Ich werde sie schon loswerden!
Ich war zwanzig Jahre alt und die meiste Zeit meines Lebens Mitglied der Kirche meiner Eltern gewesen. Aber seit drei Jahren ging ich nicht mehr zur Kirche, weil ich mich mit anderen Glaubensrichtungen und Philosophien befasste, obwohl mir keine davon richtig erschien.
Eines Tages kam ich nach Hause und fand dort meinen Bruder und meinen besten Freund vor. Sie sagten mir, zwei junge Frauen seien vor kurzem zu Besuch gewesen und hätten meinem Bruder ein Buch dagelassen. Mein Bruder hatte daraufhin meinen besten Freund gebeten, auch zu kommen, wenn die beiden wiederkamen. Er sollte ihnen nämlich sagen, dass sie nicht mehr kommen sollten.
Aber als die Missionarinnen dann da waren, sagte mein Freund zu ihnen: „Kommen Sie bitte in drei Tagen wieder, denn ich möchte hören, was Sie für Lektionen haben.“
Mein Bruder regte sich furchtbar auf. Ich wollte von meinem Freund wissen, was er sich dabei gedacht hatte, aber er sagte bloß: „Na, das sind doch hübsche Mädchen, und sie sprechen sehr schön über Jesus Christus.“
„Na, dann werde ich sie eben loswerden“, sagte ich, sehr überzeugt von mir.
Doch zwei Wochen später hatte ich dies noch immer nicht geschafft. Sie unterwiesen inzwischen meinen Bruder, meine Schwester und viele meiner Freunde. Auf allen Seiten war ich von ihnen umgeben, und ich wusste nicht einmal, wie es dazu gekommen war, dass ich mich derartig belagert fühlte.
Eine Woche später sagte mir mein Bruder, dass zwei meiner Freunde sich bereits hatten taufen lassen und der Dritte am darauf folgenden Sonntag getauft würde. Ich willigte ein, mitzugehen und bei der Taufe meines Freundes dabei zu sein. „Aber das ist doch verrückt“, sagte ich mir.
Am Sonntag lernte ich schließlich die beiden Missionarinnen kennen, die mir so viele Kopfschmerzen verursacht hatten. Nach dem Taufgottesdienst kamen sie zu mir, gaben mir ein Buch Mormon und fragten mich, ob ich mir die erste Lektion anhören wolle. Alles in mir setzte sich zur Wehr und schrie: „Nein!“ Aber nach außen hin traten mir Tränen in die Augen, und ich sagte zu allem: „Ja!“
Eine Woche später besuchte ich den Taufgottesdienst eines weiteren Freundes. Und am Sonntag darauf ließen sich mein bester Freund und ich taufen.
Fast ein Monat verging. Ich wollte nicht nur glauben, sondern sicher wissen, dass das alles wahr ist. So beschloss ich eines Sonntags, nicht zur Kirche zu gehen, sondern woanders hin, um zu beten. Ich begab mich zu einem Hügel, der etwa neun Kilometer außerhalb der Stadt lag. Dort fand ich ein abgeschiedenes Plätzchen, wo ich ungestört war. Ich las fast eine Stunde lang im Buch Mormon, sann darüber nach, betete um Antwort und wollte erst wieder gehen, wenn ich eine Antwort erhalten hatte. Doch dann ereignete sich etwas Unerwartetes: In mir regte sich der Wunsch, zur Kirche zu gehen. Das Herz schlug mir bis zum Hals. Das war die Antwort!
Fast gegen meinen Willen stieg ich aufs Fahrrad, fuhr zur Stadt zurück und beeilte mich, möglichst rasch zum Gemeindehaus zu kommen. Zu meiner Überraschung fing die Versammlung gerade erst an.
Seit damals weiß ich: Dies ist das wahre Evangelium Jesu Christi, und dies ist seine Kirche. Das ist die Botschaft, die ich auf Mission verkündet habe, wobei ich bemüht war, so ein Missionar zu sein wie die beiden Missionarinnen, die ich nicht loswerden konnte.
John Jairo Montoya gehört zur Gemeinde Cartago im Pfahl Pereira in Kolumbien.