Arbeit vermitteln und Auftrieb geben
Die Arbeitsvermittlungsprogramme der Kirche sind von internationaler Reichweite und können Betroffenen auf lange Sicht helfen.
Yanira Torres aus El Salvador ist es schon einmal besser gegangen. Ihr Mann hatte sie verlassen, sie wohnte bei ihren Eltern, und sie war arbeitslos und ohne Einkommen. Noch dazu war ihre kleine Tochter krank und musste rund um die Uhr betreut werden.
Schwester Torres ist Mitglied der Kirche und hatte gehört, dass es in San Salvador ein Büro des Arbeitsvermittlungsdienstes der Kirche gibt; doch solange es ihrer Tochter nicht besser ging, konnte sie keine Arbeit suchen und erst recht keine Vollzeitbeschäftigung annehmen.
Ihr Vater, José, der nicht der Kirche angehört, war ebenfalls arbeitslos, doch er bot ihr an, sich beim Arbeitsvermittlungsbüro zu erkundigen, ob es irgendetwas gebe, was seiner Tochter helfen könne. „Vielleicht kann ich dir ein paar nützliche Unterlagen mitbringen“, sagte er.
Dieser Schritt sollte sein Leben verändern.
José nahm an einem Berufsfindungskurs teil, und was er dort lernte, setzte er in die Tat um. Innerhalb von sechs Monaten hatte er eine gute Stelle als Buchhalter gefunden, und er und seine Frau hatten sich taufen lassen.
Auch Yanira nutzte das, was sie bei der Arbeitsvermittlung lernte, und als es ihrer Tochter wieder besser ging, fand sie eine Stelle als Rezeptionistin.
Rudy Rodríguez, der Leiter des Arbeitsvermittlungsbüros der Kirche in San Salvador, sagt: „Wenn die Familie keine Arbeit hat, dann sehen Vater und Mutter ratlos drein und fragen: ‚Was können wir den Kindern heute zu essen geben?‘ Und so quälen sie die Sorgen bei Tag und bei Nacht, und sie können sich mit gar nichts anderem mehr befassen. Aber wenn sie dann Arbeit finden, wenn sie wieder für sich und ihre Kinder sorgen können, dann ist das wie eine Revolution, die ihr ganzes Leben umkrempelt.“
In diesem Fall war es eine ganz stille Revolution.
Wird wieder irgendwo ein Arbeitsvermittlungsbüro aufgemacht, so fällt das den wenigsten Mitgliedern auf, sagt Harold C. Brown, der Leiter des Wohlfahrtsdienstes der Kirche. „Aber für viele Menschen bringt es bedeutende Verbesserungen mit sich.“
1999 erteilten die Erste Präsidentschaft und das Kollegium der Zwölf Apostel die Genehmigung, die Anzahl der Arbeitsvermittlungsstellen außerhalb der Vereinigen Staaten beträchtlich zu erhöhen; damit kann die Kirche den Menschen helfen, sich marktgerechte Fertigkeiten anzueigen, um einen Arbeitsplatz zu finden, sich selbständig zu machen oder ein schon bestehendes kleines Geschäft besser zu führen. Heute – sechs Jahre später – gibt es Arbeitsvermittlungsbüros der Kirche in 43 Ländern. 2004 konnten dadurch über 200 000 Menschen neue Wege zu Ausbildung, Anstellung oder Selbständigkeit finden.
Diese Instrumente zur Arbeitsbeschaffung sind weltweit eine willkommene Hilfe für Mitglieder in jenen Ländern, in denen die Arbeitslosen- beziehungsweise Unterbeschäftigungsrate extrem hoch ist. Vielerorts gibt es keine vergleichbaren Einrichtungen, die den Mitgliedern helfen könnten, ihre wirtschaftliche Lage zu verbessern. So hat es die Kirche geschafft, tausenden Familien, zurückgekehrten Missionaren und Führern der Kirche vor Ort Hilfe zu bringen.
