Umkehr – ein Segen für uns Mitglieder
Umkehr ist kein strenger Grundsatz, sondern ein gütiger und barmherziger.
Liebe Brüder, ich fühle mich sowohl demütig als auch geehrt, in dieser Position vor Ihnen zu stehen. Aus offensichtlichen Gründen hätte ich nie damit gerechnet, eine derartige Berufung zu erhalten. Bei meiner Bestätigung vor einem Jahr hat Präsident Hinckley vor der ganzen Kirche klargestellt, dass nicht er den Vorgang ins Rollen gebracht hat, der zu meiner Berufung führte. Ich habe ihm später gesagt, dass ich wohl die einzige Generalautorität in der Geschichte der Kirche sei, die von den Mitgliedern bestätigt wurde, obwohl der Prophet jede Haftung abgelehnt hat!
Gleichwohl bin ich dankbar für Ihre Zustimmung und verspreche, mich dieser großartigen Sache mit ganzem Herzen zu widmen. Ich bin ganz besonders dankbar für meine Familie, meine Frau und Kinder und für meine guten Eltern. Meine Mutter ist vor genau zwei Jahren verstorben, nur zwei Tage nach der Konferenz. Sie war von kleiner Statur, und doch stehe ich alle meine Tage auf ihren Schultern. Ihr Einfluss wird mich immer begleiten. Nicht durch das, was ich sage, kann ich sie angemessen ehren, sondern nur dadurch, wie ich lebe.
Ich weiß nicht, was ich über meinen Vater sagen soll, ohne ihn in Verlegenheit zu bringen, außer, dass ich ihn liebe und ihn unterstütze. Auch auf die Gefahr hin, zu persönlich zu werden, möchte ich sagen, dass meine Gedanken, je älter er wird, immer öfter zu den Tagen zurückschweifen, als ich noch klein war. Er lag auf dem Boden und hat mit uns gerauft und gespielt, uns hochgehoben und umarmt und uns gekitzelt oder uns zu sich und Mutter ins Bett geholt, wenn wir krank waren oder uns nachts gefürchtet haben. Meine Erinnerung an ihn wird immer geprägt sein von Lachen und Liebe, von Beständigkeit, von Zeugnis, von unnachgiebig harter Arbeit, von Glauben und Redlichkeit. Er ist gütig und weise, und ich bin überreichlich gesegnet, da ich ihn nicht nur als Propheten für meine Zeit auf Erden unterstützen kann, sondern ihn auch jetzt und in alle Ewigkeit meinen Vater nennen darf.
Vor einigen Wochen bekam ich einen gedanklichen Anstoß, als Elder Douglas L. Callister von den Siebzigern gebeten wurde, bei einer Kollegiumssitzung kurz über die Geschichte seines Großvaters, LeGrand Richards, zu sprechen. Neben anderen interessanten Dingen erzählte er Folgendes: Als Elder Richards ein junger Bischof war, besuchte er die weniger aktiven Mitglieder. Unerschrocken forderte er sie auf, in der Abendmahlsversammlung darüber zu sprechen, was ihnen ihre Mitgliedschaft in der Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage bedeutet. Erstaunlicherweise reagierten einige durchaus positiv, und die Erfahrung brachte sie auf den Weg, in der Kirche wieder voll aktiv zu werden.
Heute Abend möchte ich genau darüber sprechen. Ich möchte Sie alle, ob jung oder alt, bitten, diesem Thema ein kleines Notizbuch zu widmen. Schreiben Sie oben auf die erste Seite die Worte: „Was mir meine Mitgliedschaft in der Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage bedeutet.“ Führen sie dann kurz alles auf, was Ihnen dazu einfällt. Nach und nach wird Ihnen immer mehr einfallen, was Sie der Liste hinzufügen können. Bald werden Sie über ein wachsendes Büchlein verfügen, das Sie dankbar und froh machen wird, ein Mitglied der Kirche des Herrn zu sein. Vielleicht können Sie sogar darauf zurückgreifen, wenn Sie einmal um eine Ansprache gebeten werden.
Meine Liste ist schon lang, und so habe ich nur einen einzigen Punkt ausgewählt, den ich heute Abend besprechen möchte. Die anderen Themen muss ich mir für eine andere Gelegenheit aufsparen.
