Begib dich auf eine höhere Ebene!
Wir stehen vor der Wahl: Wir können auf unsere eigene Kraft vertrauen oder uns auf eine höhere Ebene begeben und zu Christus kommen.
Am 26. Dezember 2004 ereignete sich vor der Küste Indonesiens ein gewaltiges Seebeben und löste einen tödlichen Tsunami aus, der über 200 000 Menschenleben forderte. Das war eine entsetzliche Katastrophe. An nur einem Tag änderte sich das Leben von Millionen Menschen.
Doch es gab eine Gruppe, deren Dorf zwar zerstört wurde, die jedoch nicht einen Verletzten zu beklagen hatte.
Warum?
Sie wusste, dass ein Tsunami kommt.
Die Moken leben in Dörfern auf Inseln vor der Küste von Thailand und Birma (Myanmar). Die meisten von ihnen sind Fischer, und ihr Leben ist abhängig vom Meer. Hunderte, vielleicht sogar tausende Jahre haben ihre Vorfahren den Ozean erforscht und ihre Erkenntnisse von Vater an Sohn weitergegeben.
Besonders wichtig bei dieser Unterweisung war ihnen, was man zu tun hat, wenn sich der Ozean zurückzieht. Ihre Überlieferungen besagen, dass in so einem Fall der „Labun“ – eine Welle, die Menschen frisst – bald darauf eintrifft.
Als die Dorfältesten die gefürchteten Zeichen sahen, riefen sie jedermann zu, sich eilends auf eine höhere Ebene zu begeben.
Nicht alle hörten darauf.
Ein alter Fischer sagte: „Keines der Kinder glaubte mir.“ Sogar seine eigene Tochter bezeichnete ihn als Lügner. Aber der alte Fischer gab erst Ruhe, als alle das Dorf verlassen und in höher gelegenes Gelände geflüchtet waren.1
Die Moken hatten Glück, weil sie jemanden hatten, der sich seiner Sache sicher war und sie vor dem warnte, was da auf sie zukam. Die Dorfbewohner hatten Glück, weil sie auf ihn hörten. Hätten sie das nicht getan, wären sie vielleicht umgekommen.
Der Prophet Nephi schrieb über die große Katastrophe seiner Zeit, über die Zerstörung Jerusalems. „Wie eine Generation unter den Juden wegen Übeltuns vernichtet worden ist“, sagt er, „so sind sie auch von Generation zu Generation gemäß ihren Übeltaten vernichtet worden, und niemals ist eine von ihnen vernichtet worden, ohne dass es ihnen von den Propheten des Herrn vorhergesagt worden ist.“2
Seit den Tagen Adams hat der Herr zu seinen Propheten gesprochen. Seine Botschaft ist zwar jeweils auf die konkreten Bedürfnisse der Zeit zugeschnitten, aber eine Aussage verändert sich nie: „Meide Übeltun“ und „begib dich auf eine höhere Ebene“.
Wenn die Menschen die Worte der Propheten beachten, segnet der Herr sie. Wenn sie jedoch sein Wort verwerfen, folgt darauf oftmals Kummer und Leid. Auf diese wichtige Lektion stoßen wir immer wieder im Buch Mormon. Wir erfahren etwas über die früheren Bewohner Amerikas, die aufgrund ihrer Rechtschaffenheit vom Herrn gesegnet wurden und wohlhabend wurden. Doch oft stellte sich dieser Wohlstand als Fluch heraus, denn dadurch verhärteten sie ihr Herz und vergaßen den Herrn, ihren Gott.3
Der Wohlstand hat etwas an sich, was bei manchen Menschen die schlechtesten Seiten zum Vorschein bringt. Im Buch Helaman lesen wir von einer Gruppe Nephiten, die große Verluste und zahlreiche Gemetzel erlebten. Über sie lesen wir: „Und es war wegen ihres Herzensstolzes, wegen ihres übergroßen Reichtums, ja, es war, weil sie die Armen bedrückten, ihre Nahrung den Hungrigen vorenthielten, ihre Kleidung den Nackten vorenthielten und ihre demütigen Brüder auf die Wange schlugen und das, was heilig war, verspotteten und den Geist der Prophezeiung und der Offenbarung leugneten.“4
Dieses Leid wäre ihnen erspart geblieben, wäre „da nicht ihre Schlechtigkeit … gewesen“5. Hätten sie doch nur auf die Worte der Propheten zu ihrer Zeit gehört und sich auf eine höhere Ebene begeben – ihr Leben wäre völlig anders verlaufen!
