Durch Glauben erfüllt sich alles
Mit Glauben können wir dem Weg des Evangeliums sicher folgen, alle irdischen Schwierigkeiten überwinden und in die erhabene Gegenwart des himmlischen Vaters zurückkehren.
Vor kurzem habe ich gemeinsam mit einigen Angehörigen den Huayna Picchu bestiegen, einen hohen Gipfel in den peruanischen Anden direkt bei Machu Picchu, der alten Ruinenstadt der Inkas. Der Aufstieg ist sehr steil. Die Aussicht ist atemberaubend, aber es tauchen auch Abhänge wie aus dem Nichts auf. Leider sind bereits einige Bergsteiger von dem steilen, schmalen Pfad abgestürzt und dabei umgekommen. Damit solche Unglücke nicht mehr passieren, wurden an der Bergflanke des Huayna Picchu starke Stahlseile am Felsen befestigt. Wir haben uns beim Aufstieg an diesen Seilen festgehalten und sind dadurch sicher zum Gipfel gelangt, wo wir den erhabenen Ausblick genießen konnten.
Unsere irdische Reise ist wie der Pfad am Huayna Picchu – ein steiler, beschwerlicher Aufstieg, den man nur mit der Hilfe des himmlischen Vaters vollenden kann. Aus diesem Grund hat dieser die Grundsätze und Verordnungen des Evangeliums eingerichtet, durch die wir zum Heiland gelangen und an dessen errettender Macht teilhaben.1 Den ersten dieser Grundsätze, Glaube an den Herrn Jesus Christus2, kann man mit den Stahlseilen am Huayna Picchu vergleichen: Mit starkem, fest im „Fels unseres Erlösers“3 verankertem Glauben können wir dem Weg des Evangeliums sicher folgen, alle irdischen Schwierigkeiten überwinden4 und in die erhabene Gegenwart des himmlischen Vaters zurückkehren. Durch Glauben erfüllt sich alles.5
Glaube ist ein Grundsatz, der zum Handeln treibt und Macht verleiht.6 „Glaube heißt nicht, dass man eine vollkommene Kenntnis von etwas hat; wenn [wir] darum Glauben [haben, so hoffen wir] auf etwas, was man nicht sieht, was aber wahr ist.“7 Das, was uns zum Handeln bewegt8 – also dem Beispiel des Heilands nachzueifern und gebeterfüllt seine Gebote zu halten, auch wenn wir Opfer bringen müssen oder Prüfungen durchmachen9 –, ist eine Gewissheit10, die wir vom Geist erhalten, wenn wir eifrig lernen. Durch Glauben empfangen wir die Macht des Herrn, die sich unter anderem in der Hoffnung äußert, dass Gutes vor uns liegt11, in Wundern, die unseren Glauben bestätigen12, und darin, dass Gott uns sowohl in geistiger wie in zeitlicher Hinsicht schützt13.
Ann Rowley war eine Pionierin in den Anfangstagen der Kirche, an deren Leben deutlich wird, wie viel Gutes daraus entsteht, dass man Glauben übt. Schwester Rowley, eine Witwe aus England, brachte den Glauben auf, dem Ruf des Propheten zu folgen und nach Zion zu gehen. Sie gehörte der Handkarrenabteilung Willie an, die im Herbst 1856 in hohe Schneeverwehungen geriet. An einer Stelle auf ihrem Weg waren ihre sieben Kinder buchstäblich im Begriff, zu verhungern. Sie schrieb: „Es schmerzte mich, meine Kinder hungern zu sehen. … Die Nacht brach herein, und wir hatten nichts zum Abendessen. Ich erbat Gottes Hilfe, wie ich es immer tat. Ich kniete nieder und erinnerte mich an zwei Hartkekse, die … noch von der Überfahrt übrig waren. Sie waren nicht sehr groß und so hart, dass man sie nicht auseinanderbrechen konnte. Es war gewiss nicht genug für acht Leute, aber fünf Brote und zwei Fische waren auch nicht genug für 5000 Menschen, und trotzdem geschah ein Wunder und Jesus speiste sie alle. Also ist mit Gottes Hilfe doch nichts unmöglich! Ich suchte die Kekse heraus, legte sie in einen Schmortopf, goss Wasser darüber und bat Gott um seinen Segen. Dann legte ich den Deckel auf den Topf und stellte ihn auf die Kohlen. Als ich den Deckel kurze Zeit später herunternahm, war der Topf voller Essen. Ich kniete mit meiner Familie nieder und dankte Gott für seine Güte. An diesem Abend hatte meine Familie genug zu essen.“14
Ann Rowley lebte das Evangelium, auch wenn sie dafür große Opfer bringen musste. Sie brauchte Hilfe und betete darum. Weil sie Glauben hatte, empfing sie Hoffnung und erhielt durch ein Wunder Essen für ihre Familie. Der Herr segnete sie außerdem mit der Fähigkeit, „im Glauben bis ans Ende [auszuharren]“15, was für die Ewigkeit von Belang ist. Obwohl die Zukunft ungewiss war, fragte sie nicht danach, wie sie ihre Kinder am Tag darauf ernähren solle. Sie vertraute vielmehr geduldig auf den Herrn16 und schritt mit Hoffnung voran. Das kommt auch in einem schönen Kirchenlied zum Ausdruck:
Führ, gütges Licht, mit deinem hellen Schein, o leite mich!
Die Nacht ist dunkel und die Heimat fern, o führe mich!
Ich will nicht fragend in die Zukunft sehn,
nur Schritt für Schritt von dir geleitet gehn.17
Auch wir können solchen Glauben an den Herrn aufbringen und daran glauben und darauf vertrauen, dass Gott gütig und unveränderlich ist18 und uns, wie es unsere Umstände erfordern, nach seinem Zeitplan mit seiner wundersamen Macht segnet. Wenn wir das tun, werden auch wir erleben, wie sich die Hand Gottes in unserem Leben kundtut.
