien. Dann betete er für Wasels Sicherheit und um Führung, um sie finden zu können.
Bischof Hardy erhob sich mit Tränen in den Augen. Er dachte, er habe etwas gehört und blieb schweigend stehen, um zu lauschen. Dort, ganz schwach – ja! Er konnte sie hören! Die anderen Männer horchten angestrengt, konnten aber nichts hören. „Sie ruft nach ihrer Mama!“, rief Bischof Hardy.
Er lief in die Richtung, aus der die Stimme, die er so deutlich hörte, kam. Er hielt ab und zu an, um zu horchen – „Mama!“ – und lief weiter. Er hastete fast drei Kilometer lang durch Felder und über Hügel. Er erreichte einen zerklüfteten Cañon, der in mattes Mondlicht getaucht war. Dann, auf einmal, entdeckte er Wasel, die erschöpft an einer Felswand entlangging. Bischof Hardy lief zu ihr und nahm sie auf seine Arme. „Mama“, flüsterte Wasel. Dann schlief sie auch schon ein.
Der Bischof trug sie, so schnell er konnte, zum Haus zurück. Mama nahm Wasel in die Arme und ließ den Freudentränen freien Lauf. In einem stillen Gebet dankte sie dem Vater im Himmel dafür, dass er die kleine Wasel sicher nach Hause gebracht hatte.
Peng! Peng! Peng! Peng! Peng! Bischof Hardy feuerte erfreut sein Gewehr ab. Als Papa eintraf, umarmte er seine Frau und seine Tochter und weinte vor Dankbarkeit. Dann knieten sich alle im Kreis hin und Bischof Hardy dankte dem Herrn dafür, dass er Wasel beschützt hatte. Er wusste, dass er Wasels leises Wimmern ohne Gottes Hilfe nicht hätte hören können. Doch der Herr hatte über Wasel gewacht und dem Bischof geholfen, sie zu finden.
Julia Oldroyd gehört zur Gemeinde Rose Canyon 2 im Pfahl Herriman West in Utah.
„Gott [denkt] an uns … und … [ist] bereit, unsere Gebete zu beantworten, wenn wir ihm vertrauen. … [Trachten Sie] durch das Beten nach göttlicher Führung.“
Elder L. Tom Perry vom Kollegium der Zwölf Apostel, „Zurück zum Grundsätzlichen des Evangeliums“, Der Stern , Juli 1993, Seite 89.