Die logische Konsequenz für diejenigen, die vom Weg des Herrn abweichen, ist, dass sie ihrer eigenen Stärke überlassen sind.6 Wenn wir mit Erfolg verwöhnt sind, kann uns der Gedanke kommen, dass unsere eigene Kraft ausreichend ist, doch wer sich auf den Arm des Fleisches verlässt, merkt bald, wie schwach und unzuverlässig er in Wahrheit ist.7
Beispielsweise war Salomo zunächst dem Herrn gehorsam und hielt sich an dessen Gesetz. Darum war er erfolgreich und wurde nicht nur mit Weisheit, sondern auch mit Reichtum und Ehre gesegnet. Der Herr verhieß ihm, wenn er weiterhin rechtschaffen lebe, „werde ich deinen Königsthron auf ewig in Israel bestehen lassen“.8
Doch sogar nachdem er himmlische Wesen gesehen und mehr Segnungen empfangen hatte als sonst ein Mensch, wandte sich Salomo vom Herrn ab. Deshalb verfügte der Herr, dass das Königreich dem Salomo entrissen und seinem Diener gegeben werden sollte.9
Dieser Diener hieß Jerobeam. Er war ein tüchtiger Mann vom Stamm Efraim. Salomo hatte ihn zum Aufseher über etliche Arbeiter ernannt.10
Eines Tages, als Jerobeam unterwegs war, kam ein Prophet auf ihn zu und prophezeite ihm, dass der Herr dem Salomo das Königreich entreißen und zehn der zwölf Stämme Israels Jerobeam übergeben werde.
Durch seinen Propheten verhieß der Herr dem Jerobeam: „Wenn du … tust, was mir gefällt, … werde ich mit dir sein. Ich werde dir ein Haus bauen, das Bestand hat, wie ich es für David gebaut habe, und dir Israel übergeben.“11
Der Herr erwählte Jerobeam und verhieß ihm bemerkenswerte Segnungen. Dafür musste er nur die Gebote halten und sich auf eine höhere Ebene begeben. Nach Salomos Tod gingen die Worte des Propheten in Erfüllung: Zehn der zwölf Stämme Israels folgten Jerobeam.
Gehorchte der neue König dem Herrn, nachdem ihm solche Gunst erwiesen worden war?
Leider nicht. Er ließ goldene Kälber errichten und forderte sein Volk auf, diese anzubeten. Er führte auch sein eigenes „Priestertum“ ein: Er wählte nach seinem Gutdünken Männer aus und weihte diese als Priester für die Kulthöhen.12 Um es kurz zu machen: Obwohl der König so große Segnungen vom Herrn empfangen hatte, war er schlimmer als alle seine Vorgänger.13 In den folgenden Generationen diente Jerobeam als Maßstab, mit dem die schlechten Könige Israels verglichen wurden.
Weil Jerobeam so verderbt war, wandte sich der Herr von ihm ab. Aufgrund der Schlechtigkeit des Königs verfügte der Herr, dass der König und seine gesamte Familie vollständig ausgerottet werden sollten. Diese Prophezeiung ging später buchstäblich in Erfüllung. Die Nachkommen Jerobeams verschwanden vom Erdboden.14
Salomo und Jerobeam sind Beispiele für den Teufelskreis, der im Buch Mormon so häufig veranschaulicht wird. Wenn die Menschen rechtschaffen leben, lässt der Herr es ihnen wohl ergehen. Wohlstand führt häufig zu Stolz, und der zieht Sünde nach sich. Sünde führt zu Schlechtigkeit und dazu, dass das Herz sich gegen das, was vom Geist kommt, verhärtet. Schließlich mündet dieser Weg in Kummer und Leid.
Dieses Muster wiederholt sich nicht nur im Leben von einzelnen Menschen, sondern bei Städten, Nationen, ja, bei der ganzen Welt. Die Folgen, wenn man den Herrn und seine Propheten ignoriert, kommen gewiss und sind oft mit großem Leid und Reue verbunden. In unserer Zeit hat der Herr gewarnt, dass die Schlechtigkeit letzten Endes zu „Hungersnot und Plage und Erdbeben und … Donner des Himmels“ führt, bis „die Bewohner der Erde den Grimm und den Unwillen und die züchtigende Hand eines allmächtigen Gottes zu spüren bekommen“15.
