Dienst in der Kirche
Eine Lektion in Liebe
Die Verfasserin lebt in Kalifornien.
Ich hatte nicht erwartet, dass mir ein simples Dienstprojekt so eindrucksvoll bewusst machen würde, wie sehr der Vater im Himmel seine Kinder liebt.
Es war eigentlich ein typisches Dienstprojekt: Einige FHV-Schwestern sollten sich zusammentun und im Pflegezentrum der örtlichen Klinik ein paar Lieder vortragen. Unseres Wissens war allerdings niemand aus der Gemeinde dort untergebracht.
Wir drängten uns in einen ziemlich kleinen Raum mit neun älteren Patienten, die im Rollstuhl saßen. Ihre Gesichter erschienen ausdruckslos und leer. Es war heiß und stickig, und ich dachte nur: „Bringen wir es hinter uns!“
Ich war die Dirigentin, also kehrte ich den Patienten den Rücken zu und konzentrierte mich auf meine Aufgabe. Als wir das erste Lied anstimmten, hörte ich eine Patientin ausrufen: „Mama, Mama!“, ein anderer Patient klatschte und machte Geräusche. Mir war das etwas unangenehm, aber wir würden ja gleich fertig sein und wieder nach Hause gehen.
Ehe wir zum Abschluss das Lied „Wie groß bist du!“ (Gesangbuch, Nr. 50) sangen, luden wir die Patienten und das Personal zum Mitsingen ein. Ich drehte mich um, damit ich für alle dirigieren konnte. Da fiel mir eine kleine, weißhaarige alte Frau auf. Auf ihrem Schoß lagen viele tränenfeuchte Taschentücher.
Sie winkte mich zu sich. Ich ging zu ihr und beugte mich zu ihr hinunter, und sie nahm meine Hand. Am ganzen Körper zitternd flüsterte sie: „Ich gehöre zur Kirche Jesu Christi. Wie freue ich mich, dass meine Schwestern zu mir gekommen sind!“
Der Heilige Geist erfüllte meine Seele. Ich kniete neben ihr nieder, die Tränen liefen mir übers Gesicht. Sie legte ihren schwachen Arm um mich und tätschelte mir den Rücken, als ob sie genau wisse, wie mir zumute war. Nun stimmten alle gemeinsam das Lied an, aber ich konnte bei der ersten Strophe nicht mitsingen.
Als die Patienten und das Personal von der Herrlichkeit Gottes sangen, wurde der Raum vom Heiligen Geist erfüllt und kein Herz blieb unberührt. Schließlich bekam ich meine Gefühle wieder unter Kontrolle und stimmte mit ein:
Wenn Christus kommt, die Herrschaft anzutreten,
und führt mich heim, zu ewger Freud und Ruh,
dann beug ich mich, in Ehrfurcht anzubeten,
und rufe aus: „O Herr, wie groß bist du!“
Nach unserem kleinen Konzert unterhielten wir uns noch eine Weile mit den Patienten und dem Personal. Unsere betagte Schwester sagte, sie habe sich sehr einsam gefühlt, allein unter Fremden, bis wir kamen. Wir wussten nicht, dass sie dort im Pflegezentrum war, aber der Vater im Himmel wusste es.
Mir wurde wieder bewusst, dass all diese Menschen unsere Brüder und Schwestern sind, dass sie Liebe und Trost brauchen und es mir eines Tages so ergehen könnte wie ihnen. Es hat mich sehr berührt, dass wir Werkzeuge in der Hand des liebevollen Vaters im Himmel waren, und ich bin dankbar, dass unser kleines Dienstprojekt eine eindrucksvolle Lektion über die Liebe war.