Der Arbeitsvermittlungsdienst außerhalb der Vereinigten Staaten
Timothy Q. Sloan, der Leiter des Arbeitsvermittlungsdienstes der Kirche, weiß genau, wie ein solches Büro – in welchem Land auch immer – aussehen muss. „Die Büros sind professionell ausgestattet und zentral gelegen“, sagt er. „Es gibt dort Computer mit Internetanschluss, sodass die Arbeitssuchenden nach Stellenangeboten suchen und sich nützliche Informationen beschaffen können. Es gibt dort auch Informationen über örtliche Bildungseinrichtungen sowie Hilfen für Selbständige. Aber noch wichtiger ist, dass das Büro und die ehrenamtlichen Mitarbeiter eine Atmosphäre schaffen, in der arbeitslose Mitglieder, denen es an Mut und Hoffnung fehlt, sich willkommen fühlen und wo ihnen geholfen wird.“
In den meisten Büros sind ausschließlich Missionare und ehrenamtliche Mitarbeiter tätig, aber in manchen gibt es auch bezahlte Vollzeitkräfte. Von den Mitarbeitern wird erwartet, dass sie sich nicht nur mit den Menschen befassen, die Arbeit suchen oder sich selbständig machen wollen, sondern dass sie auch vor Ort Kontakte knüpfen – etwa mit örtlichen Unternehmen, mit Ausbildungsstätten und mit den politisch Verantwortlichen. Durch dieses Netzwerk konnten tausende Arbeitsplätze, Fördermaßnahmen und Stipendien ausfindig gemacht oder erschlossen werden.
Marco Flores, der Leiter des Arbeitsvermittlungsdienstes in Mexiko-Stadt, erzählt von einer Firma, die sich schließlich bereit erklärt hat, die von der Arbeitsvermittlungsstelle empfohlenen Bewerber zu einem Vorstellungsgespräch einzuladen: „Bald danach rief mich die Firma an und sagte: ‚Ihre Bewerber rauchen nicht, sie trinken nicht, sie sind ehrlich, sie sind ordentlich gekleidet, und obendrein kostet uns Ihr Service nichts! Wie machen Sie das?‘
Sie konnten kaum glauben, dass ihnen die Kirche für diese Dienstleistung nichts berechnete. Dieses Unternehmen hat dann mehrere Mitglieder eingestellt, und nun rufen sie unser Büro immer wieder an. ‚Bei uns ist eine Stelle frei‘, sagen sie dann. ‚Und wir möchten einen Heiligen der Letzten Tage anstellen.‘“
Wie Paulo Araujo, der Leiter einer Arbeitsvermittungsstelle in Brasilien, sagt, sind die vielen zurückgekehrten Missionare, die keine Arbeit finden können, ein großes Problem in seinem Land. „Viel zu viele haben keinen ausreichenden Schulabschluss“, sagt er.
Bruder Sloan ist durch Brasilien gefahren und hat Schulen besucht, an denen auch Erwachsene einen Schulabschluss machen können. „Eine Schule war ganz besonders gut. 90 % der Schüler, die den sechs Monate dauernden Kurs belegten, schafften anschließend die Prüfung.“
Die Schule hatte keinerlei finanzielle Schwierigkeiten, doch es gab noch viele freie Plätze. „Wenn wir bloß mehr Schüler hätten“, sagte der Schulleiter. Bruder Sloan erzählte ihm, dass so mancher zurückgekehrte Missionar wahrscheinlich gern diese Schule besuchen würde. „Sollen wir diesen jungen Männern und Frauen empfehlen, den Schulabschluss an Ihrer Schule zu machen?“, fragte er.
„Wir würden uns über solche Schüler sehr freuen“, entgegnete der Schulleiter.
„Und wenn wir Ihnen ganze Gruppen schicken, könnten wir dann eine Ermäßigung von 10 oder 20 oder gar 50 Prozent auf das Schulgeld bekommen?“
Ja, nickte der Direktor, das ließe sich durchaus machen. Am Ende des Gesprächs einigte man sich auf eine Ermäßigung des Schulgeldes in Höhe von 45 Prozent. Als diese Ermäßigung sichergestellt war, wandten sich mehr als die Hälfte der zurückgekehrten Missionare, die diese Schule besuchten, um finanzielle Unterstützung an den Ständigen Ausbildungsfonds der Kirche, der Mitgliedern in Entwicklungsgebieten ein Darlehen gewährt. Dieses Arrangement machte es ihnen möglich, sich weiterzubilden.