Man muss jedoch auch wissen, dass vielen guten und anständigen Menschen von anderen Menschen oder den Naturgewalten Unheil widerfährt. Die ersten Heiligen dieser Evangeliumszeit wurden verfolgt und aus ihren Häusern vertrieben. Manche kamen ums Leben. Aber vielleicht entwickelten sie gerade weil sie so viel aushalten mussten die innere Kraft, die sie für das Werk, das noch vor ihnen lag, unbedingt brauchten.
Dergleichen kommt auch heutzutage vor.
Da wir gegen Unglück nicht gefeit sind, müssen wir daraus lernen.
Die heiligen Schriften zeigen zwar auf, welche Folgen Ungehorsam hat, sie führen uns aber auch vor Augen, was geschieht, wenn man auf den Herrn hört und seinen Rat beachtet.
Als die verderbte Stadt Ninive die warnende Stimme des Propheten Jona vernahm, rief man laut zum Herrn, übte Umkehr und blieb von der Zerstörung verschont.16
Weil die Menschen zu Henochs Zeiten so gottlos waren, gebot der Herr dem Henoch, den Mund aufzutun und die Menschen aufzurufen, von ihrer Schlechtigkeit zu lassen und dem Herrn, ihrem Gott, zu dienen.
Henoch schob seine Angst beiseite und tat, was ihm geboten war. Er ging unter das Volk, rief mit lauter Stimme und gab Zeugnis gegen die Werke der Menschen. Aus den heiligen Schriften erfahren wir, dass alle Menschen Anstoß an ihm nahmen. Sie waren sich einig, dass etwas Seltsames im Land vorgehe und dass ein „wilder Mann“ zu ihnen gekommen sei.17
Obwohl viele Henoch hassten, glaubten die Demütigen seinen Worten. Sie ließen von ihren Sünden ab, begaben sich auf eine höhere Ebene, „und [waren] auf den Bergen … gesegnet und auf den hohen Plätzen, und es erging ihnen wohl“18. In diesem Fall führte Wohlstand nicht zu Stolz und Sünde, sondern zu Mitgefühl und Rechtschaffenheit. „Und der Herr nannte sein Volk Zion, weil sie eines Herzens und eines Sinnes waren und in Rechtschaffenheit lebten; und es gab keine Armen unter ihnen.“19
Nach seiner Auferstehung erschien der Erretter in Amerika. Durch sein wundersames Wirken wurde den Menschen das Herz erweicht, sie ließen von ihren Sünden ab und begaben sich auf eine höhere Ebene. Sie behielten seine Worte im Herzen und bemühten sich, seinem Beispiel zu folgen.
Sie waren so rechtschaffen, dass es unter ihnen keine Konflikte gab, und sie gingen gerecht miteinander um. Sie teilten bereitwillig ihre Habe miteinander, und es erging ihnen ausgesprochen wohl.
Über dieses Volk heißt es: „Gewiss konnte es kein glücklicheres Volk unter allem Volk geben, das von der Hand Gottes erschaffen worden war.“20
Heute stehen wir vor einer ähnlichen Entscheidung: Wir können töricht sein und die Propheten Gottes ignorieren, auf unsere eigene Kraft bauen und letzten Endes die Folgen dafür tragen. Wir können aber auch klug sein, uns dem Herrn nahen und Anteil an seinen Segnungen haben.
König Benjamin beschreibt beide Wege und die jeweiligen Folgen. Er sagt, diejenigen, die sich vom Herrn abwenden, werden „einer furchtbaren Einsicht ihrer eigenen Schuld und Gräuel überantwortet, was sie vor der Gegenwart des Herrn zurückschrecken lässt in einen Zustand des Elends und endloser Qual“21.
Doch diejenigen, die sich auf eine höhere Ebene begeben und die Gebote Gottes halten, „sind gesegnet in allem, sowohl zeitlich als auch geistig, und wenn sie bis ans Ende getreulich aushalten, werden sie in den Himmel aufgenommen, sodass sie dadurch mit Gott in einem Zustand nie endenden Glücks weilen“22.