Der Herr hat uns geboten: „Ergreift den Schild des Glaubens, mit dem ihr fähig seid, alle feurigen Pfeile der Schlechten auszulöschen.“19 Der Satan möchte uns durch Zweifel, Furcht oder Sünde dazu verleiten, vom Glauben abzulassen und den Schutz zu verwirken, der damit einhergeht. Betrachten wir doch kurz diese Anfechtungen gegen den Glauben im Einzelnen, damit wir die Versuchungen des Widersachers erkennen und ihnen keine Beachtung schenken.20
Erstens: Wenn wir nicht an den Herrn und sein Evangelium glauben, führt das dazu, dass wir dem Geist Gottes trotzen.21 Der Herr hat ein einfaches Gegenmittel gegen Zweifel. König Benjamin verkündete: „Glaubt an Gott; glaubt daran, dass er ist und dass er alles erschaffen hat, sowohl im Himmel wie auf Erden; glaubt daran, dass er alle Weisheit und alle Macht hat, sowohl im Himmel wie auf Erden; glaubt daran, dass der Mensch nicht alles erfasst, was der Herr erfassen kann.“22
Wenn Ihr Glaube aufgrund von Unglauben oder Zweifeln ins Wanken gerät, denken Sie daran, dass selbst die Apostel in früherer Zeit den Herrn angefleht haben: „Stärke unseren Glauben!“23 Behalten wir einmal im Hinterkopf, dass Glaube und Vernunft Hand in Hand gehen müssen, und vergleichen wir sie mit den beiden Tragflächen eines Flugzeugs. Beide sind notwendig, damit das Flugzeug in der Luft bleibt. Wenn aus Ihrer Sicht die Vernunft anscheinend im Widerspruch zum Glauben steht, halten Sie inne und bedenken Sie, dass unsere Perspektive sehr begrenzt ist im Vergleich zu der des Herrn.24 Legen Sie Ihren Glauben nicht ab – Sie würden ja während eines Fluges auch niemals eine Tragfläche vom Flugzeug abmontieren. Üben Sie stattdessen zu einem kleinen Teil Glauben aus und lassen Sie zu, dass die Hoffnung, die sich daraus ergibt, Ihrer Seele und Ihrem Verstand ein Anker ist.25 Deshalb wurde uns geboten: „Trachtet nach Wissen … durch Studium und auch durch Glauben.“26 Denken Sie daran: Der Glaube geht dem Wunder voraus und bewirkt Wunder, für die wir im Augenblick gar keine Erklärung finden können, sei es nun, dass aus zwei Keksen ein Topf voller Essen wird oder dass man ganz einfach allen Widerständen zum Trotz im Glauben ausharrt.27
Zweitens: Furcht lenkt uns vom Glauben an den Heiland ab und untergräbt ihn. Der Apostel Petrus blickte in einer stürmischen Nacht zum Herrn und ging auf dem Wasser – bis er seinen Blick abwendete und „sah, wie heftig der Wind war“, Angst bekam und dann im stürmischen Wasser unterging.28 Er hätte weitergehen können, wenn er sich nicht gefürchtet hätte! Auch wir sollen uns nicht auf den heftigen Wind und die Wellen im Leben konzentrieren und uns davor fürchten. Der Herr fordert uns auf: „Blickt in jedem Gedanken auf mich; zweifelt nicht, fürchtet euch nicht.“29
Drittens: Sünde schmälert den Einfluss des Geistes, und ohne den Heiligen Geist haben wir nicht die geistige Widerstandskraft, die wir brauchen, um am Glauben festzuhalten und ihn auszuüben. Wir üben unseren Glauben am besten so aus, dass wir „weder die böse Gabe, noch das, was unrein ist“30, anrühren und „eifrig [sind] im Halten [der] Gebote, damit nicht … euer Glaube euch versage und eure Feinde über euch triumphieren“31. Wenn Ihr Leben mit Sünde befleckt ist, üben Sie bitte „Glauben zur Umkehr“32 aus. Dann wird der Heiland Sie durch das Sühnopfer läutern und heilen.
Brüder und Schwestern, der Herr erfüllt seine Verheißungen gemäß unserem Glauben und wird mit uns daran arbeiten, jede Schwierigkeit zu überwinden.33 Das hat er für Ann Rowley getan und für sein Volk in allen Nationen, zu allen Zeiten und in allen Generationen. Weil er ein „Gott der Wundertaten“ und „unveränderlich“ ist, segnet er uns außerdem in dem Maße, wie wir an ihn glauben, mit Hoffnung, Schutz und Macht.34 Wenn Sie beständig Glauben an den Herrn Jesus Christus ausüben, ist es wie mit den Stahlseilen auf dem Pfad am Huayna Picchu: Sie und Ihre Lieben sind dann fest verankert im „Fels unseres Erlösers“35 und in seiner unvergleichlichen, errettenden Macht.
Präsident Thomas S. Monson hat gesagt: „Die Zukunft ist so hoffnungsvoll wie Ihr Glaube.“36 Ich gebe Zeugnis von dieser erhabenen, hoffnungsvollen Wahrheit und lade einen jeden von uns ein, beständig mit Glauben an den Herrn vorwärtszustreben und nicht zu zweifeln.37 Ich weiß, dass der Erlöser lebt. Er ist der Urheber und Vollender unseres Glaubens38 und belohnt diejenigen, die ihn eifrig suchen.39 Dies bezeuge ich im Namen Jesu Christi. Amen.