Ich möchte kurz über den Grundsatz der Umkehr sprechen. Ich bin sehr dankbar für das Verständnis, das wir von diesem großartigen Grundsatz haben. Es ist kein strenger Grundsatz, wie ich als Junge dachte, sondern ein gütiger und barmherziger. Der Wortstamm bedeutet einfach: sich wenden oder zurückwenden zu Gott. Jahwe forderte die Kinder Israels eindringlich auf: „Kehr zurück … Ich schaue dich nicht mehr zornig an; denn ich bin gütig …, ich trage nicht ewig nach. Doch erkenne deine Schuld: Dem Herrn, deinem Gott, hast du die Treue gebrochen.“1
Wenn wir unsere Sünden erkennen, sie bekennen und von ihnen lassen und uns Gott „zuwenden“, wird er uns vergeben.
Vor kurzem, als ich noch Missionspräsident war, fragten mich zwei unserer Missionare, ob ich mich mit einer Untersucherin treffen könne, die am folgenden Tag getauft werden sollte. Sie hatte einige Fragen, die sie nicht beantworten konnten. Wir fuhren zu ihr nach Hause, wo ich eine junge Witwe von Ende zwanzig und ihr Kind antraf. Ihr Mann war einige Jahre zuvor bei einem tragischen Unfall umgekommen. Ihre Fragen waren durchdacht, und sie war aufnahmebereit. Nachdem die Fragen beantwortet waren, fragte ich sie, ob ihr noch etwas anderes auf dem Herzen liege. Sie bejahte dies, und sagte, dass sie mit mir allein sprechen wolle. Ich bat die Missionare, hinaus in den Garten zu gehen, von wo aus sie uns durch ein großes Fenster gut beobachten konnten. Sobald sich die Tür hinter ihnen geschlossen hatte, fing sie an zu weinen. Sie erzählte von ihren einsamen Jahren, in denen sie nichts als Kummer hatte und allein war. Während dieser Zeit hatte sie einige schwere Fehler begangen. Sie sagte, sie habe es zwar besser gewusst, es habe ihr jedoch, bis sie die Missionare traf, an Kraft gefehlt, den rechten Weg einzuschlagen. In den Wochen, in denen sie belehrt wurde, hatte sie den Herrn angefleht, ihr zu vergeben. Sie wollte von mir eine Zusicherung, dass sie durch ihre Umkehr und die heiligen Handlungen der Taufe und der Gabe des Heiligen Geistes gereinigt und der Mitgliedschaft in der Kirche würdig werden könne. Ich belehrte sie aus den heiligen Schriften und gab ihr Zeugnis vom Grundsatz der Umkehr und vom Sühnopfer.
Am nächsten Tag waren meine Frau und ich dabei, als sie und ihre kleine Tochter sich taufen ließen. Der Raum war voller Freunde aus ihrer Gemeinde, die ihr bereitwillig als neuem Mitglied der Kirche beistehen wollten. Als wir die Versammlung verließen, war ich überwältigt von einem Gefühl der Dankbarkeit für den herrlichen Grundsatz der Umkehr und für das Sühnopfer, das diese ermöglicht, für das Wunder der Bekehrung und für diese großartige Kirche und ihre Mitglieder und für unsere Missionare.
Was bedeutet mir meine Mitgliedschaft in der Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage? Sie bedeutet mir alles. Sie beeinflusst, belebt, durchdringt alles, was mir im Leben etwas bedeutet, und gibt ihm Sinn und Zweck: meine Beziehung zu Gott, dem ewigen Vater, und zu seinem heiligen Sohn, dem Herrn Jesus Christus. Durch sie weiß ich, dass ich durch Gehorsam gegenüber den Grundsätzen und Verordnungen des Evangeliums Frieden und Glück in diesem Leben finde und einst aufgerufen werde, in dem Leben, das dem Erdenleben mit Sicherheit folgt, mit meiner Familie in Gottes Gegenwart zu leben, wo seine Barmherzigkeit die Forderungen der Gerechtigkeit befriedigen wird und sowohl mich und die Meinen als auch Sie und die Ihren mit den Armen der Sicherheit umschließt.2 Dies bezeuge ich im Namen Jesu Christi. Amen.