Die Arbeitsvermittlungsstellen der Kirche arbeiten eng mit dem Ständigen Ausbildungsfonds zusammen, sagt Bruder Sloan. „Bewerber beim SAF müssen den Berufsfindungskurs besuchen, wo ihre beruflichen und schulischen Möglichkeiten ausgelotet werden. Der Arbeitsvermittlungsdienst hilft den Lernenden, die vom SAF gefördert werden, eine Teilzeitbeschäftigung zu finden sowie weitere mögliche finanzielle Quellen, wie etwa Stipendien, Darlehen und so weiter, ausfindig zu machen. Wenn dann die Ausbildung abgeschlossen ist, hilft der Arbeitsvermittlungsdienst bei der Suche nach einer Vollzeit-Arbeitsstelle, die den Betreffenden und seine Familie ernähren kann.“
Wenn sich die Leiter der Arbeitsvermittlungsstellen in einem Gemeinwesen nach offenen Stellen umsehen, geschieht oft Erstaunliches. In Peru hat sich die Vermittlungsrate in den vergangenen drei Jahren nahezu verdoppelt. Benedicto Pacheco, der Leiter des Arbeitsvermittlungsdienstes, sagt, das Geheimnis des Erfolgs liege darin, dass langfristige Kontakte zu Firmen und Behörden geknüpft werden. In Lima ist beispielsweise das Büro für Arbeitsvermittlung der Kirche ein strategisches Bündnis mit den Behörden eingegangen. Das Arbeitsvermittlungsbüro der Kirche hat Zugang zur staatlichen Datenbank der Stellenangebote, in der täglich 250 neue Arbeitsstellen ausgeschrieben werden, und unser Vermittlungsbüro gilt als wichtiger Partner bei der Besetzung dieser Stellen. Dabei werden durchaus nicht nur Stellen im unteren Lohnsegment vermittelt. Die Arbeitsvermittlungsstelle in Lima hat vor kurzem 40 Bewerber in leitender Stellung untergebracht. Diese Leute können dadurch nicht nur weitaus besser für ihre Familie sorgen, sondern sie dienen damit auch als exzellente Botschafter für die Kirche.
Im Arbeitsvermittlungsdienst werden auch Kurse für den Weg in die Selbständigkeit abgehalten. „In meinem Land stehen viele Menschen vor dem Problem“, sagte Bruder Pacheco, „dass sie nur einen Arbeitsplaz bekommen, wenn sie ihn sich selbst schaffen. Daher bieten wir hier Kurse an, in denen man lernt, wie man sich selbständig machen kann. Mit den Kenntnissen und Mitteln, die ihnen hier bei uns zur Verfügung gestellt werden, haben in diesem Jahr schon über 150 Menschen ein kleines Unternehmen aufgebaut.“
Workshops
Auch der Berufsfindungskurs ist ein überaus wichtiges Instrument, denn dort lernt man, sich Ziele zu stecken und die eigenen Talente und Fähigkeiten zu entdecken. Für die meisten Teilnehmer ist das eine aufregende Forschungsreise, die Hoffnung und Motivation bringt. Im Rahmen des Workshops werden konkrete, nützliche Fertigkeiten vermittelt, die bei der Arbeitssuche oder bei der Suche nach Fortbildungsmöglichkeiten einen wesentlichen Wettbewerbsvorteil verschaffen. Oft genug bedeutet dieser Vorteil eine lohnende Berufstätigkeit statt Enttäuschung und Hoffnungslosigkeit.
Ein Pfahlpräsident aus Südamerika war beispielsweise ein langes Jahr auf Arbeitssuche gewesen und hatte sich erst dann in den Workshop eingeschrieben. Anhand dessen, was er dort lernte, kleidete er sich etwas anders, gestaltete seinen Lebenslauf ein wenig anders, konnte sich in 30 Sekunden vorstellen und übte Bewerbungsgespräche. Seine neuen Fertigkeiten verhalfen ihm zu einer Anstellung als Hauptbuchhalter in einem großen Unternehmen.
Der Selbständigkeits-Workshop ist ein neues Programm, das vielen Familien in Afrika, Asien und Lateinamerika hilft, eine kleine Firma auf die Beine zu stellen oder das bestehende Geschäft besser zu führen. Im Workshop werden Grundlagen und Strategien für den geschäftlichen Erfolg vermittelt. Überdies werden Kontakte zwischen den Mitgliedern und örtlichen Stellen hergestellt – etwa zu so genannten Kleinstkreditgebern, die bei der Gründung eines kleinen Unternehmens Unterstützung gewähren, oder zu Institutionen, die durch Schulungsmaßnahmen die Chance auf Erfolg erhöhen.
Berufsfindungskurse werden in den meisten Arbeitsvermittlungstellen in aller Welt regelmäßig abgehalten und stehen den Mitgliedern und ihren Bekannten offen. Außerdem können diese Workshops auf Gemeinde- oder Pfahlebene (beziehungsweise im Zweig oder Distrikt) für die Mitglieder des jeweiligen Gebiets abgehalten werden. Zur Anmeldung muss man nur den Arbeitsmarktspezialisten oder den nächsten Arbeitsvermittlungsdienst der Kirche anrufen. Die Kurse gehen über 2 oder 3 Tage und dauern insgesamt 10 bis 12 Stunden.