Woher wissen wir, in welche Richtung wir uns bewegen? Als der Erretter auf Erden wirkte, wurde er einmal gefragt, was das wichtigste Gebot sei. Ohne zu zögern sagte er:
„Du sollst den Herrn, deinen Gott, lieben mit ganzem Herzen, mit ganzer Seele und mit all deinen Gedanken. Das ist das wichtigste und erste Gebot. Ebenso wichtig ist das zweite:
Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst. An diesen beiden Geboten hängt das ganze Gesetz samt den Propheten.“23
In diesen Versen sagt der Herr ganz klar, wie man wissen kann, ob man auf dem richtigen Weg ist. Wer sich auf eine höhere Ebene begibt, liebt den Herrn von ganzem Herzen. Man kann im Leben dieser Menschen diese Liebe erkennen. Sie suchen ihren Gott im Gebet und flehen um seinen Heiligen Geist. Sie demütigen sich und öffnen ihr Herz für die Lehren der Propheten. Sie machen ihre Berufung groß und wollen lieber dienen, als sich dienen zu lassen. Sie treten als Zeugen Gottes auf. Sie halten seine Gebote und festigen ihr Zeugnis von der Wahrheit.
Die Kinder des himmlischen Vaters liegen ihnen am Herzen, und das merkt man ihnen auch an. Sie kümmern sich um ihre Brüder und Schwestern. Sie umsorgen ihren Ehepartner und die Kinder, sie dienen ihnen und unterstützen sie. Voller Liebe und Güte erbauen sie die Menschen in ihrer Umgebung. Sie geben freimütig von dem ab, was sie besitzen. Sie trauern mit den Trauernden und trösten diejenigen, die des Trostes bedürfen.24
Dieser Weg zu einer höheren Ebene ist der Pfad, den ein Jünger des Herrn Jesus Christus beschreitet. Diese Reise wird uns letztlich zusammen mit unserer Familie zur Erhöhung in der Gegenwart des Vaters und des Sohnes führen. Daher muss auch das Haus des Herrn auf dem Weg zu einer höheren Ebene liegen. Wenn wir zu Christus kommen und uns auf eine höhere Ebene begeben, haben wir den Wunsch, mehr Zeit in seinem Tempel zu verbringen, denn der Tempel ist ein Symbol für eine höhere Ebene, für heiligen Boden.
In jedem Alter stehen wir vor der Wahl: Wir können auf unsere eigene Kraft vertrauen oder uns auf eine höhere Ebene begeben und zu Christus kommen.
Jede Entscheidung hat eine Folge. Jede Folge führt uns an ein Ziel.
Ich gebe Zeugnis, dass Jesus, der Messias, unser Erlöser ist, der lebendige Sohn des lebendigen Gottes. Der Himmel steht offen, und ein liebevoller Vater im Himmel offenbart den Menschen sein Wort. Durch den Propheten Joseph Smith ist das Evangelium auf der Erde wiederhergestellt worden. In dieser Zeit lebt ein Prophet, Seher und Offenbarer, Präsident Gordon B. Hinckley, und offenbart den Menschen das Wort Gottes. Was er sagt, ist mit dem im Einklang, was die Propheten in vergangenen Zeitaltern verkündet haben.
„Ich lade jeden von Ihnen ein“, sagt er, „wo auch immer Sie sich als Mitglieder befinden: Stehen Sie fest auf den Beinen und gehen Sie mit einem Lied in Ihrem Herzen voran, leben Sie das Evangelium, lieben Sie den Herrn, und bauen Sie sein Reich auf. Gemeinsam werden wir den Kurs und die Treue halten. Der Allmächtige ist unsere Kraft.“25
Brüder und Schwestern, wir sind aufgefordert, uns auf eine höhere Ebene zu begeben.
Wir können das Leid und den Kummer vermeiden, die auf Ungehorsam folgen.
Wir können Frieden, Freude und ewiges Leben empfangen, wenn wir auf die Worte der Propheten hören, für den Einfluss des Heiligen Geistes empfänglich sind und unser Herz mit Liebe zu unserem Vater im Himmel und unseren Mitmenschen füllen.
Ich bezeuge, dass der Herr jeden segnen wird, der sich auf den Weg macht, ein Jünger zu werden und sich auf eine höhere Ebene zu begeben. Im Namen Jesu Christi. Amen.