Die Arbeitsvermittlungsdienste konzentrieren sich natürlich in erster Linie auf die Mitglieder der Kirche, doch können auch Andersgläubige in die Büros kommen. „Oft kommt jemand herein und sieht, wie wir jedem Menschen mit Liebe begegnen und uns seiner annehmen, ganz gleich, welcher Glaubensrichtung er angehört; und das geht den Besuchern zu Herzen“, sagt Paulo Araujo. „In den vergangenen paar Jahren haben sich in Santiago de Chile schätzungsweise 200 Menschen der Kirche angeschlossen, nachdem sie sie durch die Arbeitsvermittlungsstelle kennen gelernt haben.“
Eine Schar ehrenamtlicher Mitarbeiter
Die Arbeit der Arbeitsvermittlungsdienste ruht zum großen Teil auf den Schultern von ehrenamtlichen Mitarbeitern.
Einen Tag nach der Eröffnung der Arbeitsvermittlungsstelle in Rio de Janeiro tauchten unangemeldet 15 Freiwillige auf – zehn davon Hausfrauen. „Wir wollen mithelfen“, sagten sie. Sie wussten, was für einen Nutzen ihre Brüder und Schwestern, ihre Kinder und ihre Nachbarn aus diesem Büro ziehen konnten, und sie wollten etwas dazu beitragen.
Pro Jahr werden in den Arbeitsvermittlungsstellen in aller Welt mehr als eine Million Arbeitsstunden unentgeltlich geleistet; damit wird Menschen geholfen, die an einem wichtigen Scheideweg im Leben stehen. Manche ehrenamtliche Helfer sind ein paar Stunden pro Woche tätig, indem sie einen Workshop leiten oder einen Arbeitssuchenden betreuen. Andere wieder sind Missionare im Kirchendienst oder Vollzeitmissionare.
„Tag für Tag knien sich viele Mütter, Väter und Kinder hin und bitten den Herrn, dass er ihnen hilft, Arbeit zu finden“, sagt Bruder Brown. „Und wenn sie dann Arbeit gefunden haben – wenn Mutter und Vater ihren Kindern zu essen und ein Zuhause geben können –, dann wendet sich fast alles für sie zum Besseren.“
Die Familien sind dann gefestigter und können für sich selbst sorgen, und so können sie dann auch besser im Gottesreich dienen und es mit aufbauen. Indem sich die Kirche der Arbeitslosen und Unterqualifizierten annimmt, sagt Bruder Sloan, „tragen wir dazu bei, dass die Kirche in der ersten und zweiten Generation fest verankert wird und der Wunsch, auf eigenen Beinen zu stehen, in den Familien der Mitglieder tiefe Wurzeln schlägt“.
Ob die Kirche in Ihrem Gebiet Dienstleistungen zur Arbeitsvermittlung anbietet und welche, erfahren Sie von Ihrem Arbeitsmarktspezialisten oder von den Führungskräften Ihrer Gemeinde oder Ihres Zweiges.
Fakten zum Arbeitsvermittlungsdienst der Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage
Länder mit Arbeitsvermittlungsstellen außerhalb der USA und Kanadas |
41 |
Arbeitsvermittlungsstellen außerhalb der USA und Kanadas (bezahlte und ehrenamtliche Mitarbeiter) |
156 |
Arbeitsvermittlungsstellen in den Vereinigten Staaten und Kanada (bezahlte und ehrenamtliche Mitarbeiter) |
109 |
Arbeitsstunden in den arbeitsvermittlungsstellen 2004
International |
USA und Kanada |
Gesamt | |
Missionarsstunden |
269.781 |
461.227 |
731.008 |
Ehrenamtlich geleistete Stunden |
296.379 |
54.737 |
351.116 |
Insgesamt |
566.160 |
515.964 |
1.082.124 |
Vermittlung und fortbildung 2004
International |
USA und Kanada |
Gesamt | |
Vermittelte Stellen |
66.858 |
78.714 |
145.572 |
Neue Selbständige |
6.339 |
3.093 |
9.432 |
In Fortbildungsmaßnahmen |
31.889 |
13.941 |
45.830 |
Insgesamt |
105.086 |
95.748 |
200.834 |